Jahresarchiv 13. Juli 2012

Ausgleich bei der Erbschaft unter Kindern bei Pflege des Erblassers

Ist beim Tod des Erblassers kein Testament vor­han­den, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Falls die Erben ausschließlich Abkömmlinge des Erblassers sind, erbt jedes Kind zu gleichen Teilen.

Gemäß § 2057a Abs. 1 BGB kann jedoch ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erb­lassers während längerer Zeit durch erhebliche Geld­leistun­gen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu bei­gegetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, bei der Erbauseinandersetzung eine Ausgleichung unter den anderen Abkömmlingen verlangen, wenn gesetzliche Erbfolge eintritt.

Dies gilt auch dann, wenn der Erblasser vor dem Todesfall längere Zeit von einem Abkömmling gepflegt wurde. Die Höhe der Ausgleichung kann nicht pauschal berechnet werden. Die Ausgleichung auf den Erbteil findet unter Berücksichtigung der Dauer und dem Umfang der Leistungen statt.

Weiterhin ist der Wert des Nachlasses maßgeblich. Eine Aus­gleichung der Erbteile unter den Erben nach dem Todesfall des Erblassers kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder ver­ein­bart worden ist.

Ebenfalls ist keine Ausgleichung unter den Abkömmlingen des Erblassers vorzunehmen, wenn ein Anspruch des Abkömm­lings aus anderem Rechtsgrund besteht.

Die Ausgleichung findet statt, indem bei der Auseinander­setzung der Erbengemeinschaft der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet wird.

Wichtig: Fragen zu den Ausgleichungsmöglichkeiten bei vor­genommenen Pflegeleistungen gegenüber dem Erblasser müssen immer im Zusammenhang mit dem jeweiligen Einzelfall geklärt werden.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

 

Bauzeitzinsen können auch bei Überschusseinkünften Herstellungskosten sein

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 52/12, Pressemitteilung vom 11.07.2012, BFH-Urteil vom 23.05.2012, Aktenzeichen IX R 2/12

Sind Bauzeitzinsen während der Her­stel­lungs­phase nicht als (vorab entstan­de­ne) Werbungskosten abziehbar, können sie in die Her­stel­lungs­kosten einbezogen werden, wenn das fertiggestellte Ge­bäu­de durch Vermietung genutzt wird.

So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 23. Mai 2012 IX R 2/12 in einem Fall, in dem der Steuer­pflichtige ein Mehrfamilienhaus errichtete, es zunächst verkaufen wollte, es dann aber aufgrund einer neuen Entscheidung ab Fertigstellung vermietete. Solange das Gebäude veräußert werden sollte, waren die während der Bauphase anfallenden Finanzierungsaufwendungen keine vorab entstandenen Werbungskosten. Die Frage stellte sich aber, ob sie insoweit in die Herstellungskosten und damit in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen werden konnten.

Der BFH bejahte diese Frage. § 255 Abs. 3 Satz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) erlaubt den Ansatz von Bauzeitzinsen, also von Zinsen, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Allerdings gelten die Vorschriften des HGB zunächst nur für bilanzierende Steuerpflichtige: Ihr handelsrechtliches Einbeziehungswahlrecht wird auch einkommensteuerrechtlich anerkannt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind die AfA für den Bereich der Überschusseinkünfte indes nach den gleichen Grundsätzen wie für die Gewinneinkünfte zu bestimmen. Da Systematik und Zweck des Gesetzes keine unterschiedliche Auslegung gebieten, können Bauzeitzinsen ganz unabhängig von den während der Herstellungsphase verfolgten Zwecken in die
AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen werden, wenn der Steuerpflichtige das fertiggestellte Gebäude dazu nutzt, Einkünfte aus Vermietung zu erzielen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Wirksamkeit von Übergabeverträgen

Beschluss vom 06.07.2012 BGH

  1. Vertraglich vereinbarte Verfügungs­verbote nach § 137 Satz 2 BGB werden nicht nach 30 Jahren nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unwirksam.
  2. Verfügungsverbote in Übergabeverträgen sind nach § 38 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Übernehmer von dem Über­geber nicht die Zustimmung zu einer mit den Grund­sätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu vereinbarenden und den Zweck des Verfügungsverbotes nicht wesentlich gefährdenden Verfügung verlangen kann.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Beschluss stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Ersparnis der Erbschaftsteuer reicht nicht als Grund für eine Adoption

Beschluss vom 29.06.2012 OLG Hamm

Zentrales Kriterium der sittlichen Rechtfertigung einer Volljährigenadoption im Sinne des § 1767 Abs. 1 BGB ist das Eltern-Kind-Verhältnis. Liegen allein wirtschaftliche Motive vor, steht dies einer sittlichen Rechtfertigung der Annahme als Kind entgegen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Beschluss stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung –  sprechen Sie uns einfach darauf an.

