Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 72/16, Pressemitteilung vom 30.11.2016, Urteil vom 13.07.2016, Aktenzeichen VIII R 26/14
Betriebsausgaben für die Bewirtung und Unterhaltung von Geschäftsfreunden im Rahmen eines Gartenfests fallen nicht zwingend unter das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 26/14 entschieden hat.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasst neben im Gesetz ausdrücklich genannten Regelbeispielen wie Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segel- oder Motorjachten auch Aufwendungen für „ähnliche Zwecke“. Das Abzugsverbot soll Steuergerechtigkeit verwirklichen. Es erfasst auch Aufwendungen, die ausschließlich der Unterhaltung und Bewirtung der Geschäftsfreunde dienen.
Im Streitfall hatte eine Rechtsanwaltskanzlei in mehreren Jahren sog. „Herrenabende“ im Garten des Wohngrundstücks des namensgebenden Partners veranstaltet, bei denen jeweils bis zu 358 Gäste für Gesamtkosten zwischen 20.500 € und 22.800 € unterhalten und bewirtet wurden. Das Finanzgericht (FG) hatte das Abzugsverbot bejaht, weil die Veranstaltungen “Eventcharakter” gehabt hätten, ein geschlossener Teilnehmerkreis vorgelegen habe und die Gäste sich durch die Einladung in ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung bestätigt fühlen durften.
Dies hielt der BFH nicht für ausreichend. Nach dem Urteil des BFH muss sich aus der Veranstaltung und ihrer Durchführung ergeben, dass Aufwendungen für eine überflüssige und unangemessene Unterhaltung und Repräsentation getragen werden. Die bloße Annahme eines Eventcharakters reicht hierfür nicht aus, da die unter das Abzugsverbot fallenden Aufwendungen für „ähnliche Zwecke“ wie bei den Regelbeispielen “unüblich“ sein müssen. Dies kann aufgrund eines besonderen Ortes der Veranstaltung oder der Art und Weise der Unterhaltung der Gäste der Fall sein. Der BFH hat im Streitfall das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das FG hat im zweiten Rechtsgang zu prüfen, ob die Art und Durchführung der „Herrenabende“ den Schluss zulässt, dass diese sich von „gewöhnlichen Gartenfesten“ abheben und mit der Einladung zu einer Segelregatta oder Jagdgesellschaft vergleichbar sind.
Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde. Die Erblasserin setzte ihre Tochter, die jetzige Beklagte, als Miterbin zu 1/4 ein und belastete sie unter anderem zugunsten des Klägers mit einem Vorausvermächtnis. Dieses belastete sie später mit einem Untervermächtnis zugunsten der Tochter. Im Jahre 2012 erlangte die Beklagte Kenntnis von den letztwilligen Verfügungen. Im Juni 2012 focht sie die Versäumung der Ausschlagungsfrist an und schlug das Erbe aus. Als Anfechtungsgrund wurde angegeben, dass die Beklagte geglaubt habe, dass sie vom Nachlass ausgeschlossen wäre, auch bezüglich der Pflichtteilsansprüche und des Untervermächtnisses, wenn sie ausschlagen würde. Der Kläger hatte beantragt festzustellen, dass die Beklagte Miterbin zu 1/4 geworden ist. Hierauf hat die Beklagte Widerklage beantragt mit dem Inhalt, den Kläger zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung wegen der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß der zugleich erhobenen Drittwiderstufenklage gegen die Drittwiderbeklagten in den Nachlass zu dulden. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die Beklagte legte Revision ein, die Sache wurde zurückgewiesen.
