Monatsarchiv September 2015

Abgeltungsteuer: Antrag auf Regelbesteuerung für Ausschüttungen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nur bis zur Abgabe der Einkommensteuererklärung möglich

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 66/15, Pressemitteilung vom 30.09.2015, Urteil vom 28.07.2015, Aktenzeichen VIII R 50/14

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 28. Juli 2015 VIII R 50/14 die Frage entschieden, bis zu wel­chem Zeitpunkt ein Antrag auf sog. Regel­besteuerung für Ausschüttungen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gestellt werden kann.

Die Klägerin war an einer GmbH beteiligt und erzielte aus dieser Beteiligung Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form sog. ver­deckter Gewinnausschüttungen. Diese waren nach § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Abgel­tung­steuer in Höhe von 25 % besteuert worden. In ihrer – von einem Steuerberater erstellten – Steuererklärung stellte die Klägerin zwar u.a. einen Antrag auf sog. Günstigerprüfung, nicht jedoch einen Antrag auf Regelbesteuerung nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst a EStG für diese Kapitalerträge. Eine Regel­besteuerung der Kapitalerträge hätte zu einer geringeren Steuer geführt. Diesen Antrag stellte die Klägerin erst, nachdem sie die von ihr unterschriebene Einkommensteuererklärung beim Finanzamt (FA) abgegeben hatte, allerdings noch vor dem Abschluss der Einkommensteuerveranlagung. Das FA und ihm folgend das Finanzgericht lehnten eine Berücksichtigung des Antrags bei der Einkommensteuerfestsetzung als verspätet ab.

Der BFH hat sich dem angeschlossen und die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Satz 4 EStG ist der Antrag auf Regelbesteuerung der Kapitaleinkünfte aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung zu stellen. Abzustellen ist insoweit auf den Eingangsstempel des FA auf der in Papierform abgegeben Einkommensteuererklärung. Gegen diese Befristung des Antragsrechts bestehen nach Auffassung des BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Klägerin kam auch nicht zugute, dass sie in der Ein­kom­men­steuererklärung einen davon unabhängigen anderen Antrag (hier: auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG) gestellt hatte. Dieser Antrag kann den gebotenen Antrag auf Regel­besteuerung für Erträge aus Beteiligungen an Kapital­ge­sell­schaften nicht ersetzen. Eine entsprechende konkludente Antragstellung hat der BFH jedenfalls bei einem fachkundig beratenen Steuerpflichtigen abgelehnt. Die mangelnde Kenntnis des Steuerberaters über verfahrensrechtliche Fristen begründet grundsätzlich einen Verschuldensvorwurf, so dass auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlagen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Steuerfreiheit von Trinkgeldern

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 64/15, Pressemitteilung vom 23.09.2015, Urteil vom 18.06.2015, Aktenzeichen VI R 37/14

Mit Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 37/14 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass freiwillige Zah­lun­gen von Spielbankkunden an die Saal­assis­tenten einer Spielbank für das Servieren von Speisen und Getränken steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sein können. Die Steuerfreiheit entfällt nicht dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.

Im Streitfall war der Kläger als eine Art Kellner mit dem Bedienen der Spielbankkunden betraut. Er war nicht Teil des spieltechnischen Personals, wie etwa die Croupiers (Kassierer). Im Gehaltstarifvertrag wurden die freiwilligen Zuwendungen von Besuchern der Spielbank an die Saalassistenten als Trinkgelder bezeichnet, die arbeitstäglich zu erfassen und ausschließlich zugunsten der Saalassistenten zu verwenden sind. Die Saal­assistenten erhielten aus dem Aufkommen monatlich vorab einen pauschalen Anteil, der Restbetrag wurde nach einem festgelegten Punktesystem von der Spielbank auf diese verteilt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, es handele sich dabei nicht um steuerfreies Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG. Das Finanzgericht schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab.

Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz hinsichtlich der Be­hand­lung der freiwilligen Zahlungen der Spielbankkunden aufgehoben und entschieden, dass es sich hierbei um steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG handelt. Mit der Entscheidung knüpft der VI. Senat des BFH an seine bisherige Rechtsprechung zum Trinkgeldbegriff an. So stellt er darauf ab, dass es sich bei den von den Spielbankkunden neben dem Rechnungsbetrag gegebenen Geldern um freiwillige Zahlungen handelt, auf die kein Rechtsanspruch bestand. Denn der Tarifvertrag regelte lediglich die Verteilung und Auskehrung der bereits geleisteten Trinkgelder durch die Spielbank. Der BFH urteilte, dass der Streitfall nicht mit den bereits vom VI. Senat des BFH ent­schie­denen, das spieltechnische Personal betreffenden, sog. Tronc-Fällen vergleichbar ist. Denn, anders als in den Tronc-Fällen, liegt im Streitfall eine typische persönliche und unmittelbare Leis­tungsbeziehung zwischen den Saalassistenten und den Spiel­bank­kunden vor. Es besteht gerade kein gesetzliches Trink­geld­annahmeverbot, wie es für Croupiers gilt, vgl. § 11 Abs. 1 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin. Zudem sei auch die Zuwendung eines Dritten gegeben, wie es der Trinkgeldbegriff voraussetzt. Die Einschaltung der Spielbank als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Gelder stehe dem nicht entgegen, vielmehr sei dieses Verteilungs­system ver­gleich­bar mit einer “Poolung von Einnahmen”.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Vererbbarkeit des Anspruches auf Urlaubsabgeltung

