Monatsarchiv Mai 2018

Ehefrau von Helmut Kohl erhält keine Geldentschädigung

Quelle: justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2018/15_U_64_17_Urteil_20180529.html

Oberlandesgericht Köln, 15 U 64/171629
Datum: 29.05.2018
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper: 15. Zivilsenat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 15 U 64/17
ECLI: ECLI:DE:OLGK:2018:0529.15U64.17.00

Vorinstanz: Landgericht Köln, 14 O 323/15

Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.04.2017 – 14 O 323/15 – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit leisten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

5. Die Revision wird zugelassen.

1
Gründe:

2
I.

3
Die Klägerin nimmt als Alleinerbin und zweite Ehefrau des ursprünglichen Klägers (im Folgenden: Erblasser) die Beklagten auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch wegen einer angeblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung des Erblassers im Zusammenhang mit der Veröffentlichung und Verbreitung von 116 Passagen. Diese sind in dem von den Beklagten zu 1) und 2) verfassten und im Verlag der Beklagten zu 3) erschienenen Buch „Vermächtnis Die Kohl-Protokolle“ (bzw. einem gleichnamigen Hörbuch) aufgeführt und dort teilweise als Originalzitate des Erblassers bezeichnet.

4
Der Erblasser war 16 Jahre Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der Beklagte zu 1) ist Journalist und ebenso wie der Erblasser promovierter Historiker. Der Beklagte zu 2) ist gleichfalls Journalist. Der Beklagte zu 1) war – nach Bewertung der Klägerin als Ghostwriter – an der Erstellung der Memoiren des Erblassers mit dem Titel „Erinnerungen“ beteiligt, von welchen bis zur Beendigung der beiderseitigen Zusammenarbeit insgesamt drei Bände, den Zeitraum 1930 – 1994 umfassend, in der AR GmbH & Co. (im Folgenden: Verlag) erschienen sind.

5
Zu der Zusammenarbeit kam es unter im Detail umstrittenen Umständen im Nachgang an ein Schreiben des Beklagten zu 1) an den Erblasser (Anlage K 15, Bl. 1824 d.A.) und erste Gespräche der beiden, ein darauffolgendes Treffen des Erblassers und des Beklagten zu 1) mit Herrn AS vom Verlag und ein von diesem an den Erblasser gerichtetes Anschreiben vom 26.05.1999 (Anlage K 14, Bl. 1822 d.A.), in dem der Verlag dem Erblasser Formen einer möglichen Zusammenarbeit aufzeigte und dabei eine Autobiografie favorisierte.

6
Im Hinblick auf die Erstellung der – zunächst auf ca. 500 Druckseiten projektierten – Memoiren schlossen der Erblasser sowie der Beklagte zu 1) jeweils mit dem Verlag am 12.11.1999 inhaltlich aufeinander abgestimmte Verlagsverträge, wegen deren Details auf Anlagenkonvolut K 16 (Bl. 426 ff. d.A.) bzw. Anlagen CBH 1/2 (Bl. 905 ff. d.A.) verwiesen wird.

7
Im Verlagsvertrag des Erblassers ist in § 1 Abs. 1 geregelt:

8
„Dieser Vertrag betrifft das noch zu verfassende Werk des Autors mit dem Arbeitstitel: „Helmut Kohl, ERINNERUNGEN; Autobiographie“ (nachfolgend als Werk bezeichnet). Das Werk hat den Charakter der Autobiographie von Helmut Kohl“.

9
Korrespondierend ist im Verlagsvertrag des Beklagten zu 1) in der Präambel geregelt:

10
„Der Verlag hat einen gesonderten Vertrag mit Herrn Dr. Helmut Kohl … geschlossen, um die Verlags- und bestimmte Nebenrechte an dem noch zu verfassenden Werk des Autors mit dem Arbeitstitel „Helmut Kohl, ERINNERUNGEN; Autobiographie“ (nachfolgend als Werk bezeichnet) zu erwerben.

11
In § 4 Abs. 1 und 2 des Verlagsvertrages des Erblassers finden sich weiter folgende Regelungen:

12
„Der Verlag sichert zu, dass Herr A mindestens 200 Stunden kostenlos für eine Zusammenarbeit mit dem Autor bis zur Fertigstellung des Manuskripts zur Verfügung steht. (…) Der Verlag sichert zu, dass Herr A persönlich die schriftliche Abfassung des Werkes bis zu seiner Fertigstellung nach den Vorgaben und Angaben des Autors übernimmt. Der Autor wird im Gegenzug Herrn A entsprechenden Einblick in relevante Unterlagen geben und ihm in ausreichendem Maße für entsprechende Gespräche zur Verfügung stehen (mindestens 200 Stunden). Die Einzelheit der Zusammenarbeit zwischen Herrn A und dem Autor werden diese direkt besprechen“.

13
Korrespondierend dazu finden sich – einschließlich des Rechtschreibfehlers beim Wort „Einzelheit“ – im Verlagsvertrag des Beklagten zu 1) in der Präambel sowie in § 1 Abs. 1 und 2 die Regelungen:

14
„Herr A soll dem Autor für eine Zusammenarbeit bis zur Fertigstellung des Manuskripts des Werkes zur Verfügung stehen (…) Herr A verpflichtet sich, mindestens 200 Stunden für eine Zusammenarbeit mit dem Autor bis zur Fertigstellung des Manuskriptes zur Verfügung zu stehen. (…) Herr A wird persönlich die schriftliche Abfassung des Werkes bis zu seiner Fertigstellung nach den Vorgaben und Angaben des Autors übernehmen. (…) Der Verlag sichert zu, dass der Autor im Gegenzug Herrn A Einblick in relevante Unterlagen geben und ihm in ausreichendem Maße für entsprechende Gespräche zur Verfügung steht (mindestens 200 Stunden). Die Einzelheit der Zusammenarbeit zwischen Herrn A und dem Autor werden diese direkt besprechen“.

15
Ferner ist in § 4 Abs. 3 c) und d) des Verlagsvertrages des Erblassers geregelt:

16
„Der Verlag sichert zu, daß die Fertigstellung des Werkes nur nach Zustimmung durch den Autor erklärt wird (und) der Autor zu jeglichen Änderungen an dem – auch erst teilweise erstellten – Werk berechtigt ist“.

17
Korrespondierend dazu ist im Verlagsvertrag des Beklagten zu 1) in § 2 Abs. 5 und 6 geregelt:

18
„Die Fertigstellung des Werkes darf nur nach Zustimmung durch den Autor erklärt werden. Der Autor ist zu jeglichen Änderungen an dem – auch erst teilweise erstellten – Werk ohne Angaben von Gründen berechtigt“.

19
In § 4 Abs. 9 des Verlagsvertrages des Erblassers ist weiter geregelt:

20
„Der Autor ist jederzeit berechtigt, die Zusammenarbeit mit Herrn A zu beenden und einvernehmlich mit dem Verlag einen Ersatz für Herrn A zu bestimmen“.

21
Korrespondierend dazu ist im Verlagsvertrag des Beklagten zu 1) in § 1 Abs. 1 geregelt:

22
„Herr A hat keinen Anspruch darauf, mit dem Autor tatsächlich bis zur endgültigen Fertigstellung des Manuskripts zusammenzuarbeiten“.

23
Darüber hinaus ist im Verlagsvertrag des Erblassers in § 4 Abs. 3 a) und b) geregelt:

24
„Der Verlag sichert zu, dass Herr A auf das Recht der Bestimmung der Urheberbezeichnung nach § 13 Satz 2 UrhG verzichtet (und) Herr A keine eigene Urheberbezeichnung für das zu erstellende Werk anbringt, sondern dem Autor gestattet, das Werk unter seiner Autorenbezeichnung zu veröffentlichen“.

25
Korrespondierend dazu ist im Verlagsvertrag des Beklagten zu 1) in § 2 Abs. 2 und 3 geregelt:

26
„Herr A verzichtet auf das Recht der Bestimmung der Urheberbezeichnung nach § 13 Satz 2 UrhG (und) Herr A wird keine eigene Urheberbezeichnung für das zu erstellende Werk anbringt, sondern gestattet dem Autor, das Werk unter seiner Autorenbezeichnung zu veröffentlichen“.

27
Noch vor der Unterzeichnung der schriftlichen Verlagsverträge begannen der Beklagte zu 1) und der Erblasser am 01.10.1999 mit Memoiren-Gesprächen. Diese Gespräche wurden im Wohnhaus des Erblassers geführt und mit dessen Einverständnis vom Beklagten zu 1) zu einem im Detail umstrittenen Anteil auf Tonband aufgenommen. Über den Erblasser erhielt der Beklagte zu 1) den Zugang zu zahlreichen Unterlagen aus seiner Zeit als Bundeskanzler bzw. Oppositionsführer zur Durchsicht und Auswertung. Hiervon umfasst waren auch zahlreiche Quellen, die der Wissenschaft und Forschung aufgrund der 30-jährigen Sperrfrist für Archive noch für längere Zeit nicht zugänglich sein werden und dem Erblasser zweckgebunden für seine Memoiren zur Verfügung gestellt wurden. Unter anderem erhielt der Beklagte zu 1) nach einer Sicherheitsüberprüfung mittels „Konferenzbescheinigung“ vom 17.12.2001 (Anlage OC 5, Bl. 1680), lautend auf „A vom WDR für Büro BK a.D. Dr. Kohl“ befristet bis zum 30.06.2002 Zugang zu Verschlusssachen des Bundeskanzleramtes bis einschließlich des Geheimhaltungsgrades „GEHEIM“ mit dem abschließenden Vermerk:

28
„Die Bescheinigung ist nach Beendigung des Auftrags, für den sie ausgestellt worden ist, der ausstellenden Behörde zurückzugeben.“

29
Des Weiteren ermöglichte der Erblasser dem Beklagten zu 1) Einblick in Auszüge seiner „Stasi-Akte“, deren Veröffentlichung er in einem langjährigen Rechtsstreit hatte sperren lassen. Der Beklagte zu 1) übermittelte dem Erblasser mit Telefax vom 12.03.2002 einen von ihm verfassten Entwurf eines Antrags auf Akteneinsicht (Anlage K 14, Bl. 399 = K 16, Bl. 1827 d.A.), welcher auszugsweise wie folgt lautet:

30
„Sehr geehrte Frau AT,

31
hiermit beantrage ich Einsicht in meine Stasi-Akten für den Kölner Publizisten und Dokumentarfilmautor Dr. A…. soll in diesem Fall nicht in seiner Eigenschaft als Forscher oder Journalist Einblick in meine Stasi-Akten nehmen, sondern als mein Vertrauter in meinem Auftrag stellvertretend für mich als Opfer des Ministeriums für Staatssicherheit … Ich habe Herrn Dr. A beauftragt, eine umfassende Expertise über sämtliche Aktenbestände … anzufertigen, die vom Ministerium für Staatssicherheit über mich und meine Familie angelegt und archiviert wurden … Ich beabsichtige, die Ergebnisse der A´schen Untersuchung in meine Memoiren einfließen zu lassen … Um Vertraulichkeit bitte ich Sie ausdrücklich.“

32
Der Beklagte zu 1) sichtete in aufwändigen Recherchen das ihm zugängliche Material. Er entschied dabei, welche von ihm für relevant erachteten, als geheim eingestuften Akten des Bundeskanzleramtes weiter eingesehen werden sollten. Diese wurden vom Bundeskanzleramt in das Büro des Erblassers gebracht und dort in einem Panzerschrank gelagert. Auf Wunsch des Beklagten zu 1) wurden umfangreich Kopien für ihn gefertigt. Der Erblasser veranlasste ferner, dass Akten aus Gründen der Zeitersparnis dem Beklagten zu 1) in dessen Privathaus zur Verfügung gestellt wurden. Darüber hinaus recherchierte der Beklagte zu 1) in den Archiven der Konrad-Adenauer-Stiftung, die ihm auf Veranlassung des Erblassers gleichfalls zugänglich gemacht worden waren. Darüber hinaus betrieb der Beklagte zu 1) umfangreiche, eigenständige Recherchen in öffentlichen und allgemein zugänglichen Quellen.

33
Der Beklagte zu 1) erstellte unter anderem ein Stichwortkonzept, das Grundlage für die Gespräche mit dem Erblasser war. In der Zeit vom 01.10.1999 bis jedenfalls zum 07.04.2002 (der Folgezeitraum ist zwischen den Parteien streitig) wurden an über 100 Tagen während über 600 Stunden auf 200 Tonbändern die Fragen und Stichworte des Beklagten zu 1) und des Zeugen Dr. AU sowie die Ausführungen des Erblassers hierzu aufgezeichnet. Der Zeuge Dr. AU war unter im Detail umstrittenen Umständen auf Wunsch des Erblassers bei den Gesprächen zum Teil eingebunden.

34
Der Erblasser sprach sehr ausführlich sein gesamtes Leben auf Band und zwar aus der Zeit vor der Übernahme höchster politischer Ämter sowie aus seiner Zeit als Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und insbesondere aus den 16 Jahren, in denen er das Amt des Bundeskanzlers ausübte. Bei seinen Ausführungen bediente er sich teilweise einer umgangssprachlichen und mitunter auch drastischen Ausdrucksweise; in einigen Fällen sprach er im Zuge der Schilderung seiner Lebenserinnerungen ohne chronologische Gliederung auch aktuelle politische Themen und seine persönliche Einschätzung hierzu an. In seinen veröffentlichten Memoirenbänden hatte der Erblasser dagegen Äußerungen in dieser Schärfe und Deutlichkeit bewusst vermieden. Ob dies auch im Rahmen von Publikationen und Äußerungen des Erblassers außerhalb der Memoiren der Fall war, ist insbesondere im Hinblick auf ein Interview des Erblassers mit Herrn Dr. AV vom 14.03.2002 (Anlage OC 8, Bl. 1686 ff. d.A.) und dazu vorgelegte Unterlagen (Anlagen K 18 – 20, Bl. 1834 ff. d.A.) – sowie auf Äußerungen des Erblassers in der Zeitschrift „Newsweek“ bzw. in der Zeitschrift „DER SPIEGEL“ zwischen den Parteien umstritten. Wiederholt wies der Erblasser den Beklagten zu 1) im Rahmen der Gespräche an, den weiteren Gesprächsverlauf nicht auf Tonband aufzuzeichnen bzw. wies darauf hin, dass seine zuvor aufgezeichneten Äußerungen nicht in die Memoiren einfließen sollten („…“).

35
Gegenstand der auf Tonband aufgenommenen Gespräche war ab Anfang 2000 auch die Abfassung eines fiktiven Tagebuches des Erblassers mit dem Titel „Helmut Kohl – Mein Tagebuch 1998-2000“ (nachfolgend: Tagebuch), aus Anlass der sogenannten „Spendenaffäre“, aufgrund derer der Erblasser seine Sicht der Ereignisse der Jahre 1998 – 2000 zeitnah darstellen wollte. Hierzu schlossen der Erblasser und der Beklagte zu 1) mit dem Verlag im Juli/August 2000 Verträge mit vergleichbaren Regelungen, wie sie in den Verträgen über die Erstellung der „Erinnerungen“ des Erblassers vereinbart worden waren. Das Tagebuch wurde in gleicher Weise wie die Memoiren vom Beklagten zu 1) verfasst und es wurde wiederum nur der Erblasser als Autor benannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge Dr. A/Verlag vom 25.07./29.07.2000 und Dr. Kohl/Verlag vom 25.07./05.08.2000 (Anlagen K 12/30, Bl. 1810 ff./2311 ff. d.A.) Bezug genommen. In Abweichung von der Regelung in den Verlagsverträgen ist in § 1 Abs. 1 des Vertrags des Beklagten zu 1) bzw. § 4 Abs. 1 des Vertrags des Erblassers nicht von einer bestimmten Stundenzahl für die gemeinsame Zusammenarbeit bis zur Fertigstellung des Manuskripts die Rede, sondern von den „notwendigen Stunden“.

36
Der Beklagte zu 1) nahm die Originaltonbänder zur Vorbereitung der geplanten Buchveröffentlichungen jeweils mit nach Hause und ließ die auf Tonband aufgezeichneten Gespräche von seiner Schwester, Frau AW, niederschreiben. Der Beklagte zu 1) verfügt neben diesen Abschriften auch über digitale Kopien der Originaltonbänder.

37
Aufgrund eines Unfalls im Februar 2008, bei dem sich der Erblasser eine schwere Kopfverletzung zuzog, musste er seine Arbeit an den Memoiren – geplant und begonnen war damals ein vierter Band der „Erinnerungen“ für die Zeit ab 1994 – unterbrechen. In der Folgezeit kam es aus im Einzelnen streitigen Umständen zu einem Zerwürfnis zwischen ihm und dem Beklagten zu 1). Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 24.03.2009 kündigte der Erblasser die Zusammenarbeit mit dem Beklagten zu 1) auf. Mit Vertrag vom 06./10.09.2009 (Bl. 112 f. d.A.= Anlage CBH 3, Bl. 931 f. d.A.) einigten sich der Beklagte zu 1) und der Verlag sodann über die Aufhebung der zuvor zwischen ihnen geschlossenen Verträge unter Aufrechterhaltung der Rechteeinräumung für den Verlag sowie unter Verzicht des Beklagten zu 1) auf seine Benennung als Urheber.

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Zwischen den Bevollmächtigten des Erblassers und des Beklagten zu 1) kam es im Folgenden zu weiterer Korrespondenz betreffend angeblich noch beim Beklagten zu 1) vorhandener Originalakten und Unterlagen. In einem Interview mit der Zeitschrift „DER SPIEGEL“ äußerte der Beklagte zu 1) in der am 24.09.2012 erschienenen Ausgabe 39/2012 (Bl. 356 ff. d.A.): „Man muss sehen, dass vor allem die Tonaufzeichnungen von Helmut Kohl nach seinem Sturz im Jahre 2008 eine ganz andere Bedeutung bekommen haben … Ich habe also einen Schatz, der wirklich einmalig ist und auf den ich auch sehr stolz bin. Ich werde diesen Schatz irgendwann heben“.

39
Mit Schreiben an den Erblasser vom 24.09.2012 (Anlage K 2, Bl. 1020 f.) erklärte der Beklagte zu 1): „… was immer Sie über meine publizistischen Aktivitäten lesen oder hören: Ich habe nicht die Absicht, ein „Enthüllungsbuch“ zu schreiben. Wenn ich ein neues Buch über Ihre Leben veröffentliche, steht Ihre Leistungsbilanz im Mittelpunkt. Und die kann sich sehen lassen. Ich werde Sie und Ihr politisches Wirken für unser Land in angemessener Weise zu würdigen wissen. Darauf können Sie sich für alle Zeit verlassen.“

40
Mit Schriftsatz vom 28.12.2012 erhob der Erblasser – nachdem man sich nicht auf einen Verjährungsverzicht hatte verständigen können – Klage gegen den Beklagten zu 1) mit dem Antrag, sämtliche Tonbandaufnahmen, auf denen seine Stimme zu hören ist und die in den Jahren 2001 und 2002 vom Beklagten zu 1) aufgenommen wurden, an ihn herauszugeben. Mit Urteil des Landgerichts Köln vom 12.12.2013 (14 O 612/12, Bl. 268 ff. d.A.) wurde der Beklagte zu 1) zur Herausgabe der Originaltonbänder verurteilt. In diesem Urteil führte die Kammer aus, dass der Erblasser mit dem Beklagten zu 1) ein Auftragsverhältnis bezüglich der Aufzeichnung der Lebenserinnerungen des Erblassers auf Tonband geschlossen habe. Dieses Auftragsverhältnis sei spätestens durch die Kündigung des Erblassers vom 24.03.2009 beendet worden. Nach Beendigung des Auftragsverhältnisses sei der Beklagte zu 1) verpflichtet, dem Erblasser alles, was er zur Ausführung des ihm übertragenen Auftrages erhalten und was er aus dem Arbeitsverhältnis erlangt habe, herauszugeben. Hierzu zählten auch die mit der Klage herausverlangten Originaltonbänder. Dieses Urteil ist inzwischen durch eine bestätigende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.07.2015 – V ZR 206/14, NJW 2016, 317 (= Bl. 677 ff. d.A.) rechtskräftig. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung gab der Beklagte zu 1) am 12.03.2014 insgesamt 200 Tonbänder an den beauftragten Gerichtsvollzieher heraus, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob und – wenn ja: warum – auf ca. 4/5 dieser Originaltonbänder die Stimme des Erblassers nicht mehr zu hören ist.

41
Nachdem der Erblasser davon erfahren hatte, dass der Beklagte zu 1) im Verlag der Beklagten zu 3) ein Buch herausgeben würde, in dem Inhalte der Tonbänder veröffentlicht werden würden, wandte er sich mit Schreiben vom 02.10.2014 an den Beklagten zu 1) (Bl. 83 f. d.A.) und wies darauf hin, dass die Nutzung der Tonbänder und Unterlagen rechtswidrig sei. Unter dem gleichen Datum wies er die Beklagte zu 3) (Anlage K 13, Bl. 1819 ff. d.A.) darauf hin, dass er mit einer Veröffentlichung von Zitaten nicht einverstanden sei und die geplante Veröffentlichung eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte sowie ihm zustehender Urheberrechte darstelle.

42
Der Beklagte zu 1) verfasste zusammen mit seinem Co-Autor, dem Beklagten zu 2), ein Buch mit dem Titel „Vermächtnis Die Kohl-Protokolle“ (im Folgenden: Buch), welches am 07.10.2014 im AX-Verlag, einer Verlagsmarke der Beklagten zu 3), erschien. Am 13.10.2014 wurde das Buch ferner als gleichnamiges Hörbuch in dem zur Verlagsgruppe der Beklagten zu 3) gehörenden Verlag V Audio veröffentlicht. Das Buch enthält unter anderem die streitgegenständlichen Passagen und, jeweils gedruckt in Kursivschrift, zahlreiche vermeintliche Äußerungen des Erblassers, von denen die Beklagten geltend machen, dass sie sämtlich anlässlich der zur Erstellung der Memoiren und des Tagebuchs geführten Gespräche zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) gefallen und auf Tonband aufgezeichnet worden seien. Dabei ist zwischen den Parteien streitig, ob die streitgegenständlichen Zitate tatsächlich in dieser Form vom Erblasser geäußert worden sind.

43
Auf der Rückseite des Einbandes wird das Buch wie folgt beworben: „Innenansichten der Macht – Es geht um nichts weniger als ein historisches Vermächtnis. In 630 Stunden hat Helmut Kohl seine Lebenserinnerungen zu Protokoll gegeben. Sein Gesprächspartner: der Historiker, Journalist und Autor A, den Helmut Kohl als Ghostwriter seiner Memoiren ausgewählt hat… Wie ist Helmut Kohls Wirken zu verstehen? Was ist wahr, was ist verzerrt am Bild dieses Jahrhundertpolitikers? Durch wen erfahren wir, wie er dachte, taktierte, handelte? Am besten durch den Altkanzler selbst, ungefiltert, in seinen eigenen Worten – anhand der Kohl-Protokolle. Erstmals werden sie hier der Öffentlichkeit vorgelegt.“

44
Auf der Innenseite des Bucheinbandes ist unter anderem vermerkt: „Gestützt auf die Kohl-Protokolle, zeichnen A und B ein authentisches Portrait des Kanzlers – eine Nahaufnahme, bei der Helmut Kohl selbst mit seinen ganz persönlichen Einschätzungen zu zentralen politischen Themen und Personen zu Wort kommt, ein einzigartiges Zeugnis der Zeitgeschichte.“

45
Nach Veröffentlichung des Buches nahm der Erblasser die Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung hinsichtlich der in dem Buch veröffentlichten, auch hier streitgegenständlichen Passagen Nr. 1 – 114 erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch (vgl. Senat v. 05.05.2015 – 15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258). In dem Verfügungsverfahren war – anders als hier – vom Erblasser nicht bestritten worden, dass alle in der Veröffentlichung als solche bezeichneten Zitate des Erblassers auch tatsächlich von diesem stammten und mithin authentisch seien. Im Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung des einstweiligen Verfügungsverfahrens vom 13.11.2014 (14 O 315/14) stellte die Kammer des Landgerichts Köln fest: „Die Auswahl der in das Buch aufgenommenen Zitate des Klägers erfolgte – nach der Darstellung des Justiziars der Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2014 – nach einer Sichtung der von dem Beklagten zu 2) zur Verfügung gestellten Tonbandabschriften durch die Beklagten in einer intensiven, mehrere Monate dauernden Diskussion, an der auch der Justiziar der Beklagten zu 1) teilnahm, und in der insbesondere besprochen wurde, hinsichtlich welcher Zitate ein öffentliches Interesse anzunehmen sei“, wobei es sich bei dem Kläger um den Erblasser, bei der Beklagten zu 1) um die Beklagte zu 3) sowie bei dem Beklagten zu 2) um den Beklagten zu 1) des vorliegenden Verfahrens handelt.

46
Vor der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Buches war in der Zeitschrift „DER SPIEGEL“ Nr. 41 vom 06.10.2014 (Anlage B (3) 6, Bl. 865 ff. = Anlage B (3) 14, Bl. 1167 ff. d.A. in Online- und Printversion) – angekündigt auf dem Deckblatt unter anderem unter Abdruck der auch hier streitgegenständlichen Passage Nr. 22 – ein Beitrag über die geplante Buchveröffentlichung unter dem Titel „Die Abrechnung – die geheimen Gesprächsprotokolle“ bzw. „…“ veröffentlicht worden. Auf dem Deckblatt und in der Textberichterstattung waren weitere angebliche Zitate des Erblassers abgedruckt. Die Ausgabe des Spiegels war die auflagenstärkste des Jahres. Der Erblasser hatte am 01.10.2014 unter den Az. 28 O 427/14 wegen des drohenden Vorababdrucks im Vorfeld und am 09.10.2014 unter dem Az.: 28 O 445/14 wegen angeblich drohender weiterer Zitatveröffentlichungen einstweilige Verfügungen beantragt. Im Verfahren 28 O 427/14 war der Antrag zurückgenommen worden, im Verfahren 28 O 445/14 hatte das Landgericht den Antrag mit Beschluss vom 10.10.2014 zurückgewiesen (Bl. 27 ff. der Beiakte). Die dagegen gerichtete Beschwerde war nach einem richterlichen Hinweis zurückgenommen worden. Der Erblasser unternahm im Folgenden bis Ende 2017 keine weiteren gerichtlichen Schritte gegen die die AY GmbH & Co. KG. Der Artikel mit den Zitaten war im Folgenden auch weiterhin im Internet abrufbar.

47
Mit Beschlüssen vom 07.10.2014 zu Az.: 28 O 433/14 und 28 O 434/14 (Anlagenkonvolut B (3) 1, Bl. 795 ff. d.A.) hatte das Landgericht Köln vor der Veröffentlichung des Buches Anträge des Erblassers gegen die Beklagten zu 1) bis 3), gerichtet auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, die Veröffentlichung der Lebenserinnerungen des Erblassers in dem angekündigten Buch im Vorfeld zu untersagen, zurückgewiesen. Die Beklagten hatten zuvor unter dem 02.10.2014 eine Schutzschrift hinterlegt, wegen deren Einzelheiten auf Anlagenkonvolut B (3) 2, Bl. 808 ff. d.A. Bezug genommen wird.

48
Das Buch wurde am 07.10.2014 auf einer Pressekonferenz von den Beklagten vorgestellt und im Folgenden vertrieben. Mit Blick auf die sodann ergangenen Unterlassungsverfügungen wurde das Buch im Folgenden mit Schwärzungen in den untersagten Passagen vertrieben unter der Bewerbung auf dem Titel „Mit den offiziell vom Landgericht Köln erlaubten Passagen“ (Anlage HP-B01 (Bl. 4124 d.A.). In Werbeangaben hieß es ferner „Einstweilen sind knapp ein Viertel der Zitate aus den „Kohl-Protokollen“ gerichtlich verboten. Rund drei Viertel der Zitate haben Bestand“ (Anlage HP-B01, Bl. 4125 d.A.), gleiche Äußerungen finden sich im Vorwort (Anlage HB02, Bl. 4126 ff. d.A.).

49
Der Beklagte zu 1) verneinte anlässlich eines Interviews in der ARD-Fernsehsendung „Günther Jauch“ vom 12.10.2014 die Frage, ob er die Originaltonbänder gelöscht habe und ergänzte, diese seien mehrfach im Ausland gewesen und hätten durch Kontrollen gemusst (Anlage B 1/B4, Bl. 606 f./616).

50
Der Erblasser hat in erster Instanz mit Schriftsatz vom 24.10.2016 (Bl. 2025 ff. d.A.) zu insgesamt 13 der streitgegenständlichen Äußerungen (Nr. 11, 16, 17, 19, 21, 22, 27, 49, 62, 89, 97, 100, 103) von der Klägerin erstellte Abschriften der im Zuge der Zwangsvollstreckung erlangten Originaltonbänder vorgelegt (Anlage K 24, Bl. 2174 ff. d.A.), deren inhaltliche Richtigkeit umstritten ist. Die Beklagten zu 1) und 2) haben in der ersten Instanz daraufhin Audio-Dateien zu elf der streitgegenständlichen Äußerungen (Nr. 11, 16, 17, 19, 21, 22, 27, 89, 97, 100, 103) (Anlage OC 26, Hülle Bl. 2672a) vorgelegt sowie Teile der von der Schwester des Beklagten zu 1) erstellten Transkripte (Anlagen OC 25-139, Bl. 2671 – 2878 d.A.), deren Richtigkeit ebenfalls umstritten ist.

51
In weiteren Verfahren vor dem Senat werden gegen die Beklagten des vorliegenden Verfahrens Ansprüche auf Unterlassung (15 U 65/17 = LG Köln 14 O 261/16) sowie gegen den Beklagten zu 1) im Wege der Stufenklage auf Auskunft über und Herausgabe der Vervielfältigungen der Originaltonbänder (15 U 66/17 = LG Köln 14 O 286/14) geltend gemacht. Das hier streitgegenständliche Verfahren auf Zahlung einer Geldentschädigung ist nach Eingang des Zahlungsantrages im Schriftsatz vom 30.10.2015 durch Beschluss des Landgerichts vom 08.12.2015 (Bl. 738 d.A.) vom zuletzt genannten Verfahren abgetrennt worden.

52
Ende 2017 hat die Klägerin eine weitere Klage gegen die Beklagten dieses Verfahrens sowie die AY GmbH & Co. KG und die AZ GmbH eingereicht. Diese wird beim Landgericht Köln zu Az. 28 O 11/18 geführt, wegen der Einzelheiten der Klageschrift wird auf den Anlagenordner zum Schriftsatz vom 29.01.2018 (Bl. 4326 d.A.) verwiesen. Neben Unterlassungsanträgen gegen die Beklagten zu weiteren Passagen aus dem Buch werden nunmehr die in der Print- und Online-Ausgabe des SPIEGEL abrufbaren Zitate aus der genannten Presseveröffentlichung angegriffen, ferner werden gegen die Beklagten zu 1) bis 3) Ansprüche auf Gewinnabschöpfung verfolgt.

53
Der Erblasser hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, ihm stünden wegen der Veröffentlichung und Verbreitung der streitgegenständlichen Passagen Ansprüche auf eine Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung zu. Der Erblasser hat im Lauf des Rechtsstreits dabei unter Bezugnahme auf die von seiner zweiten Ehefrau, der jetzigen Klägerin, gefertigten Tonbandabschriften zu einigen Zitaten die Richtigkeit der von den Beklagten als Originalzitate oder in indirekter Rede wiedergegebenen Äußerungen insgesamt bestritten und hat hierzu behauptet, nach Feststellungen eines Tontechnikers seien nur auf 42 der an ihn herausgegebenen 200 Originaltonbänder Gespräche oder Stimmen verständlich, dies teils in sehr schlechter Qualität. Der Erblasser hat behauptet, die Klägerin habe sämtliche Tonbänder abgehört und dabei festgestellt, dass lediglich 13 der streitgegenständlichen 116 Äußerungen annähernd im Wortlaut auf den Originaltonbändern hörbar seien. Hierzu hat der Erblasser Bezug auf die Wort-für-Wort-Protokolle zu den Äußerungen Nr. 11, 16, 17, 19, 21, 22, 49, 62, 89, 97, 100 genommen. Der Erblasser hat weiter behauptet, er habe aufgrund des Zeitablaufs keine detaillierte Erinnerung mehr an den Inhalt und genauen Wortlaut der mit dem Beklagten zu 1) vor 14 bis 16 Jahren geführten, mehr als 600 Stunden dauernden Gespräche. Da die Überprüfung der 13 ansatzweise auf den Originaltonbändern noch hörbaren Äußerungen ergeben habe, dass die im Buch enthaltenen Äußerungen teils unrichtig, teils im Wortlaut verfälscht oder unkorrekt zitiert worden seien und die Äußerungen zudem aus dem Zusammenhang gerissen worden seien, müsse er davon ausgehen, dass auch die restlichen, von Beklagtenseite behaupteten Äußerungen unzutreffend wiedergegeben worden seien. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16.01.2017 (Bl. 2966 ff. d.A.) hat der Erblasser zudem unter Vorlage einer von der Klägerin gefertigten Abschrift in Anlage K 33, Bl. 3022 ff. d.A. behauptet, auch die Zitate zu den beklagtenseits eingereichten Audiodateien seien in Wortlaut und dem Inhalt nach im Buch nicht korrekt, sondern sinnentstellend wiedergegeben.

54
In der Sache hat der Erblasser die Ansicht vertreten, die Wiedergabe der streitgegenständlichen Äußerungen als Originalzitate bzw. Äußerungen in indirekter Rede des Erblassers stelle – ungeachtet des Vorgenannten – eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, die nicht durch das Recht der Beklagten auf Meinungs- und Pressefreiheit gerechtfertigt sei. Denn ein öffentliches Interesse an der Mitteilung der Informationen als solcher bestehe nicht, es werde lediglich die Sensationslust bedient durch Wiedergabe drastischer, abfälliger Formulierungen, die der Erblasser in der Öffentlichkeit im Rahmen von Publikationen sonst stets vermieden habe. Eine weitergehende Interessenabwägung sei in Bezug auf den Beklagten zu 1) nicht vorzunehmen, da dieser durch eine im Verhältnis zum Erblasser vertraglich übernommene Verschwiegenheitsverpflichtung auf seine Grundrechte aus Art 5 Abs. 1 GG in zulässiger Weise verzichtet habe. Es sei konkludent ein Auftragsverhältnis bzw. ein Vertrag sui generis im Sinne von § 662 BGB abgeschlossen worden. Im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung habe sich der Beklagte zu 1) zugleich zur Geheimhaltung der ihm in Zusammenhang mit der Materialsammlung für die Memoiren und des Tagebuchs bekannt gewordenen Tatsachen, einschließlich der auf Tonband aufgenommenen Äußerungen, verpflichtet. Der Erblasser hat weiter die Ansicht vertreten, eine solche Verschwiegenheitsverpflichtung sei konkludent möglich und habe insbesondere nicht den Abschluss einer ausdrücklichen Autorisierungsvereinbarung vorausgesetzt.

55
Der Erblasser hat behauptet, die Originaltonbandaufnahmen seien entsprechend der in den schriftlichen Verträgen mit dem Verlag erwähnten weiteren mündlichen Absprachen ausschließlich zur Erstellung des Manuskripts der Memoiren und das Tagebuch gefertigt und dem Beklagten zu 1) nur zur Erfüllung dieses Zweckes anvertraut worden. Zwischen den Parteien hätte Übereinstimmung dahingehend geherrscht, dass der Beklagte zu 1) im Auftrag des Erblassers die Materialsammlung für die geplanten Memoiren erstellen und über deren Inhalt, einschließlich der Tonbänder, Stillschweigen bewahren solle. Sinn und Zweck der Tonbandaufzeichnungen sei neben der Gewährleistung der Spontaneität des Erblassers gewesen, seine aufwendige Erinnerungsleistung dauerhaft zu fixieren, um hierauf, auch im Falle des möglichen Wechsels des Zuarbeiters, zurückgreifen zu können.

56
Der Erblasser hat weiter behauptet, der Beklagte zu 1) sei für ihn nicht in der Funktion als Journalist und Publizist tätig geworden, sondern als Vertrauter und Zuarbeiter, da er selbst – insoweit unstreitig – nicht bereit gewesen sei, dem Beklagten zu 1) als Gesprächspartner für eine weitere Biographie zur Verfügung zu stehen, sondern vielmehr seine eigene Autobiographie habe schreiben wollen. Hierauf habe sich der Beklagte zu 1) eingelassen und dadurch zu erkennen gegeben, dass er über sämtliche Informationen, die er im Rahmen von Recherchen und Gesprächen lediglich zweckgebunden für die Memoiren erfahre, Stillschweigen bewahren werde. Die Tonbandaufzeichnungen seien nicht als journalistische Interviews geführt worden, vielmehr hätten der Beklagte zu 1) sowie zeitweise der Zeuge Dr. AU lediglich als Stichwortgeber fungiert.

57
Den Beklagten zu 2) und 3) sei diese Geheimhaltungsverpflichtung jedenfalls den wesentlichen Umständen nach bekannt gewesen.

58
Der Erblasser hat die Ansicht vertreten, aufgrund der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung sei diese nicht anders als durch Zahlung einer Geldentschädigung auszugleichen, für die die in „Teamwork“ agierenden Beklagten gesamtschuldnerisch einstehen müssten. Von dieser müsse betragsmäßig ein deutlicher Hemmungseffekt ausgehen, da die Beklagten weitere Veröffentlichungen beabsichtigten, wie bereits der Einleitung des Buches zu entnehmen und von dem Beklagten zu 1) in Interviews angekündigt sei. Insbesondere habe die Veröffentlichung und Verbreitung der streitgegenständlichen Zitate – die die Beklagten bewusst einseitig ausgewählt hätten, die sie bewusst zugespitzt und verfälscht wiedergegeben hätten und bei denen positivere Passagen aus den selbst vorgelegten Transkripten nicht mitveröffentlicht worden seien – zu einer grob verfälschten, öffentlichen Wahrnehmung der Person des Erblassers geführt. Seine Verdienste für Deutschland und Europa, derenthalben ihm der Ehrentitel „Ehrenbürger Europas“ verliehen worden sei, seine Beteiligung an der Annäherung Deutschlands und Frankreichs, der Wiedervereinigung Deutschlands, seine Bemühungen für ein friedliches und vereintes Europa, würden durch das negative Bild, welches die Beklagten von ihm zeichneten, verfälscht. Er werde unzutreffend als ein Politiker dargestellt, der nicht zu ausgewogenem Urteil fähig sei und aus kleinlicher Rachsucht handele. Äußerungen, die er im Vertrauen darauf, dass sie zu keinem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit dringen würden, in unterschiedlicher Stimmungslage gemacht habe, würden als festes Bild der Öffentlichkeit präsentiert, ohne dass er die Möglichkeit habe, dies zu revidieren. Das behauptete Interesse der Beklagten, die Persönlichkeit des Erblassers unverfälscht darzustellen und der „Deutungshoheit“ der zweiten Ehefrau und nunmehrigen Klägerin zu entziehen, sei nur vorgeschoben. Tatsächlich sei es den Beklagten um Maximierung des wirtschaftlichen Erfolgs unter Ausnutzung der Bekanntheit des Erblassers gegangen. Die außerordentliche Breitenwirkung der Veröffentlichung, einhergehend mit einer Rufschädigung des Erblassers über die Grenzen Europas hinaus, erfordere – auch wegen des wirtschaftlichen Erfolgs des Buchs und der Finanzkraft der Beklagten zu 3) – eine empfindlich hohe Geldentschädigung.

59
Der Kläger hat – nachdem mit Schriftsatz v. 30.10.2015 (697 ff. d.A.) der Anspruch zunächst nur auf die nachstehend wiedergegebenen Passagen Nr. 1 – 114 gestützt worden war, mit Schriftsatz vom 18.02.2016 (S. 55 f. = Bl. 994 ff. d.A.) zuletzt beantragt,

60
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung in einer Größenordnung von mindestens 5 Mio. EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen wegen der Veröffentlichung der nachfolgend aufgeführten Passagen in dem Buch “Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ (gebundenes Buch, 256 Seiten, ISBN 987-3-453-20077-7, AX-Verlag) und in dem gleichnamigen Hörbuch (gelesen von EB, Spieldauer 7 Stunden 41 Minuten, ISBN 978-3-837130515 V Audio):

61
geb. Buch:

62
1.

63
Seite 21:               „….“

64
2.

65
Seite 22:               „….“

66
3.

67
Seite 22:              Über C und BA:

68
„….“

69
4.

70
Seite 22:               Zu N:

71
„…“

72
5.

73
Seite 23:               Zu H:

74
„…“

75
6.

76
Seite 23:              Zu BB:

77
„….“

78
7.

79
Seite 42:              „…“

80
8.

81
Seite 49:               „[…]Arafat, der beim Kanzler, beinah unterwürfig und mitleiderregend, um finanzielle Unterstützung der Palästinenser bat.“

82
9.

83
Seite 61:               „[…] schickte das Wertpapier indigniert zurück, »….« Kurz: Helmut Kohl verlangte mehr. Er kannte die gängigen Sätze.“

84
10.

85
Seite 63:               „…“

86
11.

87
Seite 64:               Zu BV:

88
„…“

89
12.

90
Seite 72:              „…“

91
13.

92
Seite 73:              „…“

93
14.

94
Seite 73:               „Aber »…«“

95
15.

96
Seite 84:              Zu BD:

97
„…“

98
16.

99
Seite 84:              Zu AL:

100
„…“

101
17.

102
Seite 85:               „…“

103
18.

104
Seite 85:               Zu BE:

105
„…“

106
19.

107
Seite 85:              Zu BF:

108
„…“

109
20.

110
Seite 85:              Zu BG:

111
„…“

112
21.

113
Seite 85:              Zu BH:

114
„…“

115
22.