Der BGH entschied, dass die Beklagte einem beachtlichen Rechtsfolgeirrtum unterlegen gewesen sei. Die Sonderregeln der §§ 1954, 1955, 1957 BGB für Frist, Form und Wirkung der Anfechtung ändern oder erweitern die Anfechtungsgründe nicht. Es ist ebenfalls als Inhaltsirrtum gemäß § 119 Abs. 1 Alternative 1 BGB anzusehen, wenn der Erklärende über Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte über die Rechtsfolgen des § 2306 BGB geirrt. Somit liege ein beachtlicher Irrtum der Rechtsfolgen des § 2306 BGB, auch nach der Neufassung nach dem 01.01.2010, vor. Irrt der beschwerte Erbe dahingehend, dass er meint, das Erbe annehmen zu müssen, um seinen Pflichtteilsanspruch nicht zu verlieren, ist es möglich, die Annahme des Erbe anzufechten. Ist der Erbteil größer als der Pflichtteil der den Erben jedoch beschränkt oder beschwert, führt dessen Annahme dazu, dass der Erbe die ihm zugedachte Rechtsstellung annimmt. Er verliert hierdurch jedoch das Wahlrecht gemäß § 2306 Abs. 1 Satz 2 BGB, sich für den gegebenenfalls dem Wert nach günstigeren Pflichtteilsanspruch zu entscheiden.
Der Erbe muss auch weiterhin bei der Ausübung des § 2306 BGB abwägen, ob er das Erbe ausschlägt. Ein beachtlicher Rechtsfolgenirrtum ist hier möglich.
Somit hat der BGH einen wichtigen Streit entschieden. Seit der Neufassung des § 2306 Abs. 1 BGB wurde teilweise in der Literatur vertreten, dass ein beachtlicher Irrtum über die Reichweite desselben nicht mehr bestehen würde. Der BGH hat sich mit dieser Entscheidung wohl der herrschenden Meinung angeschlossen, dass weiterhin ein beachtlicher Irrtum möglich ist.
Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 71/16, Pressemitteilung vom 16.11.2016, Urteil vom 14.07.2016, Aktenzeichen IV R 34/13
Die Vermietung eines Einkaufszentrums unterliegt nicht der Gewerbesteuer, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. Juli 2016 IV R 34/13 entschieden hat. Die Vermietung erfolgt vielmehr noch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Für die Annahme eines Gewerbebetriebs reicht es nicht aus, dass der Vermieter neben der bloßen Vermietung der Einkaufsflächen die für den Betrieb des Einkaufszentrums erforderlichen Infrastruktureinrichtungen bereitstellt und werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen für das gesamte Einkaufszentrum durchführt.
Im Urteilsfall hatte eine Vermietungsgesellschaft ein Einkaufszentrum mit einer Verkaufsfläche von rund 30.000 qm an etwa 40 Mieter wie z.B. Einzelhändler überlassen, die Waren und Dienstleistungen anboten. Die Vermietungsgesellschaft hatte die Mieter verpflichtet, mit zwei weiteren Gesellschaften Verträge abzuschließen, damit von diesen Gesellschaften der laufende Betrieb, die Instandhaltung, die Reinigung und Bewachung des gesamten Einkaufszentrums einschließlich des Parkhauses sowie die Reinigung der vorhandenen Sanitär- und Sozialräume besorgt wurde. Die Mieter waren der Vermietungsgesellschaft gegenüber verpflichtet, eine von ihnen selbst finanzierte Werbegesellschaft zu gründen. Diese bezahlte einen Centermanager zur Durchführung von Werbemaßnahmen für das Einkaufszentrum. Finanzamt und Finanzgericht gingen davon aus, dass die Vermietung des Einkaufszentrums wegen der Vielzahl dieser Dienstleistungen einen Gewerbebetrieb darstellte.
