Monatsarchiv Juli 2015

Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende

Rückwirkend zum 1.1.2015 erhalten Allein­erzie­hende mit einem Kind einen um 600 € höheren Steuerfreibetrag. Dieser beträgt nun pro Jahr 1.908 €. Für jedes zusätzliche zum Haushalt gehörende Kind wird ein weiterer Freibetrag von 240 € gewährt.
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Erhöhung des Grundfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags

Der Grundfreibetrag wird für jeden Steuer­pflichtigen zum 1.1.2015 um 118 auf nunmehr 8.472 € und zum 1.1.2016 um weitere 180 € auf dann 8.652 € erhöht. Das Kindergeld wird rückwirkend zum 1.1.2015 für jedes Kind um 4 € pro Monat und zum 1.1.2016 nochmals um weitere 2 € pro Kind pro Monat erhöht. Der Kinderfreibetrag wird pro Kind und Elternteil rückwirkend zum 1.1.2015 um 72 € auf 2.256 € und zum 1.1.2016 um weitere 48 € auf dann 2.304 € erhöht.
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Widerrufsmöglichkeit einer Vorsorgevollmacht durch den Betreuer als eigener Aufgabenkreis

Der BGH hat mit Datum vom 28.07.2015, Aktenzeichen XII ZB 674/14, entschieden, dass ein Betreuer eine Vorsorgevollmacht nur dann widerrufen kann, wenn ihm dies als eigener Aufgabenkreis zugewiesen worden ist. Durch den Widerruf wird nämlich erheblich in die Grundrechte und die Selbstbestimmung des Betroffenen eingegriffen.

Ein Betreuer, der explizit zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht aufgrund eines eigenen Aufgabenkreises bestimmt worden ist, sorgt durch den Widerruf einer Vollmacht dafür, dass diese erlischt, ohne dass dies rückgängig gemacht werden könnte. Dies ist auch dann der Fall, wenn kein tatsächlich wichtiger Grund dafür besteht, die Vollmacht zu widerrufen. Der Vollmachtswiderruf bleibt auch dann wirksam, wenn auf eine Beschwerde hin die Betreuerbestellung oder zumindest der Aufgabenkreis des Vollmachtswiderrufes aufgehoben worden ist.

Der Bevollmächtigte hat die Möglichkeit, auch wenn die Vollmacht wirksam widerrufen wurde, sich gegen diesen Widerruf zu wenden. Dem Bevollmächtigten soll die Möglichkeit gegeben werden, die Betreuerbestellung zu prüfen. Er ist befugt, im Namen des Betroffenen Beschwerde einzulegen. Der Widerruf der Vollmacht durch einen Betreuer steht dem Beschwerderecht nicht entgegen. Die Vertretungsmacht endet erst mit dem Abschluss des Verfahrens darüber, ob der Betreuer rechtmäßig bestellt worden ist.

Es ist zu beachten, dass bei behebbaren Mängeln bei der Vollmachtsausübung durch den Bevollmächtigten als milderes Mittel regelmäßig zu versuchen ist, durch einen zu bestellenden Kontrollbetreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken. Insbesondere besteht die Möglichkeit, Auskunft und Rechenschaftslegung zu verlangen sowie bestehende Weisungsrechte auszuüben. Der Widerruf der Vollmacht ist die ultima ratio.

Thematische Ergänzung: Vorsorgevollmacht

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Schätzungsmethode des „Zeitreihenvergleichs“ nur unter Einschränkungen zulässig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 51/15, Pressemitteilung vom 22.07.2015, Urteil vom 25.03.2015, Aktenzeichen X R 20/13

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich mit Urteil vom 25. März 2015 X R 20/13 zu der Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs geäußert. Diese Methode wird von der Finanzverwaltung im Rahmen von Außenprüfungen insbesondere bei Gastro­no­mie­betrie­ben zunehmend häufig angewandt.