116
Seite 85 f.:               Zu C:

117
„»…«“ Da könne               „»…«.“ Auch seine Vertraute E habe regelmäßig das Weite gesucht, sobald »die Dame Merkel« im Anmarsch gewesen sei. Genug! Da erteilt ein Schulmeister unter seinen Zöglingen Verhaltens- und Charakternoten, die sich zumeist zwischen mangelhaft und ungenügend bewegen. Zu einer gewissen Hoffnung gibt allenfalls F Anlass. Der Nachfolger I´s im Amt des Generalsekretärs erhält von Kohl immerhin das Prädikat »…«, wobei bereits das Epitheton »…« genaugenommen infernalisch ist. Ein Held scheint er jedenfalls nicht eben zu sein. Bei seiner Kandidatur 1989 in Bremen hatte F »…«.“

118
23.

119
Seite 86:               Zu BI:

120
„….“

121
24.

122
Seite 86:               Zu BJ:

123
„…“

124
25.

125
Seite 86:               Zu BK:

126
„…“

127
26.

128
Seite 86:               Zu BL:

129
„…“

130
27.

131
Seite 86:               Zu G:

132
„»…«. Er hat sich, da ist Kohl sicher, als den besseren Kanzler gesehen. Mit solchen Leuten ist nicht gut marschieren. Und Protestant war er auch noch, das kam erschwerend hinzu. „»…«“

133
28.

134
Seite 89:               Zu H

135
„»…« Immerhin habe sich dieser »…« in letzter Sekunde von den Verschwörern losgesagt, als er sah, dass der Aufstand kaum Chance auf Erfolg hatte. „»…«“

136
29.

137
Seite 89:               Zu BK:

138
„…“

139
30.

140
Seite 89:               „…“

141
31.

142
Seite 90:              Zu I:

143
„…“

144
32.

145
Seite 91:               Zu I:

146
„J habe ihn immer gewarnt. „»…«“

147
33.

148
Seite 91:               Zu I:

149
„»…« Und ein Geizkragen sei der Schwabe aus Oberndorf am Neckar gewesen, nicht zuletzt in materiellen Dingen stets nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Das Ministerium in Rheinland-Pfalz habe er nur deshalb, zuletzt unter K, bis zum Sommer 1977 ausgesessen, damit „»…«. Auch als er dann seinen politischen Schwerpunkt nach Bonn verlegte, sei er das alte Sparbrötchen geblieben.“

150
34.

151
Seite 91:               Zu I u. a.:

152
„Im »…«, in den engen Büroräumen des Bonner Abgeordnetenhauses, logierte, um Diäten zu sparen, mancher Parlamentarier auch über Nacht, „»…«“

153
35.

154
Seite 92:               Zu L:

155
„L, den er sei Grundschulzeiten kennt, scheint in seinen Augen schon immer ein zwielichtiger Geselle gewesen zu sein, von Ehrgeiz und Eifersucht getrieben. „»…«“

156
36.

157
Seite 92:              Zu L:

158
„…“

159
37.

160
Seite 93:               Zu L, M u. a.:

161
„»…« Zufrieden trat der Professor tags darauf die Rückreise an, ins Eigenheim nach NRW, wie er sagte.

162
Dann aber nahm – es gab ja noch kaum Mobiltelefon – das Schicksal seinen Lauf. „»…« Wenig später schaut auch M in Schruns vorbei. Die beiden sitzen am Pool des maroden Kurhauses. Aus dem Lautsprecher tönt der Badenweiler Marsch. „»…«“

163
Schnell kommt der Bayer zur Sache. „»…«, die damalige Geliebte, die Jahre später, in den Ehestand überführt, einmal Landesmutter Sachsens werden sollte. „»…« Er genießt seinen Triumph in vollen Zügen. Kohls Generalsekretär hat, wie es scheint, einen recht dreisten Mandantenverrat begangen. „»…« Für das verwerfliche Delikt zieht Kohl zwei seiner liebsten Schimpfworte aus dem Köcher: „»…«“

164
38.

165
Seite 94:              Zu N:

166
„»…« …… im Ernst…… „»…«, kontert Kohl und metaphert unbestreitbar geistreich: „»…«

167
Immer und ewig habe N aus dem Verborgenen heraus agiert und auch im Umgang mit der DDR nicht die gebotene Distanz gewahrt. Da sei, sagt Kohl, wohl so manche vertrauliche Information über die deutsch-deutsche Grenze gelangt und im Osten gerne abgeschöpft worden. „»…«“

168
39.

169
Seite 95:               Zu BM:

170
„…“

171
40.

172
Seite 95:              Zu N:

173
„…“

174
41.

175
Seite 96:               Zu N:

176
„…“

177
42.

178
Seite 96 f.:               Zu O:

179
„, „»…«,… Jetzt, bei der Arbeit an den Erinnerungen, bietet sich Gelegenheit, um beherzt zurückzubeißen. „»…« Nun denn, O ist dann 2003, der Unkenrufe zum Trotz, Ministerpräsident geworden – aber letztlich doch dramatisch gescheitert,…Er wird wohl als Null in die Geschichtsbücher eingehen.“

180
43.

181
Seite 97:               Zu BN:

182
„…“

183
44.

184
Seite 97:               Zu K:

185
„…“

186
45.

187
Seite 98:               Zu K:

188
„Und zumindest die Art, wie er das sagt, ist schwer erträglich. „»…«“

189
46.

190
Seite 99:               Zu BO und BP:

191
„…“

192
47.

193
Seite 99:              Zu BQ:

194
„…“

195
48.

196
Seite 102:               u. a. zu H:

197
„»…« Leute wie H, ….seien undankbare »…«

198
49.

199
Seite 102:               Zu Q:

200
„Kohl schlägt zurück: Q´s Landesverband habe doch nur dank des Großmuts der Bundespartei überlebt. »…«“

201
50.

202
Seite 102 f.: u. a. zu P:

203
„…«“

204
51.

205
Seite 103:               u. a. zu C:

206
„…“

207
52.

208
Seite 103:               Zu Q:

209
„…“

210
53.

211
Seite 103:               Zu P:

212
„Und der P sei schon im Bundeskabinett eine Fehlbesetzung gewesen: »…«“

213
54.

214
Seite 109:              Zu Z:

215
„…“

216
55.

217
Seite 109:               Zu BR:

218
„…“

219
56.

220
Seite 109:               Zu R:

221
„»…», scheint ihm manchmal »…«“

222
57.

223
Seite 109:               Zu BS:

224
„»…«“

225
58.

226
Seite 109:               Zu BT:

227
„»…«“

228
59.

229
Seite 110:               Zu S u. A.:

230
„[…] S, der »…«, bemängelte er, dass der ein Mensch sei, »…«, was freilich eher als Marotte, als Sünde der lässlichen Art zu Buche schlägt. So sind sie, die Linken, die nun einmal »…«“

231
60.

232
Seite 110:               Zu BU:

233
„…“

234
61.

235
Seite 112 f.: Zu U:

236
„U, der damalige Bundesumweltminister, kommandiere noch immer »…«“

237
62.

238
Seite 113:               Zu BV:

239
„…“

240
63.

241
Seite 113:               Zu BW:

242
„…“

243
64.

244
Seite 115:               Zu T:

245
„weil der »…«.“

246
65.

247
Seite 116:               Zu BX:

248
„…“

249
66.

250
Seite 116:               Zu V und W:

251
„V nennt er gern den »:::«. Kohl schätzt ihn überhaupt nicht. V habe schon in den siebziger Jahren, als es in Moskau die Ostverträge auszuhandeln galt, vor allem gewaltige Wodka-Partys geschmissen. »…«“

252
67.

253
Seite 116:               Zu X:

254
„»…« […] Die sei […] »…«“

255
68.

256
Seite 117:               Zu Y:

257
„Vor einem vernichtenden Urteil des Altkanzlers bewahrt ihn das nicht: Der Y – »…« – sei letztlich ein Büttel des Großkapitals gewesen. »…« Y habe »….«

258
69.

259
Seite 123:               Zu Beerdigung von J:

260
„mitgenommen aber auch von einem heftigen Familienstreit, der dem Gottesdienst im Dom zu Speyer vorausgegangen war. »…« Z hatte sich zur Trauerfeier angesagt. Das passte den Söhnen AA und AB überhaupt nicht. Sie drohten damit, es zum Skandal kommen zu lassen. »…« Selbst in den vermutlich schwersten Stunden seines Lebens war Kohl als konflikterprobter Kämpfer gefordert. Am Ende der quälend langen Auseinandersetzung (»…«) spricht der Patriarch ein Machtwort: »…«“

261
70.

262
Seite 130:              Helmut Kohl über J und AQ:

263
„…“

264
71.

265
Seite 143:              Zu M:

266
„Mit den politisch Verfolgten aber, gerade in den afrikanischen Staaten, durfte man ihm nicht kommen. »…« Und für die Vereinten Nationen hatte er nur »…«.“

267
72.

268
Seite 144:              Zu AC:

269
„»…« Immer auf Staatskosten, versteht sich. »…«“

270
73.

271
Seite 144:              Zu AC:

272
„…“

273
74.

274
Seite 144:              Zu AC:

275
„…“

276
75.

277
Seite 145:              Zu AC:

278
„…“

279
76.

280
Seite 146:              Zu AC:

281
„…“

282
77.

283
Seite 152:              Zu BY:

284
„…“

285
78.

286
Seite 163:              Zu V:

287
„…“

288
79.

289
Seite 163:              Zu V:

290
„…“

291
80.

292
Seite 164 f.: Zu AD:

293
„…“

294
81.

295
Seite 165:              Zu AD:

296
„…“

297
82.

298
Seite 165:              Zu AD:

299
„…“

300
83.

301
Seite 165 f.: Zu AD:

302
„»….« Mag sein auch ein feindseliges Urteil wie dieses.“

303
84.

304
Seite 166:              Zu AD:

305
„…“

306
85.

307
Seite 167 – 169: Zu AD und AE:

308
„Dieser Bundespräsident, empört sich Kohl, habe ausgerechnet ihn, seinen alten Mentor, schnöde verraten. 1989 habe er, wenn auch verdeckt, bei den »…« mitgemacht. »…« Beide zählten, wie Kohl ein andermal sagt, zu den »…« ….Beim Ringen um die Wiedervereinigung sei AD ein Totalausfall gewesen. »…« Immer wieder habe er quergeschossen und, anstatt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nach der Maueröffnung erst einmal die völkerrechtliche Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze verlangt….

309
Wundert es, dass Kohl sich derlei präsidiale Maßregelung verbittet? Im Memoirengespräch wird er deutlich: »…« Die Verbitterung ist groß,…

310
86.

311
Seite 169:              Zu AD:

312
„Dies Bild trauter Harmonie wird im Oggersheimer Keller ein für alle Mal zertrümmert: »…« Mit AF lief es offenkundig nicht besser.“

313
87.

314
Seite 171:              Zu BZ:

315
„…“

316
88.

317
Seite 171:              Zu AG:

318
„»…« Kohls Unwillen erregt vor allem AG´s pastoraler Ton, die langjährige Nähe zur Friedensbewegung, »…« Im abschließenden Band der Memoiren – verspricht er – »…«.“

319
89.

320
Seite 171:              Zu Präsidenten:

321
„…“

322
90.

323
Seite 177:              Zu AH:

324
„»….« Ausgerechnet AH, »…«“

325
91.

326
Seite 181:              Zu BK u. A. :

327
„…“

328
92.

329
Seite 183:              Zu AI:

330
„AI zum Beispiel nickte auf den G7-Gipfeln gern ein, wenn es spät wurde. »…«“

331
93.

332
Seite 183:              Zu CA und AC:

333
„…“

334
94.

335
Seite 183:              Zu CB:

336
„…“

337
95.

338
Seite 183 f.: Zu CC:

339
„…“

340
96.

341
Seite 184:              Zum englischen Königshaus, AJ und AK:

342
„Das englische Königshaus ist ihm ohnehin so fern wie der Mond. Wie kann sich ein Mann nur so aufführen wie AJ? Das Treffen mit AK war ja durchaus freundlich, aber »….«“

343
97.

344
Seite 187 f.: Zur Industrie und CD:

345
„…“

346
98.

347
Seite 189:               Zu AL und AE:

348
„Viele Kollegen hätten das allerdings anders gesehen: »…« Letztlich arme Würstchen seien diese »…«.“

349
99.

350
Seite 192:               „Aber ausgerechnet für die Waffen-SS zeigt er reichlich Verständnis. »…« Er meint dafür sogar Beweise zu haben, von denen er sagt, dass sie »…« würden. Denn auch der Sozialdemokrat AM habe »…«. So schlimm also können Himmlers Getreue wohl nicht gewesen sein. […] Im Gegensatz zu Kohl…..“

351
100.

352
Seite 193:              „…“

353
101.

354
Seite 194:               Zu AN:

355
„Und der 94. Bischof des Erzbistums Köln, der erzkonservative AN, ist ihm ein Greuel: »…« ……. als Kohl dies sagte…………“

356
102.

357
Seite 195:               Zu CE:

358
„…“

359
103.

360
Seite 198:               Zum AO

361
„»…« Immer wieder kommt Kohl auf den gern in Offensive gehenden Verband zurück. Da ist viel ohnmächtige Wut zu spüren. Hart an der Grenze zum antisemitischen Klischee, versteigt sich Kohl zu der These: »…«“

362
104.

363
Seite 199:               Zu CF:

364
„…“

365
105.

366
Seite 202:              „…“

367
106.

368
Seite 211:              Zu CG:

369
„…“

370
107.

371
Seite 211:               Zu CH:

372
„…“

373
108.

374
Seite 211:               Zu CI:

375
„…“

376
109.

377
Seite 211:              Zu AP:

378
„Wird als » « verunglimpft.“

379
110.

380
Seite 212:               Zu BY:

381
„…“

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111.

383
Seite 212:              Zu CJ:

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„…“

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112.

386
Seite 212 f.: „…“

387
113.

388
Seite 213:               Zu CK:

389
„…“

390
114.

391
Seite 229:               Zu AQ:

392
„Auch AQ »…«.“

393
115.

394
Seite 153:               Zu CL:

395
„…“

396
116.

397
Seite 154:               Zu CL:

398
„…“

399
Die Beklagten haben beantragt,

400
die Klage abzuweisen.

401
Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, dem Erblasser stehe schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Geldentschädigung zu, weil es bereits an einer rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung fehle. Die Beklagten zu 1) und 2) haben – unter Vertiefung ihres Vorbringens gegenüber dem Herausgabeverfahren betreffend die Originaltonbänder insbesondere im Schriftsatz vom 12.07.2016 (Bl. 1452 ff. d.A.) – den Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) bestritten und die Ansicht vertreten, der Erblasser habe bereits die Voraussetzungen eines solchen Vertragsschlusses nicht schlüssig dargelegt. Sie haben behauptet, es sei dem Erblasser nicht auf eine Geheimhaltung angekommen, sondern er habe sich vielmehr aus eigenem Antrieb unbefangen in der Öffentlichkeit äußern wollen. Er habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, er wünsche nicht, dass die Gespräche nicht veröffentlicht würden. Anweisungen wie „…“ seien stets nur auf die einzelne Situation bezogen gewesen und von ihnen – den Beklagten zu 1) und 2) – auch beachtet worden. Die mit dem Erblasser geführten Gespräche seien journalistische Interviews gewesen. Aufgrund der journalistischen Arbeitsweise des Beklagten zu 1) sei auch für den Erblasser klar erkennbar gewesen, dass der Beklagte zu 1) die ihm mitgeteilten Äußerungen verwerten würde. Dies habe er im Folgenden auch in mehreren Publikationen getan, ohne dass der Erblasser widersprochen habe.

402
Die Veröffentlichung von Äußerungen des Erblassers in teils drastischer Wortwahl, die im Jahr 2010 im Rahmen einer Dissertation des Zeugen Dr. AV erfolgt sei, belege im Übrigen, dass sich der Erblasser schon vor Veröffentlichung des streitgegenständlichen Buches nach Wegfall der „Bürde des Amtes“ und im Zuge des sogenannten Spendenskandals gegenüber der Öffentlichkeit nicht durchgängig um gemäßigte Äußerungen gegenüber politischen Freunden und Gegnern bemüht habe.

403
Die Beklagten zu 1) und 2) haben weiter in erster Instanz unter Bezugnahme auf die von ihnen in Form von Transkripten und 13 Audio-Dateien vorgelegten Gesprächsausschnitte behauptet, der Erblasser sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen von zulässigen sprachlichen und grammatikalischen Glättungen abgesehen stets zutreffend zitiert worden. Auch seien die Zitate jeweils in zutreffendem Zusammenhang wiedergegeben. Der Erblasser könne keinen Anspruch darauf erheben, dass auf den Originaltonbändern möglicherweise enthaltene, positive Äußerungen zu den in den in Bezug genommenen Personen in dem Buch gleichfalls erwähnt würden.

404
Hierzu haben die Beklagten zu 2) und 3) behauptet, an den veröffentlichten Zitaten des Erblassers bestehe ein überragendes öffentliches Interesse sowohl im Hinblick auf seine Person als Politiker als auch im Hinblick auf den Inhalt seiner Äußerungen. Sie haben die Ansicht vertreten, die Äußerungen seien nicht der Privat-, sondern der Sozialsphäre zuzuordnen, weil es sich um Stellungnahmen des Erblassers zu seinem Wirken im politischen Leben und zu politischen Freunden und Feinden handele. Im Hinblick auf die herausragende Stellung des Erblassers als Politiker sei der mit der Veröffentlichung der Tonbandprotokolle einhergehende Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht im Hinblick auf die ihnen zustehende Meinungs- und Pressefreiheit nicht rechtswidrig.

405

406
Die Beklagten haben ferner die Ansicht vertreten, selbst eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung unterstellt, rechtfertige diese nicht die Zubilligung einer Geldentschädigung, da es an einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Erblassers fehle. Nachhaltige Beeinträchtigungen seien nicht ausreichend vorgetragen, zumal allgemein bekannt sei, dass Beziehungen des Erblassers zu politischen Weggefährten, nicht zuletzt aufgrund der Spendenaffäre, schon zuvor zerrüttet gewesen seien. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Erblasser weder gegen die Veröffentlichung ähnlich drastischer Äußerungen von Seiten des Herrn Dr. AV im Jahr 2010, noch gegen die fortdauernde Verbreitung der Zitate im Internet – insbesondere im SPIEGEL-Artikel – vorgegangen sei. Dies zeige, dass die Veröffentlichung solcher Äußerungen ihn nicht erheblich beeinträchtige.

407
Die Beklagten zu 1) und 2) haben weiter die Ansicht vertreten, ihnen falle kein Verschulden zur Last. Hierzu haben sie behauptet, vor Veröffentlichung des streitgegenständlichen Buches Rechtsrat eingeholt zu haben. Die Beklagten zu 2) und 3) haben zudem behauptet, eine angebliche Vereinbarung zur Geheimhaltung zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) sei ihnen nicht bekannt oder erkennbar gewesen. Die Beklagte zu 3) hat darüber hinaus bestritten, im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Buches Kenntnis von dem Telefax vom 12.03.2002 (Anlage K 14, Bl. 399) gehabt zu haben. Sie hat behauptet, ihr sei nur der Wortlaut der Verlagsverträge bekannt gewesen, aus denen sich gerade keine Geheimhaltungsvereinbarung ergeben habe.

408
Die Beklagten haben schließlich die Ansicht vertreten, der Erblasser könne sie zumindest nicht als Gesamtschuldner auf Zahlung von Geldentschädigung in Anspruch nehmen, vielmehr sei eine solche für jeden Beklagten gesondert unter Berücksichtigung der diesen jeweils zu Last fallenden Umstände festzusetzen.

409
Mit Urteil vom 27.04.2017 hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 1 Mio. EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.11.2015 wegen der Veröffentlichung der im Klageantrag näher bezeichneten 116 Passagen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es bestehe ein entsprechender Anspruch des Erblassers aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Das Landgericht hat sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Passagen, die unzutreffende Zitate enthalten würden, den Erblasser in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt habe und nicht im Rahmen der Meinungs- und Pressefreiheit der Beklagten zu 2) und 3) gerechtfertigt gewesen sei. Im Verhältnis zum Beklagten zu 1) sei die Persönlichkeitsrechtsverletzung bereits deswegen rechtswidrig, weil dieser sich gegenüber dem Erblasser vertraglich zur Erstellung einer Materialsammlung im Rahmen eines Auftragsverhältnisses verpflichtet habe und dabei zugleich stillschweigend eine Verschwiegenheitsvereinbarung hinsichtlich des Inhalts der Materialsammlung getroffen habe. Die Gespräche seien keine journalistischen Interviews gewesen, sondern hätten mit den umfangreichen Äußerungen des Erblassers die Ghostwriter-Tätigkeit des Beklagten zu 1) ermöglichen und fördern sollen, der nicht als „Journalist und Historiker“ zugezogen gewesen sei, sondern als von dem Verlag beauftragter und bezahlter, verdeckt arbeitender Schriftsteller (Ghostwriter). Die Erstellung der Tonbandaufnahmen sei weder im rechtsfreien Raum noch im Rahmen einer Gefälligkeit erfolgt, sondern im Einklang mit der Entscheidung des BGH im Herausgabeprozess und der des Senats v. 05.05.2015 – 15 U 193/14 im einstweiligen Verfügungsverfahren geäußerten Rechtsauffassung auf Basis eines Auftragsverhältnisses i.S.d. § 662 BGB. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses hätten der Erblasser und der Beklagte zu 1) zugleich vereinbart, dass die Äußerungen auf den Tonbandprotokollen nicht ohne Zustimmung des Erblassers veröffentlicht oder verbreitet werden durften, § 151 S. 1 1. HS BGB. Das weitere, insbesondere im Schriftsatz vom 12.07.2016 vertiefte Vorbringen der Beklagten zu dem konkreten Beginn der Tonbandaufzeichnungen zeitlich vor Abschluss der Verlagsverträge, der fehlenden schriftlichen Fixierung einer Geheimhaltungsabrede, der aufwendigen Recherchearbeit des Beklagten zu 1), der angeblichen Tätigkeit des Beklagten zu 1) als Journalist, der angeblich untergeordneten Bedeutung der Memoirengespräche für das Buchprojekt des Erblassers sowie der Tragung der Recherchekosten durch den Beklagten zu 1) gebe zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Die zweifellos anspruchsvolle Recherchearbeit des Beklagten zu 1) habe der vertraglich vorgenommenen Aufgabenverteilung entsprochen, wonach der Beklagte zu 1) als Zuarbeiter die „Kärrnerarbeit“ der Informationsbeschaffung zu erbringen gehabt habe, nachdem der Erblasser die entscheidenden Vorgaben gemacht hatte. Insofern sei der Vortrag, die Gespräche seien für die Erstellung der Memoiren nur von untergeordneter Bedeutung gewesen, weder mit dem eigenen Vorbringen noch mit dem Wesen einer Autobiografie vereinbar. Der Beklagte zu 1) habe während der Arbeiten seine Rolle selbst nicht anders gesehen und verstanden, wie etwa der selbst verfasste Entwurf des Antrages auf Akteneinsicht vom 12.03.2002 zeige. Das Tätigwerden im Fremdinteresse sei das typische Merkmal eines Auftragsverhältnisses. Die journalistische Herangehensweise an die Informationsbeschaffung sei zweckdienlich gewesen und der Beklagte zu 1) nicht zuletzt aufgrund seiner Berufserfahrung als Zuarbeiter ausgewählt worden. Die Vereinbarung erstrecke sich auch auf das – nicht trennbare – Material für das Tagebuch. Die Verpflichtung zum Stillschweigen bestehe auch nach Aufkündigung der Zusammenarbeit weiter fort, ohne dass es darauf ankäme, ob der Erblasser beabsichtige, die Memoiren fortzusetzen. Angesichts dieser vertraglichen Geheimhaltungsabrede habe der Beklagte zu 1) auf seine Rechte aus Art 5 Abs. 1 GG verzichtet.

410
Auch die Beklagten zu 2) und 3) hätten das Persönlichkeitsrecht des Erblassers verletzt in Form der Vertraulichkeitssphäre sowie des Rechts am gesprochenen Wort durch Wiedergabe der nicht authentischen Zitate. Die Äußerungen seien den Beklagten in gleicher Weise zuzurechnen, weil sie als Mittäter i.S.d. § 830 Abs. 1 BGB tätig geworden seien, die Beklagte zu 3) über ihren Justitiar, der im Verfahren 14 O 315/14 im Termin vom 30.10.2014 auch eingestanden habe, die Transkripte gehabt zu haben und nicht nur – wie vorgetragen – eine Auswahl von Zitaten; dies müsse sich die Beklagte zu 3) zurechnen lassen nach § 831 Abs. 1 BGB. Die Veröffentlichung und Verbreitung der nur gegenüber einer „Hilfskraft“ im Rahmen der Memoirenerstellung getätigten Äußerungen verletze unabhängig von den erörterten Themen den Erblasser in seiner Privatsphäre. Zudem sei das Recht am gesprochenen Wort verletzt. Das Festhalten der Stimme auf einem Tonträger stelle eine derart intensive „Verdinglichung“ der Persönlichkeit dar, dass über den Kopf des Betroffenen hinweg nicht darüber verfügt werden dürfe, was schwerer wiege als eine bloße Indiskretion über ein vertrauliches Gespräch. Hier habe die zwischen den Beklagten zu 1) und dem Erblasser bestehende Vertrauenssphäre maßgeblich zur Öffnung des Erblassers beigetragen und so dazu geführt, dass der Erblasser komplexe Einblicke in seine Person eröffnet habe. Die Weitergabe der so entstandenen Tonbandprotokolle sei rechtswidrig, gleich ob Abschriften oder Tonbänder übergeben worden seien. Den Beklagten zu 2) und 3) sei auch ohne genaue Kenntnis der vertraglichen Absprachen erkennbar gewesen, dass dies den Erblasser in seiner Privatsphäre massiv verletzen würde. Aufgrund der bekannten Umstände des Zustandekommens der Aufnahmen, der bekannten Entscheidungen aus den gerichtlichen Verfahren im Herausgabeprozess, der Ausführungen des Erblassers zur Nichtaufnahme von Äußerungen und der ersichtlichen Zweckbindung hätten sie sich bewusst über den Widerspruch des Erblassers hinweggesetzt (vgl. auch S. 10 des Buches).

411
Auch mit Blick darauf, dass es der Presse nicht schlechthin verwehrt sei, das, was ein Informant ihr auf rechtswidrigem Weg zugetragen hat, zu veröffentlichen, sei das Persönlichkeitsrecht des Erblassers durch Veröffentlichung und Verbreitung solcher Äußerungen verletzt, hinsichtlich derer die Beklagten ihrer Darlegungslast zur Authentizität der Zitate nicht nachgekommen seien, weil die Äußerungen sich weder auf den von ihnen zum Beweis der Richtigkeit eingereichten Transkript-Ausschnitten noch auf den eingereichten Audio-Ausschnitten wiederfänden – was die Beklagten im Rahmen „pressemäßiger“ Sorgfalt hätten verifizieren und im Rahmen einer erweiterten Darlegungslast hätten belegen müssen. Dies betreffe die Äußerungen Nr. 12, 17, 22, 29, 33, 56, 59, 61, 66, 69, 78, 82, 85, 89, 90, 94, 98, 99 und 101 bzw. jeweils Teile dieser davon, wobei wegen der Einzelheiten auf S. 65 – 70 der Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung (Bl. 3204 ff. d.A.) Bezug genommen wird.

412
Soweit nicht bereits auf Grundlage fehlender Belege von Fehlzitaten auszugehen sei, sei zur Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Persönlichkeitsverletzung eine Abwägung für jede der angegriffenen Textpassagen gesondert vorzunehmen, wobei diese sämtlich der Privatsphäre des Erblassers zuzuordnen seien. Dies ergebe sich daraus, dass die Aufnahme der Tonbandprotokolle im privaten, häuslichen Umfeld des Wohnhauses des Erblassers erfolgt sei, das Gespräch auf der vereinbarten Vertraulichkeit basiert habe und im berechtigten Vertrauen des Erblassers darauf erfolgt sei, dass nichts, was er auf Tonband sprach, ohne seine Zustimmung veröffentlicht werden würde.

413
Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass der Erblasser in zulässiger Weise die Richtigkeit der streitgegenständlichen Äußerungen mit Nichtwissen bestritten habe. Zwar könnten eigene Handlungen oder Wahrnehmungen der Partei nicht mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO bestritten werden. Habe die Partei keine aktuelle Kenntnis, müsse sie sich, etwa durch Einsichtnahme in Aufzeichnungen, kundig machen. Führe dies zu keinem Ergebnis, müsse sie den Grund ihrer Unkenntnis darlegen. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben, denn der Erblasser habe nachvollziehbar begründet, weshalb er keine konkrete Erinnerung mehr an den Inhalt der inzwischen 14 bis 16 Jahre zurückliegenden Gespräche mehr habe und anhand der ihm vorliegenden Originaltonbänder die Richtigkeit der Äußerungen nur teilweise habe überprüfen können. Dabei könne letztlich dahinstehen, ob der behauptete Löschvorgang von Beklagtenseite veranlasst worden sei, da nach eigenem Vorbringen des Beklagten zu 1) die Lebensdauer von Magnettonbändern begrenzt sei. Auch habe der Erblasser die Richtigkeit und Authentizität der Äußerungen in zulässiger Weise bestreiten können, weil sich schon aus den vorgelegten Transkripten in einer Vielzahl von Fällen ergebe, dass der Erblasser sich nicht so geäußert habe, wie im Buch als Originalzitat unterstellt. Die Transkripte seien zudem dem äußeren Erscheinungsbild nach nicht mit der erforderlichen Genauigkeit erfolgt und es seien z.T. unterschiedliche Versionen vorgelegt worden, so dass die Beklagten – wie vom Gericht auferlegt – eine vollständige Kopie der Tonbandprotokolle sowie der Tonbänder hätten vorlegen müssen. Die Beklagten hätten daher Beweis in ausreichendem Maße für die Richtigkeit der veröffentlichten Äußerungen nur für elf der streitgegenständlichen Äußerungen durch Vorlage von (kurzen) Audio-Dateien angetreten.

414
Habe die Kammer schon ausgehend vom Wahrheitsgehalt der Äußerungen zu Nr. 1 – 114 im Verfügungsverfahren die Abwägung zu Lasten der Beklagten zu 2) und 3) vorgenommen, gelte dies nunmehr „erst recht“ im Hinblick auf die Zweifel an der Authentizität der behaupteten Originalzitate. Es liege eine rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung vor.

415
Die Veröffentlichung und Verbreitung der Textpassagen Nr. 5, 6 und 69 verletzten das Recht des Erblassers am Schutz des gesprochenen Wortes sowie seiner engsten Privatsphäre in besonderem Maße, da sie seine Reaktion auf den Selbstmord seiner ersten Ehefrau und die familiäre Auseinandersetzung anlässlich der Beisetzung thematisierten. Jeder Mensch, auch ein Politiker, habe jedoch das Recht, mit der Trauer über den Verlust seiner Ehefrau, sei es durch Tod oder Selbstmord, allein gelassen zu werden und könne verlangen, dass die im privaten, häuslichen Bereich geäußerten Reaktionen auf den Verlust und die Art und Weise, wie der Betroffene mit dem Verlust und den ausgesprochenen Beileidsbekundungen umgeht, nicht an die Öffentlichkeit getragen werden.

416
Die weiteren Textpassagen Nr. 1, 32, 43, 70 und 87 beträfen gleichfalls die innerste Privatsphäre des Erblassers, nämlich die Kommunikation mit und das Verhältnis zu seiner ersten Ehefrau und es bestünde kein überwiegendes Öffentlichkeitsinteresse.

417
Die Textpassen Nr. 2 – 4, Nr. 7, Nr. 10 – 12, Nr. 15 – 21, Nr. 23 – 26, Nr. 28, Nr. 30, Nr. 31, Nr. 35 f, Nr. 40, Nr. 46f, Nr. 48f, Nr. 51 – 53, Nr. 55 – 59, Nr. 61 – 65, Nr. 67, Nr. 72f, Nr. 79, Nr. 81f, Nr. 84, Nr. 89 f, Nr. 93f, Nr. 102, Nr. 105 – 111 stellten ausschließlich wörtliche Zitate des Erblassers dar, die, unabhängig von ihrem Inhalt, dem Schutz des gesprochenen Wortes unterfielen. Sie zeichneten sich durch eine drastische und umgangssprachliche Ausdrucksweise aus und brächten in zum Teil abfälliger und herabsetzender Art und Weise die geringe Achtung des Erblassers gegenüber den Erwähnten zum Ausdruck. Zu einem großen Teil wären die Ausdrücke, sofern der Erblasser sie unmittelbar gegenüber den Betroffenen geäußert hätte, geeignet, den Tatbestand der Beleidigung zu erfüllen (§ 185 StGB) und schon deswegen sei die Veröffentlichung geeignet, das Ansehen des Erblassers in der Öffentlichkeit und sein Verhältnis zu den Personen nachhaltig zu beeinträchtigen. Zu berücksichtigen sei, dass sich der Erblasser zum Zeitpunkt zumindest eines Teils der Äußerungen in einer Ausnahmesituation befunden habe, dies auf dem Höhepunkt der Parteispendenaffäre und nach dem Selbstmord seiner ersten Ehefrau. Die Entgleisungen seien augenscheinlich in einem Zustand der Wut, Verbitterung und Rache geäußert worden im Gespräch mit dem Beklagten zu 1) und dem Zeugen Dr. AU, die er als Vertraute angesehen habe und bei denen er berechtigt gewesen sei, sich „gehen“ zu lassen – zumal er darauf habe vertrauen dürfen, dass keine der Äußerungen ohne seine Zustimmung nach außen dringen würde, so dass er beim Diktieren kein Blatt vor den Mund zu nehmen brauchte. Der Schutz der Vertraulichkeitssphäre des Erblassers hinsichtlich dieser Textpassagen überwiege das von den Beklagten zu 2) und 3) verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit. Die Äußerungen hätten weitgehend keinen hohen „Öffentlichkeitswert“, abgesehen von dem öffentlichen Interesse, das ohnehin jeglicher Äußerung des Erblassers als herausragendem Politiker der Zeitgeschichte entgegengebracht werde. Das öffentliche Interesse rechtfertige aber nicht per se eine Veröffentlichung jeder dieser Äußerungen, weil dies auf eine komplette Verneinung des Schutzes der Privatsphäre und der Vertraulichkeitssphäre für den Erblasser hinausliefe. Die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Textpassagen sei auch nicht aus sonstigen Gründen gerechtfertigt. Keine dieser Textpassagen habe inhaltlich ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Erblassers zum Gegenstand. Auch aus dem Gesichtspunkt der Aufdeckung eines Missstandes von erheblichem Gewicht sei die Veröffentlichung nicht gerechtfertigt. Hinzu komme, dass die Äußerungen des Erblassers nicht eingebettet in den Gesamtzusammenhang der ca. 3.000 Seiten umfassenden Abschriften der Tonbandprotokolle wiedergegeben würden, sondern ersichtlich wegen ihrer Auffälligkeit „herausgepickt“ und aneinandergereiht worden seien. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten zu 2) und 3) sich an dem Rechtsbruch des Beklagten zu 1) betreffend seine Geheimhaltungsverpflichtung unterstützend und beratend beteiligt hätten.

418
Hinsichtlich der Textpassagen Nr. 13f, Nr. 27, Nr. 30, Nr. 33f., Nr. 39, Nr. 41f, Nr. 44f, Nr. 54, Nr. 66, Nr. 68, Nr. 74-76, Nr. 83, Nr. 88, Nr. 94-98, Nr. 104, Nr. 113 liege eine Persönlichkeitsverletzung vor, weil es sich dabei um die private Selbsteinschätzung des Erblassers (Nr. 13, 14, 30) sowie um Einschätzungen seiner politischen Gegner und Weggefährten handele, die, auch soweit sie nicht in der drastischen Ausdrucksweise formuliert seien, dennoch eine negative Grundeinstellung des Erblassers zu den Genannten zum Ausdruck brächten. Im Gegenzug sei das Öffentlichkeitsinteresse nicht von erheblichem Gewicht, da auch hier ein Sachzusammenhang nicht dargestellt werde und die Äußerungen als solche lediglich Unterhaltungswert hätten. Bei der Abwägung sei insbesondere auch zu berücksichtigten, dass auf Grundlage der von Beklagtenseite vorgelegten Transskripte bereits davon auszugehen sei, dass die Art und Weise, wie einige Äußerungen des Erblassers in dem Buch dargestellt würden, den tatsächlichen Zusammenhang bewusst verfälschten.

419
Die Äußerung Nr. 37 sei zwar stellenweise mit eigenen Worten des Autors verflochten, diese dienten aber nur dazu, die Erzählung des Erblassers zu straffen und um ansonsten ohne Zusammenhang nebeneinander aufgereihte Zitate in derber, umgangssprachlicher Wortwahl zu verbinden. Dies stelle gleichfalls eine erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Erblassers dar. Gleiches gelte für die Textpassage Nr. 22 zu C usw. Die als direkte Rede wiedergegebene, drastische und abfällige Wertung verletze den Erblasser erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht, zumal Frau C als aktive Politikerin zum Kreis der Politiker zähle, bezüglich derer der Erblasser nach Bekundungen des Zeugen Dr. AU nicht gewünscht habe, dass Äußerungen veröffentlicht würden.

420
Auch soweit in dieser (Nr. 22) Textpassage und den Textpassagen Nr. 59, 83, 88, 92, 96, 101 neben der Wiedergabe der Äußerungen des Erblassers in direkter/indirekter Rede die abfälligen Äußerungen nur mit eigenen Worten des Autors wiedergegeben werden, begründe dies ein Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Erblassers, da es keinen Unterschied mache, ob die Äußerung in direkter oder indirekter Rede oder mit den eigenen Worten des Autors, aber gleichem Sinngehalt wiederholt werde. Zwar sei eine Wiedergabe der Äußerungen in komprimierter Form für die Veröffentlichung notwendig, doch bestehe ohne Darstellung des Tonfalls und des Zusammenhangs der Äußerung die Möglichkeit der Verfälschung des Sinns, insbesondere bei Schimpfworten, die gedruckt eindeutig negativ wirken, obwohl sie nur gesprochen nicht als Beleidigung gemeint und zu verstehen sein könnten. Die Äußerungen hätten zudem über ihren Unterhaltungswert als solchen, der bezüglich der jetzigen Kanzlerin besonders ausgeprägt sein dürfte, keinen Informationsgehalt.

421
Dies gelte auch hinsichtlich der Bemerkungen Nr. 2 und Nr. 3 über C und BA, zumal die Spannungen zwischen C und dem Erblasser Ende 1999 allgemein bekannt gewesen seien. Die Darstellung der Zitate verfälsche den Zusammenhang bewusst.

422
Die Wiedergabe der Äußerung Nr. 91 mit ihrer äußerst drastischen Wortwahl stelle eine schwer wiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechtes dar, die gegenüber dem öffentlichen Interesse überwiege, auch wenn Thema des Zitats die Erörterung eines möglichen Termins für den Tag der deutschen Einheit war.

423
Hinsichtlich der Passagen Nr. 8, 9, 61, 71, 80, 85, 86, 99, 100, 103, 112, 115, 116 müsse im Einklang mit der Entscheidung des Senats vom 05.05.2015 – 15 U 193/14 selbst bei einem grundsätzlich bestehenden öffentlichen Interesse der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Erblassers nicht zurücktreten, zumal teilweise keine Audio-Dateien zur Authentizitätsprüfung vorgelegt seien bzw. jedenfalls schon nach den Transkripten Verfälschungen durch Kürzungen und Auslassungen vorlägen und/oder aus mehreren Äußerungen Zitate „montiert“ worden seien, was ebenfalls zur Verfälschung des Aussagegehalts führe. Insbesondere das Unterstellen von „Beweisen“ bei Passage Nr. 99 und damit bei einem Thema, dass in besonderem Maße Sensibilität und Korrektheit verlange, beeinträchtige den Erblasser besonders. Auf die Frage, ob – wie behauptet- eine freundschaftliche Beziehung zu CL beeinträchtigt worden sei, komme es nicht an. Wegen der weiteren Einzelheiten zu diesen Passagen wird auf S. 86 – 96 der Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung (Bl. 3225 ff. d.A.) Bezug genommen.

424
Aufgrund der Vielzahl und Erheblichkeit der rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die sich zu einer Beeinträchtigung der gesamten, politischen Beziehungswelt des Erblassers summieren würden, sei von einer schwer wiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugehen, bei der ein unabdingbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung bestehe. Die Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung folge schon daraus, dass teilweise Äußerungen veröffentlicht seien, die offensichtlich unwahr seien und darunter grobe Schimpfwörter wie „.“, „…“ und …“ (über Präsidenten), „…“ pp. Auch hinsichtlich der weiteren Äußerungen, die zumindest annähernd in Transkripten bzw. Audiodateien enthalten seien, wiege die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes schwer. Da die Zitate von wenigen Ausnahmen abgesehen keine Sachinformationen beinhalten, werde das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht bedient. Der überwiegende Teil der Äußerungen verhalte sich nur dazu, dass sich der Erblasser in drastischer, herabsetzender, teils beleidigender Weise über politische Freunde und Feinde geäußert habe gegenüber Vertrauten, was – zumal die Beklagten meinen, es sei allgemein bekannt gewesen, dass der Erblasser zu einer Vielzahl der Genannten eine distanzierte Beziehung gehabt habe – keinen Neuigkeitswert habe, sondern nur geeignet gewesen sei, die Sensationslust der Öffentlichkeit zu bedienen. Gerade die Vielzahl der Äußerungen sei geeignet, bereits bestehende Entfremdungen zu vertiefen, zumal auch persönlich nicht Genannte sich angesprochen fühlen konnten, wenn im Buch von einer „Enzyklopädie der süßen Rache“ gesprochen werde. Äußerungen seien zudem bewusst so ausgewählt, teils prägnant gekürzt und umformuliert, dass sie sich dem Leser nachhaltig einprägen und auch mit besonderer Authentizität geworben werde, die tatsächlich wegen der Zitatverfälschungen so nicht gegeben sei, mit denen der Erblasser künftig aber in Verbindung gebracht werde.

