Jahresarchiv 23. Dezember 2015

Außergewöhnliche Belastungen: Verfassungsmäßigkeit der Kürzung um zumutbare Belastung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 84/15, Pressemitteilung vom 23.12.2015, Urteil vom 02.09.2015, Aktenzeichen VI R 32/13 , Urteil vom 02.09.2015, Aktenzeichen VI R 33/13

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteilen vom 2. September 2015 (VI R 32/13, VI R 33/13) entschieden, dass es von Verfassungs wegen nicht geboten ist, bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den Ansatz einer zumutbaren Belastung zu verzichten.

In den Urteilsfällen hatten die Kläger Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung geltend gemacht. Es handelte sich dabei insbesondere um Aufwendungen für Zahnreinigung, Laboratoriumsmedizin, Zweibettzimmerzuschläge sowie für Arztbesuche und Zuzahlungen für Medikamente („Praxis- und Rezeptgebühren“), die von den Krankenversicherungen nicht übernommen worden waren. Diese Aufwendungen seien, so die Kläger, zwangsläufig entstanden und von Verfassung wegen ohne Berücksichtigung einer zumutbaren Belastung abzuziehen. Denn das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass Krankenversicherungsbeiträge Teil des einkommen­steuer­recht­lich zu verschonenden Existenzminimums seien; dies müsse jedenfalls auch für Praxis- und Rezeptgebühren gelten.

Die Finanzämter ließen einen Abzug der Aufwendungen nicht zu und gingen damit von einem Ansatz der zumutbaren Belastung aus. Der BFH bestätigte diese Rechtsauffassung. Krankheits­kosten gehören zwar grundsätzlich zu den außergewöhnlichen Belastungen, aber auch sie sind einkommensteuerrechtlich nur zu berücksichtigen, soweit sie die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG überschreiten. Auch verfassungsrechtlich ist es nicht geboten, bei Krankheitskosten einschließlich der Praxis- und Rezeptgebühren auf den Ansatz der zumutbaren Belastung zu verzichten. Denn zum verfassungsrechtlich zu achtenden Existenzminimum, das sich grundsätzlich nach dem im Sozial­hilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet, gehören solche Zuzahlungen nicht, weil auch Sozialhilfeempfänger solche zu leisten haben.

Nach den einschlägigen sozialrechtlichen Bestimmungen hatten in den Streitjahren 2008 und 2009 alle Versicherten, also auch Versicherte, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder zur Grund­si­che­rung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhalten, Zuzahlungen, nämlich Praxis­ge­büh­ren sowie die auch noch gegenwärtig erhobenen Zuzahlungen für Heilmittel, Hilfsmittel und Krankenhausbehandlungen, bis zur Belastungsgrenze in Höhe von 2 % der jährlichen Brutto­ein­nah­men zu leisten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen dagegen nicht. Denn dem Gesetzgeber ist es – so der BFH mit Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht – grundsätzlich erlaubt, Versicherte zur Entlastung der Krankenkassen und zur Stärkung des Kostenbewusstseins in Form von Zuzahlungen zu beteiligen, soweit dies dem Einzelnen finanziell zugemutet wer­den kann. Das war in den Urteilsfällen angesichts der Einkünfte der Kläger und deren Aufwendungen in Höhe von 143 € und 170 € nicht der Fall. Daher konnte hier auch offenbleiben, ob bei Unterschreitung des Grundfreibetrags durch Zuzahlungen von Verfassungs wegen anderes gilt.

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Unterhaltsrecht: Dienstwagen

Nutzt der Unterhaltsschuldner ein Dienst­fahr­zeug auch privat, erhöht sich der von ihm zu zahlende Unterhalt.