Stalker gefährden ihren Arbeitsplatz

Nach einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts (BAG 2 AZR 258/11) kann eine Kündi­gung wegen Stalkings, d.h. eines Nachstellens einer Person (grundsätzlich) gerechtfertigt sein.

Es gehört zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten, die Privatsphäre und den deutlichen Wunsch (hier) einer Arbeits­kollegin zu respektieren und nichtdienstliche Kontakt­auf­nah­men zu unterlassen.

Im entschiedenen Fall bedrängte ein Mann eine Kollegin der­art aufdringlich, dass diese ihm jedweden Kontakt, dienstlich oder privat, gerichtlich verbieten ließ.

Einige Jahre später wurde dieser Mitarbeiter rückfällig und belästigte eine neu ins Haus gekommene Mitarbeiterin erneut mit zahlreichen E-Mails und SMS.

Daraufhin kündigte der Arbeitgeber dessen Arbeitsverhältnis. Zu Recht, wie das Gericht entschied.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Nachweis der Zwangsläufigkeit von bestimmten Aufwendungen im Krankheitsfall – Neuregelung im Steuervereinfachungsgesetz 2011

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 49/12, Pressemitteilung vom 27.06.2012, BFH-Urteil vom 19.04.2012, Aktenzeichen VI R 74/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10 ent­schie­den, dass die vom Gesetzgeber ein­ge­führ­ten formellen Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten (für deren Anerkennung als außergewöhnliche Belastung) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Hierzu können auch Aufwendungen im Krank­heits­fall gehören. Bestimmte Krankheitskosten, bei denen die medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich ist, dürfen allerdings nur noch berücksichtigt werden, wenn der Steuer­pflichtige ihre Zwangsläufigkeit z.B. durch ein amts­ärzt­liches Gutachten nachweist.

Eine entsprechende gesetzliche Regelung (§ 33 Abs. 4 EStG und § 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) hat der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführt. Der Gesetzgeber hat damit auf die Än­de­rung einer langjährigen Rechtsprechung reagiert. Der BFH hatte 2010 dem seit jeher verlangten formellen Nachweis mangels einer gesetzlichen Grundlage eine Absage erteilt (BFH Urteile vom 11. November 2010 VI R 17/09 und VI R 16/09; Pressemitteilung Nr. 5 vom 19. Januar 2011).

Die Kläger machten u.a. die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie hatten die medizinische Notwendigkeit der Kur jedoch nicht durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder ver­gleich­bares Attest belegt. Finanzamt und Finanzgericht ließen die Aufwendungen deshalb nicht zum Abzug als außer­gewöhn­liche Belastungen zu. Die Revision der Kläger war ebenfalls erfolglos. Auf die strenge Art des Nachweises kann nach geltendem Recht nicht (mehr) verzichtet werden. Die nun vom Gesetzgeber geregelten Anforderungen an den Nach­weis bestimmter Krankheitskosten sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Auch der Umstand, dass die neuen Nachweisregelungen rückwirkend in allen noch offenen Fällen anzuwenden sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich; darin liegt keine unzulässige Rückwirkung.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Vorsicht! Verjährung erb­rechtlicher Ansprüche zum 31.12.2012 durch die Erb­rechtsreform!

Am 31.12.2012 könnte ein großer Teil erb­recht­licher Altansprüche aus Erbfällen der Jahre 2009 und früher verjähren, ins­be­son­dere Vermächtnisansprüche. Grund hierfür ist die zum 01.01.2010 in Kraft getretene Reform des Erb- und Verjährungsrechtes.
  • Die frühere 30-jährige Verjährungsfrist erbrechtlicher An­sprüche ist weitestgehend in die allgemeinen Verjährungs­fristen, insbesondere die 3-jährige Verjährungs­frist, übergeleitet worden.
  • Ausnahmen bilden die wenigen in § 197 Abs. 1 Ziff. 1 BGB neue Fassung genannten Ansprüche. Hier bleibt es auch nach der Reform bei der alten 30-jährigen Verjährung.
  • Das neue Verjährungsrecht gilt nicht nur für Erbfälle ab dem 01.01.2010 sondern mit Übergangsregelungen regelmäßig auch für Alterbfälle aus den Jahren 2009 und früher. Ähnlich wie bei der Schuldrechtsreform ist hier ein Fristenvergleich durchzuführen, wobei sich die kürzere Frist durchsetzt. Dies ist in Artikel 229, § 23 EGBGB geregelt.