425
Zur Schwere der Verletzung des Persönlichkeitsrechts trage weiter bei, dass eine Vielzahl von Zitaten als Originalzitate ausgegeben werde, die tatsächlich aber unter Verletzung journalistischer Sorgfaltspflicht verfälscht worden sei. Die Zitate Nr. 18, 20, 28, 29, 38, 53, 59, 65, 66, 68, 78, 83, 85, 98 würden etwa (fälschlich) als einheitliche oder in unmittelbarem Zusammenhang stehende Äußerungen präsentiert, bestünden tatsächlich aber aus einer Montage mehrerer Äußerungen und würden teils nicht in chronologisch richtiger Reihenfolge wiedergegeben, ohne die Montage deutlich zu machen. Ein weiterer Komplex von Zitaten sei nicht authentisch wiedergegeben, weil Erläuterungen des Erblassers ausgeblendet und so der Sinn verfälscht worden seien, etwa bei Nr. 3, 18, 21 oder Nr. 11, wo es ebenfalls wieder Kombinationen von Äußerungen gegeben habe. Eine weitere Gruppe von Zitaten sei durch Hinzufügen von den Beklagten erfundener einzelner Wörter oder Weglassen einzelner Teile in ihrem Aussagehalt (negativ) verstärkt worden wie z.B. die Äußerungen Nr. 81, 82, 112, 48. Der Erblasser habe schließlich auch nicht – wie im Buch suggeriert – die „Prominenz“ in maliziösen Miniaturen abwertend beschrieben, denn die Äußerungen Nr. 92, 94, 95, 96 seien ebenfalls verfälscht.

426
Zusammenfassend hätten die Beklagten bei einer Vielzahl der Zitate Veränderungen vorgenommen unter Verstoß gegen das Gebot der Authentizität, mit der das Buch beworben werde. Es sei die Tendenz zu erkennen, ein negativ verzerrtes Bild des Erblassers darzustellen, indem Äußerungen zu angeblichen Originalzitaten kombiniert werden, um besonders einprägsame Formulierungen zu erhalten. Hierzu trage bei, dass die Beklagten dem Erblasser Emotionen (Wut, Zorn, beißender Spott) zuschrieben, obgleich solche Emotionen nicht belegt seien. Des Weiteren seien positive Bemerkungen des Erblassers über die erwähnten Personen nicht aufgenommen und dadurch ein einseitiges Bild geschaffen worden, wobei von Seiten der Öffentlichkeit Originalzitaten eine besondere Belegfunktion zugemessen werde, der einseitigen Darstellung also der Anschein besonderer Glaubhaftigkeit gegeben worden sei. Die Beklagten könnten sich für die einseitige Auswahl der Zitate und deren Darstellung angesichts des Werbens mit Authentizität auch nicht auf den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG berufen.

427
Es liege ein unabwendbares Bedürfnis für die Zuerkennung einer Geldentschädigung vor. Bei der Abwägung falle ins Gewicht, dass der Erblasser aufgrund seines hohen Alters und seines beeinträchtigten Gesundheitszustandes nicht in der Lage sein werde, mit ausreichend Zeit die Auswirkungen der Veröffentlichungen durch Aufnahme von Kontakten zu den betroffenen Personen auszugleichen und beeinträchtigte Beziehungen neu aufzubauen. Das Bestreiten der Eignung der Veröffentlichung zur Beeinträchtigung zwischenmenschlicher Beziehungen – sei es der Vertiefung einer Entfremdung – sei nicht erheblich angesichts der Schwere, so dass es auf konkrete Nachweise zu Reaktionen nicht ankomme. Die Veröffentlichung des Buches sei von den Beklagten mit größtmöglicher Öffentlichkeitswirkung angelegt worden durch die plakative Vorveröffentlichung in der Zeitschrift „Der Spiegel“, die nachfolgende Pressekonferenz sowie die mehrfachen Interviews und den Fernsehauftritt des Beklagten zu 1) in der Sendung Günther Jauch. Die Öffentlichkeit bringe den Erblasser vor allem mit den herausgehobenen Zitaten (etwa Nr. 2) in Verbindung. Die Rufschädigung sei nicht mehr zu beheben. Selbst eine Richtigstellung gewährleiste nicht, dass sie von den Lesern des Buches zur Kenntnis genommen werde; die Verbreitung der Zitate im Internet sei nicht einzudämmen. Eine Billigung der Veröffentlichung ähnlich drastischer Äußerungen in der Dissertation des Zeugen Dr. AU 2010 durch den Erblasser sei nicht feststellbar.

428
Der von dem Erblasser erwirkte Unterlassungstitel sei nicht geeignet, die Beeinträchtigung hinreichend auszugleichen. Es sei bereits nicht gewährleistet, dass hierdurch eine Richtigstellung der Äußerungen erreicht und überhaupt von den Lesern des Buches zur Kenntnis genommen werde, zumal eine Weiterverbreitung im Internet nicht einzudämmen sei. Deswegen sei auch – zumal einstweiliger Rechtsschutz nachgesucht worden sei – unschädlich, dass der Erblasser nicht mehr weiter gegen den Spiegel vorgegangen sei, sondern nur gegen die Beklagten, zumal der langwierige Rechtsstreit mit diesen zeige, dass eine schnelle Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs gegenüber Dritten nicht zu erwarten gewesen sei.

429
Bei der Bemessung der Geldentschädigung sei der Grad des Verschuldens der Beklagten bei der Veränderung der Originalzitate zu berücksichtigen und zumindest von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Die Beklagten zu 1) und 2) entlaste wegen der Kenntnis aller Umstände nicht, dass sie Rechtsrat eingeholt haben mögen. Zwar sei der Einschüchterungseffekt, der durch eine nachträgliche Sanktionierung einer Presseberichterstattung durch eine hohe Geldentschädigung zu erwarten ist, zu berücksichtigen. Grundsätzlich dürfe nicht durch eine zu hoch bemessene Geldentschädigung die Freiheit der Berichterstattung beeinträchtigt werden. Jedoch hätten die Beklagten sich rücksichtslos über die Interessen des Erblassers hinweg gesetzt. Die zwischen den Beklagten vereinbarte Freistellung der Beklagten zu 1) und 2) sei bei der Bemessung der Geldentschädigung zu berücksichtigen. Diese müsse unter dem Gesichtspunkt der Prävention ausreichend hoch bemessen sein – auch mit Blick auf den Konzernumsatz bei der Beklagten zu 3). Zudem sei der Erblasser massiv sowohl in seinem öffentlichen Wirken als seinem Privatleben beeinträchtigt. Die Beklagten hätten dies billigend in Kauf genommen, da sie sich bewusst gewesen seien, dass der Kläger „sich seit einem schweren Unfall im Jahr 2008 kaum noch äußern“ konnte (Buch S. 18). Die Beklagten hätten sich die „Deutungshoheit“ über den Kläger zu dessen Lebzeiten angemaßt und dessen Bild für die Nachwelt („Vermächtnis“) in ihrer einseitigen Version formuliert, gestützt auf zumindest teils verfälschte „Originalzitate“ im Bewusstsein dessen, dass der Erblasser, schon aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes, dem nicht (mehr) wirksam werde entgegentreten können. Unter Berücksichtigung dessen sei eine Geldentschädigung in Höhe von 1.000.000,00 EUR angemessen, aber auch ausreichend. Die Beklagten würden wegen des einheitlichen gemeinschaftlichen Handelns als Gesamtschuldner haften. Die nachgelassenen Schriftsätze rechtfertigten keine Wiedereröffnung; das weitere Vorbringen der Beklagten in nicht nachgelassenen Schriftsätzen sei nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 27.04.2017 (Bl. 3140 ff. d.A.) Bezug genommen.

430
Alle Parteien wenden sich mit ihren selbständigen Berufungen gegen die Entscheidung des Landgerichts; die Beklagten dabei unter Vorlage weiterer Audio-Dateien in Anlage OC-B5 (Bl. 3739 d.A.). Nach dem Tod des Erblassers am 16.06.2017 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.08.2017 den Rechtsstreit unter Vorlage eines sie als Alleinerbin ausweisenden Erbscheins (Bl. 3948 d.A.) aufgenommen.

431
Die Klägerin verfolgt unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens das erstinstanzliche Klagebegehren des Erblassers in vollem Umfang weiter und ist der Ansicht, das Landgericht habe im Rahmen der Geldentschädigung das Ermessen unzutreffend und rechtsfehlerhaft ausgeübt. Die Klägerin ist zunächst der Ansicht, der zu Lebzeiten des Erblassers entstandene Anspruch auf Geldentschädigung sei mit dessen Tod auf sie übergegangen. Die restriktive Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur grundsätzlichen Unvererblichkeit eines solchen Anspruchs sei nicht überzeugend und anlässlich des vorliegenden Falles von einmaliger historischer Dimension auch grundsätzlich neu zu überdenken. Die Rechtsprechung führe dazu, dass der Persönlichkeitsrechtsschutz zu einem Rechtschutz für junge und gesunde natürliche Personen verkümmere. Sollte der Erblasser seinen Geldentschädigungsanspruch nicht über seinen Tod hinaus durch seine Erbin weiter durchsetzen können, bliebe für ihn persönlich der irreparabel angerichtete Ansehens- und Glaubwürdigkeitsverlust in Gegenwart und Geschichte ungesühnt und ohne das notwendige breite Signal der Genugtuung und Kompensation stehen. Für die Beklagten bliebe im Gegenzug eine besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne Sanktion, was ein fatales Signal für den Rechtsstaat sei. Eine Entscheidung zugunsten der Unvererblichkeit eines solchen Anspruchs öffne potentiellen Übeltätern sonst Tür und Tor, älteren und kranken Menschen bewusst und vorsätzlich Persönlichkeitsrechtsverletzungen in dem Bewusstsein zuzufügen, dass diese einen Rechtsstreit über mehrere Instanzen vermutlich nicht überleben würden. Das Persönlichkeitsrecht würde zu einem „zahnlosen Tiger“ verkümmern; Alte und Kranke würden „zum Freiwild von Rechtsverletzern“ bzw. zum „Freiwild der Medien.“ Dies wäre eines Rechtsstaats nicht würdig und widerspreche dem Grundgedanken des Anspruchs auf Geldentschädigung, der gerade darauf abziele, dass der vom Grundgesetz vorgesehene Schutz der Persönlichkeit nicht lückenhaft ausfalle. Hätte der Gesetzgeber die Problematik erkannt, wäre er – wie beim Schmerzensgeldanspruch – tätig geworden. Zudem sei hier – insofern abweichend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – mit dem vorläufig vollstreckbaren erstinstanzlichen Urteil bereits ein vererblicher Vermögenswert entstanden.

432
Jedenfalls liege bei Annahme der grundsätzlichen Unvererblichkeit ein Ausnahmefall vor. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass der Erblasser als absolute Person der Zeitgeschichte von herausragender Bedeutung für die deutsche und europäische Entwicklung nur als lebendige Person verstorben, aber als absolute Person der Zeitgeschichte „unsterblich“ sei und so seinen Tod überdauere. Er sei mit seiner Politik und seinem Vermächtnis Geschichte geworden und über sein politisches Lebenswerk unsterblich. Das zeitgeschichtliche und öffentliche Interesse an seiner Person werde für immer bestehen bleiben. Der Tod des Erblassers sei für die Erinnerung der Menschen und für die Geschichte ohne Bedeutung; von Bedeutung sei aber, was vom Erblasser für die eigene Erinnerung der Menschen und für die Geschichte übrigbleibe. Erblasser und Klägerin, aber auch die Allgemeinheit hätten ein elementares Interesse an der Wahrheit und daran, dass das Charakter- und Lebensbild des Erblassers möglichst lebensnah vermittelt werde. Das Bild des Erblassers werde sich – wie bei absoluten Personen der Zeitgeschichte üblich – im geschichtlichen Zeitablauf herausbilden und verfestigen und sich wie ein Mosaik auf Basis des heute verfügbaren Materials verdichten im Zusammenspiel unterschiedlicher Quellen, weswegen von elementarer Bedeutung sei, dass Quellenmaterial geschützt und nicht verfälscht werde. Der Erblasser, der sich als Historiker des schon zu seinen Lebzeiten begonnenen Kampfes um die Deutungshoheit über ihn und sein Lebenswerk bewusst gewesen sei, habe sich wegen des zunehmenden Versuchs der Geschichtsklitterung und -fälschung bewusst zum Abfassen seiner Memoiren und des Tagebuchs entschieden, um dort seine Sicht der Dinge darzulegen. Die selbstbestimmte Vollendung der Memoiren sei dem Erblasser durch den Vertrauensbruch des Beklagten zu 1), der bis heute als Einziger über die Tonaufzeichnungen verfüge, unmöglich gemacht worden. Das streitgegenständliche Buch stelle zudem den Versuch der Übernahme der Deutungshoheit über das Leben des Erblassers dar, zumal im Hinblick auf den Beklagten zu 1) gerade (zu Unrecht) mit besonderer Authentizität und einer Innenansicht als eigentlicher Autor der Memoiren und des Tagebuchs geworben werde. So werde der Eindruck einer „nur“ nicht autorisierten eigentlichen (Auto-)Biografie geschürt, die der Öffentlichkeit das wahre Bild des Erblassers als unversöhnlichen Menschen zeige. Die Klägerin behauptet unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens dazu, in dem Buch würden Stimmungs- und Gemütslage verfälscht und es würde mit Fehlzitaten und abfälligen Bewertungen ein „Zerrbild“ des Erblassers – mit diesem selbst als Kronzeugen gegen sich selbst – gezeichnet. Der „Kammerdiener-Blick durch das Schlüsselloch in Kombination mit der Wucht der vermeintlichen verbalen „Ausfälle“ des Erblassers sei – selbst wenn man den Verrat des Beklagten zu 1) als Leser missbillige – für den Durchschnittsleser zu verführerisch. Das Buch entwerte so bewusst die Memoiren des Erblassers als authentische Quelle und konterkariere dessen Willen unter Verletzung der Verschwiegenheitsverpflichtung aus dem Verlagsvertrag. Dieses Verhalten habe dramatische Folgen für die Geschichtsschreibung sowie das Andenken und Lebenswerk des Erblassers. Dass der Erblasser mit dem von ihm gezeichneten Zerrbild niemals erfolgreich hätte Politik machen können und so ein erkennbarer Widerspruch zu der Darstellung im Buch bestehe, ändere auch wegen der hohen Verkaufszahlen des Buches nichts an den gravierenden Folgen. Das historische Ausmaß der vorsätzlichen Fälschung und groben Verunglimpfung zeige sich insbesondere an den – soweit überhaupt mit Audiodateien belegt – nach Wortlaut, Sinn und Stimmungslage verfälscht wiedergegebenen Zitaten, die mit dem Ziel einer größtmöglichen Verstärkung des gezeichneten Zerrbilds des Erblassers zusammengeklaubt worden seien.

433
Zumindest aber sei als Ausnahme von der grundsätzlichen Unvererblichkeit zu berücksichtigen, dass die Beklagten das – ihnen bekannte – Alter und den schlechten Gesundheitszustand des im Zeitpunkt der Veröffentlichung 84 Jahre alten Erblassers bewusst ausgenutzt hätten, wie sich an den Ausführungen zu dessen Gesundheitszustand im Buch zeige. Ferner sei wegen der fehlenden Reue der Beklagten, die den Vertrauensbruch unter anderem durch weitere missbräuchliche Auswertung des Memoirenmaterials perpetuieren wollten, jedenfalls der Präventionsgedanke der Geldentschädigung fruchtbar zu machen und streite im konkreten Fall für eine Vererblichkeit des Anspruchs. Es liege zudem ein Fall der Zwangskommerzialisierung vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Klägervorbringens zur Vererblichkeit wird auf S. 57 – 60 der Berufungsbegründung (Bl. 3934 ff. d.A.) und S. 1 – 70 des Schriftsatzes vom 14.11.2017 (Bl. 4003 ff. d.A.) Bezug genommen.

434
In der Sache handele es sich bei der Veröffentlichung der 116 streitgegenständlichen Äußerungen um eine äußerst schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung, hinsichtlich derer die Beklagten zu 1) bis 3) – insofern entgegen den ausweislich der Darlegungen der Klägerin auf S. 33 bis 42 der Berufungsbegründung vom 07.08.2017 (Bl. 3910 ff. d.A.) im Übrigen verteidigten – Schlussfolgerungen des Landgerichts – durchweg vorsätzlich gehandelt und Äußerungen des Erblassers nach Wortlaut, Kontext und Stimmungslage verfälscht hätten. Eine Abwägung mit den Grundrechten auf Presse- und Meinungsfreiheit sei daher nicht angezeigt. Das Landgericht sei – zu Lebzeiten des Erblassers – sowohl in der Würdigung des Sachverhalts als vor allem in der Bemessung der Entschädigungssumme hinter dem Gebotenen zurückgeblieben. Es handele sich nicht „nur“ um eine rechtwidrige Veröffentlichung des gesprochenen Worts des Erblassers, sondern um eine von den Beklagten mit hoher krimineller Energie planvoll erstellte, vorsätzliche (Ver-)Fälschung und einen unter Ausnutzung des großen öffentlichen Interesses an der Person des Erblassers kühl kalkulierten Rufmord zum Schaden seines Ansehens und seines Bildes in Gegenwart und Geschichte sowie zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil. In einer solchen Konstellation bewussten und rücksichtlosen Hinwegsetzens könne – entgegen dem Landgericht – kein „Einschüchterungseffekt“ durch eine nachträgliche Sanktionierung durch eine zu hohe Geldentschädigung zu erwarten sein, denn die Pressefreiheit dürfe nicht als Deckmantel für einen Betrug verwendet werden. Es liege eine gezielte und vorsätzliche Täuschung und Desinformation über Äußerungen, Stimmungslage und Charakter des Erblassers vor. Angesichts der angekündigten weiteren Veröffentlichungen und der Finanzkraft und Medienmacht der Beklagten zu 3) sei daher eine höhere Geldentschädigung geboten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf S. 45 – 57 der Berufungsbegründung vom 07.08.2017 (Bl. 3922 ff. d.A.) Bezug genommen.

435
Die Klägerin ist der Ansicht, auf die Authentizität der Zitate komme es letztlich nicht an, da die Veröffentlichung auch bei unterstellter Wahrheit rechtswidrig sei – erst recht aber bei Zugrundelegung der Nichterweislichkeit der Äußerungen. Im Übrigen handele es sich bei den in der Berufungsinstanz von den Beklagten als Anlage OC-B 5 vorgelegten 151 Audio-Dateien um neuen Vortrag, der nach § 531 ZPO unzulässig sei. Die Beklagte hätten bereits in erster Instanz die Möglichkeit gehabt, die von ihnen vorgelegten Transkripte, die das Landgericht als für den Beweis der Authentizität unzureichend angesehen habe, mit den vom Erblasser vorgelegten Abschriften sowie den Buchpassagen zu vergleichen und dabei festzustellen, dass die Transkripte grob fehlerhaft seien. Stattdessen seien die Beklagten den gerichtlichen Aufforderungen, eine vollständige Abschrift bzw. Kopie der streitgegenständlichen Originaltonbänder in digitalisierter Form vorzulegen, nicht nachgekommen, sondern hätten lediglich zu den 13 von ihr gerügten Zitaten ergänzende Audio-Dateien vorgelegt.

436
Gerade der wechselhafte Vortrag der Beklagten dazu, welche Rolle die Transkripte bzw. die Tonbänder bei der Erstellung des Buches und der Vorprüfung der Zitate gespielt hätten, mache deutlich, wie wenig sorgfältig und wie vorsätzlich fälschend die Beklagten mit dem Erbe des Erblassers umgegangen seien. Der Justitiar der Beklagten zu 3) habe anlässlich der Buchvorstellung am 07.10.2014 unter anderem geäußert: „Sie sehen, dieses Buch ist relativ schmal geworden. Nicht deshalb, weil wir keinen Inhalt hatten, wir hatten 3.000 Seiten Gesprächsprotokolle … Wir haben die Tonbänder nie gesehen, der Verlag hat sie nie gehört, die waren uns egal. Uns interessieren nur die Tonbandabschriften“. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte zu 3) eine Authentizität der einzelnen Zitate behaupten könne, wenn sie die Originaltonbänder nicht abgehört habe und die ihr vorliegenden Transkripte offenkundig fehlerhaft seien.

437
Die Klägerin behauptet, der Erblasser habe die streitgegenständlichen Äußerungen Nr. 1, 2, 8, 31, 32, 45 und 73, die auch auf den nunmehr vorgelegten Audio-Dateien gemäß Anlage OC-B 5 nicht belegt seien, nicht getätigt. Neben diesen sieben Zitaten seien – insofern ebenfalls unstreitig – auch einzelne Zitat-Teile der weiteren 109 Zitate nicht mit einem O-Ton belegt, so in Zitat Nr. 17 die letzten beiden Sätze, in Zitat Nr. 22 die Sätze zu F, in Zitat Nr. 33 die Sätze über K und in Zitat Nr. 78 der erste Satz über V. Aus den vorgelegten 151 Audio-Dateien ergebe sich darüber hinaus, dass der Erblasser in 96 Fällen nach Wortlaut, Sinn und Stimmungslage fehlerhaft zitiert worden sei. Die Beklagten hätten Wortlaut und Sinn des Gesagten bzw. Gemeinten durch Verdrehungen, Auslassung und Zusammenklauben aus verschiedenen Aussagen und einzelnen Worten gefälscht. Die Beklagten zu 1) und 2) hätten außerdem in den Zitaten Nr. 22, 66, 68 die Äußerungen des Erblassers durch eigene Wortschöpfungen ersetzt sowie ihm in den Zitaten Nr. 99 und 104 Äußerungen Dritter untergeschoben. Die Stimmungslage des Erblassers sei von den Beklagten falsch dargestellt und frei erfunden worden, um das von ihnen gezeichnete Zerrbild zu untermauern. Dies zeige sich insbesondere an den Zitaten Nr. 92, 114 und 102. Entgegen der Darstellung der Beklagten im Buch zeige sich in den gesamten 151 Audio-Dateien niemals ein „durchgehend ausfallender“ oder gar „um sich schlagender“ Erblasser.

438
Die Klägerin macht weiterhin geltend, der Erblasser habe die von ihm gemachten möglicherweise ausfallenden Äußerungen nicht so gemeint und hätte sie niemals öffentlich gesagt oder sonst veröffentlicht, da er Zeit seines Lebens kein rachsüchtiger, verbitterter, hämischer, sondern vor allem ein versöhnlicher Mensch mit Freude am Leben und Humor gewesen sei, der seiner Partei, der CDU, niemals Schaden zugefügt hätte. Seine auf den Audio-Dateien enthaltenen klaren Urteile und manche Enttäuschungen über einzelne Sachverhalte und Personen hätten nichts mit Unversöhnlichkeit oder Rachsucht, sondern lediglich mit einem klaren Urteilsvermögen zu tun. Sie seien üblicher Teil der Lebenserinnerungen sowie der Lebenswirklichkeit eines Menschen nach einem langen politischen Leben in Spitzenämtern mit allen Höhen und Tiefen. Insofern handele es sich bei den Tonbandaufnahmen nicht – wie von den Beklagten unterstellt – um eine Lebensbilanz in Form einer blindwütigen Generalabrechnung eines durch und durch verbitterten Menschen. Hinsichtlich der einzelnen Einwendungen zu den jeweiligen Zitaten wird auf S. 83 ff. des Schriftsatzes der Klägerin vom 14.11.2017 (Bl. 4085 ff. d.A.) Bezug genommen.

439
Mit im Termin vom 15.02.2018 nachgelassenem Schriftsatz vom 13.04.2018 (Bl. 4430 ff. d.A.), auf den hier wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, hat die Klägerin ihren Rechtsstandpunkt und ihr Vorbringen vertieft und eine von ihr gefertigte und kommentierte Gegenüberstellung vorgelegt zu den 109 Äußerungen, zu denen Audiodateien eingereicht worden sind; wegen der Details wird auf Anlage 3 (Bl. 4430 – 4581 d.A.) verwiesen.

440
Die Klägerin beantragt,

441
1. das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.04.2017 (14 O 323/15) abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Geldentschädigung in einer Größenordnung von mindestens 5. Mio. EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.11.2015 zu zahlen wegen der Veröffentlichung der – im Einzelnen wie im erstinstanzlichen Sachantrag aufgeführten – Passagen in dem Buch “Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ (gebundenes Buch, 256 Seiten, ISBN 987-3-453-20077-7, HEYNE-Verlag) und in dem gleichnamigen Hörbuch (gelesen von Bodo Primus, Spieldauer 7 Stunden 41 Minuten, ISBN 978-3-837130515 Random House Audio);

442
2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

443
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,

444
1. das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.04.2017 (14 O 323/15) abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen;

445
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

446
Die Beklagte zu 3) beantragt,

447
1. das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.04.2017 (14 O 323/15) abzuändern und die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 3) abzuweisen;

448
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

449
Die Beklagten zu 1) und 2) sind der Ansicht, jedenfalls mit dem Tod des Erblassers sei nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein – unterstellter – Anspruch auf Geldentschädigung wegen des Wegfalls der Genugtuungsfunktion entfallen, ohne das es auf die vorherige Rechtshängigkeit ankomme. Der Erblasser sei – zumal er unstreitig im Herbst 2014 noch seinen „Europa-Appell“ habe veröffentlichen können, sich öffentlich gezeigt habe und selbst 2016 noch ausländische Gäste empfangen habe – nicht schutzlos gewesen und die Beklagten hätten keinesfalls mit seinem Tod spekuliert. Eine unterstellte  Rechtsverletzung sei jedenfalls nicht so schwer, um eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unvererblichkeit zu rechtfertigen, zumal Politiker sich eine kritische Berichterstattung gefallen lassen müssten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf S. 25 – 31 des Schriftsatzes vom 12.01.2018 (Bl. 4209 ff. d.A.) Bezug genommen.

450
In der Sache sind die Beklagten zu 1) und 2) der Ansicht, der Beklagte zu 1) habe mit dem Erblasser keine konkludente Vertraulichkeitsvereinbarung geschlossen. Das Landgericht sei – wie auch die zu Unrecht zurückgewiesenen Tatbestandsberichtigungsanträge vom 17.05.2017 (Bl. 3375 ff. d.A.) und 19.05.2017 (Bl. 3402 ff. d.A.) im Beschluss vom 21.08.2017 (Bl. 3431 ff. d.A., vgl. auch Entscheidung über die Gegenvorstellung vom 11.12.2017 (Bl. 4002 d.A.)) zeigen würden – von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, habe erheblichen Sachvortrag sowie Beweisantritte übergangen, eine Überraschungsentscheidung getroffen und das materielle Recht, insbesondere die Grundsätze der Geldentschädigung, nicht richtig angewandt. Eine ausdrückliche Geheimhaltungsabrede liege – unstreitig – nicht vor und aus dem Verhalten des Erblassers sowie des Beklagten zu 1) könne nicht auf eine konkludente Abrede geschlossen werden. Das Landgericht habe schon keine konkreten Feststellungen getroffen, aus denen sich aus Sicht des objektivierten Empfängerhorizonts ergebe, dass der Erblasser den Abschluss einer solchen Vereinbarung erklärt und gewollt habe. Der konkludente Abschluss einer Vertraulichkeitsabrede ergebe sich nicht aus den Umständen. Soweit das Landgericht eine solche Abrede aus „der Natur der Zusammenarbeit“ angenommen habe, sei zu bemängeln, dass es hinsichtlich der tatsächlichen Umstände der Zusammenarbeit von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei. Der Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317) zugrunde gelegen habe, könne nicht herangezogen werden, weil im vorliegenden Verfahren umfassend weiter vorgetragen worden sei, wie die Zusammenarbeit zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) tatsächlich zustande gekommen und durchgeführt worden sei. Hiernach sei der Beklagte zu 1) diesem gegenüber gleichberechtigter Partner bei der Erstellung der Memoiren gewesen. Gerade der im Berufungsverfahren von der Klägerin beklagte Umstand, die Vollendung der Memoiren sei dem Erblasser nur deshalb nicht möglich gewesen, weil ihm die Tonbänder nicht zur Verfügung gestanden hätten, zeige eindringlich, wie wichtig die journalistische Interview-Leistung des Beklagten zu 1) gewesen sei, der den weitgehend ungeordneten und oftmals anekdotischen Lebenserzählungen des Erblassers eine Struktur gegeben habe, auf deren Basis er dann überhaupt erst stringente Memoiren habe verfassen können. Insofern verbiete sich eine Einschätzung seiner Tätigkeit nur als „Stichwortgeber“.

451
Dieser neue Vortrag insbesondere im Schriftsatz vom 12.07.2016 sei das Ergebnis umfangreicher Gespräche des Beklagten zu 1), einer rechtlich nicht bewanderten Naturalpartei, mit seinem Prozessbevollmächtigten sowie weiterer Sachverhaltsrecherchen. Insofern habe das Landgericht jedoch den Sachvortrag der Beklagten zu 1) und 2) im Tatbestand des angefochtenen Urteils in weiten Teilen falsch dargestellt sowie deren Beweisanträge übergangen. Das Landgericht habe auch das streitgegenständliche Buch prozessual nicht bei der Urteilsfindung auswerten dürfen. Wegen der weiteren Details wird auf S. 25 bis 48 der Berufungsbegründung vom 07.08.2017 (Bl. 3532 ff. d.A.) verwiesen. Im Übrigen – so die Ansicht der Beklagten zu 1) und 2) – sei auch die rechtliche Würdigung des Bundesgerichtshofs (Az.: V ZR 206/14) zum Vorliegen eines Vertrages zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) unzutreffend, weil nicht festgestellt worden sei, welche Partei wann und wie ein Angebot zum Vertragsschluss gemacht und wann bzw. wie die andere Partei dies angenommen habe. Allein mit der Annahme eines Auftragsverhältnisses sei für die vorliegend streitige Frage nach einer Vertraulichkeitsabrede im Übrigen auch nichts gewonnen. Auch die Entscheidung des Senats im einstweiligen Verfügungsverfahren (15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258) könne nicht herangezogen werden, weil sie dogmatisch nicht überzeuge und zudem den neuen Sachvortrag aus dem Schriftsatz vom 12.07.2016 ebenfalls nicht habe berücksichtigen können. Insofern sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Erblasser der Rolle des Beklagten zu 1) als Historiker und Journalist bei den rein journalistischen Interviews bewusst gewesen sei, er allenfalls passiv durch Sich-Hinwegsetzen über bestimmte Sicherheitsanforderungen die sonstige Materialrecherche gefördert habe und der Erblasser zudem sein Einverständnis in eine spätere Auswertung des Materials gegeben habe.

452
Spiegelbildlich fehle es auch auf Seiten des Beklagten zu 1) an einem objektiven Erklärungstatbestand, der den Rückschluss auf eine solche konkludente Vertraulichkeitsabrede zulasse. Dieser habe – selbst nach dem Vortrag des Erblassers – zu keinem Zeitpunkt eine Handlung vorgenommen, die als Hinweis darauf habe verstanden werden können, dass der Beklagte zu 1), der als Publizist und Journalist zur Geheimhaltung der vermittelten Informationen auch gar nicht bereit gewesen wäre, eine solche Abrede habe abschließen wollen.

453
Für den Abschluss einer Vertraulichkeitsabrede – so weiter die Ansicht der Beklagten zu 1) und 2) – könne auch nicht auf die Regelung des § 151 S. 1 BGB zurückgegriffen werden. Ein solcher Rückgriff stelle zunächst eine unzulässige Überraschungsentscheidung des Landgerichts dar, welches keinen Hinweis in diese Richtung erteilt habe. Daneben sei § 151 S. 1 BGB im vorliegenden Fall schon deshalb nicht anwendbar, weil es keine Verkehrssitte gebe, nach der es für den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung nicht auf den Zugang der Annahmeerklärung ankomme. Schließlich weiche der auf § 151 S. 1 BGB gestützte Begründungsansatz von der wenige Seiten zuvor vertretenen Ansicht des Landgerichts ab, der Erblasser habe sich mit dem Beklagten zu 1) konkludent geeinigt, da § 151 S. 1 BGB keine Einigung konstituiere, sondern lediglich ermögliche, dass auf den Zugang der entsprechenden Willenserklärung des Vertragspartners (Annahme) verzichtet werde.

454
Die Erwägungen des Landgerichts zur Zurechnung nach § 830 BGB seien rechtfehlerhaft; sie würden die Reichweite des Presseprivilegs durch Überspannung der Anforderungen an die Güterabwägung bei rechtswidriger Informationsbeschaffung ebenso verkennen wie die fehlende Kenntnis des Beklagten zu 2) vor der angeblichen Geheimhaltungsabrede. Die Beklagten zu 1) und 2) sind weiter der Ansicht, dass auch sonstige Gründe für eine Pflicht zur vertraulichen Behandlung der vom Erblasser gegenüber dem Beklagten zu 1) getätigten Äußerungen nicht ersichtlich seien. Die wiedergegebenen Zitate beträfen keine privaten Gesprächsgegenstände, sondern bezögen sich nahezu ausschließlich auf politische Weggefährten und Gegner des Erblassers. Sie seien auch nicht in einer privaten Gesprächssituation, sondern im Rahmen eines journalistischen Interviews mit dem Beklagten zu 1) geäußert worden, wobei sich der Erblasser der Aufzeichnung der Gespräche stets bewusst gewesen sei. Auch die die erste Ehefrau des Erblassers betreffenden Äußerungen könnten nicht, wie es das Landgericht getan habe, der innersten Privatsphäre zugeordnet werden, weil die mögliche Einflussnahme von J auf politische Entscheidungen thematisiert worden sei und der Erblasser selbst sein Familienleben zuvor der Öffentlichkeit geöffnet habe. Die teilweise vom Erblasser verwendeten drastischen und umgangssprachlichen Ausdrücke könnten zwar Beleidigungen darstellen, jedoch habe der Erblasser es allein in der Hand gehabt zu entscheiden, ob und wie er sich gegenüber Dritten äußerte. Insbesondere sei dabei seine – unstreitig erfolgte – Äußerung im Interview mit Herrn Dr. AV zu berücksichtigen („Ich bin ein freier Mann, ich kann zum ersten Mal in meinem Leben so frei reden, wie ich nur mag! Und das genieße ich“).

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Die Beklagten zu 1) und 2) sind weiter der Ansicht, es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung der Zitate, da das Buch darauf ausgerichtet sei, Widersprüche zwischen der öffentlichen (Selbst-) Darstellung des Erblassers einerseits und seinem Reden und Wirken „hinter den Kulissen“ andererseits aufzudecken, was für eine Kontrolle politischer Macht durch politisch mündige Bürger unerlässlich sei. Mit dem Tod des Erblassers seien die Tonbandprotokolle nunmehr zu seinem historischen Vermächtnis geworden, das für die Öffentlichkeit im Hinblick auf das Verständnis seiner Person von ebenso hohem Interesse sei.

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Das Landgericht habe zudem die Authentizität der beanstandeten Zitate zu Unrecht in Zweifel gezogen Die Darlegungs- und Beweislast für etwaige Fehler liege allein auf der Klägerseite. Das Landgericht habe zu Unrecht (und angesichts eines früheren gegenteiligen Hinweises überraschend) eine erweiterte/sekundäre Darlegungslast der Beklagten konstruiert und verkannt, dass die Beklagten einer solchen jedenfalls mit Vorlage der Transkripte und der Audiodateien in erster Instanz ausreichend nachgekommen seien. Da der Klägerseite die Originaltonbänder vorlägen, sei sie selbst zu einem substantiierten Vortrag zur angeblichen Fehlerhaftigkeit der Zitate in der Lage. Dass auf ca. 4/5 der Originaltonbänder, vermeintlich durch ein Verhalten des Beklagten zu 1), angeblich die Stimme des Erblassers nicht mehr zu hören sei, habe man – entgegen dem Landgericht – bereits in erster Instanz hinreichend und zulässig mit Nichtwissen bestritten. Der gesamte Vortrag der Klägerseite dazu sei – zumal Magnettonbänder eine Lebensdauer von bis zu 30 Jahren hätten – prozessual unzulässig und verspätet; zumindest hätte das Landgericht Beweis zum Zustand der Bänder erheben müssen

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Auch das Bestreiten der Authentizität der Zitate sei nicht ausreichend erfolgt und verspätet. Nachdem die Klägerseite mit Schriftsatz vom 24.10.2016 erstmals nach mehrjähriger Verfahrensdauer und 2 ½ Jahre nach Erhalt der Originaltonbänder behauptet habe, die Zitate Nr. 103, 27, 17, 11, 97, 16, 19, 21, 22, 49, 62, 89 und 100 seien unrichtig wiedergegeben, hätten sie – die Beklagten zu 1) und 2) – mit Schriftsatz vom 28.11.2016 (Bl. 2354 ff. d.A.) als Anlage OC 26 (Bl. 2672a d.A.) dazu Audio-Dateien und Transkripte in Anlagen OC 25, 27 bis 42 (Bl. 2671 f., 2673 ff. d.A.) vorgelegt, welche die korrekte Wiedergabe der genannten 13 Zitate belegen sollten. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Beklagten zu 1) und 2), dass die Zitate zutreffend wiedergegeben worden und lediglich unbeachtliche sprachliche Glättungen vorgenommen worden seien, wird auf die Ausführungen auf S. 87 – 95 der Berufungsbegründung vom 07.08.2017 (Bl. 3595 ff) sowie auf S. 5 ff. des Schriftsatzes vom 12.01.2018 (Bl. 4185 ff.) Bezug genommen.

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Zu den weiteren Zitaten habe sich die Klägerseite weder erster Instanz noch im Berufungsverfahren substantiiert geäußert, so dass für die Beklagten in erster Instanz kein Anlass bestanden habe, über die bereits angebotenen Beweise (Audiodatei-Vorlage und Zeugenvernehmung) hinauszugehen. Die Authentizität der der 109 nicht beanstandeten Zitate sei schon deshalb prozessual unstreitig, weil die Klägerin nur pauschal vortrage. Im Übrigen seien zu jedem einzelnen der streitgegenständlichen Zitate zunächst die Transkriptionen (Anlagen OC 44 – OC 139, Bl. 2695 – 2878 d.A.) sowie mit der Berufungsbegründung (Anlage OC-B 5, Bl. 3739 d.A.) die Audio-Dateien vorgelegt. Soweit das angefochtene Urteil die Transkripte als unzureichend bezeichnet habe, sei dies für die Beklagten zu 1) und 2) überraschend geschehen und es seien die Beweisantritte übergangen worden. Der Verweis auf die nach ihrer Ansicht unzulässige Vorlageanordnung des Landgerichts nach § 142 ZPO trage nicht. Die Vorlage der Audio-Dateien sei damit auch nicht prozessual verspätet. Die auf der Anlage OC-B 5 nicht oder nicht vollständig enthaltenen Zitate (Nr. 1, 2, 22, 31, 32, 45, 66, 73 und 78) seien ebenfalls vom Erblasser geäußert worden und lediglich aufgrund eines nicht mehr aufklärbaren Kopierfehlers auf den nunmehr vorgelegten Digitalkopien nicht enthalten. Das Landgericht habe zudem den Schriftsatz vom 30.03.2017 (Bl. 3107 ff. d.A.), mit dem eine weitere Audiodatei in Anlage OC 140 (Bl. 3106 d.A.) zu Äußerung Nr. 17 vorgelegt worden sind, zu Unrecht nach § 296a ZPO behandelt und nicht zum Anlass einer Wiedereröffnung genommen.

459
Im Übrigen sei es keinesfalls um einen „Rufmord“ des Erblassers gegangen, sondern um eine Berichterstattung über diesen als herausragende Person der Zeitgeschichte. Insofern habe das Landgericht bei der weiteren Abwägung zu den einzelnen Passagen sowohl bei der inhaltlichen Kontrolle (Authentizität und Kontext) als auch bei der Abwägungsentscheidung fehlerhafte Ausführungen gemacht wie im Detail auf S. 104 – 167 der Berufungsbegründung vom 07.08.2017 (Bl. 3612 ff. d.A.) ausgeführt.

460
Schließlich habe das Landgericht die Grundsätze der Geldentschädigung nicht richtig angewendet. Der Beklagte zu 2) macht geltend, dass eine zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) vermeintlich bestehende Vertraulichkeitsabrede ihn – der schon nach dem eigenen Vortrag des Erblassers nicht Vertragspartei geworden sei – nicht habe binden können. Ein unterstellter Verstoß gegen eine unterstellte Geheimhaltungsabrede wäre zudem zumindest gerechtfertigt gewesen wegen des schutzwürdigen Interesses an der Veröffentlichung der Äußerungen des Erblassers als historisches Vermächtnis – welches sich auch an diversen Veröffentlichungen und Stellungnahmen zum Thema zeige . Schutzwürdige Interessen des Erblassers an der Nichtveröffentlichung der in der Regel nur die Öffentlichkeitssphäre betreffenden Äußerungen seien nicht erkennbar, zumal etwaige Beleidigungen durch den Erblasser schon durch die Äußerung gegenüber dem Beklagten zu 1) als Drittem strafrechtlich vollendet gewesen seien. Das Landgericht verliere sich in Spekulationen, wenn es beim Erblasser eine emotionale Ausnahmesituation angenommen habe.