Dabei handelt es sich um eine mathematisch-statistische Ver­pro­bungsmethode, bei der die jährlichen Erlöse und Wareneinkäufe des Betriebs in kleine Einheiten –regelmäßig in Zeiträume von einer Woche– zerlegt werden. Für jede Woche wird sodann der Rohgewinnaufschlagsatz (das Verhältnis zwischen Erlösen und Einkäufen) ermittelt. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass der höchste Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen be­lie­bi­gen Zehn-Wochen-Zeitraum ergibt, auf das gesamte Jahr an­zu­wen­den ist. Dadurch werden rechnerisch zumeist erhebliche Hinzuschätzungen zu den vom Steuerpflichtigen angegebenen Erlösen ausgewiesen.

Der BFH hat diese Schätzungsmethode nunmehr nur unter folgenden Einschränkungen zugelassen:

1. Das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb muss über das ganze Jahr hinweg weitgehend konstant sein.

2. Bei einer formell ordnungsmäßigen Buchführung ist der Zeit­reihenvergleich zum Nachweis materieller Mängel der Buch­füh­rung von vornherein ungeeignet.

3. Ist die Buchführung zwar formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten nicht konkret nachgewiesen, sind andere Schätzungsmethoden vorrangig.

4. Auch wenn solche anderen Schätzungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, dürfen die Ergebnisse eines Zeitreihen­ver­gleichs nicht unbesehen übernommen werden, sondern können allenfalls einen Anhaltspunkt für eine Hinzuschätzung bilden.

5. Nur wenn die materielle Unrichtigkeit der Buchführung bereits aufgrund anderer Erkenntnisse feststeht, können die Ergebnisse eines –technisch korrekt durchgeführten– Zeitreihenvergleichs auch für die Höhe der Hinzuschätzung herangezogen werden.

In diesem Zusammenhang hat der BFH ferner entschieden, dass beim Einsatz eines programmierbaren Kassensystems bereits das Fehlen der hierfür aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (Be­triebs­anleitung, Programmierprotokolle) einen formellen Mangel der Buchführung darstellt, der grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt.

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Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeit­nehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.

Die am 20. Januar 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit dem 16. Dezember 1991 als Arzt­helferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt über­wie­gend im Labor eingesetzt. Die Gesellschafter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. Mai 2013 zum 31. Dezember 2013 wegen Veränderungen im Labor­bereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensions­berechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Alters­diskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benach­tei­ligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Be­klag­ten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu er­war­ten­den Entfalls von 70 bis 80 % der abrechenbaren Labor­leistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeits­gerichts Erfolg. Die Kündigung verstößt gegen das Benach­tei­li­gungs­verbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam. Die Beklagte hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschä­di­gungs­anspruch zusteht, kann noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 37/15 vom 23.07.2015
Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 –

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Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 50/15, Pressemitteilung vom 22.07.2015, Urteil vom 14.04.2015, Aktenzeichen VI R 89/13

Mit Urteil vom 14. April 2015 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ent­schieden, dass Aufwendungen für ärzt­lich verordnete Arzneimittel i.S. von § 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) nicht dem Abzugsverbot für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterfallen.

Die Klägerin leidet an einer chronischen Stoffwechselstörung. Sie nimmt aus diesem Grund –ärztlich verordnet– Vitamine und andere Mikronährstoffe ein. Die hierfür entstandenen Auf­wen­dun­gen machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung ver­geb­lich als Krankheitskosten und damit als sog. außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Die nach erfolglosem Ein­spruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Aufwendungen für Vitamine und andere Mikro­nähr­stoffe seien Diätverpflegung und könnten deshalb nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Auf die Revision der Klägerin hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG habe nicht festgestellt, ob es sich bei den von der Klägerin ein­genommenen Präparaten um Nahrungsergänzungsmittel i.S. des § 1 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung und damit um Lebensmittel oder, ob es sich um Arzneimittel i.S. des § 2 AMG handele. Die erforderlichen Feststellungen habe es im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Denn vom Abzugsverbot nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG würden nur Aufwendungen für Diät­lebensmittel, nicht aber Arzneimittel i.S. des § 2 AMG erfasst. Dies gelte auch dann, wenn die Arzneimittel im Rahmen einer Diät eingenommen würden. Aufwendungen hierfür seien vielmehr als Krankheitskosten nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn die Einnahme der Medikamente einer Krankheit geschuldet und die Medikation durch ärztliche Verordnung nachgewiesen sei.