Neben ihrem Grundgehalt erhalten Mitarbeiter häufig weitere geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers beispielsweise auch dadurch, dass ihnen ein Firmenfahrzeug sowohl für berufliche als auch private Zwecke zur Verfügung gestellt wird. Nach ein­hel­liger Auffassung ist dies als Sachbezug zu qualifizieren und damit bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Ein­kom­mens des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen. Wichtig zu wissen ist, dass der vermögenswerte Vorteil für die Privat­nut­zung des Firmenfahrzeugs nicht identisch mit dem Gehalts­be­stand­teil der PKW-Nutzung, der sich nach der sogenannten 1%-Regelung richtet (1% des Bruttolistenpreises). Dieser Vorteil ist vielmehr in jedem Einzelfall nach der jeweiligen Sachlage ent­sprechend dem Umfang der Arbeitgeberleistung zu schätzen. Be­rücksichtigt wird hier beispielsweise, wer die KFZ-Versicherung be­zahlt oder wer die Kosten für Steuern und Benzin übernimmt. In der gerichtlichen Praxis wird für den Anteil der Privatnutzung in der Regel ein Betrag zwischen 200,00 bis 500,00 € als an­ge­messen erachtet. Übernimmt der Arbeitgeber die Betriebskosten für das Fahrzeug, kann in aller Regel ein pauschaler Abzug von 5 % des Nettoeinkommens für berufsbedingte Aufwendungen nicht mehr erfolgen.

Neben einer Schätzung des vermögenswerten Vorteils besteht aber auch die Möglichkeit einer konkreten Berechnung des Sachvorteils. Im Grundsatz geht es darum, ein fiktives Ein­kom­men ohne Sachbezug zu errechnen und hieraus den bereinigten Sachvorteil zu ermitteln. Obwohl die Berechnungsweise hierzu kompliziert ist, kann eine konkrete Berechnung aus Sicht sowohl des Unterhaltsschuldners als auch des Unterhaltsgläubigers zu günstigeren Ergebnissen führen.

Festzuhalten bleibt, dass sowohl nach einer konkreten Be­rech­nung als auch bei einer Schätzung ein vermögenswerter Vorteil für die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs errechnet wird, wel­cher das unterhaltsrechtliche Einkommen des Unterhalts­schuldners erhöht und damit auch die Unterhaltsforderung der Gläubigerin.

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Wichtige Entscheidung für Erben, wenn der Nachlass ein Facebook-Konto beinhaltet

Das Landgericht Berlin hat mit Datum vom 17.12.2015, Geschäftsnummer 20 O 172/15, entschieden, dass die Erben einen Anspruch auf Zugang zum Facebook-Konto ihres verstorbenen Kindes haben.

Das Landgericht Berlin führte aus, dass der digitale Nachlass nicht anders zu behandeln sei als etwa Briefe oder Tagebücher. Der Vertrag mit dem sozialen Netzwerk Facebook sei Teil des Erbes. Somit sei den Eltern des in diesem Fall verstorbenen Mädchens Zugang zum Konto auf Facebook zu gewähren.

Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Erbin, die Mutter der Erblasserin war, ging davon aus, dass sie über das Facebook-Konto etwaige Hinweise auf Motive für einen möglichen Suizid ihrer Tochter bekommen könne. Diese war im Jahre 2012 unter bisher ungeklärten Umständen tödlich verunglückt. Die Erbin konnte jedoch auf das Konto trotz Passwort nicht zugreifen, da es von einem anderen Nutzer in den „Gedenkzustand“ versetzt worden war. Jedoch ist grundsätzlich der Nachweis des Todesfalles an Facebook notwendig, um den Gedenkzustand einrichten zu können. Dieser Nachweis konnte jedoch durch den Nutzer gar nicht geführt worden sein, stellte das Landgericht Berlin fest.

Facebook berief sich im Prozess darauf, dass die Nutzer laut Nutzungsbedingungen ihr Passwort nicht weitergeben dürften. Weiterhin dürften Profildaten von verstorbenen Nutzern grundsätzlich nicht herausgegeben werden.

Das Landgericht Berlin entschied, dass das Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Kindes der Entscheidung nicht entgegensteht. Da die Eltern sorgeberechtigt seien, dürften sie auch Kenntnis darüber nehmen, wie und worüber ihr minderjähriges Kind im Internet kommuniziert. Sowohl zu Lebzeiten als auch nach dessen Tod.

Die stellt ebenfalls keinen Verstoß gegen die Datenschutzrechte der Kommunikationspartner der Tochter dar, da der Zugriff der Eltern auf Pinnwandeinträge und Chats der Tochter diese nicht verletzen würden. Facebook argumentierte damit, dass man bemüht sei, eine Lösung zu finden, die die Privatsphäre Dritter schütze, die möglicherweise betroffen sind, und gleichzeitig der Familie helfe.

