Jahresarchiv 29. April 2015

Zinsswap-Geschäfte gehören nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 29/15, Pressemitteilung vom 29.04.2015, Urteil vom 13.1.2015,  Aktenzeichen IX R 13/14

Mit Urteil vom 13. Januar 2015 IX R 13/14 hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Ausgleichs­zahlungen aus der Auflösung von Zinsswap-Geschäften nicht zu Einnahmen aus Ver­mietung und Verpachtung führen, obwohl die Zinsswaps ursprünglich zur Begrenzung des Risikos in die Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der vermieteten Immo­bilie durch variable Darlehen einbezogen waren.

Die Klägerin, eine vermögensverwaltende Gesellschaft bür­ger­lichen Rechts, erzielte u.a. Einkünfte aus der Vermietung von Immobilien. Die Anschaffungskosten der vermieteten Objekte wurden zum Teil über Darlehen mit variablem Zinssatz fi­nan­ziert. Zur Absicherung des Risikos steigender Zinsen schloss die Klägerin mit den darlehensgewährenden Banken sog. Zinsswaps ab. Zinsswaps sind Finanztermingeschäfte, bei denen zwei Par­teien Vereinbarungen über den regelmäßigen Austausch varia­bler und fixer Zinszahlungen über einen vereinbarten Nominal­betrag für eine bestimmte Laufzeit treffen.

Die den Zinsswaps zu Grunde liegenden Verträge waren auf die Finanzierung der jeweiligen Immobilie abgestimmt. Im Jahr 2007 (Streitjahr) und damit außerhalb der gesetzlichen Ver­äußerungsfrist von einem Jahr löste die Klägerin die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zinsswaps durch einseitige Kün­di­gungs­erklärung gegenüber der jeweils anderen Vertragspartei auf; durch die Beendigung der Finanztermingeschäfte flossen der Klägerin Ausgleichszahlungen in Höhe von 2.306.000 € zu. Die zur Finanzierung der Anschaffungskosten der vermieteten Ob­jekte aufgenommenen Darlehen blieben unverändert bestehen; sie wurden insbesondere auch nicht durch die Ausgleichs­zah­lun­gen ganz oder teilweise getilgt.

Die Klägerin war der Auffassung, dass die Ausgleichszahlungen, die sie aus den verschiedenen Zinsswap-Geschäften erzielt hatte, als außerhalb der Veräußerungsfrist getätigte (und daher nicht steuerbare) sog. „private Veräußerungsgeschäfte“ i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG a.F.) einkommensteuerlich nicht zu erfassen seien. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Meinung, dass die Zahlungen den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-) zuzurechnen seien, weil die den Einnahmen zu Grunde liegenden Sicherungsgeschäfte im Zusammenhang mit der Finanzierung von Anschaffungskosten fremdvermieteter Immobilienobjekte gestanden hätten.

Der BFH gab der Klägerin recht. Der in § 21 EStG geregelte Steuertatbestand der „Einkünfte aus Vermietung und Ver­pach­tung“ erfasse nur das zeitlich begrenzte Überlassen einer Immo­bilie zur Nutzung; hierzu im Gegensatz stehe der in § 23 EStG als „private Ver­äußerungs­geschäfte“ geregelte Ver­äußerungs­vorgang, der als Verfügung auf den Bestand eines Rechts un­mit­telbar einwirke. Beide Regelungen schlössen sich gegenseitig aus. Im Streitfall waren die der Klägerin zugeflossenen Aus­gleichs­zahlungen kein Entgelt für eine Nutzungsüberlassung, sondern allein durch die Beendigung des mit den Zinsswaps ver­traglich erworbenen Rechts auf die Ausgleichszahlungen ver­an­lasst. Die Ausübung des Kündigungsrechts durch die Klägerin stelle eine Verfügung über den Bestand des Rechts dar, der von Gesetzes wegen einer Veräußerung gleichgestellt sei und nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG der Besteuerung unterliege. Da diese Voraussetzungen wegen des Überschreitens der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. geregelten Ver­äußerungsfrist nicht erfüllt waren, musste die Klägerin die ver­ein­nahmten Ausgleichszahlungen nicht versteuern. Nach ge­än­derter Rechtslage sind Einnahmen aus Zinsswaps ab 1. Januar 2009 ohne Berücksichtigung von Veräußerungsfristen als Ein­künfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

 

