Monatsarchiv 3. Mai 2017

Keine Gewerbesteuerbefreiung ambulanter Dialysezentren

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 28/17, Pressemitteilung vom 03.05.2017, Urteil vom 25.01.2017, Aktenzeichen I R 74/14

Nach § 3 Nr. 20 des Gewerbe­steuer­ge­set­zes können Krankenhäuser, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflege­bedürftiger Personen, Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflege­bedürftiger Personen sowie Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation von der Gewerbesteuer befreit sein. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25. Januar 2017 I R 74/14 entschieden, dass ambulante Dialysezentren von der Steuerbefreiung nicht erfasst sind.

Im Streitfall betrieb die Klägerin, eine GmbH, zwei Dialyse­zentren, in denen Krankenfachkräfte und pfleger die Patienten während der ambulant vorgenommenen Dialyse betreuten. Damit war allerdings der nach sozialrechtlichen Vorgaben ge­prägte Begriff „Krankenhaus“ (der die Möglichkeit der Voll­ver­sorgung der Patienten erfordert) nicht erfüllt. Für eine Gleich­stellung mit einem krankenhäuslichen Dialysezentrum fehlt die Rechtsgrundlage: Die gesetzgeberische Einengung der Steu­er­befreiung auf Krankenhäuser, nicht aber sämtlicher Ein­rich­tungen, deren Leistungen über die Sozialversi­che­rungs­träger abgerechnet werden können, ist nach Auffassung des BFH aufgrund der Bedeutung der Vollversorgung und deren besonderer Kostenstruktur nicht zu beanstanden.

Die Dialysezentren konnten auch nicht als Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen an­ge­sehen werden. Denn ein dafür erforderlicher auf die Unter­stützung bei gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen der Personen gerichteter Zweck lag nicht bereits darin, den Patienten während des Aufenthalts Hilfestellung in dem für die Inanspruchnahme der nichtpflegerischen Leistung (der Dialyse) erforderlichen Maß zu geben. Die Einrichtungen der Klägerin dienten auch nicht zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen; denn damit sind nur Pflegedienste gemeint, die Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen.

Offen lassen konnte der BFH hingegen die Frage, ob ambulante Dialysezentren als Einrichtungen zur ambulanten oder statio­nären Rehabilitation anzusehen sind. Dieser Befreiungs­tatbestand (ab 2015) war für den Streitfall zeitlich (noch) nicht anwendbar.

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Ausschlussfristen und Mindestentgelt

Eine vom Arbeitgeber als Allgemeine Ge­schäfts­bedingung gestellte arbeitsvertragliche Aus­schlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstößt im Anwendungs­bereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG*.

Die Klägerin war vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals einen ambulante Pflegedienst betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt als Allgemeine Geschäftsbedingung eine Verfallklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Bei Ablehnung oder Nichtäußerung der Gegenpartei binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung sollte Verfall eintreten, wenn der Anspruch nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Die Klägerin war vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In dem von der Klägerin am 2. Juni 2014 anhängig gemachten Verfahren hat sich der Beklagte darauf berufen, der Anspruch sei jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Das Ar­beitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landes­ar­beits­gericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision des Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Die Klägerin hat für den durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Arbeitsausfall nach § 3 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesen musste sie nicht innerhalb der arbeitsvertraglich vorgesehenen Fristen geltend machen. Die nach Inkrafttreten der PflegeArbbV vom Beklagten gestellte Klausel verstößt gegen § 9 Satz 3 AEntG und ist deshalb unwirksam, so dass der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erlischt. Für andere Ansprüche kann die Klausel nicht aufrechterhalten werden, weil dem das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB** entgegensteht.

*§ 9 AEntG lautet:
„Ein Verzicht auf den entstandenen Anspruch auf das Mindest­entgelt nach § 8 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf das Mindestentgelt nach § 8 ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs können ausschließlich in dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach den §§ 4 bis 6 oder dem der Rechtsverordnung nach § 7 zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.“

*§ 13 AEntG lautet:
„Eine Rechtsverordnung nach § 11 steht für die Anwendung der §§ 8 und 9 sowie der Abschnitte 5 und 6 einer Rechtsverordnung nach § 7 gleich.“

**§ 307 Abs. 1 BGB lautet:
„Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 44/16 vom 24.08.2016
Urteil vom 24. August 2016 – 5 AZR 703/15 –

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