461
Schließlich machen die Beklagten zu 1) und 2) geltend, dass eine eventuelle Persönlichkeitsrechtsverletzung – auch mit Blick auf die Entscheidung des Landgerichts Köln vom 07.10.2014 – 28 O 433/14 (Anlagenkonvolut B (3) 1, Bl. 795 ff. d.A.) – jedenfalls nicht schuldhaft erfolgt sei. Der Publikation des Buches sei eine intensive juristische Prüfung der Beklagten zu 3) vorausgegangen; weitergehende Rechtskenntnisse als die eines seit Jahrzehnten tätigen Verlagsunternehmens und einer einschlägig spezialisierten Landgerichtskammer könnten von ihnen als rechtsunkundigen Naturalparteien nicht erwartet werden.

462
Zumindest sei zu Lasten des Beklagten zu 2) eine Zurechnung auch nicht unter dem Gesichtspunkt des „bewussten und gewollten Zusammenwirkens“ möglich, weil dies zum einen die Reichweite des ihm zustehenden Presseprivilegs verkenne und zum anderen daran scheitere, dass er die – angeblich – zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) bestehende Abrede in ihren Einzelheiten und Auswirkungen nicht gekannt habe.

463
Eine – unterstellte – Persönlichkeitsrechtsverletzung sei schließlich jedenfalls nicht schwerwiegend, zumal die Äußerungen tatsächlich getätigt worden seien und dies noch in einer geschäftlich-publizistischen Situation und diese auch von öffentlichem Interesse seien. Es bestünde neben einem etwaigen Unterlassungsanspruch kein unabwendbares Bedürfnis für eine Geldentschädigung, zumal eine Richtigstellung der angeblichen Fehlzitate nicht begehrt worden sei. Das Landgericht habe insbesondere auch nicht berücksichtigt, dass der Erblasser nicht gegen dieAY GmbH & Co. KG vorgegangen sei und/oder gegen die nach seinem Vortrag unautorisierte Publikation von Dr. AV. Jedenfalls sei aber die Höhe der Geldentschädigung maßlos übersetzt, da die Person des Erblassers nach den Gesamtumständen nicht „an ihrer Basis“ verletzt worden sei, so dass das Geschehen ersichtlich nicht die höchste jemals zuerkannte Geldentschädigung tragen könne. Dies gelte umso mehr, als diese hier faktisch wie eine (gerade nicht vereinbarte) Vertragsstraferegelung wirke und ohne jede Absprache die vom Landgericht angenommene (konkludente) Geheimhaltungsabrede schütze.

464
Die Beklagte zu 3) ist ebenfalls der Ansicht, ein unterstellter Anspruch des Erblassers auf Geldentschädigung sei mit dessen Tod untergegangen. Die mit dem Ausnahmerechtsbehelf der Geldentschädigung verfolgte Genugtuungsfunktion könne nicht mehr erreicht werden. Die Präventionsfunktion sei nachrangig, solle nur den konkret Betroffenen vor weiteren Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts schützen und nicht generalpräventive und damit strafähnliche Wirkungen entfalten, solche Erwägungen dürften daher keine Rolle spielen. Hier würden mit dem Tod keine weiteren Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu Lasten des Erblassers mehr drohen; das postmortale Persönlichkeitsrecht werde durch Unterlassungsansprüche geschützt. Zudem würde eine Zahlung an die Erben den Charakter des nur Lücken im Persönlichkeitsrechtsschutz füllenden Anspruchs verändern; mit anderen Worten sei der Anspruch von der Rechtsprechung nicht entwickelt worden, um die Erben des Verletzten zu „bereichern“. Die Vererblichkeit des Schmerzensgeldanspruchs trage keine andere Sichtweise. Dem Erblasser sei zudem bewusst gewesen, dass über seine Geldentschädigungsforderung vom Landgericht noch nicht rechtskräftig entschieden gewesen sei, so dass auch aus der erstinstanzlichen Verurteilung keine Vererblichkeit abzuleiten sei. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unvererblichkeit sei ebenfalls nicht zu machen. Insbesondere habe man nicht mit dem Tod des Erblassers spekuliert, der obendrein – unstreitig – im 2013 noch Trauzeuge bei einer Hochzeit gewesen sei. Zudem sei bis zur Entscheidung des BGH vom 23.05.2017 nicht gesichert gewesen, dass zur Annahme einer Vererblichkeit nicht die Rechtshängigkeit – mit der angesichts der anwaltlichen Beratung hier zu rechnen gewesen sei – genügen würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf S. 20 ff. des Schriftsatzes vom 12.01.2018 (Bl. 4245 ff. d.A.) Bezug genommen.

465
In der Sache ist die Beklagte zu 3) der Ansicht, dem Erblasser habe aber ohnehin auch zu seinen Lebzeiten kein Anspruch auf Geldentschädigung zugestanden. Insbesondere habe der Erblasser dadurch, dass er jedenfalls zunächst jahrelang nicht gegen die Verbreitung eines wesentlichen Teils der streitgegenständlichen Passagen durch die AY GmbH & Co KG – die unstreitig auch eine Video-Präsentation mit einem Teil der streitgegenständlichen Äußerungen (Anlage B (3) 50, Bl. 3813 ff. d.A. abrufbar vorhielt – vorgegangen sei, demonstriert, dass die Veröffentlichung ihr gar nicht so schwer treffen könne, wie im Verfahren mit großer Emotionalität vorgetragen; dies schließe einen Anspruch bereits per se aus.

466
Zudem liege schon keine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Eine Haftung der Beklagten zu 3) im Sinne einer vermeintlichen Mittäterschaft an einer Verletzung einer Vertraulichkeitspflicht scheitere schon daran, dass es eine solche Pflicht des Beklagten zu 1) nicht gegeben habe. Dieser habe sich schon gegenüber dem Verlag nicht zur Geheimhaltung über die Gespräche mit dem Erblasser verpflichtet, weil sich die Regelung in § 8 des Verlagsvertrages gerade nicht auf diese Gespräche bezogen habe. Auch habe er keine solche Vereinbarung mit dem Erblasser getroffen. Es handele sich um eine „dogmatisch bemerkenswerte Weiterentwicklung des allgemeinen Schuldrechts“, wenn es für den konkludenten Abschluss eines Geheimhaltungsvertrages ausreichen sollte, dass eine Partei zur Erreichung ihrer (angeblichen) Zwecke auf Vertraulichkeit angewiesen sei. Zudem sei anlässlich der Gespräche mit dem Erblasser auch über die Buchprojekte „Tagebuch“ und „Pfarrer EA“ – letzteres einem Projekt des Zeugen Dr. AU – gesprochen worden, so dass – die Argumentation des Landgerichts unterstellt – letztlich alles, was anlässlich dieser Gespräche geäußert worden sei, einer Geheimhaltungsvereinbarung unterfallen müsse. Dafür seien jedoch keine Anhaltspunkte erkennbar.

467
Unabhängig von der fehlenden Geheimhaltungspflicht des Beklagten zu 1) sei jedenfalls sie – die Beklagte zu 3) – in eine solche vertragliche Beziehung nicht eingebunden gewesen. Eine Zurechnung nach § 830 BGB scheide aus, weil diese Norm nicht auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen anwendbar sei, die auf der Verletzung einer vermeintlichen konkludenten Geheimhaltungsabrede beruhten. Auch fehle es an einem bewussten und gewollten Zusammenwirken ihrerseits mit den Beklagten zu 1) und 2). Der im Vorwort des Buches verwendete Begriff „Teamwork“ beziehe sich auf die Zusammenarbeit der Beklagten zu 1) und 2). Auf die nicht protokollierte Aussage ihres Justitiars in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im einstweiligen Verfügungsverfahren, wonach diesem „3.000 Seiten Tonbandabschriften“ vorgelegen hätten, könne die Zurechnung ebenfalls nicht gestützt werden. Es sei schon höchst ungewöhnlich, dass Äußerungen eines Parteivertreters in einer „durchaus hitzigen Diskussion“ im Rahmen einer mehrstündigen Verhandlung in den Tatbestand der Entscheidung im Verfügungsverfahren aufgenommen worden seien. Darüber hinaus habe sie – die Beklagte zu 3) – im vorliegenden Verfahren ausdrücklich vorgetragen, dass ihr nur eine Auswahl an Zitaten zur Begutachtung vorgelegen habe. Auch von der vermeintlichen Geheimhaltungspflicht des Beklagten zu 1) habe sie weder ausdrücklich gewusst noch durch die äußeren Umstände – wie das Stattfinden der Gespräche im Keller und die sporadischen Anweisungen des Erblassers, das Tonband abzustellen – einen Rückschluss ziehen können.

468
Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung hinsichtlich der im landgerichtlichen Urteil aufgeführten Zitate Nr. 12, 17, 22, 29, 33, 56, 59, 61, 66, 69, 78, 82, 85, 89, 90, 94, 98, 99 und 101 folge nicht aus der fehlenden Darlegung der Authentizität dieser Äußerungen. Dabei sei es schon prozessual unzulässig, dass das Landgericht allein deshalb von der Unwahrheit der Zitate ausgegangen sei, weil die Beklagten deren Wahrheit nicht von sich aus im Einzelnen dargelegt hätten. Denn vorliegend treffe die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Unwahrheit der streitgegenständlichen Äußerungen. Selbst wenn von einer Umkehr der Beweislast entsprechend § 186 StGB wegen Ehrbeeinträchtigung ausgegangen würde, sei sie – die Beklagte zu 3) – jedenfalls insoweit nicht darlegungs- und beweispflichtig, soweit die Klägerin die fehlende Authentizität nicht substantiiert bestritten habe. Entgegen der Ausführungen des Landgerichts sei dies bereits dem Erblasser möglich gewesen. Denn selbst wenn die betreffenden Äußerungen rund fünfzehn Jahre zurücklägen, sei zu berücksichtigen, dass der Erblasser bis zur Schlussphase der ersten Instanz überhaupt nicht geltend gemacht habe, dass seine Zitate unzutreffend wiedergegeben worden seien.

469
Soweit mit Schriftsatz vom 24.10.2016 erstmals geltend gemacht worden sei, dreizehn Zitate seien nach Überprüfung der zwischenzeitlich vom Beklagten zu 1) im Rahmen der Zwangsvollstreckung herausgegebenen Tonbänder nicht authentisch und die weiteren 103 Zitate seien mangels schlechter Verständlichkeit bzw. Löschung der Aufnahme nicht zu verifizieren, sei dies in erster Instanz ausdrücklich bestritten und mit Schriftsatz vom 28.11.2016 beantragt worden, dem Erblasser die Vorlage der Originaltonbänder aufzugeben. Eine solche Anordnung habe das Landgericht jedoch verfahrensfehlerhaft unterlassen. Im Übrigen habe die Kammer auch den Vortrag des Beklagten zu 1) fehlinterpretiert, wonach dieser die Tonbänder gelöscht bzw. eine Löschung „passiv geduldet“ habe. Der vom Landgericht herangezogene Text auf Seite 15/16 des Buches beinhalte gerade die Aussage, dass der Beklagte zu 1) eine solche Löschung nicht vorgenommen habe. Auch soweit die Kammer im einstweiligen Verfügungsverfahren eine angebliche Löschung von ca. 4/5 der Originaltonbänder als unstreitig bezeichnet habe, sei dies unzutreffend und Gegenstand eines entsprechenden Tatbestandsberichtigungsantrages.

470
Auch hinsichtlich der weiteren Zitate habe das Landgericht in prozessual unzulässiger Weise das späte Bestreiten des Erblassers hinsichtlich der Authentizität für beachtlich gehalten. Die im Urteil erwähnten „begründeten Zweifel an der Richtigkeit der behaupteten Äußerungen“ hätten jedoch durch die Kammer aufgeklärt werden müssen, weil sie – die Beklagte zu 3) – sich zum Beweis der Authentizität auf die Inaugenscheinnahme der Originaltonbänder berufen habe, die im Besitz der Klägerin seien.

471
Die Beklagte zu 3) behauptet weiter, dass die dokumentierten Zitate mit Ausnahme von sprachlichen Glättungen und des Auslassens von Störlauten in dem Buch inhaltlich zutreffend wiedergegeben worden seien. Abweichungen zwischen den Audio-Dateien und den Transkripten beruhten erkennbar darauf, dass die Zeugin AW bei der Erstellung der Transkripte bemüht gewesen sei, aus immer wieder angefangenen und abgebrochenen Wörtern und Sätzen im Redefluss des Erblassers sinnvolle Sätze zu formen. Soweit bei Zitat Nr. 99 die Formulierung „…“ enthalten sei, handele es sich um eine Metapher der Beklagten zu 1) und 2) für eine Äußerung des Erblassers („…“); diese Metapher sei im Buch nur versehentlich kursiv als Zitat gekennzeichnet worden. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Beklagten zu 3) zu den von der Klägerin gerügten Zitaten wird auf S. 42 ff. der Berufungsbegründung vom 04.08.2017 (Bl. 3785 ff. d.A.) und S. 1 ff. des Schriftsatzes vom 12.01.2018 (Bl. 4226 ff. d.A.) sowie auf das Anlagenkonvolut B (3) 63 (Bl. 4250 ff. d.A.) Bezug genommen.

472
Das Landgericht habe zudem an keiner Stelle seines Urteils deutlich gemacht, warum die behaupteten Unterschiede zwischen den veröffentlichten Zitaten und den vorgelegten Audiodateien, den Transkripten oder dem vom Erblasser behaupteten Text so erheblich seien, dass diese einen Unterlassungsanspruch, geschweige denn einen Geldentschädigungsanspruch rechtfertigen könnten. Gleiches gelte für die Beanstandung, einzelne Zitate seien nicht in der wiedergegebenen Reihenfolge und damit auch nicht in dem konkreten Zusammenhang getätigt worden, wobei nicht geprüft werde, ob sie dadurch tatsächlich einen anderen Sinngehalt bekommen hätten.

473
Die Beklagte zu 3) ist der Ansicht, an der Veröffentlichung der Zitate bestehe ein überwiegendes öffentliches Informationsinteresse. Hinsichtlich der dazu zu den einzelnen Zitaten und zum Interesse an den Äußerungen im allgemeinen geltend gemachten Gründe wird auf S. 32 ff./48 ff. der Berufungsbegründung vom 04.08.2017 (Bl. 3775/3721 ff. d.A.) verwiesen. Sie ist weiter der Ansicht, der durchschnittliche Rezipient des Buches gehe nicht davon aus, dass die streitgegenständlichen Zitate des Erblassers sämtlich in exakt diesem Wortlaut bzw. in einem engen zeitlichen Zusammenhang gefallen seien. Vielmehr sei der Durchschnittsleser bei Äußerungen von Politkern gewohnt, dass diese – auch bei Verwendung von Anführungszeichen – in zusammengefasster Form präsentiert würden. Auch zeige die Formulierung auf dem Klappentext des Buches, dass gerade keine objektive Darstellung des Erblassers, sondern eine Auswahl von Zitaten veröffentlicht werde, die nach Ansicht der Autoren ein authentisches Bild des Erblassers zeichneten. Es sei ihnen – den Beklagten – nicht um eine „Demontage“ des Erblassers gegangen, sondern sie hätten einen Beitrag zu einer differenzierten Betrachtung seiner Persönlichkeit liefern wollen.

474
Die Beklagte zu 3) ist der Ansicht, die Persönlichkeitsrechtsverletzungen seien jedenfalls nicht schwer, zumal es allenfalls um marginale Ungenauigkeiten bei den – sei es zusammengesetzten – Zitaten gehe und die angeblichen Ausblendungen von weiteren Erläuterungen des Erblassers keine echte Relevanz hätten. Im Hinblick auf die Pressefreiheit bestehe kein Anspruch darauf, dass aus der Fülle von Äußerungen auch positivere Passagen herausgesucht und so ein „ausgewogenes Bild“ des Erblassers gezeichnet werde. Keiner habe einen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie es seinem Selbstbild bzw. den Vorstellungen der Klägerin entspreche, zumal der Durchschnittsrezipient nach dem Gesamtkontext des Buches mit einer von den Autoren getroffenen Auswahl konfrontiert wird. Insofern gehe auch der Vortrag zu einer angeblichen „Entwertung der Memoiren“ des Erblassers fehl. Die Klägerin verkenne, dass gerade Widersprüche zwischen der offiziellen Selbstdarstellung und der Realität ein Berichterstattungsinteresse begründen würden. Der Wunsch der Klägerin zur Idealisierung des Erblassers sei nicht schutzwürdig, zumal dieser – so die Beklagte zu 3) – tatsächlich auch unversöhnlich habe sein können, wie etwa ein Interview von H im Spiegel (Anlage B (3) 66, Bl. 4306 d.A.) beispielhaft belege.

475
Die erst neuerlich erhobene Klage auf Gewinnabschöpfung zeige zudem, dass vorliegend nicht die Ausgleichung eines angeblichen immateriellen Schadens gewünscht gewesen sei, der auch nach Ausnutzung aller gesetzlichen Ansprüche unter Umständen verbleibe; im Kern sei es stets nur um eine Bestrafung der Beklagten gegangen und dazu diene das Rechtsinstitut der Geldentschädigung nicht.

476
Jedenfalls sei die Höhe der ausgeurteilten Geldentschädigung übersetzt. Den Beklagten sei es nicht um die alleinige Deutungshoheit über den politischen Nachlass des Erblassers gegangen, sondern allenfalls – wie auch von anderer Seite befürchtet – um die Verhinderung der alleinigen Deutungshoheit der Klägerin. Das Buch liefere einen Beitrag zu einer differenzierten Betrachtung der Persönlichkeit des Erblassers. Da eine freie Presse auf wirtschaftlichen Erfolg angewiesen sei, sei auch nicht zu beanstanden, dass Gewinnerzielungsabsichten bestanden hätten. Die dogmatische Grundlage und Funktion des Geldentschädigungsanspruchs schließe zuletzt eine gesamtschuldnerische Haftung aus.

477
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten zu 1) und 2) bzw. der Beklagten zu 3) vom 08.05.2018 (Bl. 4587 ff. d.A. und 4610 ff d.A.) lagen vor.

478
Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

479
Die Akten LG Köln 28 O 427/14 und 28 O 445/14 lagen ebenfalls vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

480
II.

481
Die Berufungen der Parteien sind zulässig. Die Berufung der Klägerin hat in der Sache jedoch keinen, die Berufung der Beklagten hingegen in vollem Umfang Erfolg.

482
Denn der Klägerin steht in dem für die rechtliche Beurteilung durch den Senat allein maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der hier verfolgte Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen der Veröffentlichung der im Antrag aufgeführten 116 Passagen in dem Buch/Hörbuch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt (mehr) zu.

483
A. Auch wenn es aus den nachstehend zu B. ausgeführten Gründen darauf nicht ankommt, sprechen allerdings – worauf der Senat im Termin vom 15.02.2018 (Bl. 4389 d.A.) hingewiesen hat – gute Gründe dafür, dass dem Erblasser jedenfalls zu Lebzeiten ein Anspruch auf Zahlung einer empfindlichen Geldentschädigung aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten zugestanden hat, für die diese im Grundsatz aufgrund der einheitlichen Veröffentlichung gesamtschuldnerisch gehaftet hätten (vgl. allgemein BGH v. 17.12.2013 – VI ZR 211/12, NJW 2014, 2029 und in Abgrenzung dazu BGH v. 22.01.1985 – VI ZR 28/83, NJW 1985, 1617).

484
I. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur dann einen Anspruch auf Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden und schuldhaft begangenen Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. etwa nur BGH v. 14.11.2017 – VI ZR 534/15, BeckRS 2017, 139081 Tz. 19).

485
II. Zu Lebzeiten des Erblassers lagen zweifelsfrei Persönlichkeitsrechtsverletzungen des Erblassers mit den im Kern zutreffenden Ausführungen des Landgerichts vor.

486
Angesichts der Vorlage weiterer Audiodateien in der Berufungsinstanz, deren Authentizität als solche nicht im Streit steht und die deswegen trotz § 531 Abs. 2 ZPO vom Senat bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen sind, ist zwar nicht in gleichem Umfang von der Veröffentlichung gänzlich unbelegter Zitate des Erblassers auszugehen wie es das Landgericht noch getan hat und der erstinstanzlichen Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung von 1 Mio. EUR zugrunde gelegt hat. Soweit die Parteien meinen, dass das Landgericht den Vortrag der jeweils anderen Seite zur Authentizität/Nicht-Authentizität der Zitate wegen Verspätung hätte zurückweisen müssen, verkennen sie schon, dass eine verfahrensfehlerhafte Zulassung verspäteten Vortrages in zweiter Instanz ohnehin nicht mehr zu korrigieren wäre (statt aller Musielak/Voit/Ball, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 531 Rn. 13). Insofern trägt auch die Rüge der angeblich verfahrensfehlerhaft unterlassenen Wiedereröffnung ersichtlich nicht.

487
Indes sind auch unter vollumfänglicher Berücksichtigung der nunmehr vorgelegten weiteren Audiodateien und der von den Beklagten selbst eingereichten und deswegen zumindest zu ihren Lasten zu verwertenden Transkripte in den hier angegriffenen 116 Passagen des Buches weiterhin zahlreiche Fehlzitate und Kontextverfälschungen festzustellen, die auf eine grobe Verletzung der journalistischen Sorgfalt durch die Beklagten bei der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Werks hindeuten und die der Erblasser mit Blick auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG, Art 2 Abs. 1 GG ersichtlich nicht zu dulden gehabt hätte.

488
Die Beklagten haben sich – entgegen ihren Beteuerungen (etwa auf S. 38 der Berufungsbegründung der Beklagten zu 1) und 2) = Bl. 3545 d.A.) und S. 21 der Berufungsbegründung des Beklagten zu 3) = Bl. 3764 d.A.) – zudem selbst bei den angegriffenen 116 Passagen in den Fällen Nr. 15, 20, 59, 95, 96, 110, 111 und 113 nicht daran gehalten, dass der Erblasser schon bei den Tonbandaufnahmen eine Veröffentlichung der jeweiligen Äußerungen ausdrücklich untersagt hatte (im Folgenden: Sperrvermerkszitate), obwohl sie sich nach eigenem Vorbringen zumindest dazu rechtlich wie moralisch als verpflichtet angesehen haben.

489
Zum anderen lag zumindest in der Verwendung der (angeblich) wörtlichen Äußerungen des Erblassers (sowie der Äußerung Nr. 111 als Sonderfall) unter Bruch einer den Beklagten zu 1) treffenden (vertraglichen) Verschwiegenheitspflicht, die den Beklagten zu 2) und 3) aus den maßgeblichen Umständen der Gewinnung der Äußerungen auch bekannt war, eine eigenständige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Erblassers, weil damit dessen Privatsphäre in Form seiner Geheim- bzw. Vertraulichkeitssphäre verletzt worden ist. Zwar bestand für die Veröffentlichung der streitgegenständlichen (vermeintlichen) Originalzitate teilweise ein öffentliches Informationsinteresse, doch konnte dieses die berechtigten Interessen des Erblassers an der Geheimhaltung der betreffenden Äußerungen im Wortlaut unter den erkennbaren besonderen Umständen des vorliegenden Falles jedenfalls in keinem Fall überwiegen. Der Beklagte zu 1) konnte sich wegen der ihn treffenden vertraglichen Verschwiegenheitspflichten ohnehin nicht mehr auf seine Rechte aus Art 5 Abs. 1 GG berufen, was bei der Abwägung im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB schon von vorneherein zu seinen Lasten gehen musste. Auf die Frage nach der Authentizität der Zitate kam es für diese eigenständige Verletzungshandlung letztlich gar nicht an, weil eine fehlende Authentizität dem Durchschnittsrezipienten ohnehin nicht erkennbar war und er sie vollumfänglich dem Erblasser als Teil von dessen in den Aufnahmen „verdinglichter“ Persönlichkeit zuschreiben musste

490
Ob daneben in Anlehnung an die Ausführungen des Senats im Urteil vom 05.05.2014 – 15 U 193/14 (NJW-RR 2015, 1258) im einstweiligen Verfügungsverfahren auch die Veröffentlichung derjenigen Teile der hier angegriffenen 116 Passagen, die nicht (vermeintlich) wörtliche Zitate des Erblassers betrafen, sondern Meinungsäußerungen der Beklagten zu 1) und 2), eine Wiedergabe von sonstigen Informationen (wie etwa die Äußerung Nr. 8) und/oder Ausführungen unter Zusammenfassung von (vermeintlichen) Äußerungen des Erblassers, eine (weitere) Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Erblassers zu Lebzeiten darstellte, etwa unter dem Gesichtspunkt einer komplexen Preisgabe der Persönlichkeit des Erblassers (dazu BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667), bedarf wegen des unten zu B. näher Auszuführenden letztlich dann keiner Entscheidung des Senats. Denn auch ein – hier unterstellter – Anspruch auf Geldentschädigung ist jedenfalls durch den Tod des Erblassers unwiederbringlich in Wegfall geraten (vgl. unten B.).

491
Aus gleichen Gründen bedarf keiner Aufklärung, ob jedenfalls die bis zuletzt nicht mittels Audio-Dateien belegten (angeblichen) Zitate des Erblassers (Nr. 1, 2, 22, 31, 32, 45, 66, 73 und 78) von diesem tatsächlich getätigt worden sind oder dem Erblasser unter Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflichten in der streitgegenständlichen Veröffentlichung untergeschoben worden sind, würde dies auch bei der Bemessung einer Geldentschädigung sicherlich ein zu berücksichtigender Umstand sein.

492
Schon mit Blick auf die selbst gewählte Beschränkung des Klageantrages auf 116 Passagen bedarf schließlich auch die Bewertung der Veröffentlichung im Übrigen keiner Vertiefung.

493
Im Einzelnen gilt zu den eingangs genannten Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber – soweit auch für die noch zu B. zu erörternden Fragen von Belang – Folgendes:

494
1. Der Beklagte zu 1) hat – ohne dass es insofern auf die Frage eines Vorliegens von Fehlzitaten ankommen würde, weil auch bei unterstellt zutreffender Zitierweise nichts anderes gelten würde – das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Erblassers (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 2 Abs. 1, 1 Abs. 2 GG) zumindest durch Weitergabe der (vermeintlichen) Äußerungen des Erblassers – sei es in Ton- oder in Transkriptform – und die Mitwirkung an der streitgegenständlichen Veröffentlichung der Zitate im (vermeintlichen) Originalwortlaut (wozu auch die Äußerung Nr. 111 als Sonderfall eine unmittelbar indirekt wiedergegebenen Äußerung zu zählen ist) verletzt. Da der Beklagte zu 1) aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht umfassend vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet war, kam es dabei auf eine Abwägung im Zuge des Rahmenrechtscharakters des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit Blick auf sein Grundrecht aus Art 5 Abs. 1 GG, auf dass er insofern wirksam vertraglich verzichtet hat (vgl. bereits Senat v. 05.05.2014 – 15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258 Tz. 31), nicht mehr an.

495
a) Den Beklagten zu 1) traf eine umfassende Verschwiegenheitspflicht als Nebenpflicht aus einer mit dem Erblasser konkludent abgeschlossenen vertraglichen Rechtsbeziehung sui generis mit Anlehnung an das Auftragsrecht, die sich sowohl auf die eigenmächtige Verbreitung der Tonbandaufnahmen im Wortlaut als auch – worauf es im hiesigen Zusammenhang nicht ankommt – auf die ihm als „Ghostwriter“ anvertrauten sonstigen Informationen und Einschätzungen des Erblassers erstreckt, soweit diese in der Öffentlichkeit nicht vorbekannt waren (vgl. dazu auch das Urteil des Senats vom heutigen Tage zu 15 U 65/17 im Unterlassungsverfahren).

496
aa) Allerdings ergeben sich diese Rechtspflichten zwischen den Parteien zunächst – was der der Senat im Urteil vom 05.05.2016 (15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258) offen gelassen hat – nicht aus den Verlagsverträgen als Verträgen zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB).

497
Aus § 8 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 1) kann ein solcher Anspruch des Erblassers auf Geheimhaltung der streitgegenständlichen Äußerungen nicht hergeleitet werden. Denn sowohl ihrem Wortlaut als auch ihrem Sinn und Zweck nach bezieht sich die dort geregelte Geheimhaltungsverpflichtung darauf, dass und mit welchem Inhalt zwischen den dortigen Parteien ein Verlagsvertrag geschlossen wurde. Insoweit folgt aus den Regelungen zur Geheimhaltung des Ghostwritings und des Ghostwritingvertrages als solchen nicht zwingend eine durch Auslegung zu ermittelnde darüber hinausgehende vertragliche Regelung zu Gunsten des Erblassers. Es sollte mit dieser Regelung vielmehr nur verhindert werden, dass das geplante Buchprojekt bzw. die Modalitäten, zu denen sich der Beklagten zu 1) als Ghostwriter verpflichtet hatte, frühzeitig der Öffentlichkeit bekannt wurden. Die Informationen und persönlichen Einschätzungen des Erblassers, die der Beklagte zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit von diesem erhalten würde, um auf dieser Grundlage das Manuskript für die Memoiren zu erstellen, sind aber weder „Vertragsabschluss“ noch „Bestimmung des Vertrages“ im Sinne dieser Regelung (vgl. Senat v. 05.05.2014 – 15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258).

498
Auch den weiteren Regelungen des Verlagsvertrages des Beklagten zu 1) ist ein unmittelbarer Anspruch des Erblassers gegen den Beklagten zu 1) auf Geheimhaltung des Inhalts der Gespräche nicht zu entnehmen: Nach der Regelung in § 1 Abs. 5 darf die Fertigstellung des Werkes zwar nur nach Zustimmung durch den Erblasser erklärt werden und dieser ist nach § 1 Abs. 6 zu jeglichen Änderungen ohne Angabe von Gründen berechtigt. Weiter steht nach § 4 Abs. 2 das Manuskript im Eigentum des Erblassers. Diese Regelungen, die nach § 1 Abs. 7 auch bei Kündigung oder sonstiger Beendigung des Vertrages fortbestehen, räumen dem Erblasser zwar das alleinige Bestimmungsrecht über den konkreten Inhalt der Veröffentlichung zu. Dass damit jedoch durch Vereinbarung zwischen dem Verlag und dem Beklagten zu 1) ein Anspruch des Erblassers gegen den Beklagten zu 1) auf Vertraulichkeit begründet werden sollte, ergibt die Auslegung der insgesamt im Binnenverhältnis der Akteure geltenden Regelungen nicht. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die entsprechenden Rechte des Erblassers im Hinblick auf Inhaltsbestimmung, Änderung und Fertigstellung auch in § 4 Abs. 3 seines eigenen Verlagsvertrages als entsprechende Zusicherung des Verlages aufgeführt sind. Eine solche ausdrückliche Regelung eigener Ansprüche des Erblassers in diesem vertraglichen Verhältnis spricht jedoch entscheidend dagegen, dass nach dem Willen der Parteien bereits im Verlagsvertrag des Beklagten zu 1) unmittelbare Rechte des Erblassers gegen diesen begründet werden sollten. Für dieses Binnenverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) regeln die Verlagsverträge lediglich einige wenige Verpflichtungen wie das Zugänglichmachen von Material und das Zur-Verfügung-Stehen zu Gesprächen und stellen klar, dass die weiteren Einzelheiten dieser Binnenbeziehung einer direkten „Besprechung“ der Akteure vorbehalten sein sollten (so im Hinblick auf die Herausgabeansprüche auch BGH, v. 10.07.2015 – V ZR 206/14, NJW 2016, 317).

499
bb) Entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317) haben der Erblasser und der Beklagte zu 1) aber gewissermaßen „unter dem Dach“ ihrer Verlagsverträge konkludent in einer rein tatsächlichen Verständigung im Zuge der langen Zusammenarbeit eine eigene unmittelbare Vereinbarung sui generis mit Nähe zum Auftragsrecht abgeschlossen und dabei – daran ist auch unter Berücksichtigung der nach Anwaltswechsel auf Beklagtenseite erfolgten weiteren Ausführungen insbesondere im Schriftsatz vom 12.07.2016 festzuhalten (vgl. dazu unten Ziff. II. 1. a) dd)) – rechtsverbindlich die Einzelheiten der für das Gelingen des Gesamtprojekts und der nach den Verträgen wesentlichen Ausstattung des Beklagten zu 1) mit dem erforderlichen Material im weitesten Sinne geregelt.

500
Gegenstand dieser „Besprechung“ zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) war der Umgang mit vertraulichen Unterlagen wie Handakten, Briefverkehr, Redemanuskripten und anderen Dokumenten aus der Zeit der politischen Tätigkeit des Erblassers, die dieser dem Beklagten zu 1) zugänglich machen sollte, wobei dies teils durch Gestattung der Einsichtnahme, Überlassung von Originalakten oder Kopien derselben und teils durch Verschaffen von Archivzugängen erfolgte. Darunter befanden sich auch zahlreiche Quellen, die der Öffentlichkeit auf Grund der 30-jährigen Sperrfrist für Archive noch für längere Zeit nicht zugänglich sein werden und die ersichtlich zweckgebunden für die Memoiren zur Verfügung gestellt wurden, etwa auch Auszüge aus der „Stasi-Akte“ des Erblassers. In den vorgesehenen Gesprächen sollte der Erblasser seine persönlichen Erinnerungen, Informationen, Einschätzungen und unter Umständen auch Gefühle preisgeben. In welchem Umfang er sich dem Beklagten zu 1) öffnete, konnte er zwar im Grundsatz selbst bestimmen. Er durfte sich aber letztlich nicht zu sehr beschränken, weil die Memoiren dann nicht gelingen konnten. Er war deshalb darauf angewiesen, dass er nicht nur „Herr über das überlassene Material“, sondern auch „Herr über seine aufgezeichneten Äußerungen“ blieb. Das setzte neben dem unstreitig zum damaligen Zeitpunkt vorhandenen persönlichen Vertrauensverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) bei verständiger Würdigung auch eine rechtlich verbindliche Vereinbarung voraus, die dem Erblasser die zur Durchsetzung der Vertraulichkeit erforderlichen Ansprüche verschaffte und die er und der Beklagte zu 1) nach den Verlagsverträgen durchaus auch direkt miteinander treffen sollten. Die für das Gelingen des Werks erforderliche großzügige Preisgabe von Material jedweder Art konnte der Beklagte zu 1) vom Erblasser nur erwarten, wenn dieser auch „Herr über seine Erinnerungen“ blieb. Voraussetzung dafür war, dass sich der Beklagte zu 1) bei der Sammlung des Materials in den Dienst des Erblassers stellte und, dieser Rolle entsprechend, das gesammelte Material für den Erblasser zu treuen Händen verwaltete. Eine solche Rollenverteilung ist das typische Merkmal eines Auftragsverhältnisses, dessen Regeln deshalb auf die Vereinbarung der Parteien über die Zusammenarbeit bei der Sammlung des Materials anzuwenden sind (vgl. BGH v. 10.07.2015 – V ZR 206/14, NJW 2016, 317).

501
cc) Anders als die Parteien im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Senat (15 U 193/14 OLG Köln) übereinstimmend vorgetragen haben, ging – wie nunmehr unstreitig ist – die Unterzeichnung der beiden Verlagsverträge dem Beginn der Gespräche zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Erblasser jedoch nicht zeitlich voraus. Soweit der Senat daher in seiner Entscheidung vom 05.05.2014 (15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258) den Abschluss einer konkludenten Geheimhaltungsverpflichtung durch Unterzeichnung des Verlagsvertrages durch den Beklagten zu 1) einerseits sowie der daran anschließenden Aufnahme der Gespräche im Hause des Erblassers andererseits angenommen hat, bestehen Zweifel, ob dies auf Basis des nunmehr geänderten Parteivortrags aufrecht erhalten werden kann. Darauf kommt es indes nicht an, denn unabhängig von der Frage einer solchen konkludenten Einigung über eine selbständige Verpflichtung ergibt sich aus der vorstehend dargelegten vertraglichen Bindung sui generis zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Erblasser eine vertragliche Nebenpflichten des Beklagten zu 1) auf Verschwiegenheit (§§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

502
(1) Zwar wird eine Verschwiegenheitspflicht im Rahmen eines Auftragsverhältnisses oftmals ausdrücklich vertraglich geregelt – etwa in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken – oder sie ist sogar gesetzlich normiert wie beispielsweise in § 43a Abs. 2 BRAO, § 18 BNotO oder § 57 Abs. 1 StBerG. Sie gilt aber über § 241 Abs. 2 BGB als Ausfluss des allgemeinen Schädigungsverbots (neminem laede) auch darüber hinaus, wenn und soweit durch den Vertrag besondere Treuepflichten zwischen den Parteien begründet werden oder wenn der Vertrag von vornherein auf eine andauernde vertrauensvolle Zusammenarbeit der Parteien angelegt ist (vgl. MüKo-BGB/Bachmann, 7. Aufl. 2016, § 241 Rn. 96; MüKo-BGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, § 280 Rn. 97 ff.; vgl. auch BGH v. 14.12.1954 – I ZR 65/53, NJW 1955, 460 für Weitergabe nicht schutzfähiger Schnittmuster etc. an Dritte; OLG Oldenburg v. 20.06.1988 – 13 U 28/88, NJW-RR 1989, 1454 für Chiffre-Anzeigenvertrag; OLG Frankfurt v. 08.05.2014 – 16 U 175/13, NJW 2014, 3376 für Personalberatungsvertrag und „whistle-blowing“; BGH v. 24.01.2006 – XI ZR 384/03, NJW 2006, 830 für diejenigen nicht unter das Bankgeheimnis im engeren Sinne fallenden Mitteilungen einer Bank über die Kreditwürdigkeit eines Kunden).

503
(2) Soweit der Beklagte zu 1) darauf abstellt, dass auch mit der – von ihm inhaltlich abgelehnten – Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317) und der darin angenommenen Vertragsbeziehung sui generis mit Nähe zum Auftragsrecht für die vorliegend streitbefangene Frage einer Verschwiegenheitspflicht nichts gewonnen sei, weil die §§ 662 ff. BGB dazu keine Regelung träfen und mithin stets eine gesonderte Vereinbarung erforderlich sei, geht dies in dieser Pauschalität fehl.

504
(a) Vorliegend ist insbesondere zu berücksichtigen, dass zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) kein „klassisches“ Auftragsverhältnis zustande gekommen ist, bei welchem ausschließlich die für dieses Rechtsverhältnis in §§ 662 ff. BGB vorgesehenen Normen zur Anwendung kommen könnten, sondern vielmehr ein Rechtsverhältnis sui generis, dessen konkrete Ausgestaltung lediglich in Anlehnung an die Vorschriften des Auftragsrechts zu bestimmen ist. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317) insofern zu Recht von einer atypischen Vertragsbeziehung gesprochen, auf die „soweit möglich“ die Regelungen des sachnächsten gesetzlichen Vertragsverhältnisses anzuwenden seien und hat mit diesen Erwägungen bei der Frage eines Herausgabeanspruchs hinsichtlich der Originaltonbänder die Regelung des § 667 BGB herangezogen; das bedeutet gerade nicht eine Anwendung ausschließlich der ausdrücklich normierten Vorschriften des Auftragsrechts.

505
(b) Darüber hinaus gilt selbst im Auftragsrecht anderes, da die vorstehenden allgemeinen Überlegungen zur Verschwiegenheitspflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB generell auch auf Auftragsverhältnisse übertragen werden können, in denen jedenfalls dann eine Verschwiegenheitspflicht aus § 662 BGB abgeleitet wird, wenn die Privatsphäre des Auftraggebers oder ein besonderes Geheimhaltungsinteresse tangiert ist (so MüKo-BGB/Schäfer, 7. Aufl. 2017, § 662 Rn. 57; Staudinger/Martinek/Omlor, BGB, 2017, § 662 Rn. 37: „selbstverständliche auftragsrechtliche Nebenpflicht…, die alle Tatsachen umfasst, die der Auftragnehmer geheim zu halten wünscht…“; ähnlich Erman/Berger, BGB, 15. Aufl. 2017, § 662 Rn. 21: „Wird der Beauftragte in der Privat- oder Intimsphäre des Auftraggebers tätig oder würde durch Information Dritter der Zweck des Auftrags gefährdet, trifft ihn eine Pflicht zur Verschwiegenheit bzgl. aller Tatsachen, die der Auftraggeber geheim zu halten wünscht“). In einem Auftragsverhältnis kann die Verschwiegenheitspflicht – die Grenzen verschwimmen hier – unter Umständen sogar zum Bestandteil der Hauptpflichten aus § 662 BGB werden (vgl. Staudinger/Martinek/Omlor, BGB, 2017, § 662 Rn. 32). Der zentrale Maßstab für die Konkretisierung ist dabei neben dem – oft inhaltlich blassen – Auftragsinhalt die Qualität der Vertrauensstellung, die der Beauftragte gegenüber dem Auftraggeber genießt. Je mehr Vertrauen der Auftraggeber dem Beauftragten entgegenbringt, indem er ihm einen Auftrag anvertraut bzw. ihm zum Gelingen des Auftrags entgegenbringen muss, desto ausgeprägter ist dessen Vertrauensstellung und in gleichem Maß höherrangig ist auch die Pflicht, diesem Vertrauen gerecht zu werden. Während sich demnach eine solche Vertrauensstellung bei einer einfachen Verrichtung wie beispielsweise einem simplen Botengang zum Briefkasten zur Bedeutungslosigkeit verlieren kann, hat sich der Beauftragte bei persönlichen und folgenschweren Angelegenheiten, die die Vermögens- oder Privatsphäre des Auftraggebers betreffen – so beispielsweise bei der Vermögensverwaltung oder der Führung der privaten Korrespondenz – im Zweifel als loyales Alter Ego des Auftraggebers zu verhalten (vgl. Staudinger/Martinek/Omlor, BGB, 2017, § 662 Rn. 33). Die Einwendungen der Beklagten zu 1) und 2) treffen damit insofern dem Grundsatz nach einen wahren Kern, als bei einem auftragsähnlichen Verhältnis nicht notwendigerweise immer eine Verschwiegenheitspflicht gleichen Umfangs vorliegt. Existenz und Inhalt einer solchen Pflicht sind vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig und ergeben sich erst bei Auslegung der vertraglichen Einigung sowie Berücksichtigung ihrer Zweck- und Zielrichtung.