Das BAG hat mit Datum vom 22.09.2015, Aktenzeichen 9 AZR 170/40, entschieden, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch eines Arbeitnehmers vererbbar ist. Verstirbt der Arbeitnehmer, können seine Erben den Urlaubsabgeltungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen.

Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Nach dem Tod des Arbeitnehmers weigerte sich der Arbeitgeber, eine Abgeltung für den nicht genommenen Urlaub des Verstorbenen an die Erben zu bezahlen, da er der Ansicht war, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht vererbbar ist. Sowohl das Arbeitsgericht Zwickau als auch das LAG Sachsen hatten einen Urlaubsabgeltungsanspruch bejaht. Durch das Urteil des BAG wird die Entscheidung der Vorinstanzen somit bestätigt. Das BAG führt aus, dass der Zahlungsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers gemäß § 1922 BGB auf die Erben übergegangen ist. Der Urlaubsabgeltungsanspruch sei als reiner Geldanspruch einzuordnen. Dies habe zur Folge, dass dieser Anspruch weder von einer Erfüllbarkeit oder Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruches abhängen würde. Weiterhin gehe der Urlaubabgeltungsanspruch nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers unter.

Dieses Urteil bedeutet eine Kehrtwende. In der Vergangenheit hatte das BAG lediglich einen Schadensersatzanspruch für vererbbar gehalten, nicht aber den Urlaubsabgeltungsanspruch (BAG 19.11.1996, 9 AZR 376/95).

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Seniorenrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren können der Einkommensteuer unterliegen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 63/15, Pressemitteilung vom 17.09.2015, Urteil vom 16.09.2015,  Aktenzeichen X R 43/12

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit einem am 16. September 2015 verkündeten Urteil im Verfahren X R 43/12 entschieden, dass Gewinne aus der Teil­nahme an Pokerturnieren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterliegen können.

Der Kläger des zugrundeliegenden Verfahrens hatte nach den Feststellungen der Vorinstanz über Jahre hinweg hohe Preis­gelder aus der Teilnahme an Pokerturnieren (u.a. in den Varianten „Texas Hold´em“ und „Omaha Limit“) erzielt. Das Finanzamt hat diese der Einkommensteuer unterworfen. Das Finanzgericht Köln als Vorinstanz hat durch Zwischenurteil entschieden, dass die Einkünfte des Klägers aus Turnier­poker­spielen einkommensteuerbar sind. Über die Höhe des vom Kläger erzielten Gewinns ist noch nicht entschieden.

Dieses Zwischenurteil hat der X. Senat des BFH nunmehr be­stätigt. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen zwar noch nicht vor. In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende des X. Senats aber erläutert, dass das Einkommensteuergesetz (EStG) die Besteuerung weder in positiver noch in negativer Hinsicht an den Tatbestand des „Glücksspiels“ knüpft. Soweit dieser Begriff in Vorschriften des Straf- oder Verwaltungsrechts ausdrücklich genannt ist, ist dies für die Beurteilung der Frage, ob in steuerlicher Hinsicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, nicht maßgeblich.

Zwar hat die ältere finanzgerichtliche Rechtsprechung eine „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ –eines der Merkmale des in § 15 Abs. 2 EStG definierten einkommen­steuerlichen Begriffs des Gewerbebetriebs– verneint, wenn eine Tätigkeit sich als „reines Glücksspiel“ darstellte (z.B. Lottospiel). Im vorliegenden Verfahren hat die Vorinstanz aber durch Aus­wertung zahlreicher Quellen festgestellt, dass die vom Kläger ge­spielten Pokervarianten nicht als reines Glücksspiel anzusehen seien, sondern schon bei einem durchschnittlichen Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement zurücktrete. Diese Würdigung bindet den BFH als Revisions­gericht.

Dies bedeutet nicht, dass jeder Turnierpokerspieler mit dieser Tätigkeit einkommensteuerlich zum Gewerbetreibenden wird. Vielmehr ist –-wie bei jedem anderen Streitfall auch-– stets zwischen einem „am Markt orientierten“ einkommensteuerbaren Verhalten und einer nicht steuerbaren Betätigung abzugrenzen. Diese Abgrenzung findet aber vorrangig nicht bei einem –im EStG ohnehin nicht erwähnten– Merkmal des „Glücksspiels“ statt, sondern bei den gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht, ggf. auch bei der erforderlichen Abgrenzung zu einer privaten Vermögens­verwaltung. Diese weiteren Merkmale des einkommen­steuer­lichen Gewerbebegriffs waren im Fall des Klägers nach den Feststellungen der Vorinstanz aber ebenfalls erfüllt.

Nicht zu entscheiden war in diesem Verfahren, ob auch Gewinne aus dem Pokerspiel in Spielcasinos (sog. Cash-Games) oder aus Pokerspielen im Internet (Online-Poker) einkommen­steuer­pflichtig sein können.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Erbschaftsteuer: Steuerbefreiung für ein Familienheim trotz verzögerter Selbstnutzung?

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 61/15, Pressemitteilung vom 09.09.2015, Urteil vom 23.06.2015, Aktenzeichen II R 39/13

Mit Urteil vom 23. Juni 2015 hat der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) ent­schieden, dass Kinder des Erblassers ein vom Erblasser zu Wohnzwecken genutztes Familienheim steuerfrei erwerben können, wenn sie innerhalb angemessener Zeit nach dem Erbfall die Absicht fassen, das Familienheim selbst für eigene Wohnzwecke zu nutzen, und diese Absicht durch den Einzug auch tatsächlich umsetzen. Erwirbt ein Kind als Miterbe im Rahmen der Teilung des Nachlasses über seinen Erbteil hinaus das Alleineigentum an dem Familienheim, erhöht sich sein steuerbegünstigtes Ver­mö­gen unabhängig davon, ob die Vereinbarung über die Erb­aus­ein­andersetzung zeitnah, d.h. innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt.

Der Kläger und seine Schwester waren je zur Hälfte Miterben ihres Ende 2010 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörte ein Zweifamilienhaus. Eine Wohnung war vom Vater und der Schwester gemeinsam genutzt worden; eine Wohnung war fremdvermietet. Ende 2011 zog der Kläger mit seiner Ehefrau in die vormalige Wohnung des Vaters ein. Bei der Erb­aus­ein­an­dersetzung im März 2012 erhielt der Kläger dann das Allein­eigentum an dem Zweifamilienhaus. Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung für die selbstgenutzte Wohnung nur entsprechend dem Erbteil des Klägers und damit nur zur Hälfte.

Der BFH folgte der Rechtsauffassung des Finanzgerichts, dass die Steuerbegünstigung in voller Höhe, also auch für den erst im Rahmen der Erbauseinandersetzung erworbenen Anteil am Zweifamilienhaus zu berücksichtigen sei. Dem Kläger stehe die Steuerbefreiung für die selbstgenutzte Wohnung zu, weil er ca. ein Jahr nach dem Erbfall und damit innerhalb angemessener Zeit eingezogen sei. Eine unverzügliche Bestimmung zur Selbst­nutzung könne auch vorliegen, wenn die Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Erbfall genutzt werde. Die Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung müssten in einem solchen Fall aber dargelegt werden. Unschädlich sei, dass die Erbauseinandersetzung erst über ein Jahr nach dem Erbfall erfolgt sei.

Die gleichen Grundsätze gelten nach der Entscheidung des BFH auch für die vermietete Wohnung. Der verminderte Wertansatz war ebenfalls nicht von einer zeitnahen Erbauseinandersetzung abhängig.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Abgeltungsteuer: Antrag auf sog. Günstigerprüfung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 59/15, Pressemitteilung vom 02.09.2015, Urteil vom 12.05.2015, Aktenzeichen VIII R 14/13

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 12. Mai 2015 VIII R 14/13 die für die Steuerpflichtigen wichtige Frage entschieden, bis zu welchem Zeit­punkt der Antrag auf Anwendung der tarif­lichen Einkommensteuer (sog. Günstigerprüfung) nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gestellt werden kann.

In dem Verfahren VIII R 14/13 erzielte die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus einer Leibrente. Zudem erzielte sie Kapitalerträge, die sie nicht in ihrer Einkommen­steuer­erklärung angab, da dafür schon die Abgeltungsteuer von 25 % abgeführt worden war. Im Einkommensteuerbescheid blieben die Ka­pi­tal­einkünfte daher unberücksichtigt. Nach Ablauf der Einspruchsfrist für ihren Einkommensteuerbescheid stellte die Klägerin einen Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Danach werden auf Antrag des Steuerpflichtigen Ka­pi­tal­einkünfte nicht nach § 32d Abs. 1 EStG in Höhe von 25 %, sondern nach dem individuellen Steuersatz des Steuerpflichtigen besteuert, wenn dies zu einer niedrigeren Einkommensteuer einschließlich der Zuschlagsteuern führt. Dies wäre bei der Klägerin der Fall gewesen, da ihr individueller Steuersatz unter 25 % lag. Finanzamt (FA) und Finanzgericht lehnten eine Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides ab.

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurück­gewiesen. Eine zeitliche Befristung für den Antrag auf Gün­sti­ger­prüfung ergibt sich aus der Bestandskraft der Steuerfestsetzung. Andernfalls würden die Vorschriften der Abgabenordnung (AO) über die Korrektur bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide unterlaufen. Das Vorliegen der Voraussetzungen einer solchen Korrekturvorschrift hat der BFH verneint. Zwar wurde dem FA erst nach der Steuerfestsetzung bekannt, dass die Klägerin Kapitaleinkünfte erzielt hatte, die bei der nach § 32d Abs. 6 EStG angeordneten Gesamtbetrachtung der Besteuerungsgrundlagen zu einer niedrigeren Steuer geführt hätten. Eine Korrektur­mög­lich­keit für derartige “neue Tatsachen” nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist jedoch nur möglich, wenn den Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden kein Verschulden trifft. Der BFH hat hier ein Verschulden bejaht, da die Klägerin die Steuer­bescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragsteuer bereits vor der Abgabe der Einkommensteuererklärung erhalten hatte. Dies hat auch Auswirkungen auf die Möglichkeit, einen Antrag auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG zu stellen. Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin von einem Steuerberater bei der Abgabe ihrer Einkommensteuer­er­klä­rung vertreten worden ist. Sollte sie den Steuerberater entsprechend auf die ihr bekannten Einkünfte aus Kapital­vermögen hingewiesen haben, wäre ihr dessen schuldhafte Pflichtverletzung bei der Erstellung der Steuererklärung wie eigenes Verschulden zuzurechnen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen: Gewinne aus der Veräußerung oder Einlösung sind ein Jahr nach der Anschaffung nicht steuerbar

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 60/15, Pressemitteilung vom 02.09.2015, Urteil vom 12.05.2015, Aktenzeichen VIII R 4/15  , Urteil vom 12.05.2015, Aktenzeichen VIII R 35/14

Der Gewinn aus der Veräußerung oder Einlösung von Xetra-Gold Inhaber­schuld­verschreibungen, die dem Inhaber ein Recht auf Auslieferung von Gold gewähren, ist nach den Urteilen des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2015 VIII R 4/15 und VIII R 35/14 nach Ablauf der Veräußerungsfrist von einem Jahr zwischen Anschaffung und Veräußerung der Wertpapiere nicht steuerbar.

Bei Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen handelt es sich um börsenfähige Wertpapiere. Diese gewähren dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold, das jederzeit unter Einhaltung einer Lieferfrist von zehn Tagen gegenüber der Bank geltend gemacht werden kann. Daneben besteht die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu handeln. Zur Besicherung und Erfüllbarkeit der Auslieferungsansprüche war die Inhaber­schuld­verschreibung jederzeit durch physisch eingelagertes Gold zu mindestens 95 % gedeckt.

Der Kläger des Revisionsverfahrens VIII R 35/14 veräußerte seine Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen über ein Jahr nach der Anschaffung mit Gewinn. Der Kläger des Re­vi­sions­verfahrens VIII R 4/15 ließ sich dagegen das verbriefte Gold physisch aushändigen. Die Finanzämter besteuerten den er­zielten Gewinn jeweils als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die dagegen erhobenen Klagen waren vor den Finanzgerichten erfolgreich.

Der BFH hat nun die Revisionen der Finanzämter als unbe­gründet zurückgewiesen. Der von den Klägern erzielte Gewinn aus der Veräußerung oder Einlösung von Xetra-Gold In­ha­ber­schuldverschreibungen führt nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen, da die Schuldverschreibung keine Ka­pi­tal­forderung verbrieft, sondern einen Anspruch auf eine Sach­leistung, die Lieferung physischen Goldes. Der Anspruch auf Lie­fe­rung von Gold wird auch nicht dadurch zu einer Kapital­for­de­rung, dass eine Vielzahl von Anlegern Xetra-Gold Inhaber­schuld­verschreibungen auf dem Sekundärmarkt gehandelt haben. Im Ergebnis stellt der BFH den Erwerb sowie die Einlösung oder den Verkauf der Inhaberschuldverschreibungen dem unmittelbaren Erwerb oder Verkauf physischen Goldes gleich. Derartige Gold­geschäfte hat der BFH aber stets als private Ver­äußerungs­geschäfte i.S. von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes angesehen, mit der Folge, dass der Gewinn nach Ablauf eines Jahres zwischen Anschaffung und Veräußerung bzw. Einlösung nicht steuerbar ist.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.
Jetzt anrufen: (089) 55 21 44 0 oder senden Sie uns einfach eine Nachricht.