Hier handelt es sich um das erste Urteil in Deutschland, dass die Vererbbarkeit eines Facebook-Kontos feststellt. Eine gesetzliche Regelung fehlt bisher. Es wurde jedoch nicht darüber entschieden, ob Facebook auch den Erben eines Erwachsenen vollständigen Zugang zum Konto des Verstorbenen gewähren muss.

Es ist erfreulich, dass nun das erste Urteil zu dieser Thematik gefällt worden ist.

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Bezugsberechtigung des Erben bei privater Rentenversicherung

Das LG Coburg hat mit Datum vom 15.04.2014, Az. 22 O 598/13, entschieden, dass der Versi­che­rungs­schein die maßgebliche Urkunde bei einem Versicherungsvertrag ist, da dieser den gesamten Inhalt des Versicherungsvertrages beweist. Dies gilt ebenso für die Bezugs­berechtigung nach dem Tod des Versicherungsnehmers.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Erbe der Versicherungsnehmerin verklagte den Versicherer, aus zwei privaten Rentenversicherungen zu zahlen. In den Verträgen war vereinbart worden, dass im Falle des Todes der Versicherungsnehmerin die eingezahlten Beträge abzüglich ausgezahlter Altersrenten zurückerstattet werden sollten. Der Erbe war der Ansicht, dass er als Alleinerbe die Restbeträge aus den Lebensversicherungen erhalten sollte. Der Versicherer zog sich jedoch darauf zurück, dass in dem Begleitschreiben zu den Versicherungsurkunden vereinbart worden sei, dass nach dem Tod der Versicherungsnehmerin die gesetzlichen Erben die Restbeträge erhalten würden. Da der Erbe jedoch nicht ge­setz­licher Erbe sei, wurde die Auszahlung verweigert.

Das Landgericht Coburg gab der Klage statt und verurteilte den Versicherer, die Restbeträge aus den beiden Lebens­ver­si­che­run­gen an den Erben zu bezahlen. Das LG Coburg führte aus, dass zum einen nicht geklärt werden konnte, ob die Regelung in dem Begleitschreiben tatsächlich zwischen der Versicherungs­nehmerin und dem Versicherer vereinbart worden war. Da der Versicherer nicht in der Lage war, dies zu beweisen, konnte der Erbe als Alleinerbe die Beiträge fordern.

Das LG Coburg führt weiterhin aus, dass die Regelung ausgelegt werden muss. Dies gelte selbst dann, wenn sie in dem Begleit­schreiben wirks23am vereinbart worden sei. Aus der Auslegung ergibt sich, dass in jedem Fall der Erbe Bezugsberechtigter werden solle. Aus Sicht der Versicherungsnehmerin mache es wenig Sinn, wenn abweichend von der von ihr beabsichtigten Erbfolge Dritte wesentliche Vermögensbestandteile erhalten würden.

Somit ist festzuhalten, dass, wenn nicht geklärt werden kann, was der Versicherungsnehmer und der Versicherer in dem Begleitschreiben vereinbart haben, auf den Versicherungsschein abzustellen ist. Der Versicherungsschein trägt als Urkunde die Vermutung in sich, vollständig und richtig zu sein. Aus dem Versicherungsschein muss sich der gesamte Inhalt des Ver­si­cherungs­vertrages ergeben. Findet dort keine Regelung bezüglich der Bezugsberechtigung für den Todesfall statt, verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung. In diesem Fall tritt der Erbe an Stelle des Versicherungsnehmers ein.

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Zur Pflichtteilsergänzung beim Wohnrecht

Das OLG Dresden hat mit Datum vom 30.09.2015, Aktenzeichen 17 U 1338/15, entschieden, dass bei Übertragung des Mit­eigen­tums­anteils des Erblassers an seinem Hausgrundstück auch dann kein Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht, wenn der Erblasser sich ein Wohnrecht vorbehalten hat, der Beschenkte das Haus ohne die Zustimmung des Erblassers weder verändern noch veräußern durfte und sich bei der Übertragung die tatsächliche Nutzung durch den Erblasser und den Beschenkten nicht änderte.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Erblasser verstarb 2012 und hinterließ eine Ehefrau sowie zwei Söhne. Alleinerbin wurde die Ehefrau. Bereits im Jahre 1994 hatten die Ehegatten dem Sohn B ihr Hausgrundstück übertragen. In dem Haus wohnten damals die beiden Ehegatten sowie der Sohn B. Im Übertragungsvertrag, der notariell abge­schlossen worden ist, behielten sich die Ehegatten ein Woh­nungs­recht im Erdgeschoss und die Mitnutzung weiterer Räume und des Grund­stückes vor. Der Sohn B durfte das Grundstück umbauen und veräußern, wenn die Ehegatten zustimmten. Ebenso hätte er eine Belastung der Immobilie im Rang vor dem Wohnungsrecht vornehmen können, was aber nicht statt­ge­fun­den hat.