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Behinderungsbedingte Umbaukosten einer Motoryacht sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 49/15, Pressemitteilung vom 15.07.2015, Urteil vom 02.06.2015, Aktenzeichen VI R 30/14

Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ent­schie­den, dass Aufwendungen für den be­hin­der­ten­gerechten Umbau einer Motor­yacht dem Steuerpflichtigen nicht zwangs­läufig erwachsen und deshalb nicht als außergewöhnliche Be­las­tung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu be­rück­sich­tigen sind.

Der Kläger ist aufgrund eines Autounfalls querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen (Grad der Behinderung 100). Im Jahr 2008 erwarb er eine Motoryacht, die er im Streitjahr 2011 rollstuhlgerecht umbauen ließ. Hierfür entstanden ihm Kosten in Höhe von ca. 37.000 €, die er in seiner Einkommen­steuer­er­klä­rung vergeblich als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend machte. Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb ebenso wie jetzt die Revision erfolglos.

Der BFH war der Auffassung, das FG habe die Aufwendungen zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Nach § 33 EStG seien nur zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf abzugsfähig. Aufwendungen für die Anschaffung und den Unterhalt einer Motoryacht zählten hierzu nicht. Der Steuerpflichtige sei nicht verpflichtet, derartige Konsumaufwendungen zu tragen. Sie stünden vielmehr in seinem Belieben. Das gelte auch für Mehraufwendungen, die erforderlich seien, ein solches Boot behindertengerecht um­zu­gestalten. Diese Aufwendungen seien nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern –anders als die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des in­di­vi­duellen (existenziell wichtigen) Wohnumfelds– in erster Linie Folge eines frei gewählten Konsumverhaltens.

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Außerordentliche Kündigung – Nutzung dienstlicher Ressourcen zur Herstellung privater „Raubkopien“

Ein Grund zur fristlosen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann darin liegen, dass ein Arbeitnehmer privat beschaffte Bild- oder Ton­träger während der Arbeitszeit unter Verwendung seines dienst­lichen Computers unbefugt und zum eigenen oder kollegialen Gebrauch auf dienstliche „DVD-“ bzw. „CD-Rohlinge“ kopiert. Das gilt unabhängig davon, ob darin zugleich ein strafbewehrter Ver­stoß gegen das Urheberrechtsgesetz liegt. Über einen solchen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.