506
(c) Zunächst zwar zutreffend, jedoch im weiteren hier nicht zielführend, ist auch der mit der Berufung geltend gemachte Einwand, dass der Bundesgerichtshof sich in der Entscheidung vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317) nicht explizit zur Frage einer Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) geäußert habe. Denn dieses Schweigen des V. Zivilsenats ist nicht im Sinne der Verneinung einer solchen (Neben-)Pflicht des Beklagten zu 1) zu verstehen, sondern ist vielmehr dem Streitgegenstand des betreffenden Verfahrens geschuldet, der nur die Herausgabe der Originaltonbänder, nicht jedoch die Unterlassung der Veröffentlichung von darauf enthaltenen Äußerungen umfasste. Berücksichtigt man dagegen den Inhalt der Entscheidungsgründe, so ergibt sich daraus, dass auch der V. Zivilsenat davon ausgegangen ist, dass der Erblasser „Herr über seine Erinnerungen und Gedanken“ bleiben und der Beklagten zu 1) das ihm bei den Arbeiten zugänglich gemachte „Material“ nur „zu treuen Händen verwalten“ sollte. Daraus ergibt sich für den Senat, dass er aufgrund seiner treuhänderisch geprägten Stellung mit diesem „Material“ nicht nach eigenem Gutdünken und insbesondere nicht gegen den Willen des Erblassers verfahren durfte.

507
(3) Im vorliegenden Fall kam dem Beklagten zu 1) aus dem mit dem Erblasser geschlossenen Vertrag sui generis nicht nur eine besondere Treuepflicht zu, sondern das Vertragsverhältnis war auch von vornherein auf eine andauernde vertrauensvolle Zusammenarbeit der Parteien angelegt, so dass eine Verschwiegenheitspflicht als Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB zu bejahen ist.

508
(a) Die besondere Vertrauensstellung des Beklagten zu 1) in der langjährigen gemeinsamen Zusammenarbeit der Parteien ergibt sich schon daraus, dass er auf Veranlassung des Erblassers Zugang zu geheimen Aufzeichnungen und Unterlagen erhielt, die für die Öffentlichkeit – zum damaligen Zeitpunkt und auch weiterhin – mit Sperrfristen belegt waren, um mithilfe dieser Unterlagen das Manuskript für die Memoiren des Erblassers zu erstellen. Ausweislich seiner eigenen Ausführungen im Buch („Das kam einem Ritterschlag gleich. Als erster Journalist und Historiker überhaupt konnte ich Quellen einsehen, die noch für Jahrzehnte kein Kollege zu Gesicht bekommen wird … Auch die Archive der Partei öffneten sich. Sogar Kohls Stasi-Akten, für deren Geheimhaltung er so erbittert und letztlich erfolgreich gekämpft hatte … Dergestalt mit einer formidablen Innenansicht der Macht ausgestattet …“, vgl. Buch S. 48 f.) war dem Beklagten zu 1) die Existenz dieser ausgeprägten Vertrauensstellung auch durchaus bewusst und war die Überlassung der betreffenden Unterlagen gerade einer der Aspekte, der für ihn die Arbeit an den Memoiren des Erblassers zu einem so faszinierenden und reizvollen Projekt machte.

509
Neben diesem Zugang zu den für die Öffentlichkeit unter Verschluss stehenden Unterlagen war der Beklagte zu 1) jedoch noch weitergehend in ein Vertrauensverhältnis zum Erblasser eingebunden, indem er im Rahmen der Materialsammlung die Erinnerungen, Wertungen und teilweise auch Gefühle des Erblassers zu historischen, politischen und sogar privaten Ereignissen erfuhr und die Schilderungen derselben dauerhaft auf Tonband speicherte, dies verbunden mit der faktischen Möglichkeit, sie jederzeit in ihrem ganz eigenen Inhalt und der individuellen Sprach- sowie Stimmungsfärbung des Erblassers wieder abrufen zu können. Diese auf Tonband fixierten Schilderungen des Erblassers waren nicht nur der Natur der Sache nach – wie sich schon aus dem Duktus der teilweise unbefangenen, dabei auch umgangssprachliche, spottende und/oder beleidigende Formulierungen nicht meidenden Sprache ergibt – sondern auch im Hinblick auf die in den Verlagsverträgen vorgesehene Allein- und Letztentscheidungsbefugnis des Erblassers über den konkreten Inhalt der Memoiren und des Tagebuchs nicht zur eigenständigen Veröffentlichung durch den Beklagten zu 1) gedacht, sondern wurden diesem nur im Rahmen des zum Erblasser bestehenden und zum damaligen Zeitpunkt in hohem Grade ausgeprägten Vertrauensverhältnis mitgeteilt.

510
(b) Die ausgeprägte Vertrauensstellung des Beklagten zu 1) als Grundlage und Rechtfertigung einer nebenvertraglichen Verschwiegenheitspflicht ergibt sich des Weiteren aus der Zweckbindung der aus Tonbandaufnahmen und sonstigen Materialien bestehenden Stoffsammlung, die als solche nicht zur Veröffentlichung vorgesehen war, sondern lediglich die Grundlage für das sodann vom Erblasser frei zu gebende Manuskript des Beklagten zu 1) bilden sollte. Einer solchen Zweckbindung der Stoffsammlung ist – aus Sicht eines objektiven Dritten und auch des Beklagten zu 1) klar erkennbar – die Pflicht immanent, die betreffenden Äußerungen und Informationen vertraulich zu behandeln, zumal die Veröffentlichung zeigt, dass das Verhalten des Beklagten zu 1) für den Erblasser mit erheblichen Beeinträchtigungen verbunden ist, obwohl Sinn und Zweck der Memoiren und auch des Tagebuchs für alle Beteiligten erkennbar nur war, die Sicht des Erblassers zu schildern.

511
Die Zweckbindung zeigt sich insbesondere daran, dass die Tonbandaufnahmen der Äußerungen des Erblassers keine eigenständige Veröffentlichung bezweckten, sondern sie dienten vielmehr allein als Stoffsammlung für die zu erstellenden Memoiren und das Tagebuch; dem Beklagten zu 1) sollte mit diesen Aufnahmen die Fixierung und die spätere Verwertung der Erinnerungen des Erblassers erleichtert werden. Auch dies stützt die Annahme einer Verschwiegenheitspflicht als Nebenpflicht, denn zum einen ist eine Stoffsammlung etwas Vorläufiges, bei der per definitionem noch nicht feststeht, ob und in welchem Umfang die einzelnen Teile jemals Eingang in ein späteres Werk finden werden. Zum anderen bezog sich die Tätigkeit des Beklagten zu 1) auf eine Stoffsammlung für ein dem Typus nach besonderes Werk, da die Zusammenarbeit mit dem Erblasser nicht etwa darauf gerichtet war, ein kritisches Sachbuch zu schreiben oder geschichtliche Zusammenhänge aus historischer bzw. politischer Sicht zu beleuchten. Vielmehr war Ziel des Projektes, dass der Erblasser seine eigenen – notwendigerweise und gewollt subjektiv geprägten – Lebenserinnerungen zu Papier bringt, womit ihm, unabhängig von den ausdrücklichen Regelungen in den Verlagsverträgen, schon der Natur der Sache nach das Letztbestimmungsrecht über den konkreten Inhalt der Veröffentlichung zustand. Auch der Beklagte zu 1) hat in seinem Buch nicht in Abrede gestellt, dass dies in der Zusammenarbeit mit dem Erblasser auch so gehandhabt wurde („Hatte ich hundert Seiten beisammen, fuhr ich mit meinem Manuskript zur Begutachtung nach Oggersheim. Vorab lesen wollte Kohl nichts. Ihm war es wichtig, Zeile um Zeile gemeinsam durchzusehen. Um sicherzugehen, hatte der ewig Mißtrauische stets auch noch einen seiner persönlichen Referenten einbestellt. Schließlich galt es, für die Ewigkeit zu formulieren“, vgl. Buch, S. 49). Diese Zweckbindung der Stoffsammlung sollte nicht nur – dies war aus Sicht des Verlages entscheidend – sicherstellen, dass das Memoiren-Projekt nicht durch die (Vorab-)Veröffentlichung von Äußerungen des Erblassers möglicherweise gefährdet würde. Vielmehr bestand die Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) gerade auch zugunsten des Erblassers, da unabhängig von der Frage, ob dieser gegebenenfalls durch die Veröffentlichung einzelner – insbesondere der in ihrer Wortwahl mitunter drastischen – Äußerungen in rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten hätte geraten können, jede Form der Veröffentlichung bereits aufgrund der Eigenschaft als Stoffsammlung und damit einer nur vorläufigen und zunächst noch ungeordneten Zusammenstellung seiner Erinnerungen dem gemeinsamen Vertragszweck „Erstellung der Memoiren“ widersprach, zu dem der Beklagte zu 1) Hilfestellung zu leisten hatte.

512
Gegen das Vorliegen einer solchen Zweckbindung der Stoffsammlung kann der Beklagte zu 1) nicht mit Erfolg geltend machen, dass seine Gespräche mit dem Erblasser thematisch gerade nicht auf die Memoiren beschränkt gewesen seien, sondern dass ihr Zweck weitergehend auch gewesen sei, die Erinnerungen des Erblassers als solche für die Nachwelt fixieren, zumal auch andere, teilweise tagesaktuelle Themen besprochen worden seien. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Memoiren des Erblassers ausweislich § 1 Abs. 1 seines auch dem Beklagten zu 1) bekannten Verlagsvertrages wie folgt definiert sind: „Das Werk hat den Charakter der Autobiographie von Helmut Kohl. Es umfasst den Zeitraum von der Geburt bis zur Gegenwart und soll dem Leser einen nachhaltigen Eindruck von dem Menschen Helmut Kohl und seiner Zeit sowie dem „homo politicus“ Helmut Kohl und den politischen Ereignissen, die er wesentlich mitprägte, vermitteln“. Insofern schließt die Werkbeschreibung schon dem Wortlaut nach nicht aus, dass die Memoiren unter anderem auch Themen von im Zeitpunkt der Tonbandaufnahmen tagesaktueller Bedeutung umfassen können bzw. dass auch durch die zu solchen Themen getätigten Äußerungen des Erblassers dem Leser ein Eindruck von ihm als Mensch und Politiker vermittelt wird. Selbst die Bejahung einer zeitlichen und/oder inhaltlichen Beschränkung des Gegenstands der Memoiren und damit des Vertragszwecks würde die vom Beklagten zu 1) gezogene Schlussfolgerung auf die Verschwiegenheitspflicht nicht stützen. Denn jedenfalls war im Zeitpunkt der Tonbandaufnahmen überhaupt nicht absehbar, welche der Äußerungen des Erblassers in welcher konkreten Ausformung in den späteren Memoiren Verwendung finden würden, so dass zu diesem Zeitpunkt auch kein Teil der Tonbandaufnahmen identifiziert werden konnte, für die die Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) ausnahmsweise keine Geltung hätte beanspruchen können und sollen. Dass der Umfang des gemeinsamen Projektes sich gegenüber der ursprünglich in den Verlagsverträgen enthaltenen Annahme erheblich ausgeweitet hat, ist schon daran zu erkennen, dass die Verlagsverträge von ca. 200 Stunden Gesprächen zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) sowie einem Manuskript von ca. 500 Seiten ausgingen, während die gemeinsamen Gespräche tatsächlich über 600 Stunden dauerten und die bisher erschienenen drei Bände der Memoiren ca. 2.300 Seiten umfassen, ohne dass das Projekt damit schon sein beabsichtigtes Ende gefunden hätte. Dass die Parteien der Verlagsverträge erst im Laufe der Zusammenarbeit zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) zu der Erkenntnis gelangt sind, dass der zunächst vereinbarte Umfang von Gesprächsstunden und Werksseiten nicht ausreichen würde, um dem Erzählfluss des Erblassers gerecht zu werden, zeigt sich insbesondere an der Regelung in den Verlagsverträgen zum Tagebuch. Dort ist – abweichend von den entsprechenden Regelungen in den Verlagsverträgen der Memoiren – keine konkrete Zahl an Stunden vereinbart, welche der Erblasser dem Beklagten zu 1) für Gespräche zur Verfügung stehen soll, sondern es ist vielmehr von den „notwendigen Stunden … bis zur Fertigstellung des Manuskripts“ die Rede. Insofern wird deutlich, dass die Parteien gerade dem Umstand der sich immer weiter ausdehnenden Stofffülle durch entsprechende Regelungen Rechnung getragen haben, die ihrerseits jedoch gerade nicht darin bestanden, dem Beklagten zu 1) für die Zeit nach Erstellung von Memoiren und Tagebuch bzw. zu einem anderen späteren Zeitpunkt das Zugriffsrecht auf die Stoffsammlung mit dem Ziele der Eigenverwertung zu gestatten.

513
Soweit der Beklagte zu 1) weiter geltend macht, die Tonbandprotokolle seien auch im Zusammenhang mit dem Projekt Tagebuch gefertigt worden, so dass eine Zweckbindung der Stoffsammlung an die Memoiren und eine diesbezüglich bestehende Verschwiegenheitsabrede entfalle, greift auch dies nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Schlussfolgerung angesichts der historischen Abläufe überhaupt gerechtfertigt ist. Denn im Vorwort des streitgegenständlichen Buches (vgl. S. 29) führt der Beklagte zu 1) selbst aus, dass man gerade dabei war, die Gespräche hinsichtlich der Memoiren zu beginnen, als am 04.11.1999 AE zur Fahndung ausgeschrieben wurde und die sog. Spendenaffäre begann. Soweit er dann im Februar 2000 mit dem Erblasser vereinbart hat, rückwirkend ein Tagebuch für die Jahre 1998 bis 2000 zu schreiben (vgl. Buch, S. 31), bestand dieses weitere Projekt jedoch zum einen neben den verwendeten Dokumenten nur teilweise aus Äußerungen des Erblassers und es wurde zum anderen im Spätsommer/Herbst 2000 auf den Markt gebracht, so dass im Anschluss daran – wie sich aus dem Buch ergibt – die Gespräche für die Memoiren weitergingen („Der Erfolgsautor will unbedingt weitermachen. „…“, wie er einst gerne sagte, gibt es noch viel zu erklären. Also auf ans Werk, zurück zu den Memoiren! Jetzt saß ich in der Kohl-Falle fest“, vgl. Buch, S. 39). Nach den eigenen Schilderungen des Beklagten zu 1) ist damit allenfalls ein Teil der Stoffsammlung für das Projekt Tagebuch verwendet worden, da ein nicht unerheblicher Teil der Gespräche erst nach Erscheinen dieses Werkes stattfand („Allein 2001 haben wir uns einundsiebzigmal getroffen“, vgl. Buch, S. 40). Im Übrigen behauptet der Beklagte zu 1) auch in diesem Zusammenhang nicht, dass die Veröffentlichung von Äußerungen des Erblassers im Tagebuch ohne dessen Einwilligung bzw. ohne Ausübung seiner Letztentscheidungsbefugnis über die Veröffentlichung erfolgt sind und damit als Rechtfertigung dafür dienen könnten, nunmehr im streitgegenständlichen Buch ebenfalls Äußerungen des Erblassers ohne dessen Einwilligung zu veröffentlichen.

514
Soweit der Beklagte zu 1) des Weiteren geltend macht, einer Zweckbindung der Stoffsammlung stehe schon der Umstand entgegen, dass er die Äußerungen des Erblassers auf den Tonbändern für andere Projekte verwendet habe und dazu auch befugt gewesen sei, ist sein Vortrag schon unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Denn der Beklagte zu 1) hat nicht dargelegt, welche Äußerungen des Erblassers er zu welchem Zeitpunkt und unter Einholung einer entsprechenden Zustimmung des Erblassers – generell für ein bestimmtes Projekt oder aber im konkreten Einzelfall für eine Äußerung bzw. für Äußerungen zu einem bestimmten Themenkomplex – in anderen Projekten verwendet hat. Dem entsprechenden Vortrag des Erblassers, dass in den vom Beklagten zu 1) verantworteten Projekten „Die Bonner Republik 1949 bis 1998“ (Buch und TV-Produktion), „Helmut Kohl – Virtuose der Macht“ sowie „Die Frau an seiner Seite“ keine Äußerungen aus den Originaltonbändern verwendet wurden bzw. dass dies – soweit Äußerungen doch verwendet worden seien – ohne sein Wissen und seine Einwilligung erfolgt sei, ist der Beklagte zu 1) nicht erheblich entgegengetreten. Gleiches gilt für vermeintliche weitere Projekte des Zeugen Dr. AU. Zwar hat dieser in seiner Zeugenvernehmung am 10.10.2013 im Verfahren 14 O 612/12 – LG Köln angegeben, es sei angedacht gewesen, dass er die Materialien übernehme und eventuell eine Biographie über den Erblasser schreibe (Bl. 348). Der Zeuge hat jedoch weder angegeben, dass dies tatsächlich erfolgt sei noch hat er bekundet – und der Beklagte zu 1) hat Entsprechendes auch nicht dargelegt und unter Beweis gestellt – dass es weitere Projekte gegeben hat, für die ohne Zustimmung des Erblassers Äußerungen von den Originaltonbändern Verwendung gefunden haben.

515
(c) Der Annahme einer Verschwiegenheitspflicht als Nebenpflicht aus dem Vertragsverhältnis sui generis steht auch nicht entgegen, dass die jeweiligen Verlagsverträge in § 4 Abs. 2 S. 3 (Erblasser) bzw. § 1 Abs. 4 S. 2 (Beklagter zu 1)) mit der pauschalen Regelung „Die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen Herrn Dr. A und dem Autor werden diese direkt besprechen“ eine bewusste Lücke enthielten, die nur durch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) hätte geschlossen werden können. Denn dieser Regelung lässt sich weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn und Zweck nach entnehmen, dass eine Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) zwingend den Abschluss einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen ihm und dem Erblasser erfordern sollte.

516
Soweit der Beklagte zu 1) weiter geltend macht, das System der beiden Verlagsverträge erschöpfe sich in branchenüblicher Weise darin, urheberrechtliche Fragen des zukünftigen Werkes in der Außenwirkung zu Gunsten des Erblassers zu regeln und die nur kursorischen Regelungen zur Zusammenarbeit seien für einen typischen Ghostwritervertrag unüblich, kann dies zugunsten des Beklagten zu 1) als zutreffend unterstellt werden. Indes sah das Vertragswerk im Hinblick auf die Durchführung der Arbeiten an den Memoiren – wie vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317) betont – ausdrücklich die Möglichkeit von direkten Absprachen zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Erblasser vor, welche vorliegend getroffen worden sind. Das vom Beklagten zu 1) als Argument herangezogene „beredte Schweigen“ der Verlagsverträge lässt angesichts der Entstehungsgeschichte des Memoirenprojektes sowie der Stellung des Beklagten zu 1) als Ghostwriter gerade keinen – erst recht keinen zwingenden – Rückschluss darauf zu, dass die Parteien der Verträge diesen Punkt bewusst offen gelassen bzw. sogar im Sinne des Beklagten zu 1) in Form seines jederzeitigen Verfügungsrechts über den Inhalt der Stoffsammlung geregelt haben könnten.

517
In gleicher Weise mag das unstreitig gelegentlich erfolgte Ausschalten der Tonbandaufnahmen auf Bitten des Erblassers zwar bei der journalistischen Arbeit ein klares Indiz für eine dann – auch nach Ansicht der Beklagten – eingreifende besondere Vertraulichkeit sein, doch bedeutet das nach Sinn und Zweck der hier in Rede stehen Absprache nicht, dass im Übrigen alles Material frei – insbesondere auch gegen den Willen des Erblassers – verwendbar gewesen sein sollte. Denn auch wenn der Erblasser im Einzelfall einzelne Äußerungen bereits im Moment der Tonbandaufnahme von einer Veröffentlichung ausgenommen hatte, kann daraus nicht im Umkehrschluss sein Einverständnis abgeleitet werden, alle anderen Äußerungen in ihrer wörtlichen Form und in beliebiger, vom Beklagten zu 1) bestimmter Reihenfolge oder Zusammenstellung zu veröffentlichen. Erst recht tragen die Beklagten keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Erblasser – zumal vor endgültiger Fertigstellung des Gesamtprojektes „Memoiren“ – mit den Bemerkungen zum Abschalten des Tonbands im Übrigen jede eigenmächtige Veröffentlichung durch den Beklagten zu 1) hinsichtlich des übrigen Materials genehmigen wollte. Der Beklagte zu 1) hat das Procedere im Buch selbst so geschildert, dass er mit den fertigen Manuskriptteilen zum Erblasser fuhr und man diese gemeinsam durchgearbeitet habe, wobei „notgedrungen so manches mit staatsmännischem Gestus zu glätten war“ (vgl. Buch S. 9). Selbst bei denjenigen Äußerungen, die der Erblasser also nicht mit einem „…“ oder ähnlichen einschränkenden Formulierungen kommentiert oder bei denen er bereits im Zeitpunkt der Aufnahme um Abschaltung des Tonbandes gebeten hatte, war demnach eine Veröffentlichung im Wortlaut bzw. ohne Freigabeentscheidung des Erblassers – objektiv – erkennbar nicht automatisch vorgesehen und wurde in der Vertragspraxis der Beteiligten auch so nicht gelebt. Vielmehr zeigt sich an diesen Bemerkungen lediglich, dass es den Tonbandaufnahmen des Erblassers immanent war, dass er zu diesem Zeitpunkt lediglich „ins Unreine“ gesprochen hatte, wobei teilweise – wie im Buch dargestellt – auch bereits eine Art „Regieanweisung“ für das künftige Manuskript enthalten war („…“, „…“, Buch S. 89; „…“, Buch S. 94; „…“, Buch S. 111; „..“, Buch S. 121; „…“, Buch S. 151; „…“, Buch S. 155; „…“, Buch, S. 208; „…“, Buch, S. 209; „…“, Buch, S. 232).

518
(d) So wie ein Arbeitnehmer, bei dem jedenfalls während der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses eine Verschwiegenheitspflicht über Betriebsinterna auch ohne gesonderte Regelung anerkannt wird (ErfK-ArbR/Müller-Gloge, 18. Aufl. 2018, § 345 BGB Rn. 21; anders mangels Regelung für die Zeit danach und für die Verwertung von Betriebsgeheimnissen dort aber BAG v. 16.03.1982 – 3 AZR 83/79, NJW 1983, 134; allgemein zu Nebenpflichten des Arbeitnehmers in Form von Schweigepflichten aus der Treuepflicht auch Soehring, in Soehring/Hoene, PresseR, 5. Auflage 2013, § 7 Rn. 23 f.), war auch der Beklagte zu 1) auf eine Art und Weise in die Erinnerungen, Gedankengänge und privaten Schilderungen des Erblassers eingebunden, dass es ihm untersagt war, dessen Äußerungen ohne weiteres, ungeachtet dessen Letztentscheidungsbefugnis im Rahmen der Memoiren ohne Zustimmung des Erblassers an die Öffentlichkeit zu bringen. In diesem Sinne wird auch von Burkhardt(in: Wenzel, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 2 Rn. 72) eine stillschweigende Beschränkung als Nebenpflicht im Hinblick auf ein Schädigungsverbot erörtert; von Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, 5. Aufl. 2013, § 7 Rn. 75a) ein Verwertungsverbot bei einer aus den Umständen des betreffenden Gesprächs folgender Vertraulichkeit sowie in der Entscheidung des Landgerichts Berlin (Urt. v. 01.09.2015 – 27 O 202/15, NJOZ 2016, 744) ein konkludent vereinbarter Zustimmungsvorbehalt hinsichtlich einer Stoffsammlung, die unter anderem durch aufgezeichnete Interviews Basis für ein Buchprojekt sein sollte.

519
(e) Auch der Umstand, dass der Erblasser sich in den gemeinsamen Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) sehr offen über sein politisches Wirken sowie seine persönliche Einschätzung zu politischen Gegnern und Weggenossen geäußert hat, trägt nicht die vom Beklagten zu 1) gezogene Schlussfolgerung, dass er auf eine Verschwiegenheit seines Gesprächspartners verzichten wollte. Im Hinblick auf die Brisanz der besprochenen Themen – wie beispielsweise zum Spendeneintreiben (Buch S. 62) – und der persönlichen Sichtweise des Erblassers hing es wesentlich von dem engen Vertrauensverhältnis zu seinem Gesprächspartner ab, was und wie er es sagte. Unbefangen wird sich in dieser Weise für ein solches Buchprojekt grundsätzlich nur mitteilen, wer den Teilnehmerkreis kennt und ihn unter Kontrolle hat oder dies zumindest glaubt, da es vorliegend – die Richtigkeit der betreffenden Zitate unterstellt – um Äußerungen geht, die einem Vertrauten gegenüber in der Erwartung gemacht werden, dass er sie, jedenfalls in der abgegebenen Form, für sich behalten wird (vgl. auch BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667). Diese Erwartung konnte der Erblasser gegenüber dem Beklagten zu 1) jedoch auch aus objektiver Sicht berechtigterweise hegen, denn die Argumentation des Beklagten zu 1) verkennt, dass die ihm sich bietende Innenansicht des politischen Wirkens gerade nur in der aus Sicht des Erblassers geschützten Sphäre einer gemeinsamen Stoffsammlung zur Vorbereitung der geplanten Veröffentlichungen vermittelt wurde, weil deren konkreter Inhalt sodann der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Erblassers unterfallen würde. Selbst wenn es sich tatsächlich – wie im Buch dargestellt – um einen „maßlosen Rückblick im Zorn“ gehandelt haben sollte, der „den Rahmen der Autobiografie (ge-)sprengt“ hat (Buch S. 105), schließt dies gerade eine automatische Freigabe des überschießenden Materials zur freien Verwendung, erst recht eine solche unter Ausschluss des Erblassers aus. Auch wenn „im Oggersheimer Untergeschoss Bilanz (ge-)macht“ wurde und der Erblasser „offen (benannte), wie groß der Unterschied gelegentlich war zwischen der öffentlich propagierten Anschauung und dem, was er wirklich dachte“ (Buch, S. 175) und er „nicht mehr diplomatisch mit Samtfüßen auftreten“ musste (Buch S. 177), waren die Gespräche erkennbar für den Ghostwriter als „Einfühlungs- und Verständnishilfe“ und damit unter Umständen auch überbordend gedacht, keinesfalls aber für das ungenehmigte Nach-Außen-Tragen. Es ging ersichtlich auch darum, Hintergrundinformationen zu vermitteln, die den Ghostwriter ertüchtigen sollten und konnten, die Lebenserinnerungen besser und im Duktus des Erblassers zu Papier zu bringen und sich einzufühlen. Der Beklagte zu 1) spricht insofern mit gutem Grund von einem „autobiografischen Männergespräch“ (Buch S. 98). Dem Senat erschließt sich nicht, auf welcher Grundlage der Beklagte zu 1) diese für jedermann eindeutigen Hinweise im Sinne seines jetzt im Rechtsstreit dargelegten Verständnisses verkannt haben will.

520
(f) Für eine aus dem Vertragsverhältnis sui generis als Nebenpflicht folgende Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) sprechen schließlich auch die Wesensmerkmale des Ghostwritings, dessen Vorliegen der Beklagte zu 1) schon deshalb im Rechtsstreit nicht in Abrede stellen kann, weil er sich im Buch (vgl. dort z.B. S. 39, 46, 47) selbst mehrfach dazu bekannt hat, gegenüber dem Erblasser eine solche Position als Ghostwriter eingenommen zu haben.

521
Bei dieser Vertragsart handelt es sich um eine am Namensträger orientierte geistige Tätigkeit mit einem ausgeprägten Fremdbezug, der sich insbesondere darin zeigt, dass die Entscheidung, ob und wie die Fertigstellung des Werkes erreicht ist, schon nach Sinn und Zweck stets dem Namensgeber obliegt. Dieser bestimmt, ob bzw. in welchem Umfang er das Material des Ghostwriters verwenden kann und wie weit er selbst die Fertigstellung des Werkes übernehmen will; ihm steht schließlich auch ein umfassendes Änderungsrecht aufgrund einer stillschweigenden Vereinbarung mit dem Ghostwriter zu, wohingegen dessen Abwehrrecht gegen Entstellungen aus § 14 UrhG im Verhältnis zum Auftraggeber stillschweigend abbedungen ist (vgl. Hansjörg Stolz, Der Ghostwriter im deutschen Recht, Diss. Tübingen, 1974, S. 88 ff.).

522
Allgemeine Schweigepflichten des Ghostwriters werden – soweit ersichtlich – zwar nur insoweit diskutiert, als es darum geht, dass der Ghostwriter als solcher nicht nach außen tritt, sondern allein der Namensgeber jedenfalls im Licht der breiten, nicht in die vertraglichen Details eingeweihten Öffentlichkeit als Autor des Werkes erscheint. An die Verletzung der schuldrechtlichen Namensabrede zwischen Ghostwriter und Namensträger werden jedoch durchaus auch zivilrechtliche Abwehransprüche dahingehend geknüpft, alles zu unterlassen, was den Zweck dieser Abrede vereiteln könnte (Stolz, a.a.O., S. 82). Des Weiteren wird an die Übertragung der Verwertungsrechte vom Ghostwriter an den Namensgeber die schuldrechtliche Nebenpflicht geknüpft, eine anderweitige Verwendung des Werkes im eigenen Namen, die den Namensgeber kompromittieren könnte, zu unterlassen (Stolz, a.a.O., S. 87).

523
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob weiterhin der Gedanke trägt, den der Senat in seiner Entscheidung vom 05.05.2014 (15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258) aus der Akzeptanz der „dienenden Rolle“ bei den Memoiren abgeleitet hat, wonach der Beklagte zu 1) damit zugleich zugesagt habe, nicht eigenmächtig mit dem Inhalt der Stoffsammlung zu verfahren. Wenn nach dem nunmehr vorliegenden Sachverhalt davon auszugehen ist, dass die damals vom Senat zugrunde gelegte Verfahrensweise bei der Korrektur/Freigabe der Memoiren eben nur dieses Projekt betraf und nicht zwangsläufig auch für etwaige eigene Projekte des Beklagten zu 1) gelten sollte, für die der Erblasser gerade nicht – wie bei den Memoiren – nach außen hin mit eigenem Namen einstehen muss, könnte möglicherweise anderes gelten. Dies kann aber deshalb letztlich dahinstehen, da die Gedanken des Bundesgerichtshofs aus der Entscheidung vom 10.03.1987 (VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667) zur Vertraulichkeit derartiger Gespräche und der schützenswerten Erwartung, dass Äußerungen – jedenfalls in der abgegebenen Form – für sich behalten und nicht ohne Zustimmung nach außen verwertet werden, auch hier tragen.

524
dd) Soweit der Beklagte zu 1) geltend macht, der Entscheidung des Bundesgerichtshofs habe ein unvollständiger Sachverhalt zugrunde gelegen, rechtfertigt auch sein weiterer Vortrag im vorliegenden Verfahren, insbesondere im Schriftsatz vom 12.07.2016, keine ihm günstigere Sicht der Dinge. Denn auch unter Berücksichtigung dieser weiteren Darlegungen ist zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Erblasser die vom Bundesgerichtshof bejahte Vereinbarung sui generis mit einer in rechtlicher Hinsicht dienenden Funktion des Beklagten zu 1) zustande gekommen, aus der den Beklagten zu 1) als Nebenpflicht eine Verschwiegenheitspflicht trifft.

525
(1) Dabei kommt es entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1) nicht maßgeblich auf eine zeitlich punktuelle Festlegung von Angebot und Annahme zum Abschluss einer solchen Abrede an. Vielmehr kann und muss unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317), die ungeachtet des Umstandes Anwendung finden kann, dass nach dem nunmehr unstreitigen Vortrag der Parteien die Gespräche zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) vor Unterzeichnung der Verlagsverträge begonnen haben – an die tatsächliche Verständigung im Rahmen der ständigen Zusammenarbeit angeknüpft werden, die zum einen von Anfang an dem gemeinsamen Ziel – der Herausgabe der zumindest in einbändiger Ausgabe bereits konkret angedachten Memoiren des Erblassers – untergeordnet war und die zudem als solche auch vor dem Hintergrund der später schriftlich geschlossenen Verträge in ihrer weiteren Ausgestaltung interpretiert und stetig fortentwickelt werden musste. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die vertragliche Einigung in der Arbeitsbeziehung zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) bei verständiger Würdigung der Interessenlage jeweils an das dann fixierte „Dach“ der schriftlichen Verträge und den so geschaffenen Rahmen fortlaufend angepasst worden ist – so beispielsweise bei den späteren unstreitig erfolgten Vertragsänderungen zu den weiteren Bänden der Memoiren. Gleiches gilt für den späteren Vertrag zum „Tagebuch“, der unstreitig noch während der laufenden Stoffsammlung und der dafür vorgesehenen Tonbandaufnahmen abgeschlossen wurde und bei dem zu berücksichtigen ist, dass das „Tagebuch“ nach der Vorstellung der Beteiligten – so der Beklagte zu 1) im Buch – ein „Paukenschlag als Vorspiel zur vertraglich vereinbarten Autobiographie“ (vgl. Buch S. 31) sein sollte.

526
Insofern ist, ohne dass es dabei auf den genauen Grad der Aushandlung der Verträge im Zeitpunkt der ersten Gespräche ankommt, von einem konkludenten Angebot des Erblassers zu einer die anstehenden Verlagsverträge begleitenden und unterstützenden unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen ihm und dem Beklagten zu 1) auszugehen, die der vom Bundesgerichtshof (Urt. v. 10.07.2015 – V ZR 206/14, NJW 2016, 317) dargelegten Interessenlage ebenso entspricht wie – nach neuem Vortrag der Parteien – bei Annahme eines vorherigen Abschlusses der schriftlichen Verträge. Gegenstand der kontinuierlichen „Besprechung“ im Sinne der jeweiligen Verlagsverträge war das Sammeln und der Umgang mit privaten bzw. für die Öffentlichkeit unter Verschluss stehenden Unterlagen wie Handakten, Briefverkehr, Redemanuskripten und anderen Dokumenten aus der Zeit der politischen Tätigkeit des Erblassers, die dieser dem Beklagten zu 1) zugänglich machen sollte und daneben die Erlangung der Erinnerungen des Erblassers durch die in den Verlagsverträgen festgelegten direkten Gespräche. Dabei ging es – insofern hat sich der Senat in der Entscheidung vom 05.05.2015 (15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258) möglicherweise unklar ausgedrückt – nicht nur um die rein logistische Absprache bezüglich der „in der praktischen Zusammenarbeit auftretenden Fragen, wann, wo und wie konkret die Gespräche ablaufen oder wann welche Unterlagen übergeben bzw. zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden“, sondern dies war zugleich – in Übereinstimmung mit der Wertung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 10.07.2015 – V ZR 206/14, NJW 2016, 317) – die rechtsverbindliche Regelung der Zusammenarbeit unter Wahrung der Belange des Erblassers, der „Herr seiner Äußerungen“ bleiben sollte.

527
Da der Beklagte zu 1) mithin eine Aufgabe übernommen hatte, in der er weitgehend anonym im Hintergrund arbeiten und die schriftliche Abfassung des Werkes nach Angaben und Weisungen des Erblassers erbringen sollte, dem als Namensträger die Allein- und Letztentscheidung über die genaue Endfassung des Manuskripts und damit auch über dort eventuell aufzunehmende wörtliche Zitate aus den Tonbandaufnahmen sowie die Entscheidung über das Ob und Wann der Fertigstellung oblag, musste ihm auch ohne konkreten Vertragsentwurf bereits klar sein, dass er damit in rechtlicher Hinsicht durchaus die Rolle eines dienenden Zuarbeiters im Fremdinteresse erhielt (vgl. dazu die im Buch enthaltenen Ausführungen des Beklagten zu 1) zum Tagebuch: Ein „Ghostwriter, ein Auftragsschreiber im Dienste der Macht, verinnerlicht die Züge seines Alter Ego…“ (Buch, S. 39 f.), ist „schreibender Untertan“ (Buch, S. 46), der gemerkt hat, dass man „als Ghostwriter … kein Fass aufmachen“ kann, man sich anpasst und die „Tugend des Neinsagens“ aufgibt (Buch, S. 47)). Es kommt damit auch nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob die Verlagsverträge im Zeitpunkt des Beginns der auf Tonband aufgezeichneten Gespräche bereits konkret ausgehandelt waren oder ob nur eine Einigung (allein) über die wirtschaftlichen Parameter erzielt war, denn unstreitig war schon nach den Vorgesprächen mit dem Verlag jedenfalls geklärt, dass eine echte Autobiografie des Erblassers entstehen sollte, deren Entwurf der Beklagte zu 1) als echter Ghostwriter übernehmen sollte. Er konnte – wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 05.05.2015 (15 U 193/14, NJW-RR 2015, 1258) ausgeführt hat – vor diesem Hintergrund nicht davon ausgehen, dass er – entgegen dem Zweck der Stoffsammlung – vom Erblasser als freier Journalist wahrgenommen werden würde, der mittels eines Interviews Informationen sammelte, über die er später für einen eigenen Beitrag nach freiem Gutdünken verfügen sollte. Vielmehr lag es gerade in der Natur der angedachten Vertragsbeziehung, dass der Beklagte zu 1) keine eigenen Entscheidungen im Hinblick auf Art und Inhalt der künftigen Veröffentlichungen treffen durfte und er insgesamt in einem eng abgesteckten und vom Erblasser kontrollierten Rahmen zu arbeiten hatte. Der Fall lag insbesondere nicht so, dass der Beklagte zu 1) aufgrund eigener freier Recherchen eine Biographie – ohne Einflussmöglichkeiten des Auftragsgebers auf Inhalte und/oder die Veröffentlichung und ohne vertragliche inhaltliche Vorgaben – erstellen wollte (vgl. dazu KG v. 01.10.1996 – 5 U 6959/95, ZUM 1997, 213). Dieses Angebot des Erblassers hat der Beklagte zu 1) konkludent durch die Aufnahme der tatsächlichen Zusammenarbeit sowie die weitere fortlaufende Mitwirkung am Projekt – auch nach Unterschrift unter die verschiedenen Verträge – angenommen und bekräftigt. Auf die Regelung des § 151 BGB kommt es angesichts des Zustandekommens der Einigung in der tatsächlichen Zusammenarbeit damit nicht an.

528
(2) Der weitere Vortrag des Beklagten zu 1) zu den Umständen der Anbahnung der Verlagsverträge und zu seiner inhaltlichen Rolle bei den Arbeiten rechtfertigt ebenfalls keine Abweichung von den vorstehenden Ausführungen mit Blick auf die Annahme seiner in rechtlicher Hinsicht dienenden Stellung im Vertragsverhältnis zum Erblasser.

529
(a)              Im Kern ist unstreitig, dass in den Jahren 1998 und 1999 mit dem Verlag verschiedene Modelle diskutiert worden sind, wie die Lebenserinnerungen des Erblassers in ein neues Buchprojekt einfließen könnten. Während der Beklagte zu 1) anfangs offenbar an ein (erneutes) eigenes biografisches Werk dachte (vgl. Schreiben vom 14.10.1998, Anlage K 15, Bl. 1824 d.A.), zu dem der Erblasser nur Inhalte und gegebenenfalls ein Vorwort beisteuern sollte und bei dem er dann auch eine rechtlich freie Stellung als Journalist innegehabt hätte, ist vor allem von Seiten des Verlages – wie aus dem Schreiben des Dr. AS vom 26.05.1999 (vgl. Anlage K 14, Bl. 1822 d.A.) deutlich wird – die „große“ Lösung einer „echten“ Autobiografie des Erblassers, geschrieben von „hochkarätigen Mitarbeitern bzw. Journalisten“ favorisiert und dem Erblasser im Hinblick darauf auch die Zusage einer deutlich höheren Vergütung in Aussicht gestellt worden. Genau auf diese Vorgehensweise und damit auf ein „Ghostwritingprojekt“ haben sich die Beteiligten der Memoiren im Folgenden dem Grunde nach verständigt, ohne dass es auch hier auf die Frage ankäme, wie detailliert bei Arbeitsbeginn die Einzelheiten der Verlagsverträge schon vereinbart waren oder ob zunächst nur Einigkeit über die wirtschaftlichen Parameter hergestellt war. Schon nach der Vor- bzw. Entstehungsgeschichte des Projektes ging es damit bei Aufnahme der gemeinsamen Gespräche gerade nicht darum, dass der Beklagte zu 1) unter einer wie auch immer gearteten Teilhabe des Erblassers ein eigenes – unter Umständen auch diesem gegenüber kritisches – Sachbuch schreiben und dabei die Zusammenhänge aus historischer und/oder politischer Sicht beleuchten sollte. Vielmehr war es Ziel des einvernehmlich gefundenen Projekts und damit Aufgabe des Beklagten zu 1), die notwendigerweise subjektiv gefärbten Lebenserinnerungen des Erblassers nach dessen Weisungen zu Papier zu bringen, wobei dem Erblasser sowohl kraft Natur der Sache (Autobiographie) und folgerichtig auch nach den später unterzeichneten jeweiligen Verlagsverträgen das Letztbestimmungsrecht über die konkreten Inhalte der Veröffentlichung und deren konkrete Darstellung zustand.