Der pflichtteilsberechtigte Sohn P. machte nach dem Tod des Erblassers seine Pflichtteilsansprüche geltend. Ein notarielles Nachlassverzeichnis wurde in der Auskunftsstufe erstellt. Dies beinhaltete unter anderem, dass die Nutzung nach der Übergabe im Wesentlichen in dem Umfang wie auch schon vor der Über­gabe erfolgte. Während der Nutzungszeit wurde im Einzelnen zumindest noch ein weiteres Zimmer im ersten Obergeschoss zeitweise von dem Erblasser und dessen Ehefrau genutzt. Der pflichtteilsberechtigte Sohn P. beantragte erfolglos, den Wert zu ermitteln. Zudem beantragte er festzustellen, dass die Grund­stücks­übertragung der Pflichtteilsergänzung unterliegt. Die da­rauf­hin ebenfalls eingelegte Berufung blieb erfolglos.

Unstrittig ist, dass der Erblasser seinen Anteil am Grund­stücks­eigentum verschenkt hat. Nach § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB findet keine Pflichtteilsergänzung statt, wenn 10 Jahre vergangen sind, seit der Gegenstand verschenkt wurde. Damit war zu klären, ob eine Leistung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, wenn sich der Erblasser ein Wohnungsrecht an einem Teil des Hauses vor­be­hal­ten hat, das Haus ohne Zustimmung weder umgebaut noch veräußert werden durfte und sich auch sonst durch die Über­tra­gung nichts geändert hat. Das OLG geht davon aus, dass die Ehegatten rechtlich nicht mehr über die Immobilie verfügen konnten. Sie hatten nicht die Möglichkeit, mit ihr nach Belieben zu verfahren und andere davon auszuschließen (§ 903 Satz 1 BGB). Es sei unbeachtlich, dass die Ehegatten das Haus­grund­stück nach der Übergabe im Wesentlichen in dem Umfang nutzten wie zuvor. Offen blieb, dass die Ehegatten diese recht­lichen Erwägungen tatsächlich nicht spürten.

Das OLG Dresden entschied, dass die Ausschlussfrist des § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB abgelaufen ist. Der Gesetzgeber habe deren Fristbeginn auch für Nutzungsvorbehalte belassen, da der Vor­schlag abgelehnt worden sei, § 2325 Abs. 3 BGB dahin­ge­hend zu fassen, dass der Lauf der Ausschlussfrist erst dann beginnt, wenn die vorbehaltenen Nutzungsrechte erlöschen.

Dies sei auch verfassungsrechtlich zulässig, da das Pflicht­teils­recht zwar einen verfassungsrechtlichen Schutz gewährt, dieser aber nur beschränkt ist. Nach der Recht­spre­chung des BGH sind zum Nießbrauch jedoch Wesentlichkeitsbetrachtungen an­zu­stel­len. Diese Rechtsprechung gilt auch für Wohnungsrechte. Da­nach ist zu differenzieren, ob der Eigentums­verlust für den Erb­las­ser ein spürbares Vermögensopfer war oder nicht. Dies hat zur Folge, dass vergleichbare Fälle unterschiedlich bewertet wurden. Der Fristanlauf könne nicht verschoben werden.

Die Entscheidung des OLG Dresden hätte zur Folge, dass in den Fällen, in denen ein Kind mit im Haus der Eltern wohnt, dies die perfekte Möglichkeit wäre, um Pflichtteil- und Pflichtteils­ergän­zungs­ansprüche zu vermeiden. Da das OLG Dresden die Pflichtteilsergänzung prinzipiell stets für ausgeschlossen hält, ermittelte es die tatsächliche Nutzung nicht wirklich. Es bleibt daher abzuwarten, welche Vorgaben der BGH machen wird.

Die verfassungsrechtliche Frage wurde vom OLG Dresden nicht beantwortet. Die Ansicht des OLG Dresdens würde auf eine Gestaltung hinauslaufen, die in bestimmten Fällen das Pflicht­teils­recht im Wesentlichen ins Leere laufen lassen würde, obwohl der Erblasser sich nicht einschränken muss.

Das OLG Dresden hat die Revision zugelassen. Es dürfte interessant sein, wie diese entschieden wird.

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Hamburger Zweitwohnungsteuer: Befreiung für aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung eines Verheirateten verfassungsgemäß

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 82/15, Pressemitteilung vom 09.12.2015, Urteil vom 30.09.2015, Aktenzeichen II R 13/14

Mit Urteil vom 30. September 2015 hat der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ent­schieden, dass eine aus beruflichen Grün­den in Hamburg gehaltene Nebenwohnung eines nicht dauernd getrennt lebenden Ehepartners unabhängig vom zeitlichen Umfang der Nutzung von der Hamburgischen Zweitwohnungsteuer befreit ist. Diese Befreiung von Erwerbszweitwohnungen Verheirateter führt nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen.

Der seit 2009 verheiratete Kläger hatte seinen Hauptwohnsitz zunächst in Hamburg, wo er eine freiberufliche Tätigkeit aus­übte. Später verlegte er seinen Hauptwohnsitz an den Wohnort seiner Ehefrau, die dort gewerblich tätig ist. Im Mai 2011 mel­dete er in Hamburg einen Nebenwohnsitz an. Die Neben­woh­nung nutzte er aus beruflichen Gründen an zwei bis drei Tagen in der Woche. Das Finanzamt ging davon aus, dass der Kläger die Wohnung nur sporadisch und damit nicht überwiegend beruflich genutzt habe. Es setzte für das Innehaben der Nebenwohnung Zweitwohnungsteuer fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Der BFH hob nun die Steuerfestsetzung auf. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 5 Buchst. c des Hamburgischen Zweitwohnung­steuergesetzes wird nur vorausgesetzt, dass ein Ehepartner die Wohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehat. Die Steuerbegünstigung hängt nicht davon ab, dass die Neben­woh­nung in Hamburg von dem dort gemeldeten Ehepartner auch überwiegend genutzt wird. Eine wortlaut­ein­schrän­kende Aus­legung ist weder nach dem Sinn und Zweck noch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte der Steuerbegünstigung geboten. Auch verfassungsrechtliche Gründe sprechen nicht dagegen, dass die zeitlich nicht überwiegend genutzte Erwerbs­zweit­woh­nung eines Verheirateten steuerbegünstigt ist. Die aus der ehelichen Lebensgemeinschaft resultierenden Verpflichtungen rechtfertigen eine Ungleichbehandlung gegenüber unver­hei­ra­te­ten Personen.

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Auskunftsersuchen an Dritte: Ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Steuerpflichtigen nur sehr eingeschränkt möglich

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 83/15, Pressemitteilung vom 09.12.2015, Urteil vom 29.07.2015, Aktenzeichen X R 4/14

Mit Urteil vom 29. Juli 2015 X R 4/14 hat der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) darüber entschieden, wann sich eine Finanzbehörde unmittelbar an andere Personen als den Steuerpflichtigen (sog. Dritte) wenden darf.

Im Streitfall richtete das Finanzamt (FA) –ohne den Kläger hierzu vorab um Auskunft zu ersuchen– ein Auskunftsersuchen betreffend Provisionszahlungen an einen Dritten, nachdem ein anderer Lieferant des Klägers „Ausgleichszahlungen“ an diesen mitgeteilt hatte. Das Auskunftsersuchen diente aus Sicht des FA der „Vervollständigung der Prüfung“. Das Finanzgericht (FG) hatte einen Ermessensfehler des FA darin gesehen, dass das FA nicht zuvor den Kläger um Auskunft gebeten hatte, und der Klage stattgegeben.

Der X. Senat des BFH folgte dem FG und hat die Revision zu­rückgewiesen. Zwar genüge es, wenn aufgrund konkreter Um­stände oder aufgrund allgemeiner Erfahrung ein Auskunfts­er­su­chen an einen Dritten angezeigt sei. Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung sollten Dritte aber erst dann zur Auskunft an­gehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg ver­spreche. Hiervon dürfe die Finanzbehörde nur in atypischen Fällen abweichen. Ein solcher läge vor, wenn aufgrund des bisherigen Verhaltens des Steuerpflichtigen feststehe, dass er nicht mitwirken werde und damit die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig sei. Hieran fehlte es im Streitfall.