Erleichterte Feststellung von Verlustvorträgen

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 30/15, Pressemitteilung vom 29.04.2015, Urteil vom 13.1.2015,  Aktenzeichen IX R 22/14

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte sich im Urteil vom 13. Januar 2015 IX R 22/14 mit der Frage zu beschäftigen, ob Verluste, die in vergangenen Jahren entstanden waren, nach § 10d des Ein­kommensteuergesetzes (EStG) gesondert festgestellt werden können, wenn eine Veranlagung zur Einkommensteuer für das Verlustentstehungsjahr nicht erfolgt ist und auch aufgrund inzwischen eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr erfolgen kann. Die Klärung dieser Rechtsfrage ist insoweit von Bedeutung, als Verluste nur dann in späteren Jahren steuerlich nutzbar gemacht werden können, wenn sie zuvor nach § 10d EStG gesondert festgestellt worden sind.

Im Streitfall begehrte die Klägerin nachträglich die steuerliche Berücksichtigung von Kosten für ihre berufliche Erstausbildung. Sie hatte dazu im Juli 2012 Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2007 eingereicht und auch die Feststellung von Ver­lustvorträgen beantragt. Das Finanzamt (FA) lehnte die Ver­lustfeststellung ab. Es berief sich auf die Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids für das Verlust­fest­stel­lungs­ver­fah­ren. Danach könne eine Verlustfeststellung nur noch dann durchgeführt werden, wenn auch der Erlass eines ent­spre­chen­den Einkommensteuerbescheids möglich sei. Dies scheide aber aus, da eine Einkommensteuerfestsetzung wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich sei. Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch und nachfolgend der Klage.

Der BFH gab der Klägerin in Bezug auf die gesonderte Verlust­fest­stellung recht. Ein verbleibender Verlustvortrag nach § 10d EStG kann auch dann gesondert festgestellt werden, wenn ein Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr nicht mehr erlassen werden kann. Eine Bindungswirkung des Ein­kom­men­steuerbescheids für die Feststellung des Verlustvortrags bestehe dann nicht, wenn eine Einkommensteuerveranlagung gar nicht durchgeführt worden ist. Mit der Entscheidung ver­einfacht der BFH die Geltendmachung von Verlustvorträgen in zurückliegenden Jahren. Praktische Bedeutung hat dies vor allem für Steuerpflichtige, die sich in Ausbildung befinden oder vor kurzem ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Auch wenn diese in der Vergangenheit keine Einkommensteuererklärung ab­ge­ge­ben haben und wegen Eintritts der Fest­set­zungs­ver­jäh­rung eine Einkommensteuerveranlagung nicht mehr durchgeführt werden kann, kann innerhalb der Verjährungsfrist für die Verlust­fest­stellung diese noch beantragt und durchgeführt werden. Da­durch ist es möglich, über den Antrag auf Verlustfeststellung und einen Einspruch gegen die dazu vom FA erfolgte Ablehnung von einer für den Steuerpflichtigen günstigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die Frage der steuer­lichen Abzugsfähigkeit von Kosten einer beruflichen Erst­aus­bil­dung zu profitieren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2014 VI R 2/12, BFHE 247, 25, BFH/NV 2014, 1954, Az. des BVerfG 2 BvL 23/14 und VI R 8/12, BFHE 247, 64, BFH/NV 2014, 1970, Az. des BVerfG 2 BvL 24/14).

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Elternunterhalt bei Unterbringung im Pflegeheim – Wie teuer darf das Heim sein?

Soweit Kinder für ihre in einem Pflegeheim untergebrachten Eltern Unterhalt bezahlen müssen, stellt sich häufig die Frage, ob das Pflegeheim nicht zu teuer ist. Mithin, ob eine Unterbringung in einem günstigeren Heim möglich und zumutbar ist.

Zu beachten ist zunächst, dass ein Unterhaltsberechtigter keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung seines Lebensstandards hat.

Der Unterhaltsbedarf eines im Pflegeheim untergebrachten Elternteils richtet sich regelmäßig nach den notwendigen Heimkosten zuzüglich eines Barbetrages für die Bedürfnisse des täglichen Lebens.

Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, be­schränkt sich sein angemessener Lebensbedarf daher auf das Existenzminimum.