530
Auch wenn der Beklagte zu 1) zweifellos über eine hohe journalistische Reputation und umfassende Kenntnisse der deutschen Politik und Geschichte verfügt und daher grundsätzlich nicht ein – wie es die Klägerin ausdrückt – „Aktenknecht“ oder „Schreibknecht“ ist, der nur untergeordnete Tätigkeiten vornehmen konnte, folgt aus seiner Reputation und seiner Sachkenntnis in rechtlicher Hinsicht angesichts der getroffenen Absprachen aber nicht, dass er als Biograph beauftragt war und damit an den Memoiren des Erblassers als rechtlich gleichberechtigter (Mit-)Autor hätte mitwirken sollen oder eine vergleichbare Stellung neben dem Erblasser innegehabt hätte. Vielmehr hat der Beklagte zu 1) dadurch, dass er sich – wie er es auch im Buch formuliert hat – auf ein Ghostwriting eingelassen hat, trotz seines hohen intellektuellen Anspruchs rechtlich eine – dem Sujet des Werks geschuldete – dienende Rolle übernommen. Denn dass der Beklagte zu 1) als – wie er meint – freier Journalist die Lebenserinnerungen des Erblassers in einer Interviewsituation erforschen sollte, war jedenfalls mit der im Anschluss an die Besprechungen mit dem Verlag eingeschlagenen grundlegenden Weichenstellung hin zu einem für ihn fremden Buchprojekt in Form einer Autobiographie und seiner Tätigkeit (nur) als Ghostwriter für alle Beteiligten eindeutig erkennbar nicht zu vereinbaren.

531
Der Beklagte zu 1), der nach seinen Ausführungen im Buch von der Möglichkeit „elektrisiert“ war, Zugang zu den sonst der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Unterlagen zu erhalten, mag das zum damaligen Zeitpunkt in der genauen rechtlichen Dimension verkannt haben. Er hat es jedoch jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht auch nicht anders bewertet, wie die entsprechenden Passagen des Buches belegen, wonach er sich darauf eingelassen hat, dem Erblasser bei der Darstellung (allein) von dessen Sicht der Dinge zu „helfen“ (S. 24), als „Schreiber“ (S. 28) zur Seite zu stehen, das Projekt als „Koordinator und wissenschaftlicher Berater (zu) begleiten“ (S. 24) und sich damit – so ausdrücklich betont im Zusammenhang mit der Erstellung des „Tagebuchs“ in der besonderen Belastungssituation des sog. Spendenskandals – zum Sprachrohr des Erblassers gemacht hat (S. 30). Seine Rolle hat der Beklagte zu 1) selbst dahingehend beschrieben, ihm sei „bewusst“ gewesen, dass er „in die Rolle des Angeklagten schlüpfen und einseitig Partei ergreifen“ musste (Buch, S. 37). Ein „Ghostwriter, ein Auftragsschreiber im Dienste der Macht, verinnerlicht die Züge seines Alter Ego…“ (Buch, S. 39 f.), er war „schreibender Untertan“ (Buch, S. 46), der sich bei den Interviews „manch kritische Nachfrage verkniffen“ haben will (Buch, S. 46) und gemerkt hat, dass man „als Ghostwriter … kein Fass aufmachen“ kann, man sich anpasst und die „Tugend des Neinsagens“ aufgibt (Buch, S. 47). Auch die Beschreibung des Redigierens vor allem des „Tagebuchs“, bei dem – in Zusammenarbeit mit der ersten Ehefrau des Erblassers – nach Angaben des Beklagten zu 1) „passagenweise … kein Stein auf dem anderen“ blieb (Buch, S. 37), als um die „Fassung letzter Hand … hart gerungen“ wurde (Buch, S. 37), belegt die in rechtlicher Hinsicht bestehende Unterordnung gerade bei der Frage, welche Informationen in welchem Umfang und welcher Art der Darstellung nach an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Auch bei den Memoiren wurde dies vergleichbar gehandhabt, denn hier fuhr der Beklagte zu 1), wie er im Buch schreibt, mit fertigen Seiten „zur Begutachtung“ und es wurde „Zeile um Zeile“ gemeinsam durchgesehen, weil es galt, „für die Ewigkeit zu formulieren“ (Buch, S. 49). Dass die letztlich vom Erblasser vorgenommenen Änderungen jedenfalls nach dem Vortrag des Beklagten zu 1) tatsächlich nicht allzu umfangreich gewesen sein mögen, mag für die Fähigkeiten des Beklagten zu 1) sprechen, den Ton des Erblassers zu treffen, ist aber kein – erst recht kein zwingendes – Indiz dafür, dass der Beklagte zu 1) nach dessen Willen zu einem späteren Zeitpunkt mit dem vorhandenen Material ohne weiteres wieder als freier Journalist hätte agieren und über das Material frei verfügen können. Vielmehr beschreibt der Beklagte zu 1) im Buch selbst (Buch, S. 18), dass der Erblasser ihm über 600 Stunden „Rede und Antwort gestanden“ habe und dies „seinen Grund hatte“, nämlich allein den, dass der Beklagte zu 1) der „Autor seiner Lebenserinnerungen“ war und es um „biographische Erkundungen“ (S. 19), „autobiographische Gespräche“ (S. 76), „autobiografisches Männergespräch“ (S. 98), „Arbeit an den Memoiren“ (S. 101), „Rückblick für die Memoiren“ (S. 153), „bilanzierendes Gespräch für seine Memoiren“ (S. 154), „autobiographische Rückschau“ (S. 174), „Memoirengespräche“ (S. 187, 222, 231) ging, was ebenfalls die durchgehende Zweckbindung der gesamten Gespräche belegt.

532
(b) Der Senat verkennt im Rahmen der vorstehenden rechtlichen Wertung – auch insoweit in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 10.07.2015 – V ZR 206/14, NJW 2016, 317) – nicht, dass der Beklagte zu 1) in der Zusammenarbeit mit dem Erblasser einen hohen persönlichen Einsatz erbracht hat. Dies führte nach dem Gang der Dinge jedoch nicht dazu, dass zu einem späteren Zeitpunkt der übereinstimmend gefasste Plan aufgegeben wurde, wonach der Beklagte zu 1) als Ghostwriter für den Erblasser tätig werden sollte. Auch die vom Beklagten zu 1) behauptete und unter Beweis gestellte Atypik des zwischen ihm und dem Erblasser praktizierten Ghostwritings kann seine Stellung als selbständiger Mitautor nicht begründen.

533
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es schon keine fest umrissene Definition des Ghostwritervertrages gibt, sondern es sich vielmehr um einen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht schillernden und vielseitigen Begriff handelt (vgl. etwa Groh, GRUR 2012, 870), der in der Praxis durchaus unterschiedliche Gestaltungen erfahren kann. Gerade bei Autobiografien berühmter Persönlichkeiten stammen zwar unter Umständen Themenauswahl und Darstellung allein vom Ghostwriter, welcher sich oft jahrelang mit der Tätigkeit oder den Lebensumständen des berühmten Namensträgers auseinanderzusetzen hat; nicht selten gibt auch ein Verlagshaus oder der Ghostwriter überhaupt erst den Anstoß zum Niederschreiben der Lebensgeschichte (vgl. etwa nur Alessandra von Planta, Ghostwriter, Diss. Bern 1998, S. 6 und 16). Auch ein in quantitativer und/oder qualitativer Hinsicht außergewöhnlich hoher Einsatz des Ghostwriters bei der Erstellung des Werkes ändert jedoch rechtlich nichts an dessen grundsätzlich rein dienender Stellung gegenüber dem Autobiographen. Der Beklagte zu 1) verkennt insoweit, dass seine zweifelsohne vorhandenen journalistischen Fähigkeiten sowie sein umfangreiches politisches bzw. historisches Wissen nicht zwingend zu einer Stellung als gleichberechtigter (Mit-)Autor führen, da er ohne diese Fähigkeiten schon in der Vorauswahl nicht in Betracht gekommen wäre und dann auch kein Honorar hätte verdienen können. Daher tragen auch seine Ausführungen zu den umfangreichen eigenständigen Recherchetätigkeiten sowie zur von ihm behaupteten Tatsache, dass die auf Tonband fixierten Gespräche nur einen Teil der Zusammenarbeit ausmachten und gerade seine Arbeitsweise ihn als ausgewiesenen Experten für die Geschichte der bundesdeutschen Politik für das Buchprojekt erst qualifiziert habe, keine andere Sichtweise.

534
Vor diesem Hintergrund ist es auch ohne Belang, dass die Aufnahme der Gespräche auf Tonband unstreitig auf eine Idee des Beklagten zu 1) zurückging bzw. ob – insoweit zwischen den Parteien streitig – der Erblasser monologartig in freier Rede seine Lebenserinnerungen fixiert hat oder die Informationsgewinnung erst durch einen vom Beklagten zu 1) durchstrukturierten Dialog von Fragen und Antworten, wie sie für ein journalistisches Interview (auch) typisch sein mögen, ermöglicht wurde. Eine Autobiografie, wie sie hier unstreitig erstellt werden sollte, lebt maßgeblich von der Authentizität der in ihr enthaltenen Schilderungen und Gedanken des Autobiographen, wobei Material verarbeitet wird, das dementsprechend aus allgemeinen Quellen nicht ohne weiteres gewonnen werden kann. Dabei kommt es in den angesprochenen Verkehrskreisen, wenn überhaupt, dann allenfalls nachrangig darauf an, in welcher konkreten Form diese subjektiven Angaben gesammelt wurden und wer sie letztlich zu Papier gebracht hat. Eine Autobiografie – wie vorliegend angestrebt und bereits in drei Bänden umgesetzt – kann ohnehin nur „echt“ sein, wenn der Ghostwriter ständig mit dem Namensträger im Gespräch ist, um dessen subjektive Sichtweise „einzufangen“; oft schürft er mit psychologischem Einfühlungsvermögen und psychotherapeutischem Geschick im Gedächtnis des Bestellers nach Memoiren und bringt dieses Material in die angemessene Form (vgl. Stolz, a.a.O., S. 2). Diese beiden Vorzüge einer Autobiografie – die Verarbeitung von Material, welches aus allgemeinen Quellen nicht ohne weiteres zugänglich ist sowie die erkennbare unmittelbare Subjektivität – kann eine Ghostwriter-Autobiographie nur dann haben, wenn der Ghostwriter durch die Interview-Technik die Vorstellungen des Namensgebers ermittelt (so auch Stolz, a.a.O., S. 82). Genau diese Tätigkeit hat der Beklagte zu 1) vorgenommen und dass seine unbestreitbaren journalistischen Fähigkeiten dabei hilfreich waren, hat ihn für die Aufgabe qualifiziert, ändert aber in rechtlicher Hinsicht nichts an der Bewertung des Sachverhalts. Insofern können – in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Beklagten zu 1) – auch durchaus die im Buch erwähnten „aufwendig geplante und im Gespräch laufend nachjustierte Tiefeninterviews, mit denen (die) ganze Persönlichkeit erforscht und nachgezeichnet wurden“ (vgl. Buch S. 17) unterstellt werden. Denn diese sind unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Umstände eben nicht mit einem Interview vergleichbar, das ein Journalist für einen eigenen Beitrag mit einem Politiker im Zusammenhang mit der Berichterstattung zu einem tagesaktuellen Geschehen führt. Es geht bei dieser Würdigung nicht darum, den Beklagten zu 1) zum „lebenden Mikrofonhalter“ zu machen (Buch, S. 17). Es mag sogar unterstellt werden, dass die Zusammenarbeit unter Berücksichtigung des damals guten Verhältnisses zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) in der Sache gleichrangig war, aber rechtlich „gleichberechtigt“ war sie – entgegen der vom Beklagten zu 1) geäußerten Ansicht (Buch S. 17) – nach dem Vorgenannten gerade nicht. Insofern war der Beklagte zu 1) in rechtlicher Hinsicht ungeachtet seiner Fähigkeiten bzw. seines Wissens, und nach dem Wortlaut der Verlagsverträge ein entgegen den Ausführungen im streitgegenständlichen Buch lediglich „austauschbarer Adlatus“ (vgl. Buch, S. 242 Fn. 27).

535
(c)              Eine abweichende rechtliche Bewertung der Rolle des Beklagten zu 1) bei der Erstellung der Memoiren und des Tagebuchs ist auch nicht deswegen geboten, weil der Verlagsvertrag vorsah, dass er zwar nicht auf der Umschlagseite des Werkes erscheinen, wohl aber „in dem Werk angemessen berücksichtigt“ werden sollte. Denn zum einen ist Derartiges – wie die bisher erschienenen drei Bände der Memoiren zeigen – ohnehin einvernehmlich so nicht umgesetzt worden, zum anderen ändert auch dies nichts daran, dass der Beklagte zu 1) gerade als Ghostwriter tätig wurde und speziell im Hinblick auf die Frage der konkreten Inhalte der Memoiren kein Mitspracherecht bei der Veröffentlichung genoss.

536
Gleiches gilt für den – teilweise bestrittenen – Vortrag des Beklagten zu 1), er habe die Recherche- und überwiegend auch die Bewirtungskosten, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Erblasser angefallen seien sowie insbesondere auch die Kosten der Tonbandaufnahmen und Transkriptionen getragen. Der daraus vom Beklagten zu 1) abgeleiteten vermeintlichen Gleichrangigkeit im Vertragsverhältnis mit dem Erblasser steht schon entgegen, dass nach seinem eigenen Vortrag diese Kosten teilweise mit seiner vom Verlag gezahlten Vergütung abgegolten sein sollten (vgl. etwa Bl. 2015, 3537 f.). Aus der Annahme eines Vertragsverhältnisses sui generis mit Nähe zum Auftragsrecht folgt im Übrigen auch nicht zwingend, dass solche Kosten allein vom Erblasser als Auftraggeber hätten getragen werden müssen. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10.07.2015 (V ZR 206/14, NJW 2016, 317) insofern zu Recht von einer atypischen Vertragsbeziehung gesprochen, auf die nur grundsätzlich die „passenden“ rechtlichen Regelungen des sachnächsten gesetzlichen Vertragsverhältnisses anzuwenden seien und hat mit diesen Erwägungen die Regelung des § 667 BGB herangezogen; das bedeutet gerade nicht eine generelle Anwendung der gesamten Vorschriften des Auftragsrechts.

537
Soweit der Beklagte zu 1) über die Recherchekosten hinaus auch die Bewirtung des Erblassers im Deidesheimer Hof übernommen hat, mag dies in einem klassischen Über-/Unterordnungsverhältnis zwar atypisch scheinen, trägt in der vertrauensvollen Arbeitsatmosphäre aber keine andere Sicht auf das rechtliche Konstrukt, zumal es aus Sicht des Erblassers auch durchaus so gewesen sein könnte, dass dieser von einer Erstattung der Kosten durch den Verlag ausging oder von einer in gewissem Umfang ausgleichenden Geste des Beklagten zu 1), der an den betreffenden Tagen im Hause des Erblassers unentgeltlich bewirtet worden war.

538
(d) In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Landgerichts lässt auch die „Konferenzbescheinigung“ keinen hinreichend sicheren Rückschluss darauf zu, dass der Beklagte zu 1) seinerzeit als freier Journalist ohne die vorstehend skizzierte vertragliche Bindung zum Erblasser tätig geworden ist, zumal unstreitig ist, dass er ohne dessen Einflussnahme einen Zugang zu Archiven und von dort eine solch großzügige Unterstützung, wie er sie bei den Arbeiten im Hinblick auf die Materialauswahl genossen hat, niemals hätte erreichen können. Insofern erschließt sich auch nicht, warum der Beklagte zu 1) im vorliegenden Rechtsstreit mehrfach betont, der Erblasser habe ihm keine Unterlagen zugänglich gemacht, sondern ihn allenfalls „passiv“ unterstützt: Ohne die Mitwirkung des Erblassers hätte der Beklagte zu 1) in der von ihm propagierten Rolle als „freier Journalist“ keinen Zugang zu den unter Verschluss stehenden Unterlagen und keine entsprechende Unterstützung durch die offiziellen Stellen erhalten wie es dann tatsächlich geschehen ist. Diese unabdingbar notwendige Mitwirkung des Erblassers stand dem Beklagten zu 1), der die erhaltene Konferenzbescheinigung selbst als „Ritterschlag“ bezeichnete, deutlich vor Augen („… musste ich umfangreiches Aktenmaterial zu Rate ziehen, dessen Zugang mir Kohl, selbst studierter Geschichtswissenschaftler, schon bald mit Freimut ermöglichte“, vgl. Buch, S. 48). Sofern er dann in den Archiven selbst die genauen Recherchegegenstände frei bestimmen konnte und insofern nicht lediglich die einzelnen Unterlagen nur auf Veranlassung des Erblassers erhalten haben mag, ändert dies nichts dran, dass mit dem Zugang zu den Archiven und zu den der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Akten die maßgebliche Grundlage seiner Recherchetätigkeit erst durch den Erblasser ermöglicht wurde.

539
(e) Soweit zugunsten des Beklagten zu 1) schließlich unterstellt wird, dass er als forschender Historiker und als ein mit seinen Arbeiten der Öffentlichkeit zugewandter Journalist bei Vertragsschluss mit dem Erblasser nicht bedacht hat, wie sich der Wechsel seiner gewöhnlich eingenommenen Position hin zum Ghostwriter in rechtlicher Hinsicht auf seine Befugnisse zum späteren Umgang mit der Stoffsammlung auswirken würde und dass er sich bei entsprechendem Bewusstsein auf eine solche Konstruktion möglicherweise nicht eingelassen hätte, kann auch dies letztlich der Annahme einer vertraglichen Bindung zwischen ihm und dem Erblasser im oben dargestellten Sinne nicht entgegenstehen. Denn insofern würde es sich um einen reinen Rechtsfolgenirrtum über Nebenfolgen handeln, der rechtlich unbeachtlich ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 119 Rn. 15 m.w.N.) Dem Beklagten zu 1) mag in diesem Zusammenhang die – juristisch vorausschauende – Vorsicht gefehlt haben, als er, wie er es im Buch ausdrückt, „besessen von der Idee, als Historiker das bewegte Leben des Staatsmanns und Parteistrategen zu dokumentieren“, in der Zusammenarbeit mit dem Erblasser „nun einmal, so nah wie kein anderer, direkt an der Quelle“ saß (Buch, S. 31), er war „neugierig auf den großen Zampano“ (S. 36) und „irgendwie mochte (er) diesen Kerl“ (S. 36), „saß in der Kohl-Falle fest“ (S. 39) und war „stolz, dass er mich brauchte“ (S. 39). Eine dann allenfalls denkbare Anfechtung, in direkter Anwendung von § 119 BGB bei Annahme eines Inhaltsirrtums oder in analoger Anwendung dieser Regelung bei fehlendem Erklärungsbewusstsein, ist jedenfalls nicht unverzüglich im Sinne vom § 121 BGB erklärt worden. Denn spätestens nach Eingang der ersten anwaltlichen Schreiben des Erblassers nach dem Zerwürfnis im März 2009 hätte der Beklagte zu 1) entsprechend reagieren und diesem gegenüber erklären müssen, dass er nach seinem Dafürhalten selbst die Befugnis habe, über die Inhalte der Stoffsammlung und insbesondere über die Aufnahmen auf den Originaltonbändern zu verfügen.

540
b) Diese dem Beklagten zu 1) aus der vertraglichen Beziehung zum Erblasser obliegende Verschwiegenheitspflicht ist auch weder durch eine Zustimmung des Erblassers zur Veröffentlichung des Inhalts der Tonbänder, noch durch das Ende der Zusammenarbeit an den Memoiren, den Tod des Erblassers oder aus sonstigen Gründen entfallen.

541
aa) Die angeblich gegenüber dem Beklagten zu 1) erklärte Zustimmung des Erblassers, dass seine auf Tonband aufgenommenen Äußerungen in eigener Verantwortung des Beklagten zu 1) veröffentlicht werden dürfen, ist vom Beklagten zu 1) schon nicht schlüssig bzw. widerspruchsfrei vorgetragen worden.

542
(1) Es fehlt nach Ansicht des Senats schon an einem schlüssigen bzw. widerspruchsfreien Sachvortrag des Beklagten zu 1) zu dieser Behauptung. Die angebliche Äußerung des Erblassers gegenüber dem Beklagten zu 1) „Das kannst Du später einmal schreiben“ (Buch, S. 29), die nach dessen alternierenden Vortrag gefallen sein soll mit Formulierungen wie etwa „für dein viertes Buchs, das Du in dreißig Jahren machst, wenn Du gar keine Haare mehr hast“ (Bl. 1499 d.A.), bei „Alter, wenn du einmal keine Haare mehr hast, kannst Du veröffentlichen was Du willst“ (Interview RP Online, Bl. 367 f. d.A.) oder bei„…, wenn ich tot bin“ (Interview SPIEGEL 39/2012, Bl. 361 f. d.A.), ist insgesamt weder durch die vom Beklagten zu 1) vorgelegten Transkripte noch durch die Audiodateien belegt, obwohl sie angeblich während der Tonbandaufnahmen (z.B. am 31.08.2001) gefallen sein soll. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die angebliche Erklärung des Erblassers, der Beklagte zu 1) könne nach Abschluss des Memoirenprojektes bzw. nach dem Tod des Erblassers frei über die Stoffsammlung verfügen, auch bei weiteren Gelegenheiten gefallen sein soll, dies jedoch vom Beklagten zu 1) erst im Laufe des mehrjährigen Verfahrens vorgetragen wurde. So hat der Beklagte zu 1) erst in der mündlichen Verhandlung vom 15.02.2018 im Rahmen der im Parallelverfahren 15 U 66/17 erfolgten Erörterung der betreffenden Frage – insoweit nicht protokolliert – persönlich erklärt, er habe kurz nach dem Tod der Ehefrau des Erblassers Hand in Hand mit diesem an ihrem Grab gestanden. Bei dieser Gelegenheit habe ihm der Erblasser das Versprechen abgenommen, nach seinem Tod für die Fortführung der Memoiren zu sorgen und so „sein Vermächtnis wahrzunehmen“. Im vorangegangenen Termin zur mündlichen Verhandlung am selben Tage in der hiesigen Sache (15 U 64/17) hat der Beklagte zu 1) im Rahmen der Erörterung der Frage seiner Verfügungsbefugnis über die Stoffsammlung persönlich – auch insoweit nicht protokolliert – vorgetragen, er habe aus den von ihm eingesehenen Stasi-Akten recherchieren können, dass es Morddrohungen gegen den Erblasser gegeben habe. Dieser bzw. seine erste Ehefrau hätten ihm daraufhin das Versprechen abgenommen, dass für den Fall seines gewaltsamen Ablebens die Erinnerungen durch ihn – den Beklagten zu 1) – veröffentlicht werden würden. Es erscheint dem Senat kaum nachvollziehbar, wie es dazu kommt, dass der Beklagte zu 1) in dieser für sein künftiges schriftstellerisch-journalistisches Wirken bzw. für seine Position im vorliegenden Rechtsstreit so zentralen Frage im Laufe der außergerichtlichen sowie gerichtlichen Auseinandersetzung eine Vielzahl von verschiedenen Gelegenheiten und Äußerungen des Erblassers vorträgt, welche die ihm angeblich überlassene Verfügungsbefugnis über die Stoffsammlung beinhalten sollen.

543
(2) Selbst wenn jedoch zugunsten des Beklagten zu 1) unterstellt wird, dass der Erblasser sich während der gemeinsamen Arbeit an den Memoiren und dem Tagebuch bei mehreren Gelegenheiten geäußert und dem Beklagten zu 1) gleichsam kumulativ die eigenverantwortliche Verwendung der Stoffsammlung für einen späteren Zeitpunkt zugesagt hat, ist dennoch eine Beweisaufnahme über diese zwischen den Parteien streitige Frage nicht geboten. Denn letztlich kann die Wahrheit dieser Behauptungen ebenso dahinstehen wie die Frage, ob derartige eher beiläufige Äußerungen des Erblassers überhaupt von einem entsprechenden Rechtsbindungswillen getragen waren oder nur spontan in Erwartung einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit erfolgt sind, in deren Rahmen auch weitere Projekte mit dem Erblasser bzw. den von ihm benannten Personen abgestimmt worden wären. Denn jedenfalls ist einer etwaigen Zusage zur Veröffentlichung nach dem Tod aufgrund der vorzeitigen Beendigung der Zusammenarbeit über die Memoiren am 24.03.2009 die Grundlage entzogen worden (so auch OLG Köln v. 01.08.2014 – 6 U 20/14, AfP 2014, 465). Durch eine Kündigung, wie sie der Erblasser mit Schreiben vom 24.03.2009 ausgesprochen hat, wäre eine wie auch immer zuvor erklärte Einwilligung gegenüber dem Beklagten zu 1), die Stoffsammlung und damit auch die Tonbänder eigenverantwortlich zu verwenden, schon deshalb widerrufen worden, weil zum einen das Vertrauensverhältnis zum Beklagten zu 1) zerstört war und zum anderen die Stoffsammlung für einen möglichen Nachfolger des Beklagten zu 1) exklusiv zur Verwertung durch den Erblasser hätte zur Verfügung stehen müssen (vgl. BGH v. 10.07.2015 – V ZR 206/14, NJW 2016, 317).

544
bb) Die Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) hat auch nicht durch die Beendigung der Zusammenarbeit an den Memoiren mit dem Kündigungsschreiben vom 24.03.2009 ihr Ende gefunden.

545
Die Geheimhaltungspflicht eines Ghostwriters generell und die des Beklagten zu 1) im Besonderen findet nicht automatisch ihr Ende durch die Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Namensträger (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 18.08.2017 – 15 U 69/17, n.v.). Denn gerade für den Fall, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Ghostwriter und dem Namensträger aufgrund interner Differenzen endet, kommt die zuvor als Nebenpflicht bestehende Pflicht zur Verschwiegenheit – mag das gegenseitige Verhältnis auch nicht mehr von der zuvor vorhandenen Vertrauensbasis getragen werden – zum Tragen und verhindert sowohl eine Tätigkeit des Ghostwriters zum wirtschaftlichen Schaden des Namensträgers als auch ein unbefugtes Ausnutzen seiner zuvor erworbenen Position in Gestalt eines Wissensvorsprungs vor der Öffentlichkeit.

546
Auch der Gedanke einer Zweckerreichung des Projektes, die dazu führen könnte, dass die Pflicht zur Verschwiegenheit über die Materialsammlung hinfällig würde, greift vorliegend nicht ein. Denn zum einen ist das Projekt der Memoiren aufgrund des unstreitig unvollendeten vierten Bandes noch nicht beendet und damit der Zweck der gemeinsamen Arbeit zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) noch nicht erreicht worden. Zum anderen beruhte die Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich der auf Tonband gebannten Erinnerungen des Erblassers auch nicht allein auf der Zweckbestimmung, ihr Bekanntwerden vor Erscheinen der Memoiren zu verhindern, um damit das Alleinstellungsmerkmal dieses Werkes und seinen nicht zuletzt wirtschaftlichen Wert nicht zu gefährden. Vielmehr basiert die Pflicht zur Verschwiegenheit – wie oben dargelegt – maßgeblich auf der Erwägung, dass der Erblasser „Herr über seine Gedanken“ bleiben sollte und ihm allein aufgrund der sowohl inhaltlich als auch im Ausdruck sehr offenen Äußerungen über historische und politische Ereignisse sowie über politische Gegner und Weggefährten die alleinige Entscheidung zustehen sollte, ob und gegebenenfalls in welcher Form diese Informationen jemals an die Öffentlichkeit gelangen würden. Dies war gerade bei einem Zerwürfnis von besonderer Bedeutung, damit die in „guten Zeiten“ erfolgte vertrauensvolle Öffnung sich nach dem Streit nicht in einen möglichen, besonders schmerzhaften Rachefeldzug kehren konnte. Dabei kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Klägerin nach dem Tod des Erblassers willens und in der Lage ist, dessen Memoiren zu vollenden, schon deshalb nicht an, weil es jedenfalls nicht in die Zuständigkeit des Beklagten zu 1) fällt, dieser Entscheidung zuvorzukommen und seinerseits Inhalte der Stoffsammlung zu veröffentlichen.

547
Soweit der Beklagte zu 1) sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, er habe mit dem Verlag am 06./09.10.2009 eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen, steht auch dies der ihn treffenden Verschwiegenheitspflicht nicht entgegen, da diese Vereinbarung weder Bindungswirkung gegenüber dem Erblasser noch gegenüber der Klägerin entfaltet. Dies folgt schon daraus, dass die jeweiligen Verlagsverträge – wie oben dargestellt – nicht unmittelbar das Binnenverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) regeln, sondern mit der Klausel zu der „gemeinsamen Besprechung“ vielmehr nur das „Dach“ für die konkludent geschlossene Vertragsbeziehung sui generis bilden, aus welcher sich die Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) als Nebenpflicht ableitet. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass – wenn man denn den Verlagsverträgen einen weitergehenden Status im Verhältnis zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) zubilligen wollte – nach der Regelung in § 2 Nr. 7 des Verlagsvertrages des Beklagten zu 1) die Fertigstellungs- und Änderungsbefugnis des Erblassers auch „bei Kündigung oder Beendigung dieses Vertrages“ fortbestehen sollte, womit deutlich wird, dass dem Schicksal des Verlagsvertrages auf die Ansprüche des Erblassers hinsichtlich der Stoffsammlung kein Einfluss zugebilligt wurde. Im Übrigen würde es sich, sofern der Beklagte zu 1) durch seine interne Abrede mit dem Verlag, an der weder der Erblasser noch die Klägerin beteiligt waren, gegen ihn gerichtete Ansprüche des Erblassers hätte zu Fall bringen können, um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter handeln.

548
cc) Schließlich ist die Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) auch nicht durch den zwischenzeitlichen Tod des Erblassers am 16.06.2017 erloschen. Der Annahme einer nur lebzeitigen Bindung des Beklagten zu 1) an die Pflicht zur Verschwiegenheit über die im Rahmen der Stoffsammlung erlangten Informationen stehen schon die Regelungen der Verlagsverträge entgegen. So ist zunächst im Verlagsvertrag des Erblassers in § 14 Abs. 1 eine Regelung zur postmortalen Befugnis seines Sohnes AB enthalten, über das Ob und Wie der weiteren Veröffentlichung zu entscheiden. Des Weiteren hat sich der Beklagte zu 1) in § 7 Abs. 1 seines Verlagsvertrages damit einverstanden erklärt, auch mit einer „an die Stelle des Autors tretenden Person im Rahmen dieses Vertrages zusammenzuarbeiten“. Aus diesen Regelungen wird deutlich, dass die Parteien übereinstimmend den Willen bzw. die Bereitschaft bekundet hatten, gegebenenfalls auch nach dem Tode des Erblassers mit dem Projekt der Autobiographie fortzufahren und dass über das Ob und Wie der weiteren Veröffentlichung jedenfalls nicht der Beklagte zu 1) zu entscheiden hatte, sondern sich vielmehr dessen (rechtlich) dienende Rolle im Autobiographie-Projekt weiter fortsetzen sollte (vgl. auch: Stolz, a.a.O., S. 93, wonach die schuldrechtlichen Beziehungen im Ghostwriterverhältnis nicht mit dem Tod des Namensgebers erlöschen, sofern nicht ein anderes vereinbart ist).

549
dd) Soweit im Rahmen der Vereinbarung von Schweigepflichten ein Korrektiv dahingehend bejaht wird, dass jedenfalls die Offenbarung gravierender Missstände möglich sein soll (dazu BVerfG v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, NJW 1984, 1741; Soehring, in: Soehring/Hoene, PresseR, § 7 Rn. 24 m.w.N. bei ausgeschiedenen Arbeitnehmern) oder aber bei den im politischen Betrieb typischen Hintergrundgesprächen eine vereinbarte Vertraulichkeit nicht gewahrt werden muss, wenn die Information ein Verbrechen betrifft bzw. die verfassungsmäßige Ordnung berührt oder gefährdet ist (vgl. Soehring, in Soehring/Hoene, PresseR, § 7 Rn. 74 – 75a; Pressekodex, Richtlinie 5.1 – Vertraulichkeit), sind diese Erwägungen vorliegend ebenfalls ersichtlich nicht zugunsten des Beklagten zu 1) einschlägig. Denn die streitgegenständlichen Passagen enthalten keine Interna seiner Zusammenarbeit mit dem Erblasser, die das Verhalten des Erblassers ihm gegenüber oder die Verhältnisse bei der Zusammenarbeit im Keller des Wohnhauses des Erblassers betreffen, sondern vielmehr dessen Äußerungen, die im Rahmen der Erinnerung an seine private und politische Vergangenheit aufgenommen worden sind. Zum anderen betreffen die vom Beklagten zu 1) veröffentlichten Zitate des Erblassers weder ein Verbrechen noch berühren oder gar gefährden sie – ohne dabei die grundsätzlich vorhandene inhaltliche Bezugnahme auf politische und historische Ereignisse in Abrede stellen zu wollen – die verfassungsmäßige Ordnung. Dies gilt auch hinsichtlich derjenigen Äußerungen, die Zitate des Erblassers mit Bezug auf das Einwerben bzw. die Verwendung von Parteispenden beinhalten (vgl. Nr. 6, 9, 10, 11, 48, 49, 50, 51, 52). Denn auch wenn insoweit berücksichtigt werden muss, dass diese Thematik gerade im Zusammenhang mit der Person des Erblassers von hohem öffentlichen Interesse ist, erfordert das vorgenannte Korrektiv einer vertraglichen Schweigepflicht nicht nur ein hohes öffentliches Interesse, sondern vielmehr ein Verbrechen oder eine qualitativ gleichwertige Gefährdung der öffentlichen Ordnung, die hinsichtlich der vom Erblasser geschilderten – teilweise Jahrzehnte zurückliegenden – Begebenheiten nicht festgestellt werden kann.

550
ee) Ebenso wenig kann sich der Beklagte zu 1) gegenüber seiner Pflicht zur Verschwiegenheit auf seine Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Zwar unterfällt auch die Mitteilung fremder Meinungen dem Schutzbereich dieses Grundrechts. Jedoch hat der Beklagte zu 1) aufgrund der im Verhältnis zum Erblasser bestehenden Vertragsverbindung sui generis, aus der eine Pflicht zur Verschwiegenheit im oben dargestellten Umfang folgt, – wie eingangs bereits gesagt – auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung in zulässiger Weise verzichtet. Eine entsprechende vertragliche Verpflichtung eines Ghostwriters wäre sinnlos, wenn sie nachträglich dadurch umgangen werden könnte, dass sich dieser auf sein Recht aus Art. 5 Abs. 1 GG beruft. Diesen Erwägungen steht auch nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.03.1987 (VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667) trotz einer ausdrücklich getroffenen Geheimhaltungsvereinbarung zwischen dem dortigen Kläger und seinem Co-Autor gerade keine vertraglichen, sondern lediglich deliktische Unterlassungsansprüche im Hinblick auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geprüft und insofern eine Interessenabwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung des kollidierenden Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG vorgenommen hat. Der Bundesgerichtshof hatte im dortigen Verfahren schon deshalb keinen Anlass, sich mit der Reichweite eines vertraglichen Unterlassungsanspruchs im Hinblick auf die Meinungsfreiheit des dortigen Beklagten zu beschäftigen, weil die angefochtene landgerichtliche Entscheidung gegen den Co-Autor – nur zwischen diesem und dem dortigen Kläger bestand die vertragliche Bindung – bereits rechtskräftig war und das vor dem Bundesgerichtshof anhängige Revisionsverfahren nur noch von der Verlagsgesellschaft sowie zwei Redakteuren betrieben wurde, denen der Co-Autor das (Tonband-)Material zur Verfügung gestellt hatte und die jeweils gerade keine vertragliche Beziehung mit dem dortigen Kläger verband, so dass deliktische Ansprüche geprüft wurden.

551
c) Die aufgezeigte Verletzung von vertraglichen Verschwiegenheitspflichten durch den Beklagten zu 1) jedenfalls durch die Weitergabe der Äußerungen im Wortlaut stellt als solche zwar nicht automatisch eine Persönlichkeitsrechtsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG als Voraussetzung für einen Anspruch auf Geldentschädigung dar. Indes war – wie sogleich zu Ziff. 4 a) mit Blick auf den Beklagten zu 2) noch näher auszuführen ist – jedenfalls eine Veröffentlichung der (vermeintlichen) Originalzitate im Wortlaut unter Bruch der Verschwiegenheitspflicht zugleich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Erblassers in Form der Geheim- bzw. Vertraulichkeitssphäre, bei der sich der Beklagte zu 1) angesichts seines vertraglichen Verzichts auf seine Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG wie gezeigt nicht mehr auf Aspekte der Meinungsfreiheit im Zuge der Abwägung berufen konnte.

552
2. Ungeachtet dessen liegen hier teilweise auch ganz erhebliche Zitatverfälschungen zu Lasten des Erblassers vor, wie nachstehend zu Ziff. 4 d) zu den hier angegriffenen Passagen im Einzelnen auszuführen ist. Auch dies stellt eine eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzung des Erblassers dar. Denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst das Recht am eigenen Wort und schützt den Einzelnen davor, dass ihm nicht Äußerungen zugeschrieben werden, die er nicht getan hat und die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Der grundrechtliche Schutz wirkt nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung (st. Rspr., vgl. etwa BGH v. 21.06.2011 – VI ZR 262/09, NJW 2011, 3516 Tz 11 f.; BVerfG v. 03.06.1980 – 1 BvR 185/77, BVerfGE 54, 148 ff. – Eppler; v. 03.06.1980 – 1 BvR 797/78, BVerfGE 54, 208 – Böll; v. 31.03.1993 – 1 BvR 295/93, NJW 1993, 2925; v. 25.10.2012 – 1 BvR 2720/11, NJW 2013, 774). Der Schutz findet seinen Grund darin, dass mit dem Zitat nicht eine subjektive Meinung des Kritikers zur Diskussion gestellt, sondern eine objektive Tatsache über den Kritisierten behauptet wird. Deswegen ist das Zitat, das als Beleg für Kritik verwendet wird, eine besonders scharfe Waffe im Meinungskampf. Gegenüber der erkennbaren Meinungsäußerung kommt ihm die Überzeugungs- und Beweiskraft des Faktums zu. Der Kritisierte wird sozusagen als Zeuge gegen sich selbst ins Feld geführt (BGH a.a.O, Tz. 11; BVerfG v. 03.06.1980 – 1 BvR 797/78, BVerfGE 54, 208). Von einer unrichtigen Wiedergabe einer Äußerung ist dabei bereits auszugehen, wenn der Eindruck erweckt wird, der Zitierte habe sich eindeutig in einem bestimmten Sinne geäußert, obwohl seine Aussage mehrere Interpretationen zulässt und der Zitierende nicht kenntlich macht, dass es sich um seine Interpretation einer mehrdeutigen Aussage handelt (BGH, a.a.O. Tz. 12). Maßgebend für die Feststellung der Frage, ob eine Äußerung zutreffend wiedergegeben wurde oder nicht, ist dabei nicht das vertretbare Verständnis eines Durchschnittslesers oder Durchschnittshörers, sondern das, was der Zitierte gemessen an seiner Wortwahl, dem Kontext seiner Gedankenführung und dem darin erkennbar gemachten Anliegen zum Ausdruck gebracht hat (BGH, a.a.O., Tz. 12). Denn andernfalls würde dem Zitierten die Entscheidung über sein eigenes Wort weitgehend genommen und durch eine mögliche Beurteilung Dritter ersetzt, in der seine Äußerung eine andere Färbung oder Tendenz erhalten kann, als der Zitierte sie zum Ausdruck gebracht hat (BGH, a.a.O., Tz. 12, vgl. auch etwa BVerfG v. 03.06.1980 – 1 BvR 797/78, BVerfGE 54, 208; BGH v. 01.12.1981 – VI ZR 200/80, VersR 1983, 1155; v. 27.01.1998 – VI ZR 72/97, VersR 1998, 601; v. 15.11.2005 – VI ZR 274/04, VersR 2006, 273). Dementsprechend ist eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schon zu bejahen, wenn die Wiedergabe einer mehrdeutigen Äußerung zwar einer aus Sicht des Durchschnittsadressaten vertretbaren Deutung folgt, aber auch ein anderes Verständnis möglich ist, das die Rechte des Zitierten besser wahrt, und der Zitierende seiner Aussage keinen Interpretationsvorbehalt beifügt (BGH, a.a.O. Tz. 12; BVerfG v. 25.10.2012 – 1 BvR 2720/11, NJW 2013, 774 Tz. 14.). Dabei ist jede Äußerung im Gesamtzusammenhang zu betrachten und muss an Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung gemessen werden (BGH, a.a.O., Tz 14) und es ist zu beachten, dass sich bei mehrdeutigen Äußerungen der Interpretationsgehalt auch aus dem Gesamtkontext wie z.B. der Süffisanz des Gesamtartikels und/oder ironisch pointierten verkürzenden und verschärfenden Zusammenfassungen von Äußerungen (statt explizit wörtlichen Zitaten) ergeben kann (BVerfG, a.a.O., Tz. 15), andererseits aber erläuternde Bezeichnungen (wie z.B.: „Klartext“) darauf hindeuten können, dass der Betroffene sich ganz eindeutig genauso geäußert haben soll wie wiedergegeben (so sogar für Übersetzungen mit dem vorstehend zitierten Zusatz etwa BGH v. 27.01.1998 – VI ZR 72/97, NJW 1998, 1391).