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Steuererstattung nach Insolvenzeröffnung: Befreiende Wirkung der Zahlung trotz falschen Zahlungsempfängers

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 81/15, Pressemitteilung vom 02.12.2015, Urteil vom 18.08.2015, Aktenzeichen VII R 24/13

Mit Urteil vom 18. August 2015 VII R 24/13 hat der VII. Senat des Bundesfinanz­hofs (BFH) darüber entschieden, welche Folgen es hat, wenn nur das ehemals örtlich zuständige Finanzamt (FA) Kenntnis von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerpflichtigen hat und das aktuell zuständige FA deshalb eine Steuererstattung nicht auf das Konto des nach § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) empfangsberechtigten Insolvenz­verwalters, sondern auf das Konto des Insolvenzschuldners leistet.

Im Streitfall war das FA unter Berufung auf § 82 InsO trotzdem von der befreienden Wirkung seiner Zahlung an den Insolvenz­schuldner ausgegangen, da es sich die Kenntnis der ehemals örtlich zuständigen Finanzbehörde von der Insolvenzeröffnung nicht zurechnen lassen müsse. Das Finanzgericht hatte die hiergegen gerichtete Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen.

Der VII. Senat des BFH hat nun die Revision gegen dieses Urteil als unbegründet zurückgewiesen, da es jedenfalls im Ergebnis richtig sei. Zwar trete die befreiende Wirkung der Zahlung gemäß § 82 InsO nur dann ein, wenn der Leistende keine positive Kennt­nis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt habe. Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die positive Kenntnis des ehemals örtlich zuständigen FA von der Insolvenzeröffnung dem aktuell zuständigen FA zugerechnet werden könne, musste der BFH im Streitfall aber nicht entscheiden. Denn nach Auffassung des VII. Senats kann sich der Insolvenzverwalter jedenfalls dann nicht auf eine Zurechnung der Kenntnis des ehemals örtlich zu­ständigen FA berufen, wenn er selbst seine steuerlichen Mit­wir­kungspflichten verletzt hat. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt, da der Insolvenzverwalter entweder von dem Wohnsitz­wechsel des Insolvenzschuldners gewusst habe, ohne das FA über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu informieren, oder keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen habe, den Wohn­sitz des Insolvenzschuldners nachzuverfolgen. Darüber hinaus habe der Insolvenzverwalter über mehrere Jahre weder die erforderlichen Einkommensteuererklärungen abgegeben noch den Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen mitgeteilt.

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Haushaltsnahe Dienstleistung: Versorgung und Betreuung eines Haustieres begünstigt

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 79/15, Pressemitteilung vom 25.11.2015, Urteil vom 03.09.2015,  Aktenzeichen VI R 13/15

Mit Urteil vom 3 September 2015 VI R 13/15 hat der VI. Senat des Bundes­finanz­hofs (BFH) entschieden, dass die Ver­sor­gung und Betreuung eines im Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Haus­tieres als haushaltsnahe Dienstleistung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigt sein kann.

Die Kläger ließen während des Urlaubs ihre Hauskatze von der „Tier- und Wohnungs­betreuung A“ in ihrer Wohnung betreuen. Hierfür wurde ihnen ein Betrag in Höhe von 302,90 € in Rech­nung gestellt. Die Rechnungen beglichen die Kläger im Streitjahr (2012) per Überweisungen.

In ihrer Einkommensteuererklärung beantragten sie für diese Aufwendungen eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Danach ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer um 20 %, höchstens 4.000 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen. Das Finanzamt versagte den Klägerin den beantragten Steuer­vorteil. Es berief sich auf eine Verwaltungsanweisung des Bun­desministeriums für Finanzen (Schreiben vom 10. Januar 2014, BStBl I 2014, 75). Danach sei u.a. für Tierbetreuungskosten keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu gewähren.