Das bedeutet, dass dieser grundsätzlich nur Anspruch auf eine einfache und kostengünstige Heimunterbringung hat. (vgl. hierzu BGH XII ZR 150/10). Höhere als die notwendigen Kosten können als Unterhaltsbedarf nur geltend gemacht werden, wenn dem Elternteil die Wahl einer kostengünstigen Heim­unter­brin­gung im Einzelfall nicht zumutbar war. Dabei kommt es auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Unterbringung an. Waren die Kosten zu diesem Zeitpunkt angemessen, ist dem Unter­halts­bedürftigen ein späterer Umzug in ein preisgünstigeres Heim in der Regel nicht zuzumuten.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Familienrecht beantworten wir gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Möglichkeit des Zugriffs auf Kassendaten eines Einzelunternehmens im Rahmen einer Außenprüfung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 27/15, Pressemitteilung vom 15.04.2015, Urteil vom 16.12.2014,  Aktenzeichen X R 42/13

Mit Urteil vom 16. Dezember 2014 X R 42/13 hat der X. Senat des Bundes­finanz­hofs (BFH) entschieden, dass Einzelhändler nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung verpflichtet sind, im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche Geschäftsvorfälle einschließlich der über die Kasse bar vereinnahmten Umsätze einzeln auf­zu­zeich­nen. Wird dabei eine PC-Kasse verwendet, die detaillierte In­for­mationen zu den einzelnen Barverkäufen aufzeichnet und diese dauerhaft speichert, sind die damit bewirkten Einzel­auf­zeich­nungen auch zumutbar. Die Finanzverwaltung kann dann im Rahmen einer Außenprüfung nach § 147 Abs. 6 der Ab­ga­ben­ordnung (AO) auf die Kasseneinzeldaten zugreifen.

Im Streitfall verwendete die buchführungspflichtige Klägerin ein speziell für Apotheken entwickeltes PC-gestütztes Erlös­er­fas­sungs­system mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung. Ihre Tageseinnahmen wurden über modulare PC-Registrierkassen erfasst, dann durch Tagesendsummenbons ausgewertet und als Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen. An­lässlich einer Außenprüfung verweigerte die Klägerin der Finanz­behörde den Datenzugriff auf ihre Warenverkäufe mit der Be­grün­dung, sie sei nicht zu Einzelaufzeichnungen verpflichtet.

Anders als das Finanzgericht kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nach § 238 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs zur Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsvorfälle verpflichtet war und die Kassendaten der Finanzbehörde in elektronisch verwertbarer Form überlassen musste. Die Buchführung müsse stets einen zuverlässigen Einblick in den Ablauf aller Geschäfte geben. Dritten müsse es möglich sein, den Ablauf und den Inhalt aller Geschäfte zu überprüfen. Deshalb sei es nach den Grund­sätzen ordnungsgemäßer Buchführung erforderlich, dass ver­dichtete Buchungen in Einzelpositionen aufgegliedert werden könnten. Dies gelte auch für Bargeschäfte, sofern Einzel­auf­zeich­nungen dem Steuerpflichtigen zumutbar seien. Er könne zwar frei entscheiden, wie er seine Warenverkäufe erfasse. Entscheide er sich aber für ein Kassensystem, das sämtliche Kassen­vor­gän­ge einzeln und detailliert aufzeichne sowie diese speichere, kön­ne er sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Auf­zeich­nungs­ver­pflichtung berufen und müsse seine Aufzeichnungen auch auf­bewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 AO). Nach § 147 Abs. 6 Satz 2 Alternative 2 AO habe die Finanzbehörde dann im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, die mit Hilfe des Daten­ver­ar­bei­tungs­systems (PC-Kasse) erstellten Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Prüfung anzufordern.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Privates Veräußerungsgeschäft: Der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung hindert die Besteuerung nicht

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 23/15, Pressemitteilung vom 01.04.2015, Urteil vom 10.2.2015, Aktenzeichen IX R 23/13

Mit Urteil vom 10. Februar 2015 IX R 23/13 hat der IX. Senat des Bundes­finanz­hofs (BFH) entschieden, dass der auf­schie­bend bedingte Verkauf eines bebauten Grundstücks innerhalb der gesetzlichen Ver­äußerungsfrist von zehn Jahren als sog. privates Ver­äuße­rungsgeschäft der Besteuerung unterliegt, auch wenn der Zeit­punkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung außer­halb dieser Frist liegt.