553
Liegt nach diesen Maßstäben ein Fehlzitat vor, ist entgegen Hoene, in: Soehring/Hoene, PresseR, 5. Aufl. 2013, § 16 Rn. 51 nicht zu fragen, ob der Betroffene inhaltlich sonst ähnlich geäußert hat, sondern die Schwelle zur Annahme einer Persönlichkeitsrechtsverletzung regelmäßig überschritten (statt aller etwa Korte, Presserecht, 2014, § 5 Rn. 27). Die unrichtige Wiedergabe eines Zitats kann aufgrund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls allenfalls dann hinzunehmen sein, wenn die Abweichung vom tatsächlichen Wortlaut so unerheblich ist, dass hierdurch der Geltungsanspruch des Zitierten nicht beeinträchtigt ist, doch meint das vor allem Fälle einer Wiedergabe von Äußerungen in indirekter Rede mit Interpretationsvorbehalten (OLG Dresden v. 04.08.2016 und 09.09.2016 – 4 U 1023/16, juris). Soweit u.a. die Berufungsbegründung der Beklagten zu 3) auf S. 37 (Bl. 3780 d.A.) der Ansicht ist, dass Leser bei Äußerungen aus langen Monologen nicht davon ausgehen, dass dort genau zitiert werde (dazu Senat v. 15.12.2016 – 15 W 46/16, AfP 2017, 57 – Faktencheck), trägt dieser Aspekt vorliegend schon deswegen nicht, weil das streitgegenständliche Buch gerade mit der direkten Wörtlichkeit des Erblassers wirbt und die Zitate durch Kursivschrift als „Originalzitate“ gerade optisch besonders hervorhebt (vgl. Fußnote auf Buch, S. 11). Für den Durchschnittsleser erscheinen die (vermeintlichen) Originalzitate daher zwar als Ausschnitte aus den langen Gesprächen und insofern durchaus als Teilaussagen, doch steht für ihn die Authentizität gerade der wörtlich zitierten Teile außer Zweifel. Die Position des Erblassers als „Kronzeuge gegen sich selbst“ ist dem streitgegenständlichen Werk immanent und macht es gerade aus. Vergleichbar mit der Wirkung der vermeintlichen Authentizität von Bildnissen (vgl. BVerfG v. 14.02.2005 – 1 BvR 240/04, NJW 2005, 3271: „Fotos suggerieren Authentizität und die Betrachter gehen davon aus, dass die abgebildete Person in Wirklichkeit so aussieht“), denen die Tonbandaufnahmen wegen der in ihnen liegenden „Verdinglichung“ des gesprochenen Worts letztlich gleichstehen können (vgl. BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667 2668), suggeriert diese Gesamtdarstellung dem durchschnittlichen Leser im Hinblick auf die streitgegenständlichen Äußerungen durch Kursivdruck, durch die Verwendung von An- und Abführungszeichen sowie durch die Angaben auf dem Klappentext bzw. im Vorwort („authentisches Bild von Helmut Kohl“, „Helmut Kohl unplugged“), dass tatsächlich der genauen Wortlaut bzw. zumindest aber der korrekte Bedeutungsgehalt der Zitate des Erblassers wiedergegeben wird. Das ist jedoch – wie zu Ziff. 4 d) noch im Detail auszuführen sein wird – in einer Vielzahl von Fällen gerade nicht geschehen.

554
Dabei sind auf Seiten der Beklagten keinerlei schutzwürdige Interessen anzuerkennen, dem Erblasser eine Äußerung als Zitat zuzuschreiben, die dieser (so) nicht getätigt hat. Unrichtige Zitate sind durch die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG – auf die der Beklagte zu 1) sich ohnehin wegen seines vertraglichen Verzichts nicht mehr berufen kann – per se nicht geschützt, da weder die öffentliche Meinungsbildung noch die demokratische Kontrolle unter dem Erfordernis leiden, richtig zitieren zu müssen. Demjenigen, der eine Äußerung als Zitat des Betroffenen wiedergibt, werden keine wesentlichen oder gar unzumutbaren Erschwerungen oder Risiken auferlegt, wenn er verpflichtet wird, korrekt zu zitieren (vgl. BVerfG v. 03.06.1980 – 1 BvR 797/78, BVerfGE 54, 208; vgl. für nicht erkennbare Fotomanipulationen zudem auch BVerfG v. 14.02.2005 – 1 BvR 240/04, NJW 2005, 3271, 3273). Dies ist hier aber unter gröbster Missachtung der journalistischen Sorgfalt nicht geschehen, obwohl das Werk gerade mit besonderer Authentizität wirbt.

555
3. Zudem haben die Beklagten zwar vortragen lassen, sich an Anweisungen des Erblassers, bestimmte Passagen der Tonbandaufnahmen nicht zu veröffentlichen, moralisch wie rechtlich gebunden zu fühlen. Tatsächlich gehalten daran haben Sie sich entgegen ihren Beteuerungen aber nicht, sondern mehrere sogenannte Sperrvermerkzitate veröffentlicht, die vom Erblasser – unstreitig und auch aus den selbst vorgelegten Transkripten ersichtlich – mit einem die Veröffentlichung ausdrücklich ausschließenden Zusatz versehen wurden. Dies verstärkt die zu Ziff. 1 und 2 genannten Persönlichkeitsrechtsverletzungen nochmals.

556
4. Auch der Beklagte zu 2) hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Erblassers jedenfalls gleicher Form wie der Beklagte zu 1) verletzt.

557
a) Zum einen hat er jedenfalls durch die Veröffentlichung der (vermeintlichen) Originalzitate im Wortlaut (im Fall der Äußerung Nr. 111 in indirekter Rede) unter Bruch der den Beklagten zu 1) treffenden Verschwiegenheitspflicht, die ihm aus den maßgeblichen Umständen der Gewinnung der Äußerungen bekannt war, ebenfalls eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Erblassers zu Lebzeiten begangen. Der Beklagte zu 2) hat – wie der Beklagte zu 1) – die Privatsphäre des Erblassers in Form seiner Geheim- bzw. Vertraulichkeitssphäre verletzt, weil für die Veröffentlichung der streitgegenständlichen (vermeintlichen) Zitate zwar teilweise ein öffentliches Informationsinteresse bestand, dieses jedoch die Interessen des Erblassers an der Geheimhaltung der betreffenden Äußerungen unter den ihm erkennbaren besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht überwiegen konnte, wie unten zu 4. d) zu den einzelnen Passagen noch im Detail ausgeführt.

558
aa) Die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerungen des Erblassers im Wortlaut stellte – ohne dass es hier auf die Authentizität ankommen würde – einen Eingriff in die Privatsphäre des Erblassers dar.

559
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat jeder Mensch einen durch Art. 1 und 2 GG geschützten Anspruch auf Wahrung seiner Privatsphäre, zu der andere Personen nur insoweit Zugang haben, als er ihnen den Einblick gestattet (BGH v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, GRUR 2015, 92; v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667; v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120). In diesem Privatbereich muss er vor Kontrolle und Zensur durch die Öffentlichkeit sicher sein, sonst wäre die Basis gefährdet, auf der sich seine Persönlichkeit verwirklichen und entfalten kann. Alle Vorgänge und Lebensäußerungen dieser persönlichen Eigensphäre nehmen grundsätzlich am Schutz durch das Recht der Persönlichkeit auf solche Selbstbestimmung teil. Insoweit hängt es wesentlich vom Kreis der Gesprächsteilnehmer ab, was und wie es gesagt wird, da sich unbefangen nur mitteilen kann, wer den Teilnehmerkreis unter Kontrolle hat, ihn jedenfalls kennt. Ein solcher Schutz kommt grundsätzlich auch dem in der Öffentlichkeit stehenden bzw. sie suchenden Politiker zu, bei dem dann im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist, ob und inwieweit er zu den Personen des politischen Lebens gehört, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse besteht (EGMR v. 07.02.2012 – 40660/08, GRUR 2012, 745; BGH v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, GRUR 2015, 92).

560
Dieser Schutz ist jedoch aufgehoben, wenn die vertraulichen Äußerungen für die Öffentlichkeit verfügbar werden. In einer solchen Veröffentlichung von Aufzeichnungen eines vertraulichen Gespräches liegt ein stärkerer Zugriff auf die Persönlichkeit des Betroffenen, als wenn nur etwas über den Inhalt des Gesprächs nach außen dringt, denn sie bringt die persönliche Eigensphäre des Betroffenen in ihrer Komplexität in die Öffentlichkeit. Die Aufzeichnung fixiert nicht nur die Äußerungen ihrem Inhalt nach, sondern auch den Ausdruck, in dem sich die Person selbst in der Situation des Gesprächs sprachlich gegeben hat. Der Ausdruck erhält zudem durch die Aufzeichnung ein Eigengewicht, da alles das, was auf die Flüchtigkeit des Worts in der Unterhaltung und die ihr eigene Dynamik abgestellt war, durch die Fixierung unter anderem im Transkript in einen gleichsam statischen Zustand versetzt wird, der jederzeit für einen gänzlich anderen Kreis oder eine andere Situation mit Authentizitätsanspruch abrufbar und wiederholbar ist. Aus diesem Grund ist durch eine solche Objektivierung die Persönlichkeit in ihrem Eigenwert erheblich stärker betroffen, als durch eine bloße Indiskretion über ein vertrauliches Gespräch. Das Festhalten der Stimme auf einem Tonträger, durch das die Äußerungen des Betroffenen nicht nur ihrem Inhalt nach, sondern in allen Einzelheiten auch des Ausdrucks fixiert und aus der Sphäre einer von der Flüchtigkeit des Worts geprägten Unterhaltung herausgehoben sowie für eine jederzeitige Reproduzierbarkeit in einem gänzlich anderen Kreis und einer anderen Situation objektiviert und konserviert wird, stellt eine derart intensive “Verdinglichung” der Persönlichkeit dar, dass über den Kopf des Betroffenen hinweg nicht über derartige Aufzeichnungen verfügt werden darf. Insoweit bedürfe der Betroffene eines entsprechenden Schutzes wie gegen die ungenehmigte Veröffentlichung seines Bildnisses, vor der er auch dann geschützt sei, wenn er gegen dessen Anfertigung selbst keine Einwände erhoben habe (vgl. BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667; v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120; vgl. auch LG Berlin v. 01.09.2015 – 27 O 202/15, NJOZ 2016, 744).

561
(2) Die vorstehend dargestellten Erwägungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung gelten auch für die zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) im Rahmen der Stoffsammlung geführten, auf Tonband aufgenommenen und transkribierten Gespräche, die ihren privaten bzw. vertraulichen Charakter nicht durch die politischen bzw. zeitgeschichtlichen Bezüge der Unterhaltung verloren haben. Entscheidend ist insofern nicht, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die streitgegenständlichen Äußerungen Begebenheiten aus dem privaten Leben des Erblassers preisgeben, so dass auch die Argumentation der Beklagten zu kurz greift, dass dieser sich als Politiker geäußert habe und in dieser Rolle permanent in der Öffentlichkeit stünde. Vielmehr kommt es maßgeblich darauf an, dass die Gespräche mit dem Beklagten zu 1), so wie sie geführt worden sind, nicht für die unmittelbare Veröffentlichung bestimmt waren, sondern nur als Stoffsammlung und damit als Grundlage für das vom Beklagten zu 1) zu erstellende Manuskript der Memoiren des Erblassers dienen sollten, welches dieser sodann einer abschließenden Kontrolle unterziehen und über die Freigabe entscheiden konnte. Der entscheidende Eingriff in die Privatsphäre liegt damit nicht in der Weitergabe der in den Äußerungen enthaltenen Information an sich, sondern in der Weitergabe dieser Informationen gerade als Äußerung des Erblassers, der in den Memoirengesprächen mit dem Beklagten zu 1) Gedanken und Empfindungen in einer Art und Weise geäußert hat, wie sie in dieser Offenheit nur einem Vertrauten gemacht werden, dessen Diskretion man sich sicher ist und die man in dieser Form nicht an die Öffentlichkeit gelangen lassen will, selbst wenn man deswegen für seine Person keine Nachteile befürchten müsste.

562
Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall aus der Vielzahl der insgesamt auf Tonband aufgenommenen Äußerungen des Erblassers gerade solche für die streitgegenständliche Veröffentlichung des Beklagten zu 1) und seines Mitautors, des Beklagten zu 2), ausgewählt wurden, in denen sich der Erblasser in sehr persönlich geprägter, teilweise abfälliger oder umgangssprachlich-deftiger oder in einer aus sonstigen Gründen auch für einen in der Öffentlichkeit sprechenden Politiker ungewöhnlichen Art und Weise zu früheren politischen Weggefährten und/oder Gegnern äußerte. Auch insofern zeigt sich die maßgebliche Brisanz der Äußerungen nicht in ihrem sachlichen Informationsgehalt, sondern vielmehr in der gewählten Sprache bzw. in der Offenbarung der persönlichen Einstellung des Erblassers zu den von der Äußerung Betroffenen. Gerade wegen dieser Offenheit in Inhalt und Art der Äußerungen hing es wesentlich von dem persönlichen Vertrauensverhältnis des Erblassers zu seinem Gesprächspartner ab, welche Erinnerungen und Wertungen er in welcher konkreten Form in das Mikrofon sprach. In diesem Sinn manifestiert sich in solchen Äußerungen die Privatsphäre des Sprechenden auch dann, wenn der Gesprächsinhalt nicht die eigene Person betrifft und insofern greift die Preisgabe derartiger Äußerungen an die Öffentlichkeit unter Missachtung des Geheimhaltungswillens des Betroffenen dann auch auf dessen Privatsphäre zu (vgl. BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667; v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 5 Rn. 40 ff.; Helle, Der Schutz der Persönlichkeit, der Ehre und des wirtschaftlichen Rufes im Privatrecht, 2. Aufl. 1969, S. 176).

563
bb) Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs insoweit anerkannt, dass sich der Schutz der Privat- und Geheimsphäre auch auf rechtswidrige Eingriffe Dritter in den Kreis der Gesprächspartner erstreckt, etwa durch heimliche Tonbandaufnahmen (BVerfG v. 31.01.1973 – 2 BvR 454/71, NJW 1973, 891; BGH v. 20.05.1958 – VI ZR 104/57, BGHZ 27, 284), durch das Abhören eines Telefongesprächs (BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120) oder durch Einschleichen in den redaktionellen Bereich eines Presseorgans (BVerfG v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, NJW 1984, 1741). Die ungenehmigte Weitergabe von Tonbandaufzeichnungen durch den Gesprächspartner verletzt, auch wenn das Gespräch mit Zustimmung des sich Mitteilenden aufgezeichnet worden ist, grundsätzlich das Recht der Person zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort. Das Festhalten der Stimme auf einem Tonträger, durch das nicht nur die Äußerungen ihrem Inhalt nach, sondern in allen Einzelheiten auch des Ausdrucks fixiert und aus der Sphäre einer von der Flüchtigkeit des Worts geprägten Unterhaltung herausgehoben sowie für eine jederzeitige Reproduzierbarkeit in einem gänzlich anderen Kreis und einer anderen Situation objektiviert und konserviert werden, stellt eine derart intensive “Verdinglichung” der Persönlichkeit dar, dass über ihren Kopf hinweg nicht über derartige Aufzeichnungen verfügt werden darf. Insoweit bedarf die Person eines entsprechenden Schutzes wie gegen die ungenehmigte Veröffentlichung ihres Bildnisses, vor der sie auch dann geschützt ist, wenn sie gegen dessen Anfertigung selbst keine Einwände erhoben hat.

564
Soweit die Beklagten meinen, dass die Rechtsprechung zum Abhören von Telefonaten schon wegen der dortigen heimlichen und verdeckten Aufnahme des Gesprächs und der möglichen strafrechtlichen Relevanz nicht vergleichbar sei mit der hiesigen bewussten Aufnahme vor einem Mikrofon, geht das fehl. Maßgeblich ist die Verdinglichung des gesprochenen Worts (vgl. auch BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667) und allein damit – und nicht mit der Strafbarkeit des betreffenden Verhaltens – hat auch der Bundesgerichtshof (BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120) zu Recht argumentiert, weswegen es auch nicht darauf ankommt, ob der Inhalt der verbreiteten Äußerungen mit weiteren Ehrbeeinträchtigungen einhergeht. Auch der Versuch der Beklagten, sich von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667 dadurch abzugrenzen, dass in dem damals entschiedenen Fall eine – hier fehlende – ausdrückliche vertragliche Regelung zur nur gemeinsamen publizistischen Verwertung des Materials vereinbart war, trägt im Ergebnis nicht. Denn vorliegend unterlag die Verwertungsentscheidung in den Memoiren und im Tagebuch sogar der alleinigen Endkontrolle des Erblassers und es war im Übrigen – wie oben zum Beklagten zu 1) ausgeführt – eine konkludente vertragliche Abrede geschlossen, aus der sich eine umfassende Verschwiegenheitspflicht ergab, der auch den nicht für die Memoiren verwerteten Teil der Stoffsammlung erfasste.

565
Soweit deshalb der Beklagte zu 1) Tonbandaufzeichnungen von den Äußerungen des Erblassers ohne dessen Einwilligung an die Beklagten zu 2) und 3) weitergegeben hat, hat er – wie oben ausgeführt – schon aus diesem Grunde das Persönlichkeitsrecht des Erblassers verletzt. Dasselbe hat aber für den Beklagten zu 2) zu gelten, dem bei Fertigung der Publikation bekannt gewesen ist, unter welchen Umständen die Aufnahmen der Stimme des Erblassers entstanden und in den Besitz des Beklagten zu 1) gelangt sind. Bekannt war ihm auch, dass der Erblasser mit der Veröffentlichung von Ausschnitten aus den Tonbändern nicht einverstanden war, wie sich aus den Ausführungen im Buch ergibt („Seine Frau … will sich augenscheinlich die alleinige Deutungshoheit sichern und die Gesprächsprotokolle möglicherweise für Jahrzehnte wegschließen. Diesem Ansinnen gilt es sich zu widersetzen. Auf juristischem, aber eben auch auf publizistischem Wege. Deshalb die hier vorlegte Dokumentation, die im Teamwork entstanden ist. Wir – A, der Hüter des Schatzes, der Ghostwriter der Kanzlermemoiren, der Kohl 2001 und 2002 in schier endlosen Sitzungen befragte, und der Journalist und Buchautor B – haben uns noch einmal durch sein monumentales Vermächtnis gekämpft: die Kohl-Protokolle.“, vgl. Buch, S. 10).

566
(1) Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667 betont, dass die dort aufgestellten Grundsätze nicht ohne weiteres auf solche Äußerungen zu übertragen sind, die nicht in der genannten Weise die Persönlichkeit fixieren und konservieren, sondern von dem Gesprächspartner, sei es auch aufgrund eigener Gesprächsnotizen, aus eigenem Wissen weitergegeben würden. Denn insoweit stehe nicht die Verfügung über die Person im Vordergrund, sondern vielmehr das enttäuschte Vertrauen in die Diskretion des Gesprächspartners, der sich über den Geheimhaltungswillen des sich Äußernden hinweggesetzt habe. Damit verwirkliche sich für den Betroffenen der Umstand, dass er sich in der Person seines nicht vertrauenswürdigen Gesprächspartners im Grunde der Öffentlichkeit preisgegeben habe, die er irrtümlich für ausgeschlossen angesehen habe und dem könne grundsätzlich schon durch sorgfältige Auswahl des Gesprächspartners oder durch entsprechende vertraglich vereinbarte Sanktionen entgegengewirkt werden, soweit der Betroffene nicht bereits nach § 826 BGB deliktisch geschützt sei. Ein genereller deliktischer Schutz des Geheimhaltungswillens durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ginge dagegen – so der Bundesgerichtshof – zu weit und würde letztlich bedeuten, die Persönlichkeit vor ihrer eigenen Vertrauensseligkeit in Schutz zu nehmen.

567
(2) Ein solcher Fall des (zu weit gehenden) deliktischen Schutzes einer reinen Indiskretion liegt hier aber gerade nicht vor, sondern vielmehr eine komplexe Preisgabe der Person des Erblassers an die Öffentlichkeit. Denn der Beklagte zu 2) hat nicht solche Äußerungen veröffentlicht, die ihm der Beklagte zu 1) aus eigenem Wissen oder aufgrund eigener Gesprächsnotizen mitgeteilt hat. Vielmehr haben die Beklagten zu 1) und 2) – wie sie selbst im Vorwort des Buches beschreiben (vgl. Buch, S. 10) – die Tonbänder mit der Stimme des Erblassers abgehört bzw. die entsprechenden Transkripte gelesen und gerade die wörtlichen Äußerungen zur Grundlage ihrer Veröffentlichungen gemacht („Durch wen erfahren wir, wie er dachte, taktierte, handelte? Am besten durch den Altkanzler selbst, ungefiltert, in seinen eigenen Worten – anhand der „Kohl-Protokolle“. Erstmals werden sie hier der Öffentlichkeit vorgelegt“, vgl. Buch Umschlagtext). Damit sind gerade die auf einem Tonträger und in den Transkripten verkörperten Äußerungen des Erblassers, die nicht nur ihrem Inhalt nach, sondern in allen Einzelheiten auch des Ausdrucks fixiert und aus der Sphäre einer von der Flüchtigkeit des Worts geprägten Unterhaltung herausgehoben sowie für eine jederzeitige Reproduzierbarkeit in einem gänzlich anderen Kreis und einer anderen Situation objektiviert und konserviert worden waren, der Öffentlichkeit preisgegeben worden, was die Bejahung der „intensiven Verdinglichung der Persönlichkeit“ rechtfertigt, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667 als schutzwürdig erachtet hat.

568
Auch soweit der Beklagte zu 2) – im Rahmen des als solchen beschriebenen „Teamworks“ (vgl. Buch, S. 10) mit dem Beklagten zu 1) – die veröffentlichten Zitate nicht von den Tonbändern selbst abgehört haben sollte, sondern möglicherweise nur auf den Inhalt der Transkripte zurückgegriffen hat, ändert dies an dem Eingriff in die Privatsphäre des Erblassers nichts, da dieser in gleichem Maß gegen eine Veröffentlichung der Verschriftlichung seiner Gespräche zu schützen ist. Der personale Charakter solcher Aufzeichnungen, die den Anspruch erheben, den Wortlaut des vollständigen Gesprächs nebst Sprachduktus zu enthalten, ist kaum geringer als derjenige der Tonbandaufnahmen einzustufen, denn sie erheben, auch wenn sie Klangfärbung und Tempo der Stimme nicht unmittelbar wiedergeben (können), denselben Anspruch auf authentische Beurkundung der Eigensphäre der Gesprächsbeteiligten. Auch die in den Transkripten enthaltene sprachliche Festlegung von bestimmten Gedankeninhalten lässt Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Erblassers zu und zugleich birgt die Beschränkung des Lesers auf den vermittelten optischen Eindruck die Gefahr, dass die Aufzeichnung ein die Persönlichkeit des Erblassers verfremdendes Eigengewicht erhält, in dem diejenigen Schärfungen und Abschwächungen verloren gehen, die nur durch die Sprache zum Ausdruck kommen können. Wegen dieses ebenfalls bestehenden besonderen personalen Bezugs muss auch bei solchen Verschriftlichungen einer Tonbandaufnahme der Betroffene grundsätzlich die Kontrolle darüber behalten, wer vermittels der Aufzeichnung Einsicht in seine Eigensphäre und damit Verfügungsmacht über sie erhält (vgl. BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120; v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, NJW 2015, 782).

569
cc) Dieser zu Lebzeiten des Erblassers erfolgte Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung der streitgegenständlichen (vermeintlichen) Zitate im Wortlaut seitens des Beklagten zu 2) war auch rechtswidrig. Denn der Beklagte zu 2) hat sich rücksichtslos über die Belange des Erblassers hinweggesetzt und es wäre bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen im Hinblick auf den Inhalt der einzelnen Zitate – soweit eine solche überhaupt erforderlich ist – ebenfalls zu Gunsten des Erblassers zu entscheiden gewesen.

570
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Veröffentlichung von Informationen, die ein Dritter rechtswidrig erlangt bzw. weitergegeben hat, nicht per se rechtswidrig im Sinne eines absoluten Verwertungsverbotes. Denn der Presse ist es nicht schlechthin verwehrt, das, was ihr Informant ihr auf rechtswidrigem Weg zugetragen hat, zu veröffentlichen. Das durch die Verfassung gewährleistete Informationsrecht der Presse geht über die Freiheit des Bürgers, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten, hinaus. Würde der Presse ein absolutes Verwertungsverbot bezüglich solcher Informationen auferlegt, die nach ihrer Kenntnis, aber ohne ihre Beteiligung in rechtswidriger Weise erlangt wurden, so könnte ihre Kontrollaufgabe leiden, zu deren Funktion es gehört, auf Mißstände von öffentlicher Bedeutung – nicht notwendig von strafrechtlicher Relevanz – hinzuweisen (BVerfG v. 25.01.1984 – 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116; BGH v. 10.04.2018 – VI ZR 396/16, juris; v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, NJW 2015, 782; v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120; OLG Stuttgart v. 08.07.2015 – 4 U 182/14, BeckRS 2015, 12149). Durch ein solches Verbot wäre ferner die Freiheit des Informationsflusses beeinträchtigt, die gerade durch die Pressefreiheit erhalten und gesichert werden soll. Schließlich würde auch der Grundrechtsschutz von vornherein in solchen Fällen entfallen, in denen es dieses Schutzes bedarf. Die Vielfalt möglicher Fallgestaltungen lässt es aus diesen Gründen nicht zu, die Verbreitung rechtswidrig beschaffter Informationen aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG gänzlich auszuschließen. Das muss selbst dort gelten, wo der Informant unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts Äußerungen weitergibt, die ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit gemacht worden sind. Insofern hat eine Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen einerseits mit der Informations- und Meinungsfreiheit andererseits stattzufinden. Dabei verlangt die Achtung vor dem Vertraulichkeitsbereich, aus dem die Information stammt, eine Beschränkung des Publikationsinteresses auf Informationen mit einem sog. Öffentlichkeitswert, der die schutzwürdigen Belange der persönlichen Eigensphäre, an deren Wahrung nicht nur dem Betroffenen, sondern allen Bürgern gelegen sein muss, übersteigt. Dies gilt besonders dann, wenn ein Dritter unbefugt in diesen Bereich eingegriffen hat und die Publikation deshalb zwangsläufig die Auswirkungen dieses rechtswidrigen Eingriffs verstärken muss. Dabei muss sich die Presse stets der Gefahr bewusst bleiben, dass sie durch den Zugriff auf solche Informationen und deren Veröffentlichung Dritte zu Einbrüchen in die geschützte Eigensphäre anderer Personen ermuntern kann (BGH v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, NJW 2015, 782; v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120). Insbesondere hat sie selbst eine Verantwortung gegenüber der Person des Betroffenen, über dessen schützenswerte Belange sie sich nicht rücksichtslos hinwegsetzen darf (vgl. BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667). Ein solches rücksichtsloses Hinwegsetzen wird dann angenommen, wenn sich das Presseorgan am Rechtsbruch des Informanten beteiligt, ihm das Ausmaß der Bloßstellung des Betroffenen bewusst ist bzw. eine Veröffentlichung in dem Bewusstsein geschieht, dass die fraglichen Äußerungen ins Unreine gemacht wurden und nur als Stoffsammlung dienen sollten (vgl. BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667).

571
(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat sich der Beklagte zu 2) zu Lebzeiten des Erblassers rücksichtslos über dessen schützenswerten Belange hinweggesetzt. Dabei ist zugunsten der Interessen des Erblassers zunächst zu berücksichtigen, dass dem Beklagten zu 2) eine klare Beteiligung am Rechtsbruch des Beklagten zu 1) vorzuwerfen ist. Ausweislich der Angaben im Vorwort des Buches ging es den Autoren darum, Äußerungen des Erblassers gegen dessen im Schreiben vom 02.10.2014 ausdrücklich geäußerten Willen an die Öffentlichkeit zu bringen, um zu verhindern, dass die Klägerin die von ihr vermeintlich beanspruchte Deutungshoheit über sein Leben und politisches Wirken erhält. Diese Inanspruchnahme der Deutungshoheit ist schon kein im Sinne eines öffentlichen Informationsinteresses schützenswertes Anliegen, da es in erster Linie dem Erblasser selbst bzw. seinen Angehörigen oder sonstigen von ihm dazu berufenen Personen obliegt, über sein Leben zu berichten und aus der dem Beklagten zu 1) im Vertrauen überlassenen Stoffsammlung diejenigen Informationen auszuwählen, die für eine Veröffentlichung – in welcher Form auch immer – in Betracht kommen. Es mag in der Person des Beklagten zu 2) insofern möglicherweise keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB im Sinne eines sog. Verleitens zum Vertragsbruch zu sehen sein, da der Beklagte zu 1) ausweislich seiner eigenen Angaben im ersten Teil des Buches bereits unter den Eindrücken des Rechtsstreits über die Herausgabe der Originaltonbänder bzw. spätestens seit der Vollstreckung des entsprechenden Titels fest entschlossen gewesen sein dürfte, allein oder mit anderen Mitautoren die Tonbänder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen („Nach zwanzig Minuten war der Spuk vorbei. Die ohnmächtige Wut aber hält an“ (vgl. Buch, S. 16), „Die Bänder sind von einmaligem Wert. Eben darum darf dieser Schatz nicht für alle Zeit in der Versenkung eines Umzugskartons verschwinden“ (S. 18), „Die neue Frau an seiner Seite hat offenbar kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit den Jahren 1995 bis 2002, die wir uns für den vierten Band vorgenommen haben … Und sie verlangt, darauf deutet alles für mich hin, nach der alleinigen Deutungshoheit über Helmut Kohls Leben“ (S. 56), „Da soll, so scheint es mit, ein Lebenswerk unter Verschluss genommen werden … Über Helmut Kohls Alltag, seine Gedanken, sein Nachwirken bestimmt nur noch eine: die zweite Frau Kohl. Vermutlich deshalb ließ sie auch mir … am Morgen des 12. März 2014 den Schatz mit den 200 Tonbandkassetten wegnehmen“ (S. 57), „Und so habe ich mich, als der Kölner Obergerichtsvollzieher vor mir stand, dazu entschlossen, unsere Gespräche, die umkämpften Kohl-Protokolle, nunmehr in ihrer Essenz zu dokumentieren“ (S. 58)). Es ging – unabhängig von dieser offensichtlich bereits erfolgten Entschlussfassung des Beklagten zu 1) – aber jedenfalls auch dem Beklagten zu 2) ausweislich der Ausführungen im Vorwort des Buches gerade darum, die geltenden und ihm jedenfalls in laienhafter Einordnung der tatsächlichen Gegebenheiten offenkundigen Verschwiegenheitspflichten des Beklagten zu 1) sowie den entgegenstehenden Willen des Erblassers zu negieren („Seine Frau … will sich augenscheinlich die alleinige Deutungshoheit sichern und die Gesprächsprotokolle möglicherweise für Jahrzehnte wegschließen. Diesem Ansinnen gilt es sich zu widersetzen. Auf juristischem, aber eben auch auf publizistischem Wege. Deshalb die hier vorlegte Dokumentation, die im Teamwork entstanden ist“, vgl. Buch S. 10).

572
Soweit der Beklagte zu 2) sich darauf beruft, er habe von einer Verschwiegenheitsabrede zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1), die als solche schon aus Rechtsgründen nicht gegeben sei, jedenfalls aber keine Kenntnis gehabt, greift dieser Einwand nicht durch. Der Beklagte zu 2) wusste ausweislich seiner eigenen Ausführungen im Vorwort des Buches, dass es sich bei den Tonbandaufnahmen, aus denen die streitgegenständlichen Äußerungen extrahiert wurden, um Äußerungen handelte, die der Erblasser im Rahmen einer Stoffsammlung für seine Memoiren gleichsam ins Unreine gemacht hatte und die lediglich die Grundlage für ein von ihm sodann zu prüfendes und freizugebendes Manuskript bilden sollten. Auch für einen juristischen Laien, der gegebenenfalls die korrekte rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses sui generis zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) nicht vorzunehmen vermochte und daher möglicherweise auch die juristisch korrekte Schlussfolgerung auf die Existenz einer Verschwiegenheitspflicht nicht ohne weiteres ziehen konnte, war jedoch hinreichend deutlich erkennbar, dass die Äußerungen des Erblassers – jedenfalls in dieser Form – nicht für eine Veröffentlichung bestimmt waren und die Auswahl der besonders spektakulären Äußerungen massiv seine Interessen verletzen würde. Dies negierend hat der Beklagte zu 2) in Zusammenarbeit mit dem Beklagten zu 1) die streitgegenständlichen Zitate in genau derjenigen Wortwahl veröffentlicht, wie er sie – den Vortrag der Beklagten zur Authentizität der Zitate als wahr unterstellt – auf den Tonbändern abgehört bzw. in den dazu gehörenden Transkripten vorgefunden hat. Anders als in den vom Erblasser genehmigten Memoiren wurden also weder sprachliche Glättungen vorgenommen noch offenkundige Beleidigungen u.ä. ausgesondert, sondern vielmehr gerade die sprachlich und inhaltlich „auffälligen“ Äußerungen ausgewählt und veröffentlicht – dies mit dem solchermaßen erklärten Ziel, den Erblasser „Klartext“ sprechen zu lassen (Buch, S. 9) und ein „facettenreiches Bild“ in „erfrischen streitbaren Selbstzeugnissen“ (Buch, S. 11) entstehen zu lassen.

573
Darüber hinaus war – und auch dies ist im Rahmen der Frage einer rücksichtslosen Verfügung über die Person des Erblassers zu berücksichtigen – dem Beklagten zu 2) auch bewusst, in welchem Ausmaß die Wiedergabe der Äußerungen den Erblasser in der Öffentlichkeit bloßstellen musste. Dabei enthält insbesondere die Verwendung von vermeintlich wörtlichen Zitaten (vgl. BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120 zur gesteigerten Intensität bei Wörtlichkeit) eine besonders tiefgreifende Bloßstellung im Sinne eines Zeugnisses des Erblassers gegen sich selbst; dies gilt gerade und in besonderem Maße für diejenigen in den streitgegenständlichen Passagen überwiegend verwendeten Äußerungen, mit denen der Erblasser politische Gegner oder Weggenossen – teilweise derbe – beleidigt oder abqualifiziert. Diese tiefgreifende Bloßstellung liegt daneben aber auch in der Veröffentlichung der sonstigen Äußerungen des Erblassers, in denen er Interna des (welt-)politischen Tagesgeschäftes oder eigene Einschätzungen wiedergibt, die überhaupt nicht bzw. jedenfalls nicht in dieser Form an die Öffentlichkeit gelangen sollten.

574
Der Senat verkennt dabei ausdrücklich nicht, dass in dem vom Bundesgerichtshof (BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667) entschiedenen Fall die komplexe Preisgabe der Person an die Öffentlichkeit auch mit (beruflich) existenzvernichtenden Folgen (Verlust des Berufs, Straf- und Disziplinarverfahren) belegt gewesen war. Dies rechtfertigt indes hier keine andere Sicht, da auch die Veröffentlichung der Beklagten – wie die öffentlichen Reaktionen gezeigt haben – mit nicht unerheblichen Folgen für den Erblasser belegt war. Insbesondere hatte dieser nicht nur in einer “schwachen Stunde” einzelne vertrauliche Aussagen über politische Gegner und Parteifreunde ausgeplaudert, sondern sich über viele Monate hinweg in langen, rund 600 Stunden andauernden Autorengesprächen mit dem Beklagten zu 1), animiert durch diesen und gestützt durch die vertraute Atmosphäre und das verabredete Konzept, dass alles vorerst nur eine Stoffsammlung für später noch zu erstellende und vor der Freigabe zwingend gemeinsam zu sichtende Bücher geschah, weitgehend geöffnet. Wie im Fall des Bundesgerichtshofs geht es damit nicht nur um den Schutz der eigenen Redseligkeit und des enttäuschten Vertrauens. Die Besonderheit liegt vielmehr – auch hier – darin, dass der Erblasser dem Beklagten zu 1) in der von diesem gerade zur Förderung der Spontanität und Ausführlichkeit der Auslassungen mit aufgebauten, vertraglich abgesicherten Vertrauenssphäre, überhaupt erst komplexe Einblicke in seine Person – von den Eigenheiten seiner Artikulation über seine innere Einstellung bis in Wesenszüge seiner Gedankenwelt – eröffnet hat, so dass in den weitergegebenen Erzählungen des Erblassers die darin verkörperte Person auch entsprechend öffentlich bloßgestellt und in ihrer Substanz getroffen wurde.

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Ein weiteres Motiv der Beklagten für die Veröffentlichung ist darin zu sehen, dass es – so ist dies in ihrem Buch niedergelegt – ihren Zielen widerspricht, die Familie des Erblassers über die Art und Weise der Veröffentlichung bestimmen zu lassen („Seine Frau, W, will sich augenscheinlich die alleinige Deutungshoheit sichern und die Gesprächsprotokolle möglicherweise für Jahrzehnte wegschließen“, Buch S. 10; „Die neue Frau an seiner Seite hat offenbar kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit den Jahre 1995 bis 2002, die wir uns für den vierten Band vorgenommen hatte. … Und sie verlangt, darauf deutet alles für mich hin, nach der alleinigen Deutungshoheit über Helmut Kohls Leben“, Buch S. 56). Auch dies zeigt, dass nicht die nach dem Prozessvortrag vermeintlich erforderliche Aufdeckung politischer oder sonstiger Mißstände – die insbesondere nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.04.2018 (VI ZR 396/16, juris) die Veröffentlichung von Informationen rechtfertigen können, die ein Dritter rechtswidrig beschafft hat – im Vordergrund der Veröffentlichung stand, sondern vielmehr der Umstand, dass die Beklagten zu 2) und 3) in Unterstützung des Beklagten zu 1) die Deutungshoheit über das politische Leben des Erblassers für sich in Anspruch nehmen wollten. Dafür sprechen auch die gegebenen zeitlichen Abläufe: Dem Beklagte zu 1) waren die betreffenden Äußerungen des Erblassers bereits seit dem Jahr 2001 bekannt und er hat weder zu diesem Zeitpunkt noch in den späteren Jahren einen Anlass gesehen, sie eigenmächtig an die Öffentlichkeit zu bringen. Vielmehr hatte er sich damit abgefunden, dass sie im Rahmen der ersten drei Bände der Memoiren „staatsmännisch geglättet“ und nur in dieser Form weiter verbreitet wurden. Auch nach Aufkündigung der Zusammenarbeit des Erblassers mit dem Beklagten zu 1) im Jahre 2009 haben die Beklagten keinen Anlass für eine Veröffentlichung gesehen, sondern erst nach weiteren fünf Jahren und nach Vollstreckung des Herausgabetitels hinsichtlich der Originaltonbänder durch den Erblasser. Damit zeigt der Beklagte zu 2), dass er sich rücksichtslos über die Interessen des Erblassers hinwegsetzen will, der durch die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs eindeutig gezeigt hat, dass kein Einverständnis mit einer eigenmächtigen Veröffentlichung durch den Beklagten zu 1) oder Dritte besteht, indem sie für sich in Anspruch nehmen, die der Öffentlichkeit preiszugebenden Äußerungen des Erblassers nach ihrem Ermessen auswählen zu können.

576
Schließlich zeigt sich ein weiteres Indiz für das massiv rücksichtslose Hinwegsetzen des Beklagten zu 2) über die Belange des Erblassers auch darin, dass sich selbst unter den wenigen im streitgegenständlichen Buch angegriffenen Äußerungen wie bereits eingangs ausgeführt eine Reihe von sog. Sperrvermerkszitaten (vgl. die Äußerungen Nr. 15, 20, 59, 95, 96, 110, 111 und 113) befindet. Die betreffenden Äußerungen stammen zwar in ihrem Wortlaut tatsächlich vom Erblasser selbst. Jedoch ist sowohl den vorgelegten Transkripten als auch – jedenfalls überwiegend – den vorgelegten Audio-Dateien zu entnehmen, dass der Erblasser bereits in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) hinsichtlich dieser Äußerungen ausdrücklich festgelegt hat, dass insofern keine Veröffentlichung – also auch nicht in „staatsmännisch geglätteter Form“ in den Memoiren – erfolgen soll („…“, „…“, …“, …“). Obwohl diese eindeutige Willensäußerung des Erblassers für den Beklagten zu 2) aus den Transkripten bzw. den Audio-Dateien klar erkennbar war, hat er die betreffenden Zitate für eine Veröffentlichung in dem streitgegenständlichen Buch ausgewählt. Vor diesem Hintergrund erschließt es sich dem Senat im Übrigen nicht, auf welcher Grundlage der Beklagte zu 2) – dies in Übereinstimmung mit dem Beklagten zu 1) – im vorliegenden Rechtsstreit wiederholt vorgetragen hat, sich an entsprechende Anweisungen des Erblassers gebunden zu fühlen und diese zu akzeptieren. Vielmehr zeigt seine Verhaltensweise deutlich, in welch massiver und direkt vorsätzlicher Weise er sich zur Durchsetzung der eigenen publizistischen und auch wirtschaftlichen Interessen über die Belange des Erblassers hinweggesetzt hat.

577
(3) Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht, dass dem wörtlichen Zitat aus Sicht des Beklagten zu 2) wegen seiner Belegfunktion ein besonderer Dokumentationswert im Rahmen der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Buches zukommt. Das wörtliche Zitat dient als Tatsachenbehauptung dem Beleg und der Verstärkung des Aussagegehalts (vgl. BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957) und hat deshalb eine besondere Überzeugungskraft, womit ihm eine erhebliche Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung zukommt (vgl. BGH v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, NJW 2015, 782). Auch unter Berücksichtigung dieser besonderen Belegfunktion und der damit verbundenen Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung überwiegen bei einer gebotenen Abwägung sowohl der generellen Zielsetzung als auch der Umstände des Einzelfalls jedoch die Geheimhaltungsinteressen des Erblassers.