Demgegenüber verneinte der BFH zugunsten der Vermieterin das Vorliegen eines Gewerbebetriebs. Nach seinem Urteil wird der Bereich der privaten Vermögensverwaltung noch nicht verlassen, wenn ein Einkaufszentrum vermietet und den Mietern begleitende Dienstleistungen durch den Vermieter selbst oder auf dessen Veranlassung hin durch Dritte erbracht werden. Ausschlaggebend war für den BFH, dass diese Dienstleistungen die für die Vermietung eines Einkaufszentrums notwendige Infrastruktur betreffen. Leistungen wie Reinigung, Bewachung, sowie Bereitstellung von Sanitär- und Sozialräumen sind übliche Leistungen bei der Vermietung eines Einkaufszentrums. Werbe- und verkaufsfördernde Maßnahmen stellen zwar Sonderleistungen neben der Vermietung dar. Da die Vermietungsgesellschaft damit jedoch das gesamte Einkaufszentrum bewirbt, dient diese Werbung überwiegend dem Vermieterinteresse und ändert deshalb nichts daran, dass die Vermietungsleistung dem gesamten Leistungsaustausch das Gepräge gibt.
Die Leitsätze lauten wie folgt:
Gegenstand und Umfang der Prüfpflicht des Notars sind bereits geklärt. Es reicht nicht aus, dass der Notar nur Erklärungen der Erben beurkundet. Er muss diese kritisch auf Plausibilität prüfen und den sich ergebenden konkreten Anhaltspunkten nachgehen. Dies richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall.
Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Erbrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.
Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 70/16, Pressemitteilung vom 09.11.2016, Urteil vom 18.08.2016, Aktenzeichen VI R 18/13
Wechselt lediglich der Schuldner einer Pensionszusage gegen Zahlung eines Ablösungsbetrags, führt dies nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. August 2016 (VI R 18/13) beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer nicht zum Zufluss von Arbeitslohn. Voraussetzung ist hierfür allerdings, dass dem Arbeitnehmer kein Wahlrecht zusteht, sich den Ablösungsbetrag alternativ an sich selbst auszahlen zu lassen.
Der Kläger war Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer GmbH (A-GmbH), die ihm in der Vergangenheit eine Pensionszusage erteilt hatte. Im Vorgriff auf die geplante Veräußerung seiner Geschäftsanteile gründete der Kläger eine weitere GmbH (B-GmbH) mit ihm als alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer. Da der Erwerber der Geschäftsanteile die Pensionszusage des Klägers nicht übernehmen wollte, vereinbarte die B-GmbH mit der A-GmbH, alle Rechte und Pflichten aus der dem Kläger gewährten Pensionszusage gegen Zahlung einer Vergütung zu übernehmen. Der Kläger stimmte der Übertragung zu. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht waren der Ansicht, dem Kläger sei mit der Zahlung des Ablösungsbetrags von der A-GmbH an die B-GmbH Arbeitslohn zugeflossen.
Der BFH sah dies anders, da die bloße Erteilung einer Pensionszusage nach ständiger Rechtsprechung noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führe und sich im Streitfall durch die im Rahmen der Schuldübernahme gezahlte Ablöse hieran aus Sicht des Arbeitnehmers nichts geändert habe. Durch die Zahlung der Ablöse habe die A-GmbH keinen Anspruch des Klägers erfüllt, sondern einen solchen der B-GmbH. Lediglich der Schuldner der Verpflichtung aus der Pensionszusage habe gewechselt. Mit der Zahlung des Ablösungsbetrags an den die Pensionsverpflichtung übernehmenden Dritten werde der Anspruch des Arbeitnehmers auf die künftigen Pensionszahlungen wirtschaftlich nicht erfüllt, so dass es nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn komme.
Mit dieser Entscheidung grenzt sich der BFH von seinem Urteil vom 12. April 2007 VI R 6/02 (BFHE 217, 547, BStBl II 2007, 581) ab. Dort hatte er entschieden, die Ablösung einer vom Arbeitgeber erteilten Pensionszusage führe beim Arbeitnehmer zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der Ablösungsbetrag aufgrund eines dem Arbeitnehmer eingeräumten Wahlrechts auf dessen Verlangen zur Übernahme der Pensionsverpflichtung an einen Dritten gezahlt werde, da hierin eine vorzeitige Erfüllung des Anspruchs aus einer in der Vergangenheit erteilten Pensionszusage liege.