Dem ist wie zuvor das Finanzgericht nun der BFH entgegen ge­treten. Die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst­lei­stun­gen nach § 35a EStG sei zu gewähren, wenn die in Anspruch genommene Leistung eine hinreichende Nähe zur Haushalts­führung aufweise oder damit im Zusammenhang stehe. Davon sei insbesondere bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder ent­sprechend Beschäftigte erledigt würden und in regelmäßigen Ab­stän­den anfielen, auszugehen. Deshalb sei auch die Versorgung und Betreuung eines im Haushalt des Steuerpflichtigen auf­ge­nom­menen Haustieres eine haushaltsnahe Dienstleistung. Denn Tätigkeiten wie das Füttern, die Fellpflege, das Ausführen und die sonstige Beschäftigung des Tieres oder im Zusammenhang mit dem Tier erforderliche Reinigungsarbeiten fielen regelmäßig an und werden typischerweise durch den Steuerpflichtigen selbst oder andere Haushaltsangehörige erledigt.

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Kein Betriebsausgabenabzug im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit bei Nutzung eines nach der sog. 1 %-Regelung versteuerten Dienstwagens eines Arbeitnehmers

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 77/15, Pressemitteilung vom 18.11.2015, Urteil vom 16.07.2015,  Aktenzeichen III R 33/14

Der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 16. Juli 2015 III R 33/14 entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der einen ihm von seinem Arbeitgeber über­lassenen PKW auch für seine selb­stän­dige Tätigkeit nutzen darf, keine Betriebsausgaben für den PKW abziehen kann, wenn der Arbeitgeber sämtliche Kosten des PKW getragen hat und die private Nutzungsüberlassung nach der sog. 1 %-Regelung versteuert worden ist.

Der Kläger erzielte als Unternehmensberater sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Arbeit. Sein Arbeitgeber stellte ihm einen Dienstwagen zur Verfügung, den der Kläger uneingeschränkt für Fahrten im Rahmen seiner An­ge­stelltentätigkeit sowie im privaten und freiberuflichen Be­reich nutzen durfte. Sämtliche Kosten des PKW trug der Arbeit­geber des Klägers. Von den 60.000 km, die der Kläger im Streitjahr 2008 zurückgelegt hatte, entfielen 37.000 km auf die Ange­stell­ten­tätigkeit, 18.000 km auf die freiberufliche Tätigkeit und 5.000 km auf private Fahrten. Für die private Nutzungs­über­lassung des PKW erfolgte eine Besteuerung des Sachbezugs auf der Basis des Bruttolistenpreises des PKW nach der sog. 1 %-Regelung. Bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit machte der Kläger für den PKW Betriebsausgaben geltend. Diese er­mit­tel­te er, indem er den versteuerten Sachbezug im Verhältnis der betrieblichen Fahrten zu den privaten Fahrten aufteilte. Das Finanzamt (FA) lehnte den Betriebsausgabenabzug ab.

Wie bereits zuvor das Finanzgericht folgte der BFH der Auf­fas­sung des FA. Der Abzug von Betriebsausgaben im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit setzt voraus, dass beim Steuerpflichtigen selbst und nicht bei Dritten Aufwendungen entstanden sind. Die Aufwendungen müssen zudem durch die selbständige Tätigkeit veranlasst worden sein. Im Streitfall trug jedoch der Arbeitgeber des Klägers sämtliche Kosten des PKW und es lag kein Fall vor, in dem man dem Kläger ausnahmsweise die Aufwendungen des Arbeitgebers als eigene zurechnen konn­te. Die Anwendung der 1 %-Regelung erfolgt zudem un­ab­hän­gig davon, ob und wie der Arbeitnehmer den PKW tat­säch­lich nutzt. Es ergeben sich daher für den Arbeitnehmer auf der Ein­nah­men­seite keine nachteiligen Folgen daraus, dass er den Dienstwagen auch zur Erzielung anderer Einkünfte einsetzt. Entsprechend kann dann im Rahmen der anderen Einkünfte, hier der Ein­künfte aus selbständiger Arbeit, nicht davon ausgegangen werden, dass beim Steuerpflichtigen ein Wertabfluss stattfindet.

Nicht zu befinden hatte der III. Senat darüber, wie sich der Fall darstellen würde, wenn der Kläger ein Fahrtenbuch geführt hätte. Dann käme ein Betriebsausgabenabzug möglicherweise in Betracht, wenn der Kläger eigenständige geldwerte Vorteile sowohl für die private als auch für die freiberufliche Nutzung zu versteuern hätte, die nach den jeweils tatsächlich gefahrenen Kilometern ermittelt werden.

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