Der Kläger hatte mit Kaufvertrag vom 3. März 1998 ein be­bau­tes Grundstück – Betriebsanlage einer Eisenbahn – erworben und veräußerte dieses mit notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 30. Januar 2008. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass die zuständige Behörde dieses Grundstück von Bahnbetriebszwecken freistellt. Eine solche Freistellung erteilte die Behörde am 10. Dezember 2008. Streitig war, ob der Gewinn aus der Veräußerung des bebauten Grund­stücks zu versteuern war, weil die Bedingung in Form der Ent­widmung erst nach Ablauf der zehnjährigen Ver­äuße­rungs­frist eingetreten war.

Der BFH hat entschieden, dass ein (zu versteuerndes) privates Veräußerungsgeschäft (§§ 22 Nr. 2 , 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes) vorliegt. Private Veräußerungs­geschäfte sind u.a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Entsprechend dem Norm­zweck, innerhalb der Veräußerungsfrist nur realisierte Wert­er­hö­hun­gen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, ist für den Zeitpunkt der Veräußerung die beidseitige zivilrechtliche Bindungswirkung des Rechtsgeschäfts, das den einen Vertragspartner zur Übertragung des Eigentums auf den anderen verpflichtet, und nicht der Zeit­punkt des Bedingungseintritts entscheidend. Ab dem Vertrags­schluss – im Urteilsfall am 30. Januar 2008 – bestand für keinen der Vertragspartner die Möglichkeit, sich einseitig von der Ver­ein­barung zu lösen.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Möglichkeit der Bezugnahme auf maschinenschriftliches Testament

Das OLG Hamburg hat mit Datum vom 18.03.2015, Az. 2 W 5/15, entschieden, dass die Bezugnahme auf ein nicht in Testamentsform abgefasstes Schriftstück unschädlich ist, wenn es lediglich der näheren Erläuterung testamentarischer Bestimmungen dient.

Das maschinenschriftliche Testament ist formunwirksam. Jedoch wurde in einem später erstellten handschriftlichen Testament auf das maschinenschriftliche Testament Bezug genommen. Somit wurde vorliegend der Wille der Erblasserin ermittelt. Dies ge­schieht durch Tes­ta­ments­auslegung. Aufgabe der Tes­ta­ments­auslegung ist es, den u.U. verborgenen Sinn einer tes­ta­men­ta­rischen Verfügung zu ermitteln und zwar auch unter Heran­ziehung von Umständen außerhalb der Testamentsurkunde. Es handelt sich hier um eine Einzelfallentscheidung. Eine geringfügig andere Formulierung im Testament kann das Ergebnis ver­ändern. Eine sehr geringe Andeutung im Testament genügt.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit – Verschulden bei langjähriger Alkoholabhängigkeit

Eine Arbeitsunfähigkeit ist nur dann verschuldet iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG*, wenn ein Arbeit­nehmer in erheblichem Maße gegen das von einem verständigen Menschen in seinem eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt. Nur dann verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei einem alkoholabhängigen Arbeitnehmer fehlt es suchtbedingt auch im Fall eines Rückfalls nach einer Therapie regelmäßig an einem solchen Verschulden.

Die Klägerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Der alkohol­abhängige Herr L., der Mitglied der klagenden Krankenkasse ist, war seit dem Jahr 2007 bis zum 30. Dezember 2011 Arbeit­nehmer der beklagten Arbeitgeberin. Herr L. wurde am 23. Novem­ber 2011 mit einer Alkoholvergiftung (4,9 Promille) in ein Krankenhaus eingeliefert und war in der Folge für über zehn Monate arbeitsunfähig erkrankt. Zuvor hatte er zwei stationäre Entzugstherapien durchgeführt. Es kam jedoch immer wieder zu Rückfällen. Die Klägerin leistete an Herrn L. für die Zeit vom 29. November bis zum 30. Dezember 2011 Krankengeld iHv. 1.303,36 Euro. Die Klägerin macht in dieser Höhe Ansprüche auf Entgeltfortzahlung aus übergegangenem Recht (§ 115 SGB X) gegenüber der Beklagen geltend. Sie meint, ein Entgelt­fort­zah­lungs­anspruch gegen die Beklagte habe bestanden, da es an einem Verschulden des Herrn L. für seinen Alkoholkonsum am 23. November 2011 fehle. Die Beklagte ist der Ansicht, ein Ver­schulden sei bei einem Rückfall nach mehrfachem sta­tio­nä­rem Entzug und diesbezüglich erfolgter Aufklärung zu bejahen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage statt­ge­ge­ben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Bei einer Al­ko­hol­ab­hän­gig­keit handelt es sich um eine Krankheit. Wird ein Arbeit­neh­mer infolge seiner Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, kann nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Er­kennt­nisse nicht von einem Verschulden im Sinne des Ent­gelt­fort­zah­lungs­rechts ausgegangen werden. Die Entstehung der Al­ko­hol­sucht ist vielmehr multikausal, wobei sich die un­ter­schied­li­chen Ursachen wechselseitig bedingen. Dies gilt im Grundsatz auch bei einem Rückfall nach einer durchgeführten Therapie. Im Hinblick auf eine Abstinenzrate von 40 bis 50 % je nach Studie und Art der Behandlung kann nach einer durchgeführten Rehabili­ta­tions­maß­nahme jedoch ein Verschulden des Arbeitnehmers an einem Rückfall nicht generell ausgeschlossen werden. Der Arbeitgeber kann deshalb in diesem Fall das fehlende Verschulden bestreiten. Das Arbeitsgericht hat dann ein medizinisches Sach­ver­stän­di­gen­gut­achten zu der Frage einzuholen, ob der Arbeitnehmer den Rückfall schuldhaft iSd. § 3 Abs. 1 EFZG herbeigeführt hat. Lässt sich dies nicht eindeutig feststellen, weil ein Ursachenbündel hierfür vorliegt, geht dies zulasten des Arbeitgebers. Das im kon­kre­ten Fall eingeholte sozialmedizinische Gutachten hat ein Ver­schulden des Arbeitnehmers unter Hinweis auf die langjährige und chronische Alkoholabhängigkeit und den daraus folgenden „Suchtdruck“ ausgeschlossen.

*§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG lautet: Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 14/15 vom 18.03.2015
Urteil vom 18. März 2015 – 10 AZR 99/14 –

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Kein Billigkeitserlass bei unionsrechtswidrigem, aber rechtskräftigem Urteil

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 22/15, Pressemitteilung vom 18.03.2015, Urteil vom 21.1.2015,  Aktenzeichen X R 40/12

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 21. Januar 2015 ent­schieden, es sei weder ermessensfehlerhaft noch verstoße es gegen Unionsrecht, wenn die Finanzverwaltung eine Steuer nicht erstattet, die auf einem zwar unionsrechtswidrigen, aber durch letztinstanzliches Urteil des BFH bestätigten Steuerbescheid beruht.

Das Finanzamt (FA) erkannte Schulgeldzahlungen der Kläger an eine Privatschule in Großbritannien im Jahr 1992 nicht als Son­derausgaben an. Der BFH wies im Jahr 1997 die Revision der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts zurück, ohne die Streitsache dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorzulegen.

Im September 2007 entschied der EuGH, die Dienst­lei­stungs­freiheit werde verletzt, wenn Schulgeld nur bei Zahlungen an inländische Privatschulen als Sonderausgaben abziehbar sei. Den daraufhin gestellten Antrag der Kläger auf Änderung des Steuer­bescheids 1992 lehnte das FA ab. Klage und Nicht­zu­las­sungs­beschwerde blieben ohne Erfolg. Einen Billigkeitserlass der Ein­kom­men­steuer, die auf der Nichtanerkennung der Schul­geld­zahlungen als Sonderausgaben beruht, hat der BFH im Streitfall verneint.

Bei einem Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen seien die Wertungen des deut­schen Gesetzgebers sowie Unionsrecht zu beachten. Der Bestands- und Rechtskraft komme im deut­schen Verfahrensrecht ein hoher Stellenwert zu. Auch nach Auffassung des EuGH bestehe keine grundsätzliche Ver­pflich­tung, eine unionsrechtswidrige, aber rechtskräftige Entscheidung aufzuheben, selbst wenn die Vorlagepflicht verletzt worden sei. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch das Äquivalenzprinzip sowie den Effektivitätsgrundsatz beachten, d.h. sie haften bei Ver­let­zun­gen gegen das Unionsrecht und müssen derartige Ver­let­zun­gen wie Verstöße gegen nationales Recht behandeln. Bei unions­rechtswidrigen Urteilen haften sie aber nur bei einer offen­kun­di­gen Verletzung des Unions­rechts.

Eine solche hat der BFH im Streitfall verneint. Der BFH habe im Jahr 1997 weder unter offenkundiger Verkennung des Unions­rechts den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit für Bildungsleistungen der Privatschulen zu Unrecht verneint noch offenkundig seine Vorlagepflicht verletzt. Die Weigerung des FA, die Steuern aus Billigkeitsgründen zu erlassen, sei daher nicht ermessensfehlerhaft.

Nach Auffassung des BFH bestand auch keine Veranlassung, im Streitfall ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten. Die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen obliege – auch nach der Rechtsprechung des EuGH – den natio­nalen Gerichten.

Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2009 auf die EuGH-Rechtsprechung zu Schulgeldzahlungen reagiert. Seither sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 des Einkommen­steuer­gesetzes auch Schulgeldzahlungen an Privatschulen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes in einem bestimmten Umfang als Sonderausgaben abziehbar.

Für weitere Fragen und Informationen zu diesem Urteil stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Wirksamkeit einer Klageverzichtsklausel in einem Aufhebungsvertrag

Ein Klageverzicht in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Aufhebungsvertrag unterliegt als Nebenabrede einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Wird ein solcher formularmäßiger Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag erklärt, der zur Vermeidung einer vom Ar­beit­geber angedrohten außer­ordent­lichen Kündigung geschlossen wird, benachteiligt dieser Ver­zicht den Arbeitnehmer un­an­ge­mes­sen iSv. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Er­wä­gung ziehen durfte.

Der Kläger war seit 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Am 28. Dezember 2012 schlossen die Parteien einen schriftlichen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis ohne Zahlung einer Abfindung mit dem 28. Dezember 2012 endete. Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger mit einer außerordentlichen Kün­di­gung und Strafanzeige gedroht, weil er aus ihrem Lager­bestand zwei Fertigsuppen ohne Bezahlung entnommen und verzehrt habe. Der Vertrag enthielt ua. einen Widerrufs- und Klageverzicht. Der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findende Manteltarifvertrag für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen vom 25. Juli 2008 beinhaltet in § 11 Abs. 10 bei Auf­he­bungs­ver­trä­gen ein Widerrufsrecht innerhalb von drei Werktagen, auf das allerdings schriftlich verzichtet werden kann. Noch am 28. De­zem­ber 2012 focht der Kläger den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung an und begehrt im vorliegenden Rechts­streit die Feststellung, dass das Ar­beits­verhältnis fort­besteht. Die Androhung einer außerordentlichen Kündigung sei angesichts des langjährigen, unbelasteten Bestands des Arbeitsverhältnisses nicht vertretbar gewesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landes­ar­beits­gericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der Sechste Senat des Bundes­arbeitsgerichts das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurück­verwiesen. Auf die Wirksamkeit des Verzichts auf die tariflich eröffnete Widerrufsmöglichkeit kam es nicht an, weil der Kläger entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts innerhalb der Widerrufsfrist keinen Widerruf iSv. § 11 Abs. 10 MTV erklärt hat. Jedoch nimmt der im Aufhebungsvertrag vorgesehene Klage­verzicht dem Kläger im Ergebnis die Möglichkeit, den Vertrag rechtlich durchsetzbar anzufechten. Das ist mit dem gesetzlichen Leitbild nur zu vereinbaren, wenn die Drohung mit der außer­ordentlichen Kündigung nicht widerrechtlich war. Im Ergebnis teilt damit die Klageverzichtsklausel das rechtliche Schicksal des Aufhebungsvertrags. Das Landesarbeitsgericht muss noch auf­klären, ob eine widerrechtliche Drohung vorlag.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 11/15 vom 18.06.2015
Beschluss vom 12. März 2015 – 6 AZR 82/14 –

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Erbunwürdigkeit bei versuchter Tötung des geschäftsunfähigen Erblassers

Der BGH hat mit Urteil vom 11.03.2015, Akten­zeichen IV ZR 400/14, entschieden, dass auch ein Erbe, der den bereits erhebliche Zeit ge­schäfts­unfähigen Erblasser zu töten versucht und sich damit eines Totschlages in minderschwerem Fall schuldig macht, erbunwürdig im Sinne des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist.

Dies muss jedenfalls dort gelten, wo die Tatbestands­voraus­setzungen der Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB nicht vorliegen, der Erbe kein Verfahren gemäß den §§ 1901 a ff. BGB eingeleitet hat und sich kein Wille des Erblassers ermitteln lässt, dass lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden sollen.

Voraussetzung für die Erbunwürdigkeit gemäß § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist die Schuldfähigkeit des Erben.

Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.

Jetzt anrufen: (089) 55 21 44 0 oder senden Sie uns einfach eine Nachricht.
Call Now Button