Der BGH hat mit Datum vom 09.11.2016, Aktenzeichen VIII ZR 73/16, klargestellt, dass Gerichte schwerwiegende persönliche Härtegründe auf Seiten des Mieters auch bei einer fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen haben.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Jahre 1955 hat die heute 97-jährige Beklagte zu 1.) von der Klägerin eine 3-Zimmer-Wohnung und 1963 zusätzlich eine im selben Gebäude und Stockwerk gelegene 1-Zimmer-Wohnung angemietet. Die Beklagte zu 1.) bewohnte die 3-Zimmer-Wohnung. Inzwischen war sie bettlägerig und demenzkrank. Der Beklagte zu 2.) bewohnte die 1-Zimmer-Wohnung. Der Beklagte zu 2.) ist seit Jahren Betreuer der Beklagten zu 1.) und pflegt sie ganztägig. Der Beklagte zu 2.) beleidigte im Jahre 2015 die Klägerin grob. Daraufhin kündigte diese das Mietverhältnis fristlos gemäß § 543 Abs. 1 BGB.
Während das Amtsgericht die Räumungsklage abgewiesen hat, hat das Landgericht entschieden, dass persönliche Härtegründe erst bei einer Zwangsvollstreckung im Wege eines Vollstreckungsschutzantrages nach § 765a ZPO geprüft werden können. Die hiergegen eingelegte Revision der Beklagten hatte Erfolg.
Der BGH hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückgewiesen. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB schreibe ausdrücklich eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vor. Das Berufungsgericht hätte insoweit prüfen müssen, ob schwerstwiegende Gesundheitsschäden zu besorgen seien.
Individuelle Fragen zu diesem und weiteren Themen im Seniorenrecht beantworten wir Ihnen gerne im Rahmen einer fundierten Beratung – sprechen Sie uns einfach darauf an.
Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 69/16, Pressemitteilung vom 02.11.2016, Urteil vom 01.06.2016, Aktenzeichen X R 43/14
Vereinbart ein Steuerpflichtiger mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen einen Selbstbehalt, können die deswegen von ihm zu tragenden Krankheitskosten nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgezogen werden, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 1. Juni 2016 (X R 43/14) entschieden hat.
Im Urteilsfall hatte der Kläger für sich und seine Töchter einen Krankenversicherungsschutz vereinbart, für den er aufgrund entsprechender Selbstbehalte geringere Versicherungsbeiträge zu zahlen hatte. Die von ihm getragenen tatsächlichen krankheitsbedingten Aufwendungen machte der Kläger bei seiner Einkommensteuererklärung geltend. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht ließen im Streitfall indes einen Abzug der Kosten zu.
Der BFH sah das ebenso und versagte die steuerliche Berücksichtigung der Krankheitskosten des Klägers. Weil die Selbstbeteiligung keine Gegenleistung für die Erlangung des Versicherungsschutzes darstelle, sei sie kein Beitrag “zu” einer Krankenversicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG und könne daher nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. Die selbst getragenen Krankheitskosten seien zwar außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG. Da im Streitfall die Aufwendungen die zumutbare Eigenbelastung des § 33 Abs. 3 EStG wegen der Höhe der Einkünfte des Klägers nicht überschritten hätten, komme ein Abzug nicht in Betracht.
Eine darüber hinausgehende steuerliche Berücksichtigung des Selbstbehalts lehnt der BFH ab. Diese sei auch nicht durch das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums geboten. Denn dieser Grundsatz gewährleiste –wie bereits das Bundesverfassungsgericht entschieden habe– dem Steuerpflichtigen keinen Schutz des Lebensstandards auf Sozialversicherungs-, sondern lediglich auf Sozialhilfeniveau. Die Aufwendungen für Krankheitskosten im Rahmen von Selbstbehalten seien aber nicht Teil des sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveaus.