Monatsarchiv November 2013

Verwertungsverbot von Zufallserkenntnissen im Besteuerungsverfahren

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 82/13, Pressemitteilung vom 27.11.2013, BFH-Urteil vom 24.04.2013, Aktenzeichen VII B 202/12

Zufallserkenntnisse, die bei einer gegen einen anderen Beschuldigten durch­ge­führ­ten Telefonüberwachung gewonnen worden sind, dürfen in einem Be­steu­erungs­verfahren gegen den Betroffenen (hier: Inanspruchnahme als Haftender wegen Begehung oder Beteiligung an einer Straftat) nicht verwendet werden (Ver­wer­tungsverbot), wenn die dem Betroffenen im Haftungs­bescheid zur Last gelegte Straftat strafprozessrechtlich die Anordnung einer Telefonüberwachung nicht gerechtfertigt hätte. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt (Be­schluss vom 24. April 2013 VII B 202/12).

Das Hauptzollamt hatte den Kläger als Haftenden für Tabak­steuer in Anspruch genommen. Ihm wurde im Haftungs­bescheid zur Last gelegt, den Verkauf von unverzollten und nicht versteuerten Zigaretten zwischen Dritten vermittelt zu haben. Der Verkäufer der Zigaretten war deshalb vom Amts­gericht wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei verurteilt wor­den. Dem Kläger konnte im Strafverfahren eine Betei­li­gung allerdings nicht nachgewiesen werden. Im Haftungs­bescheid ging das Hauptzollamt gleichwohl davon aus, dass der Kläger den Verkauf vermittelt habe und stützte sich dabei auf die Protokolle einer (aus anderen Gründen ange­ord­ne­ten) Telefonüberwachung aus dem Jahr 2007. Nach damals geltendem Recht durfte eine Telefonüberwachung wegen des Verdachts der Begehung von Steuerstraftaten nicht ange­ord­net werden. Das Finanzgericht hat den Haftungs­bescheid aufgehoben mit der Begründung, die zufälligen Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung dürften gegen den Kläger nicht verwertet werden.

Diese Rechtsansicht hat der BFH für offensichtlich zutreffend erklärt, ohne dass dies in einem Revisionsverfahren geprüft werden müsse. § 477 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) lasse die Verwertung in einem anderen Strafverfahren ge­won­nener Erkenntnisse nur zu, wenn diese durch die betref­fende Maßnahme auch unmittelbar zur Aufklärung der dem Beschuldigten bzw. Haftungsschuldner vorgeworfenen Straf­tat hätten gewonnen werden können. Zufallserkenntnisse aus einer Telefonüberwachung dürften jedoch zu Beweis­zwecken nur verwertet werden, wenn sich die Erkenntnisse auf Katalogtaten im Sinne des § 100a StPO bezögen. Selbst nach der inzwischen in Kraft getretenen Neufassung dieser Vorschrift gehört dazu die einfache (d.h. nicht gewerbs- oder bandenmäßig begangene) Steuerhehlerei nicht.

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Auskunftsansprüche minderjähriger gesetzlicher Erben

Das OLG Koblenz hat mit Datum vom 26.11.2013, Az.: 11 UF 451/13, entschieden, dass § 1640 BGB nicht nur den Elternteil gegenüber dem Familiengericht, sondern auch gegenüber dem minderjährigen Kind verpflichtet, alle Gegenstände des Nachlasses aufzuführen.

Dabei sind die Vermögensgegenstände so detailliert zu bezeichnen, dass ihre Identität einwandfrei feststeht.

Bei vorhandenen Forderungen müssen z.B. außer dem Grund, dem Betrag und dem Rechtsgrund auch die Urkunden, durch welche diese Vermögensrechte nachgewiesen werden, angegeben werden.

Nach Beendigung der Vermögenssorge aufgrund Eintritts der Volljährigkeit haben die Eltern gem. § 1698 Abs. 1 BGB ihrem Kind dessen Vermögen herauszugeben und auf Verlangen über die Verwaltung des Vermögens Rechenschaft abzulegen.

Bezüglich der vorliegenden Entscheidung ist jedoch Vorsicht geboten. Es ist anzunehmen, dass andere Gerichte dieser Entscheidung nicht folgen.

d.

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Vorläufiger Rechtsschutz ist unabhängig von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Erbschaftsteuergesetz

Der BFH hat mit Datum vom 21.11.2013, Az.: II B 46/13, entschieden, dass die Vollziehung eines auf § 19 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz ab 2009 beruhenden Erbschaftsteuerbescheides wegen des beim Bundes­ver­fassungs­gerichts anhängigen Normen­kon­troll­verfahrens, Az.: 1 BvL 21/12, auf Antrag des Steuerpflichtigen auszusetzen oder aufzuheben ist, wenn ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes besteht.

In der Praxis haben die obersten Finanzbehörden der Länder aufgrund des beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Normen­kon­troll­verfahrens beschlossen, die Festsetzungen der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) vorläufig durch­zu­füh­ren. Danach sind sämtliche Festsetzungen, die nach dem 31.12.2008 bezüglich der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO entstanden sind, vorläufig durch­zu­füh­ren.

Nichtsdestotrotz ist in allen Fällen innerhalb der Rechts­behelfsfrist Einspruch gegen den Erbschaftsteuer- oder Schenkungsteuerbescheid einzulegen, bei denen auch das Ziel verfolgt wird, die Aussetzung der Vollziehung zu erlangen. Dies ist ohne Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht möglich. Der Vorläufigkeitsvermerk, der kein Rechtsbehelf ist, ist hierfür nicht ausreichend.

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Kein Anspruch auf Unterhalt, soweit BAföG-Leistungen den Unterhaltsbedarf decken können

Ein Kind kann von seinen Eltern keinen Unter­halt verlangen, soweit es seinen Unter­halts­bedarf durch BAföG-Leistungen decken kann, auch wenn diese zum Teil als Darlehn gewährt werden. Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Ober­landes­gerichts Hamm mit Beschluss vom 26.09.2013 entschieden und damit die erst­in­stanz­liche Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht – Bottrop bestätigt.

Die in Dortmund bei ihrer Mutter wohnhafte, 21 Jahre alte Antragstellerin studiert an der Universität Duisburg-Essen. Ihr in Bottrop wohnhafter Vater, der Antragsgegner, zahlt monatlich ca. 210 € Kindesunterhalt. Unter Hinweis auf ihr Studium hat die Antragstellerin vom Antragsgegner eine Erhöhung der monat­lichen Unterhaltsleistungen auf ca. 380 € verlangt. Einen Antrag auf BAföG-Leistungen, die regelmäßig zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehn gewährt werden, hat sie nicht gestellt, u.a. um sich nicht schon zu Beginn ihres Berufslebens zu verschulden.

Die von der Antragstellerin für ihr Unterhaltsbegehren bean­tragte Verfahrenskostenhilfe hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm versagt. Die Antragstellerin habe ihre Unterhaltsdefürftigkeit nicht dargetan. BAföG-Leistungen seien unterhaltsrechtliches Einkommen, das die Bedürftigkeit mindere. Im Unterhaltsrecht obliege es ggf. dem Verpflichteten, ein Darlehn aufzunehmen, um seine Lesitungsfähigkeit zu erhalten. Entsprechendes gelte aber auch für den Unterhalts­berechtigten, der – im Rahmen des Zumutbaren – eine Mög­lichkeit zur Kreditaufnahme ausnutzen müsse, um nicht selbst unterhaltsbedürftig zu werden. Im vorliegenden Fall sei es der Antragstellerin zuzumuten, BAföG-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese würden zur Hälfte als Zuschuss und zur anderen Hälfte als unverzinsliches Darlehn gewährt. Das Darlehn sei erst fünf Jahre nach dem Ende der Förderung in monatlichen Raten – bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 € – zu tilgen, wobei bei guten Leistungen ein Teil des Darlehns erlassen werde. Wegen dieser günstigen Darlehnsbedingungen sei es einem Studie­ren­den in der Regel zuzumuten, BAföG in Anspruch zu nehmen. Für einen von ihr vorzutragenden und nachzuweisenden Aus­nah­me­fall habe die Antragstellerin nichts dargetan. Allein aus der Motivation heraus, nicht bereits zu Beginn des Berufslebens mit einer Darlehnsverbindlichkeit aus BAföG-Leistungen belastet zu sein, sei die Inanspruchnahme von BAföG nicht unzumutbar. Da es die Antragstellerin bewusst unterlassen habe, einen BAföG-Antrag zu stellen, sei ihr in Höhe der BAföG-Leistungen ein fiktives, ihren Unterhaltsanspruch minderndes Einkommen zu unterstellen. Dass sie mit diesem und mit den vom Antrags­gegner monatlich gezahlten Unterhalt ihren monatlichen Mindest­bedarf nicht decken könne, sei nicht ersichtlich.