Fazit:
Viele Altansprüche werden demnach schon am 31.12.2012 verjähren. Sollten Sie von einem solchen Erbfall betroffen sein und Ansprüche geltend machen wollen, ist es dringend anzuraten, sich an einen Fachanwalt für Erbrecht zu wenden, damit dieser überprüfen kann, ob in Ihrem Fall Verjährung eintritt.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers erlischt mit dessen Tod

Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzu­gelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht mehr genommen werden kann.

Zwar geht nach § 1922 Abs. 1 BGB mit dem Tod einer Person dessen Vermögen als Ganzes auf die Erben über.

Wie das Bundesarbeitsgericht nun jedoch entschieden hat, erlischt der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers mit dessen Tod und wandelt sich nicht in einen Urlaubs­abgeltungs­anspruch um (BAG, 9 AZR 416/10).

Im entschiedenen Fall verlangten die Erben daher vergeblich von dem Arbeitgeber des Verstorbenen Ausgleich für die noch offenen Urlaubstage.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Freistellung schützt nicht vor einer fristlosen Kündigung

Bei schweren Pflichtverletzungen kann das Arbeits­ver­hältnis auch innerhalb der Frei­stellungs­phase fristlos gekündigt werden.
(LAG Hessen, Aktenzeichen 7 Sa 248/11)

Das Urteil betraf einen Bankberater, der die letzten 6 Monate vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses freigestellt wurde. Kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ver­sandte er die Daten der von ihm betreuten Kunden an sein privates Postfach.

Die Bank kündigte ihm daraufhin das Arbeitsverhältnis wegen Verletzung des Bankgeheimnisses fristlos.

Wie das Landesarbeitsgericht nun entschieden hat, war dies auch während der Freistellungsphase zulässig, weil hier ein schwerwiegender Verstoß gegen den Arbeitsvertrag vorlag.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Urlaubsabgeltungsanspruch neu geregelt – Aufgabe der Surrogatstheorie

Urteil vom 19.06.2012 Aktenzeichen 9 AZR 652/10

Mit diesem Urteil zur Frage der Urlaubs­ab­gel­tung bei Be­endigung eines Arbeits­ver­hält­nis­ses hat das Bundesarbeitsgericht die bis­lang geltende Surrogatstheorie aufgegeben.

Danach war ein Urlaubsabgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses stets davon abhängig, ob der Ar­beitnehmer, wäre das Arbeitsverhältnis nicht beendet wor­den, seinen Erholungsurlaub noch hätte nehmen können. Nur dann erhielt ein Arbeitnehmer Geld für nicht genommenen Urlaub.

Bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern führte dies häufig dazu, dass ein Abgeltungsanspruch dann nicht mehr be­stand, wenn der Arbeitnehmer über das Urlaubsjahr bzw. den Übertragungszeitraum hinaus arbeitsunfähig war.

Für die Praxis bedeutet die neue Rechtsprechung des BAG nun, dass es sich bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch stets um einen reinen Geldanspruch – als Abgeltung für den gesetzlichen Mindesturlaub – handelt. Dieser ist grundsätzlich nicht mehr davon abhängig, ob der Urlaub nach Been­di­gung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich auch noch hätte genommen werden können.

In der Pressemitteilung (Nr. 43/12) des BAG heißt es:

„… Sachliche Gründe dafür, warum für einen arbeitsfähigen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andere Regeln für den Verfall des Urlaubs­ab­gel­tungs­anspruchs gelten sollen als für einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, bestehen nicht. Der Senat hält daher auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, an der Surrogatstheorie nicht fest.“
Die Rechtslage ist auch nach diesem Urteil noch recht kompliziert. In jeder vergleichbaren Situation brauchen Sie daher eine qualifizierte (fach-)anwaltliche Beratung und Vertretung.
Sprechen Sie uns einfach darauf an.

Jetzt anrufen: (089) 55 21 44 0 oder senden Sie uns einfach eine Nachricht.