Der Kläger war seit Februar 1992 bei dem beklagten Land beschäftigt. Er nahm die Funktion des „IT-Verantwortlichen“ beim Oberlandesgericht N. wahr. Zu seinen Aufgaben gehörte ua. die Verwaltung des „ADV-Depots“. Mit ihr war die Bestellung des für die Datenverarbeitung benötigten Zubehörs – etwa von Datensicherungsbändern, CDs und DVDs – verbunden. Anfang März 2013 räumte der Leiter der Wachtmeisterei in einem Personalgespräch ein, den dienstlichen Farbdrucker seit längerer Zeit zur Herstellung sog. „CD-Cover“ genutzt zu haben. Bei einer Mitte März 2013 erfolgten Geschäftsprüfung wurden auf den Festplatten eines vom Kläger genutzten Rechners mehr als 6.400 E-Book-, Bild-, Audio- und Videodateien vorgefunden. Zudem war ein Programm installiert, das geeignet war, den Kopierschutz der Hersteller zu umgehen. Es stellte sich heraus, dass in der Zeit von Oktober 2010 bis März 2013 über 1.100 DVDs bearbeitet worden waren. Im gleichen Zeitraum waren etwa gleich viele DVD-Rohlinge von Seiten des Gerichts bestellt und geliefert worden. Bei näherer Untersuchung und Aus­wer­tung der vom Kläger benutzten Festplatten wurden Anfang April 2013 weitere (Audio-)Dateien aufgefunden. Der Kläger ließ sich im Verlauf der Ermittlungen dahin ein, alles, was auf dem Rechner bezüglich der DVDs sei, habe er „gemacht“. Er habe für andere Mitarbeiter „natürlich auch kopiert“. Die Äußerungen nahm er einige Tage später „ausdrücklich zurück“. Mit Schreiben vom 18. April 2013 erklärte das beklagte Land die außer­ordentliche fristlose, mit Schreiben vom 13. Mai 2013 hilfs­weise die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigungen seien schon deshalb unwirksam, weil unklar sei, welchen Tatbeitrag gerade der Kläger zu den in Rede stehenden Kopier- und Brennvorgängen geleistet habe. Zudem habe das beklagte Land durch lediglich eigene Ermittlungen – ohne Ein­schaltung der Strafverfolgungsbehörden – weder eine um­fas­sende, den Kläger möglicherweise entlastende Aufklärung leisten, noch den Beginn der zweiwöchigen Frist für die Er­klä­rung einer außerordentlichen Kündigung hemmen können. Im Übrigen habe es gegenüber den anderen Beteiligten keine ver­gleichbaren Maßnahmen ergriffen und den Personalrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet.

Die Revision des beklagten Landes hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Eine (fristlose) Kündigung kommt auch dann in Betracht, wenn der Kläger nicht alle frag­lichen Handlungen selbst vorgenommen, sondern dabei mit an­deren Bediensteten zusammengewirkt oder das Herstellen von „Raubkopien“ durch diese bewusst ermöglicht hat. Aus dem Um­stand, dass es ihm erlaubt gewesen sein mag, seinen dienst­li­chen Rechner für bestimmte andere private Zwecke zu nutzen, konnte er nicht schließen, ihm seien die behaupteten Kopier- und Brennvorgänge gestattet.

Die fristlose Kündigung ist ebenso wenig deshalb unwirksam, weil das beklagte Land Ermittlungen zunächst selbst angestellt und nicht sofort die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet hat. Ein solches Vorgehen ist dem Arbeitgeber grundsätzlich un­be­nommen. Solange er die Ermittlungen zügig durchführt, wird auch dadurch der Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ge­hemmt.

Nicht entscheidend ist, welche Maßnahmen das beklagte Land gegenüber den anderen Bediensteten ergriffen hat. Der Gleich­behandlungsgrundsatz findet im Rahmen verhaltens­bedingter Kündigungen grundsätzlich keine Anwendung. Im Übrigen ist nicht festgestellt, inwieweit sich die Sachverhalte unter Be­rück­sichtigung der Einzelheiten und der Stellung der anderen Be­schäftigten wirklich gleichen.

Da auch die Anhörung des Personalrats ordnungsgemäß erfolgte, hat das Bundesarbeitsgericht das zweitinstanzliche Urteil auf­ge­hoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landes­arbeitsgericht zurückverwiesen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 36/15 vom 16.07.2015
Urteil vom 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 –

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Adoptionskosten als außergewöhnliche Belastungen: Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 48/15, Pressemitteilung vom 08.07.2015, Urteil vom 10.03.2015, Aktenzeichen VI R 60/11

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 10. März 2015 VI R 60/11 entschieden, dass Aufwendungen für die Adoption eines Kindes keine außer­ge­wöhn­li­chen Belastungen i.S. von § 33 des Einkommensteuergesetzes sind.

Im Streitfall hatten die Kläger in ihrer Einkommensteuer­er­klä­rung Aufwendungen in Höhe von 8.560,68 € für eine Aus­lands­adoption als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht.