rechtskräftiger Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 26.09.2013 (2 WF 161/13), erlassen am 27.09.2013

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 15.11.2013

 

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Sonderzahlung mit Mischcharakter – Stichtag

Eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.

Die Parteien haben über einen Anspruch auf eine als „Weih­nachtsgratifikation“ bezeichnete Sonderzahlung für das Jahr 2010 gestritten. Der Kläger war seit 2006 bei der Beklagten, einem Verlag, als Controller beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Die Beklagte übersandte je­weils im Herbst eines Jahres ein Schreiben an alle Arbeit­neh­mer, in dem „Richtlinien“ der Auszahlung aufgeführt waren. In dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es ua., die Zahlung erfolge „an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem un­ge­kün­dig­ten Arbeitsverhältnis“ befänden; Verlagsangehörige sollten für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts erhalten. Im Lauf des Jahres ein­tre­tende Arbeitnehmer erhielten die Sonderzahlung nach den Richtlinien anteilig. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete aufgrund seiner Kündigung am 30. September 2010. Mit der Klage hat er anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung begehrt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Auf die Revision des Klägers hat der Zehnte Senat des Bundes­arbeitsgerichts die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zur Zahlung verurteilt. Die Sonderzahlung soll nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, dient aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres ge­leis­teten Arbeit. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen wie die in den Richtlinien vereinbarte nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klausel benachteiligt den Kläger un­an­ge­messen. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Der Vergütungsanspruch wurde nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben. Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere – vom Kläger nicht erbrachte – Arbeitsleistungen sein sollte, sind nicht ersichtlich.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 69/13 vom 18.09.2014
Urteil vom 13. November 2013 – 10 AZR 848/12 –

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Schenkungsteuer: Steuerfreie Zuwendung eines Familienwohnheims zwischen Ehegatten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 77/13, Pressemitteilung vom 06.11.2013, BFH-Urteil vom 18.07.2013, Aktenzeichen II R 35/11

Ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude, in dem sich nicht der Mittel­punkt des familiären Lebens der Eheleute befindet, ist kein steuerbegünstigtes Familienwohnheim. Nicht begünstigt sind daher Zweit- oder Ferienwohnungen. Dies hat der Bundes­finanzhof (BFH) entschieden (Urteil vom 18. Juli 2013 II R 35/11).

Der Kläger schenkte im Jahr 2008 seiner Ehefrau ein Haus, das die Familie als Zweitwohnung und zu Ferienaufenthalten nutzte. Der Lebensmittelpunkt der Eheleute befand sich nicht in dem übertragenen Haus, sondern am Hauptwohnsitz der Eheleute. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer fest, ohne die Steuerbefreiung für Familienwohnheime zu berück­sichtigen.

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Die Zu­wen­dung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Hauses zwischen Ehegatten unterliegt jedenfalls dann der Schen­kungsteuer, wenn sich dort zum Zeitpunkt der Aus­führung der Schenkung nicht der Lebensmittelpunkt der Eheleute be­findet. Die nach ihrem Wortlaut sehr weit­rei­chende Steuer­befreiung für Familienwohnheime ist ein­schrän­kend aus­zu­legen. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und aus verfassungsrechtlichen Gründen. Dies ent­spricht auch der Intention des Gesetzgebers, den ge­mein­samen familiären Lebensraum der Eheleute zu schützen. Für eine weitergehende Steuerbefreiung, die die Zuwendung aller von den Eheleuten selbst genutzten Häuser und Eigen­tumswohnungen, also auch von Zweit- und Ferien­woh­nun­gen erfasst, fehlt eine sachliche Rechtfertigung.

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