Die infolge organisch bedingter Sterilität entstandenen Auf­wen­dun­gen sah der BFH nicht als zwangsläufige Krankheitskosten an, weil es an einer medizinischen Leistung fehle. Die Kosten seien aber auch nicht aus anderen Gründen zwangsläufig. Denn der Entschluss zur Adoption beruhe nicht auf einer Zwangslage, sondern auf der freiwilligen Entscheidung der Kläger, ein Kind anzunehmen. Auch wenn die ungewollte Kinderlosigkeit als schwere Belastung empfunden werden dürfte, führe dies nicht dazu, dass der Entschluss zur Adoption als Mittel zur Ver­wirk­lichung eines individuellen Lebensplans nicht mehr dem Bereich der individuell gestaltbaren Lebensführung zuzurechnen wäre.

Nachdem der VI. Senat des BFH in einer sog. Divergenzanfrage an den Großen Senat des BFH (Beschluss vom 18. April 2013 VI R 60/11, BFHE 241, 141, BStBl II 2013, 868; vgl. zur Ent­schei­dung des Großen Senats Pressemitteilung Nr. 8/15) die Absicht erklärt hatte, von der bisherigen Rechtsprechung des III. Senats des BFH zur Anerkennung von Aufwendungen für eine Adoption als außergewöhnliche Belastungen abweichen zu wollen, hat er nun mit der vorliegenden Entscheidung die bisherige Recht­sprechung des III. Senats des BFH bestätigt, nach der Adop­tions­kosten nicht als außergewöhnlichen Belastungen abziehbar sind (Urteile vom 13. März 1987 III R 301/84, BFHE 149, 245, BStBl II 1987, 495; vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; Beschluss vom 5. Januar 1990 III B 53/89, BFH/NV 1990, 430).

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Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Unwiderlegbare Vermutung der Haushaltszugehörigkeit

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 47/15, Pressemitteilung vom 01.07.2015, Urteil vom 05.02.2015, Aktenzeichen III R 9/13

Der III. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 5. Februar 2015 III R 9/13 entschieden, dass die Meldung eines Kindes in der Wohnung eines Allein­er­zie­henden eine unwiderlegbare Vermutung für die Haushaltszugehörigkeit des Kindes begründet und bei Vor­liegen der weiteren Voraussetzungen ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu gewähren ist.

Der Kläger war im Streitjahr 2010 verwitwet und Vater einer Tochter, für die ihm Kindergeld zustand. Die Tochter war zwar in der Wohnung des Vaters gemeldet. Da sie aber in einer eigenen Wohnung lebte, lehnte es das Finanzamt ab, dem Kläger den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b des Ein­kom­men­steuer­gesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung –EStG–) zu gewähren. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und setzte die Ein­kommensteuer unter Berücksichtigung des Entlastungsbetrags fest. Nach § 24b Abs. 1 Satz 1 EStG können alleinstehende Steuerpflichtige einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.308 € im Kalenderjahr von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Die Zugehörigkeit zum Haushalt ist nach § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des allein­ste­hen­den Steuerpflichtigen gemeldet ist. Nach der Entscheidung des BFH vermutet § 24b Abs. 1 Satz 2 EStG unwiderlegbar, dass ein Kind, das in der Wohnung des alleinstehenden Steuerpflichtigen gemeldet ist, zu dessen Haushalt gehört. Danach kann der Alleinerziehende bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den steuerlichen Entlastungsbetrag auch dann beanspruchen, wenn das Kind tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt.

Der Bundestag hat am 18. Juni 2015 das Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags beschlossen, wonach u.a. der Ent­las­tungsbetrag für Alleinerziehende ab dem Jahr 2015 erhöht werden soll (vgl. im Einzelnen Bundesratsdrucksache 281/15); er soll von bisher 1.308 € auf 1.908 €, zudem für jedes weitere Kind um zusätzliche 240 € steigen. Der Bundesrat hat dem noch nicht zugestimmt.

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