578
(a) Soweit der Beklagte zu 2) sich pauschal darauf beruft, ein Informationsinteresse bestehe darin, das Bild des Erblassers in der Öffentlichkeit mit demjenigen zu vergleichen, welches in seinen Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) offensichtlich geworden sei, trägt seine Argumentation nicht. Zwar besteht an den vom Erblasser geschilderten historischen und politischen Geschehnissen und ihrer Protagonisten sowie seinen persönlichen Bewertungen derselben durchaus ein öffentliches Informationsinteresse. Dieses kann aber pauschal im Hinblick auf eine angestrebte Gegenüberstellung des öffentlichen sowie des privaten Auftretens des Erblassers sein Geheimhaltungsinteresse nicht überwiegen, weil durch die einzelnen Äußerungen im Wortlaut jedenfalls keine Mißstände offenbart werden, die der Öffentlichkeit mitgeteilt werden müssten. Denn wenn auch die Sichtweise des Erblassers auf politische Gegner und Weggefährten sowie die Frage, wie sie in den jeweiligen Situationen gehandelt haben, durchaus von öffentlichem Interesse sein dürfte, so haben die Beklagten den Fokus ihrer Veröffentlichung gerade nicht maßgeblich auf die sachliche Darstellung gerichtet, sondern in Form eines rücksichtslosen Hinwegsetzens über die Person des Erblassers gerade die „deftigen“ Formulierungen in der (vermeintlich) wörtlichen Wiedergabe seiner Äußerung gewählt. Der Erblasser hat sich gegenüber dem Beklagten zu 1) im Rahmen der Gespräche zur Stoffsammlung gerade deshalb anders gegeben als in der Öffentlichkeit, weil er auf die Geheimhaltung vertraut hat und dies gerade im Hinblick auf die komplexe Preisgabe seiner Persönlichkeit auch schützenswert ist. Vor diesem Hintergrund kann allein das generelle Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem konkreten Verhalten in dieser vertrauensvollen Atmosphäre nicht ausreichen, um den Geheimnisschutz außer Kraft zu setzen.

579
In diesem Sinne hat auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 09.12.1978 (VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120), in welcher es um die Veröffentlichung eines „vom Inhalt her für einen Außenstehenden sogar eher langweiligen“ Telefonats ging, mit welchem gezeigt werden sollte, „welcher Sprache sich der Erstkläger als Kanzlerkandidat bedient, wenn er nicht vor dem Mikrofon steht“, ausgeführt, dass ein „gewiss verbreitetes Interesse“, einen Politiker „auch in seiner privaten Umgebung kennenzulernen“, es allein nicht rechtfertigen kann, den Inhalt seiner Privatgespräche gegen seinen Willen mittels eines Gesprächsprotokolls zur öffentlichen Diskussion zu stellen. Es seien dies keine Gründe, die – ohne dass der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang auf die Erfüllung eines Straftatbestandes abgestellt hätte – eine Aufdeckung der Eigensphäre in einer solchen Art und Weise rechtfertigen würden, weil die Persönlichkeit selbst eines im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehenden Spitzenpolitikers dadurch, dass seine Privatgespräche gegen seinen Willen mittels eines Gesprächsprotokolls zur öffentlichen Diskussion gestellt würden, in hohem Ausmaß betroffen sei. Auch verschaffe die Tatsache, dass sich Politiker in ihrer Privatsphäre mit politischen und gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzten, der Öffentlichkeit nicht ohne weiteres Zugang zu diesem Bereich, da es andernfalls für Politiker keine geschützte Privatsphäre gäbe, die aber auch für sie unverzichtbar sei.

580
Bei einem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre ist daher ein besonderes Maß an Rücksicht gegenüber der Person des Betroffenen geboten (BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120) und verlangt eine Beschränkung des Publikationsinteresses auf Informationen mit einem (echten) “Öffentlichkeitswert.” Für eine Aufdeckung der Eigensphäre genügt insbesondere nicht der Wille, zu zeigen, welcher Sprache sich Spitzenpolitker bedienen, wenn sie nicht in der Öffentlichkeit vor Mikrofonen stehen, zumal solche Äußerungen in der Regel gerade nicht von solcher Prägekraft sind, dass sie deshalb für die öffentliche Diskussion den Rang einer Standortbestimmung verdienten (vgl. BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, BGHZ 73, 120; einen solchen Öffentlichkeitswert bei Wortlautveröffentlichungen verlangt auch ausdrücklich BGH v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, NJW 2015, 782 Tz 30 ff. in Abgrenzung zu Tz. 21: dort dienten die Emails im Wortlaut aber als Beleg der strafrechtlich relevanten Vorwürfe).

581
Entsprechende Erwägungen gelten auch im vorliegenden Fall, zumal es den Beklagten darum ging, „der Öffentlichkeit zu zeigen, wie der ursprüngliche Kläger – abseits der Sonntagsreden und offiziellen Verlautbarungen – sich selbst und die Dinge um sich herum sah“ – was nach dem Vorgenannten jedoch für einen Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre im Zweifel nicht genügen kann. Zwar hat der Erblasser die betreffenden Bemerkungen – ihre streitige Authentizität zugunsten des Beklagten zu 2) unterstellt – nicht in einem bilateralen Telefonat gemacht, welches heimlich abgehört wurde, sondern vielmehr im Gespräch mit dem Beklagten zu 1) freiwillig auf Tonband aufzeichnen lassen. Jedoch hat auch dieses Gespräch in einer einem Telefonat vergleichbaren Atmosphäre der Vertraulichkeit stattgefunden, die sich zwar – insofern sind die dagegen gerichteten Angriffe der Beklagten unbehelflich – nicht auf den Ort der Aufnahme im ehemaligen Tischtenniskeller des Wohnhauses des Erblassers gründete, sondern vielmehr auf die aus der vertraglichen Vereinbarung sui generis ergebenden Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) und ist damit in gleicher Weise „in einer privaten Umgebung“ geäußert, wie das Telefonat, welches der vorzitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag.

582
(b)               Auch im Hinblick auf die Wiedergabe der einzelnen streitgegenständlichen Zitate im Wortlaut kann – selbst wenn zu berücksichtigen ist, dass sich die Kontroll- und Überwachungsfunktion der Presse nicht auf die Aufdeckung von Straftaten beschränkt (vgl. BGH v. 30.09.2014 – VI ZR 490/12, NJW 2015, 782; v. 10.04.2018 – VI ZR 396/16, juris; OLG Stuttgart v. 08.07.2015 – 4 U 182/14, BeckRS 2015, 12149), sondern auch sonstige Mißstände publik machen darf – ein die Belange des Erblassers überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem jeweiligen sachlichen Informationskern nicht festgestellt werden, weil keine der angegriffenen Äußerungen eine Information mit einem die Geheimhaltungsinteressen des Erblassers überragenden Öffentlichkeitswert enthält. Dies ist nachstehend zu 4. d) zu den einzelnen Passagen näher auszuführen.

583
(1) Dabei war zugunsten des Erblassers im Rahmen der Abwägung aber generell zu berücksichtigen, dass die im streitgegenständlichen Buch von den Beklagten gewählte Darstellung der Zitate im Vergleich mit den vorgelegten Audio-Dateien in einer Vielzahl von Fällen eine Verfälschung von Stimmung, Lautstärke und Tonfall des Erblassers aufweist, mögen die dies betreffenden Passagen auch oft nicht mit angegriffen sein. Der Erblasser wird durch eine ihm im Kontext der streitgegenständlichen 116 Äußerungen – möglicherweise fälschlicherweise – unterstellte „Rage“ oder „Wut“ bzw. ein „Zürnen“, „Poltern“ oder „Ereifern“ zwar weder als Person noch im Hinblick auf seine (politische) Lebensleistung herabgewürdigt oder verächtlich gemacht; gleiches gilt für die zwischen den Parteien streitige Frage, ob er verschiedene Zitate „sachlich“ und „schmunzelnd“ oder aber „wütend“, „um sich schlagend“ und „polternd“ geäußert hat. Vielmehr wird er auch bei einer vermeintlich unzutreffend wiedergegebenen Stimmungslage letztlich nur als eine seine Zeit prägende politische Persönlichkeit mit im Einzelfall durchaus nachvollziehbaren menschlichen Regungen dargestellt, mögen sie auch für einen eher streitbaren Charakter stehen. Im Übrigen handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle auch um eine Würdigung der Beklagten zu 1) und 2) als um die – falsche und verfälschende – Wiedergabe eines tatsächlichen Vorgangs, wenn eine Äußerung als „beherztes Zurückbeißen“, „Schulnoten verteilen“ oder „zornige Abrechnung“ bezeichnet wird, womit dann auch im Hinblick auf die dem Beklagten zu 2) zustehende Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG eine Verletzung der Menschenwürde nicht angenommen werden kann.

584
(2)              Jedoch liegt der Schwerpunkt der Betroffenheit des Erblassers durch die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerungen nicht in der vermeintlichen Verfälschung seiner Stimmung, Lautstärke und seines Tonfalls, sondern vielmehr darin, dass seine vertraulichen Bemerkungen gegenüber dem Beklagten zu 1) gegen seinen Willen im (vermeintlichen) Wortlaut publik gemacht worden sind. Insofern ist im Rahmen einer Gesamtabwägung zu berücksichtigen, dass die Beklagten zu 1) und 2) sowohl durch die Wiedergabe der betreffenden Äußerungen als auch durch ihre Bewertung der angeblichen Stimmungslagen des Erblassers ein Gesamtbild seiner selbst und seines Verhaltens anlässlich der Gespräche zeichnen, das ihm jedenfalls im Hinblick auf die streitgegenständlichen Äußerungen – nur diese konnte der Senat im Hinblick auf die vorgelegten Audio-Dateien in dieser Richtung bewerten – nicht gerecht wird.

585
Die Beklagten zu 1) und 2) haben ein, wie es sich jedenfalls aus den vorgelegten Audio-Dateien ergibt, sowohl nach Tonfall als auch nach Duktus recht gelassenes Erzählen bzw. Monologisieren des Erblassers – über diesen sich aus den Dateien ergebenden Inhalt musste der Senat, worauf er bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, keinen Beweis erheben, weil dieser als solcher zwischen den Parteien unstreitig ist – als einen wütenden Rachefeldzug gegen politische Weggefährten und Gegner dargestellt, indem sie aus den insgesamt 600 Stunden Gesamtaufnahme diejenigen Äußerungen ausgewählt, vielfach stark gekürzt und sodann personenbezogen zusammengestellt haben, in denen der Erblasser sich weniger über Sachfragen als über die Persönlichkeit Dritter äußert. Sie haben dies weiter in einer Vielzahl von Fällen in Form der sogenannten Kombizitate so dargestellt, als seien die entsprechenden Äußerungen – wenn nicht sogar in einem unmittelbaren (Satz-)Zusammenhang, dann aber zumindest – in einem unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang im Sinne eines einheitlichen Redeflusses erfolgt, was vielfach unzutreffend ist. Daneben haben sie auch die einzelnen Äußerungen des Erblassers überwiegend dergestalt in einen Kontext eingebunden, als sei jeweils eine persönliche „Abrechnung“ mit der betreffenden Person oder aber deren pauschale Abqualifizierung vom Erblasser intendiert gewesen. Dies trifft jedoch, wie die oben dargestellte Auseinandersetzung mit den vorgelegten Audio-Dateien sowie mit den Transkripten zeigt, den maßgeblichen Aussagehalt der darin enthaltenen Gespräche des Erblassers mit dem Beklagten zu 1) zumeist gerade nicht, denn in der überwiegenden Zahl der streitgegenständlichen Äußerungen ging es im Kern der Aussage nicht um eine „Abrechnung“ des Erblassers mit der betreffenden Person, sondern vielmehr eine Auseinandersetzung mit sach- oder personalpolitischen Themen, die häufig durchaus weitschweifig abgehandelt wurden und wobei dann – ganz im Sinne der von den Beklagten beschriebenen Erzählweise des Erblassers („vom Hölzchen aufs Stöckchen“, vgl. Buch S. 40) – auch die eine oder anderen Person zur Sprache kam und vom Erblasser sodann gezielt oder auch nur beiläufig erwähnt wurde. Insgesamt ging es jedoch – auch dies ist den Audio-Dateien hinreichend deutlich zu entnehmen – um Erinnerungen des Erblassers aus seiner politischen Vergangenheit, die in Form der Schilderung geschichtlicher Ereignisse oder auch persönlicher Anekdoten der Stoffsammlung für die Memoiren dienen sollte und nicht um gezielte Angriffe auf bestimmte Personen allein zum Zwecke eines vermeintlichen „Rachefeldzugs“, den der Erblasser – angeblich gekränkt durch die mediale und politische Verarbeitung der sog. Spendenaffäre und die fehlende Würdigung seiner politischen Lebensleistung – nach Darstellung der Beklagten unternommen haben soll.

586
(3) Weiter ist zugunsten der Belange des Erblassers in der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Beklagten zu 1) und 2) aus der Vielzahl von Äußerungen, die ihnen aus den 600 Stunden Gesprächsdauer zur Verfügung standen, fast ausnahmslos gerade diejenigen ausgewählt haben, in denen der Erblasser politische Gegner oder auch Weggenossen teilweise derbe bezeichnet bzw. sich einer Sprache bedient, wie sie jedenfalls im europäischen Raum sowohl für einen aktiven wie ehemaligen Politiker in der Öffentlichkeit unüblich ist. Zwar mag insoweit als allgemein bekannt unterstellt werden, dass der Erblasser ein offenes Wort nicht scheute, sich gegen Ende seiner aktiven politischen Laufbahn mit vielen Parteifreunden und -mitgliedern überworfen hatte und sich vom Führungsgremium seiner Partei, der überwiegenden Mehrheit der Presse sowie Teilen der öffentlichen Meinung im Rahmen der sog. Spendenaffäre ungerecht behandelt und im Übrigen im Hinblick auf seine historische Leistung nicht hinreichend gewürdigt fühlte. Ebenso ist zugunsten des Beklagten zu 2) zu berücksichtigen, dass dem durchschnittlichen Rezipienten – nicht zuletzt durch das Vorwort des Buches – vor Augen geführt wird, dass die streitgegenständlichen Zitate einem Gesamtgesprächsvolumen von insgesamt 600 Stunden entnommen wurden, so dass notwendigerweise ein umfassendes Bild dieser Zusammentreffen mit dem Beklagten zu 1) nicht gezeichnet werden konnte und auch nicht gezeichnet werden sollte („Auch wenn wir aus juristischen Gründen … fürs Erste aus den Dokumenten nur recht knapp zitieren dürfen“, vgl. Buch S. 11). Auch wird im Vorwort betont, dass die Beklagten mit ihrem Buch das subjektiv geprägte Ziel verfolgen, der Öffentlichkeit ein Bild des Erblassers zu zeigen, das sie für authentisch halten, das ihrer Meinung nach in der öffentlichen Wahrnehmung bisher zu kurz gekommen ist und von dem sie befürchten, dass es die zweite Ehefrau des Erblassers im Rahmen der von ihr angestrebten „alleinigen Deutungshoheit“ unter Verschluss nehmen wird.

587
Jedoch wird dem durchschnittlichen Rezipienten bei der Lektüre des Buches nicht hinreichend deutlich – und hieran krankt dann auch die Darstellung der Beklagten – dass Zweck und Inhalt der Tonbandprotokolle nicht eine Generalabrechnung des Erblassers mit seinen politischen Weggefährten sein sollte und auch nicht war, sondern vielmehr die im vertraulichen Rahmen erfolgende Darstellung des eigenen Lebens zum Zwecke einer Stoffsammlung für die Memoiren, die schon deshalb hinsichtlich Inhalt und Wortwahl „ungefiltert“ erfolgte, weil sich der Erblasser in seinem vom Beklagten zu 1) beklagten Erzählstil weder „in ein Erzählkorsett zwängen“ ließ noch irgendeinen Anlass hatte, im Rahmen der geführten Gespräche druckreife Äußerungen von sich zu geben. Er musste ausschließlich dem Beklagten zu 1) Material an die Hand geben, aus dem dieser eine authentische Biographie des Erblassers formulieren konnte. Insofern verfolgte der Erblasser bei den Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) gerade nicht das von den Beklagten dargestellte Ziel, mit seinen wörtlichen Äußerungen im Sinne einer Abrechnung an die Öffentlichkeit zu gehen und nunmehr, da er nach Ende seiner politischen Laufbahn „nichts mehr zu verlieren“ hatte, all diejenigen Dinge öffentlich zur Sprache zu bringen, die von ihm bisher aus diplomatischen oder sonstigen Erwägungen zurückgehalten worden waren. Vielmehr haben sich die Beklagten mit dem Rückgriff auf die vertraulichen Unterlagen und die dort konservierten und als solche wörtlich wiedergegebenen Äußerungen des Erblassers die jedenfalls partielle Deutungshoheit über seine Person und sein menschliches wie politisches Wirken angemaßt, die ihnen allein aufgrund des ihnen bekannten Bruchs der Vertraulichkeitsabrede durch den Beklagten zu 1) offen stand. Sie verfolgen damit – ausweislich ihrer eigenen Ausführungen im Vorwort des Buches – das Ziel, den Erblasser in einer Art und Weise der Öffentlichkeit zu präsentieren, wie es bisher nicht erfolgt ist und wie es ihrer Überzeugung nach auch von Seiten der Klägerin in Zukunft nicht erfolgen wird. Zwar ist es durchaus Aufgabe der Presse – und damit auch des Beklagten zu 2) – die Person des Erblassers aufgrund seiner Rolle als früherer hochrangiger Politiker in ihren verschiedenen Facetten darzustellen und dabei sowohl sein Handeln als auch sein Verhältnis zu politischen Gegnern und Weggenossen kritisch zu hinterfragen. Soweit dies allerdings unter Rückgriff auf vertrauliches Material gegen den ausdrücklichen Willen des Erblassers geschieht, eine die Person des Erblassers sehr einseitig darstellende Auswahl von Äußerungen getroffen wird, die zu großen Teilen nach Inhalt und Kontext verfälscht werden und diese Darstellung darüber hinaus noch in entsprechende Wertungen eingekleidet werden, dann zeichnen die Beklagten insofern ein Zerrbild des Erblassers, welches gerade durch die wörtliche Wiedergabe der streitgegenständlichen Zitate eine besondere „Schlagkraft“ erhält.

588
(4) Schließlich kann zugunsten des Beklagten zu 2) nicht in die Abwägung eingestellt werden, dass die wörtlichen Zitate des Erblassers Informationen beinhalten würden, die von einem überragenden öffentlichen Interesse sind und aus diesem Grunde auch in dieser Form veröffentlicht werden dürfen. Denn – wie sogleich zu d) im Einzelnen zu zeigen ist – besteht bei keiner der im vermeintlichen Originalwortlaut veröffentlichten Äußerungen ein derart erhebliches öffentliches Informationsinteresse, dass es das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers an der Wiedergabe seiner Äußerung in ihrer wörtlichen Form überwogen hat.

589
b) Neben der Vertraulichkeitsverletzung liegen hier – was eine weitere eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt – erhebliche Zitatverfälschungen vor, die der Erblasser nach dem bereits zu Ziff. 2) Ausgeführten ebenfalls nicht hinzunehmen hat; auch insofern wird auf die Ausführungen zu nachstehend d) Bezug genommen.

590
c) Zudem hat sich der Beklagte zu 2) wie ausgeführt die Veröffentlichung von sogenannten Sperrvermerkszitaten vorwerfen zu lassen.

591
d) Unter Berücksichtigung des zu a) bis c) Gesagten gilt hinsichtlich der einzelnen angegriffenen Passagen mit (vermeintlichen) Originalzitaten des Erblassers dann – soweit es um die Wiedergabe von vermeintlichen Originalzitaten im Wortlaut geht – Folgendes:

592
1

593
»…« (Buch S. 21)

594
Wie ausgeführt kann und soll dahinstehen, ob die Veröffentlichung dieses Zitats schon deshalb unzulässig war, weil insofern keine Audio-Datei vorgelegt ist, die die Authentizität und inhaltliche Richtigkeit der entsprechenden Transkripte (etwa OC 44, Bl. 2695 d.A. und OC 68, Bl. 2745 d.A.) belegt. Denn als wörtliches Zitat einer (vermeintlichen) Äußerung des Erblassers durfte diese Passage schon wegen der Bloßstellung der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Es bestand ersichtlich kein die Geheimhaltungsinteressen des Erblassers überragendes Interesse der Öffentlichkeit gerade an der wörtlichen Wiedergabe der persönlichen Haltung von J zu nicht namentlich genannten Parteimitgliedern im Zuge der sog. Spenden-Affäre, in denen der Erblasser auch den Grund ihrer Erkrankung sieht. Für die öffentliche Meinungsbildung beachtliche Mißstände wurden – wenn auch die sog. Spendenaffäre generell bzw. im Hinblick auf die Person des Erblassers von hohem öffentlichen Interesse ist – gerade durch die streitgegenständliche wörtliche Äußerung, die der Erblasser unmittelbar nach dem Tod seiner ersten Ehefrau in einer massiv emotionalen Phase gemacht hat, nicht aufgedeckt.

595
Darüber hinaus handelt es sich auch um ein unzulässiges Kombizitat, weil die betreffende Passage – entgegen der im Buch gewählten Darstellung, die einen durchgängigen Redefluss des Erblassers vorgibt – aus zwei Äußerungen bei unterschiedlichen Gelegenheiten zusammengesetzt wurde, bei denen sich der Erblasser zum einen mit dem aus seiner Sicht schäbigen Verhalten seiner Parteikollegen im Zuge der sog. Spendenaffäre und zum anderen mit den psychischen Belastungen befasste, denen seine erste Ehefrau seinerzeit durch die Verfolgungen durch die Presse ausgesetzt war.

596
2

597
»…« (Buch S. 22)

598
Auch im Hinblick auf dieses Zitat kann offen bleiben, ob der Erblasser die entsprechende Äußerung, die sich unter den vorgelegten Audio-Dateien ebenfalls nicht findet, tatsächlich so getätigt hat, wie in dem Transkript (OC 45, Bl. 2696 d.A.) dargestellt, wobei sich dem Senat durchaus die Frage stellt, wie es mit der journalistischen Sorgfalt des Beklagten zu 2) in Übersteinstimmung zu bringen ist, dass gerade dieses brisante Zitat, welches in der Werbung für das streitgegenständliche Buch einen prominenten Platz eingenommen hat, ohne entsprechenden Beleg seiner Authentizität veröffentlicht wird. Denn die Veröffentlichung dieser Äußerung war unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt schon deshalb unzulässig, weil ein Fehlzitat in Form einer massiven Kontextverfälschung vorliegt. Maßgebend für die Frage, ob eine Äußerung zutreffend wiedergegeben wurde oder nicht, ist dabei – wie oben zu Ziff. 2 ausgeführt – nicht das vertretbare Verständnis eines durchschnittlichen Rezipienten, sondern das, was der Zitierte gemessen an seiner Wortwahl, dem Kontext seiner Gedankenführung und dem darin erkennbar gemachten Anliegen zum Ausdruck gebracht hat. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier ein Fehlzitat gegeben. Der Erblasser hat nicht, wie es die Einbindung im Buch nahelegt („In dieser scheinbar ausweglosen Situation entschließt er sich, sein Leben zu Protokoll zu geben … Er muss keine Rücksicht mehr nehmen. Er schlägt um sich wie ein angezählter Boxer … Vor allem seine früheren Weggefährten, von denen er sich seit der Spendenaffäre verraten fühlt, bekommen es ab. King Lear aus der Pfalz hält Gerichtstag über seine missratene Brut. C? „…“, knurrt der Kanzler außer Diensten…“, vgl. Buch S. 22), im Rahmen einer Generalabrechnung die frühere politische Weggefährtin C abqualifizieren wollen. Vielmehr bezog sich seine Äußerung nach dem Gesamtkontext des Transkriptes – das insoweit von der Klägerin nicht inhaltlich angegriffen wird – auf die elementaren Veränderungen, die die Menschen in den neuen Bundesländern gerade und auch im Hinblick auf die Veränderung der Gesellschafts- und Konfessionsstruktur bewältigen mussten und enthält in der Zielrichtung keinen Vorwurf gegen C, sondern vielmehr gegen die Bevölkerung der alten Bundesländer, die für diese Bewältigung der Veränderungen kein Verständnis aufbringen („….“).

599
Die Einwendungen der Beklagten zu 3) auf S. 3 f. des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 08.05.2018 (Bl. 4589 f. d.A.) tragen keine andere Sichtweise. Zwar sind die Bemerkungen des Erblassers herablassend gewesen, aber sie sind eben – wie aufgezeigt – in einem ganz anderen Kontext und insbesondere ohne Bezug zur Spendenaffäre und dem Verhalten von C in diesem Punkt erfolgt.

600
3

601
Über C und BA: »…« (Buch S. 22)

602
Dieses Zitat ist zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 003) im unmittelbaren Wortlaut zutreffend wiedergegeben worden, jedoch durfte es als wörtliches Zitat einer Äußerung des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen schon wegen des Schutzes der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Die Beklagten haben bei der Darstellung im Buch zudem eine Kontextverfälschung vorgenommen, die nicht nur gradueller Natur ist. Ausweislich des Transkriptes („…“, OC 46, Bl. 2699 d.A.) bezog sich die Äußerung des Erblassers allein auf die Fähigkeiten bzw. den Willen von C und BA im Hinblick auf die Europapolitik, während die Beklagten zu 1) und 2) im streitgegenständlichen Buch eine Darstellung mit einem erheblich breiteren Aussagekontext im Sinne einer generellen Unfähigkeit dieser beiden Politiker gewählt haben, die der Erblasser ihnen im Rahmen seiner – ihm unterstellten, aber in Wirklichkeit nicht vorgenommenen – Gesamtabrechnung vorwirft. Darüber hinaus bestand kein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Wiedergabe dieser Einschätzung des Erblassers gerade in ihrer wörtlichen Form.

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4

604
Zu N: »…« (Buch S. 22)

605
Dieses Zitat ist zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 004) im Wortlaut zutreffend – insofern auch übereinstimmend mit dem Transkript (OC 47, Bl. 2701 d.A.) – wiedergegeben worden, jedoch durfte es als wörtliches Zitat einer Äußerung des Erblassers nach den dargestellten Grundsätzen ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Es bestand kein das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers übersteigendes Interesse der Öffentlichkeit an der wörtlichen Wiedergabe der abschätzigen Bezeichnung „…“. Für die öffentliche Meinungsbildung beachtliche Mißstände mit Öffentlichkeitswert wurden allein durch die isolierte Wiedergabe dieses einzelnen Wortes nicht aufgedeckt, da die Beklagten bei der Darstellung im Buch den Kontext, in welchem der Erblasser die entsprechende Bemerkung über N abgegeben hat – eine kritische Bewertung seines Verhaltens in der politischen Auseinandersetzung und als Verantwortlicher bei CM – gerade ausgespart haben und damit deutlich gemacht haben, dass es ihnen nicht auf die sachlichen Inhalte ankam, die hinter der wertenden Bemerkung des Erblassers standen und in sie gipfelten. Aus Sicht des durchschnittlichen Lesers wurde der Erblasser mit der wörtlichen Wiedergabe des einzelnen (abschätzigen) Begriffes vielmehr vorgeführt und bloßgestellt, wobei erneut zu berücksichtigen ist, dass allein der Wunsch zu erfahren, welcher Sprache sich ein Politiker bedient, wenn er nicht vor dem (öffentlichen) Mikrofon steht, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ausreicht, um den Inhalt seiner vertraulichen Gespräche zur öffentlichen Diskussion zu stellen (vgl. BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, NJW 1979, 647).

606
5

607
Zu H: »…« (Buch S. 23)

608
Das Zitat ist zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 005) im Wortlaut richtig – insofern auch übereinstimmend mit dem Transkript (OC 48, Bl. 2704 d.A.) – wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat einer Äußerung des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Jedenfalls vor dem Hintergrund des familiären Trauerfalls bestand kein das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers übersteigendes Interesse der Öffentlichkeit gerade an der wörtlichen Wiedergabe der Stimmungslage des Erblassers in der Trauersituation gegenüber H. Für die öffentliche Meinungsbildung beachtliche Mißstände mit Öffentlichkeitswert wurden gleichsam nicht aufgedeckt, zumal die in der Äußerung liegende Sachinformation – das persönliche Zerwürfnis zwischen dem Erblasser und H – bereits vorbekannt war und damit allein die konkrete abschätzige Wortwahl der Äußerung im Vordergrund stand.

609
6

610
Zu BB: »…« (Buch S. 23)

611
Das Zitat ist zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 006), die mit dem Transkript (OC 49, 2706 d.A.) übereinstimmt, im Wortlaut richtig wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat nach aufgezeigten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn auch bei diesem Zitat bestand jedenfalls vor dem Hintergrund des familiären Trauerfalls kein das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers übersteigendes Interesse der Öffentlichkeit an der wörtlichen Wiedergabe der Reaktion des Erblassers auf das betreffende Schreiben.

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»…« (Buch S. 32)

614
Das Zitat ist zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 007a und 007b) im Wortlaut weitgehend richtig („…“ statt „…“) – insofern auch übereinstimmend mit dem Transkript (OC 50, Bl. 2708 d.A.) – wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Zugunsten des Beklagten zu 2) war zwar zu berücksichtigen, dass das vom Erblasser geschilderte Geschehen im Kontext der Wahl von CN zum Bundespräsidenten in der Öffentlichkeit unstreitig bereits vorbekannt war, so dass mit der Veröffentlichung des Inhalts der Äußerung kein Geheimnisverrat verbunden war. Letztlich überwogen aber auch hier die Interessen des Erblassers an einer Vertraulichkeit der Äußerung, da nicht der sachliche Informationskern an sich, sondern gerade die Wiedergabe des wörtlichen Zitates, insbesondere unter Verwendung des umgangssprachlichen Begriffes „…“ im Vordergrund stand. Daran bestand kein das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers übersteigendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, da allein der Wunsch zu erfahren, welcher Sprache sich ein Politiker bedient, wenn er nicht vor dem (öffentlichen) Mikrofon steht, nach der Rechtsprechung nicht ausreicht, um den Inhalt seiner vertraulichen Gespräche zur öffentlichen Diskussion zu stellen (vgl. erneut BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, NJW 1979, 647).

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„[…] schickte das Wertpapier indigniert zurück, »…« Kurz: Helmut Kohl verlangte mehr. Er kannte die gängigen Sätze.“ (Buch S. 61)

617
Der Passus ist, soweit er ein Zitat des Erblassers enthält, ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 009) im Wortlaut richtig – insofern auch übereinstimmend mit dem Transkript (OC 51, Bl. 2709 d.A.) – wiedergegeben. Jedoch durfte zumindest das wörtliche Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Zugunsten der Beklagten war zwar zu berücksichtigen, dass durchaus ein öffentliches Interesse an der Praxis des Einwerbens von Wahlkampfspenden besteht und die Presse gerade in diesem Bereich einer möglichen Einflussnahme der Industrie auf die Willensbildung der politischen Entscheidungsträger ihre Aufgabe als sog. public watchdog wahrzunehmen hat, wie die Beklagten zu 1) und 2) zuletzt auch im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 08.05.2018 (S. 14 f. = Bl. 4623 f. d.A.) betonen. Zugunsten des Erblassers war aber erneut entscheidend darauf abzustellen, dass seine wörtliche Äußerung keine Sachinformation enthält, an der sich eine öffentliche Diskussion um die Problematik der Parteispenden entfalten könnte, sondern die fragliche Passage ihre Brisanz allein durch die Wiedergabe gerade der wörtlichen Äußerung erhielt. Vor dem Hintergrund, dass es sich – wie auch aus dem im Buch wiedergegebenen Kontext des Zitates erkennbar wird – um die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Jahre 1975 handelt, hatte jedenfalls auch angesichts des langen Zeitablaufs der Geheimnisschutz des Erblassers Vorrang.

618
Ob auch hinsichtlich der restlichen Teile der angegriffenen Passage eine Persönlichkeitsverletzung vorlag, bedarf – wie eingangs gesagt – keiner Entscheidung.

619
10

620
»…« (Buch S. 63)

621
Das Zitat ist ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 010) im Wortlaut weitgehend richtig wiedergegeben, denn soweit der Erblasser wörtlich geäußert hat „…“ (vgl. insoweit auch Transkript OC 52, Bl. 2712 d.A.), lag darin keine relevante Verfälschung seiner Aussage. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat einer Äußerung des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Denn auch hier überwogen die Interessen des Erblassers an einer Vertraulichkeit der Äußerung, da nicht der – in der Öffentlichkeit möglicherweise vorbekannte – sachliche Informationskern zur sog. Flick-Affäre an sich, sondern die Wiedergabe der konkreten Wortwahl, insbesondere unter Verwendung des pejorativen Begriffes „…“ aus Sicht des Lesers in den Fokus gerückt worden ist und den Erblasser in den Augen der Öffentlichkeit abqualifiziert hat, ohne dass es für die Wiedergabe gerade dieser konkreten Formulierung ein besonderes Informationsinteresse gab. Allein der Wunsch zu erfahren, welcher Sprache sich ein Politiker bedient, wenn er nicht vor dem (öffentlichen) Mikrofon steht, reicht – wie gezeigt – nicht aus, um den Inhalt der vertraulichen Gespräche zur öffentlichen Diskussion zu stellen. Für die öffentliche Meinungsbildung beachtliche Mißstände wurden durch die betreffende Äußerung nicht aufgedeckt, sondern vielmehr allein der Erblasser ob dieser Formulierung bloßgestellt.

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11

623
Zu BV: »…« (Buch S. 64)

624
Das betreffende Zitat ist zwar auf der Audio-Datei (Anlage OC 26, Nr. 014) vorhanden, jedoch handelt es sich um ein auch postmortal unzulässiges Fehlzitat, das der Beklagte zu 2) nicht veröffentlichen darf. Der Audio-Datei und dem von Beklagtenseite vorgelegten – inhaltlich ungenauen – Transkript (OC 30, Bl. 2678 d.A.) ist zu entnehmen, dass der Erblasser nicht – wie die Beklagten dies im Buch darstellen – von seinem eigenen Hass auf BV „…“ spricht, sondern vielmehr darüber, dass umgekehrt von Brauchitsch ihn wegen der Verwicklung in die sog. Flick-Affäre hasst, was aus Sicht des Erblassers jedoch grundlos ist, weil dieser „…“ sei, sondern eine „…“ bekommen habe.

625
Darüber hinaus durfte die Passage aber auch als wörtliches Zitat einer Äußerung des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand auch hier kein den Eingriff in die Vertraulichkeitssphäre des Erblassers rechtfertigendes öffentliches Interesse daran, die wörtliche Beschreibung seines persönlichen Verhältnisses zu BV wiederzugeben, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der betreffende „Zitatsplitter“ keinerlei Sachinformation enthält und der Zweck seiner Veröffentlichung ersichtlich darin lag, den Erblasser hinsichtlich seiner derben Ausdrucksweise öffentlich bloßzustellen.

626
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627
»…« (Buch S. 72)

628
Während das zunächst vorgelegte Transkript (OC 53, Bl. 2715 d.A.) lediglich die Beschwerde des Erblassers über die Tischordnung bei Staatsempfängen enthält, die er zu seiner Zeit als Oppositionsführer erlebt hat, ist das streitgegenständliche Zitat auf der Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 012b) zwar zumindest in Annäherung vorhanden. Aus dem Gesamtkontext ergibt sich jedoch, dass diese Äußerung ebenfalls im Buch als Fehlzitat anzusehen ist. Denn anders als es die Beklagten im Buch darstellen, spricht der Erblasser nicht in pauschaler Form von den „…“, sondern er schildert eine Begebenheit einer ihm aufgrund der Sprachkenntnisse seiner ersten Ehefrau absurd erscheinenden Tischverteilung durch das Auswärtige Amt anlässlich des Besuchs ausländischer Gäste zu seinen Zeiten als Oppositionsführer in Bonn und berichtet in diesem Zusammenhang, er habe zu AC gesagt, „…“. Insofern gibt der Erblasser keine generelle Verunglimpfung von sich, sondern schildert vielmehr ein konkretes und aus seiner Sicht kritikwürdiges Erlebnis, wobei die Schilderung in einer – gleichwohl sehr abschätzigen – Bewertung gipfelt.

629
Daneben durfte die Äußerung auch als wörtliches Zitat des Erblassers nach dem oben Gesagten nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand mangels Vorliegens einer konkreten Sachinformation mit hinreichendem Öffentlichkeitswert kein überragendes öffentliches Interesse daran, mit welchem konkreten Wortlaut der Erblasser im Zuge dieser Meinungsäußerung in einem Einzelfall gegenüber AC das Auswärtige Amt beschimpft hat; vielmehr haben die Beklagten wiederum aus einem längeren Gesamtkontext eine einzelne – und dabei gezielt eine abschätzige – Formulierung ausgesucht, um den Erblasser hinsichtlich seiner in vertraulicher Atmosphäre gewählten Sprache bloßzustellen.

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13

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»…« (Buch S. 73)

632
Nach der vorlegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 013) sowie dem Transkript (OC 54, Bl. 2716 d.A.) handelt es sich zwar um eine oberflächlich richtige Wiedergabe einer Äußerung des Erblassers. Jedoch durfte diese als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Aufgrund der Kürze der vorgelegten 17-sekündigen Audio-Datei kann nicht festgestellt werden, dass der Erblasser mit dieser Äußerung eine sachliche Information vermittelt hat, die einen hinreichenden Öffentlichkeitswert aufweist, um ihre Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2) gerade in wörtlicher Form zuzulassen.

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634
Aber »…« (Buch S. 73)

635
Insofern kann auf die Ausführungen zu Zitat Nr. 13 Bezug genommen werden, soweit es um die Wiedergabe der wörtlichen Äußerungen geht.

636
15

637
Zu BD: »…«“ (Buch S. 84)

638
Das Zitat wurde ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 015_1 und 015_2) zwar so wie im Transkript (OC 55, Bl. 2717/2719 d.A.) niedergelegt vom Erblasser geäußert. Die Veröffentlichung war jedoch schon deswegen unzulässig, weil es sich um ein sog. Sperrvermerkszitat handelt. Ausweislich des vorgelegten und von keiner Partei inhaltlich angezweifelten Transkriptes wird die Schilderung BD und CO durch den Erblasser zunächst mit den Worten eingeleitet: „…“ bzw. „….“ Im weiteren Text ist sodann in der vom Erblasser angekündigten Information „…“ davon die Rede, dass sich diese um CO und noch eine weitere Person dreht, bei der es sich nach dem Gesamtkontext um BD handeln muss und für den von Seiten des Erblassers ausdrücklich angeordnet wird: „…“.

639
Darüber hinaus war eine Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2) auch deswegen unzulässig, weil ein Fehlzitat in Form einer von den Beklagten vorgenommenen Kontextverfälschung vorliegt. Denn BD war bei der Schilderung des Erblassers nicht – wie es die Beklagten gegenüber dem Leser im Buch darstellen – Gegenstand einer „süßen Rache“ des Erblassers. Vielmehr lassen die Ausführungen im Transkript OC 55 erkennen, dass der Erblasser große Stücke auf ihn hielt („…“) und der Erblasser mit der fraglichen Bemerkung also schlicht erklären wollte, aus welchem Grunde er ihn nicht für einen geeigneten Verteidigungsminister hielt. Insofern haben die Beklagten dem Erblasser eine von diesem nicht getätigte Äußerung in den Mund gelegt.

640
Daneben durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen als Bloßstellung der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn sie enthielt erneut keine Sachinformation mit einem hinreichenden Öffentlichkeitswert, die das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers an seiner Einschätzung über BD gerade in der konkreten Wortwahl überwiegt.

641
Schließlich handelte es sich auch um ein unzulässiges Kombizitat, welches aus zwei verschiedenen Äußerungen des Erblassers zusammengesetzt wurde, die nicht im Kontext standen, ohne dass dies für den durchschnittlichen Rezipienten erkennbar ist, der vielmehr angesichts des im Buch dargestellten Zusammenhangs („Die einstweiligen Unionsgefährten – seien sie nun christlich-demokratisch oder christlich-sozial – werden in eine „Who is Who“ verfrachtet, das wie mit Dreschflegeln verfasst zu sein schein. Die Enzyklopädie der süßen Rache beginnt mit BD“) von einem stringenten Erzählfluss des Erblassers ausgehen musste. Dies verstärkt den unzutreffenden Eindruck, einer vom Erblasser intendierten alphabetisch geordneten „Abrechnung“ mit den politischen Weggenossen, die dieser ausweislich des vorgelegten Transkripts gerade nicht vorgenommen hat.

642
16

643
Zu AL: »…« (Buch S. 84)

644
Das fragliche Zitat ist zwar auf der Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 016) vorhanden und hinsichtlich des Wortlauts in Übereinstimmung mit dem Transkript (OC 32, Bl. 2680 d.A.) richtig wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden, weil erneut kein sachlicher Informationskern mit einem hinreichenden Öffentlichkeitswert erkennbar war, der die wörtliche Wiedergabe der Äußerung des Erblassers zum Dienstverständnis eines Ministers in den Jahren 1982 bis 1989 rechtfertigte, zumal es – wie schon der Kontext der Darstellung im Buch („wie mit Dreschflegeln“) erkennen lässt – wiederum nur um die Bloßstellung des Erblassers ging und nicht um Sachinformationen etwa zu dem vermeintlichen Skandalminister.

645
17

646
»…« (Buch S. 85)

647
Die Äußerung ist zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-26 Nr. 5) – insofern in Übereinstimmung mit dem Transkript (OC 28, Bl. 2675 d.A.) – im reinen Wortlaut belegt. Jedoch lag auch hier ein unzulässiges Fehlzitat im Hinblick auf eine Kontextverfälschung vor, da der Erblasser in der betreffenden Passage – anders als dies im Buch dargestellt wird – die genannten Personen nicht pauschal abqualifizieren wollte, sondern nur deren Verhalten ihm gegenüber im Parteipräsidium bewertet hat („…“, Bl. 2675; vgl. auch „…“, OC 89, Bl. 2786). Darüber hinaus durfte die Passage als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden, da wiederum keine sachliche Information mit hinreichendem Öffentlichkeitswert erkennbar war, die das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers gerade an der wörtlichen Wiedergabe seiner Äußerung überstieg.

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Zu BE: »…« (Buch S. 85)

650
Die Äußerungen des Erblassers sind zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 018_1 und 018_2) in Übereinstimmung mit dem Transkript (OC 56, Bl. 2720/2722) dem reinen Wortlaut nach zutreffend wiedergegeben. Ihre Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2) war jedoch unzulässig, weil es sich erneut um ein Fehlzitat aufgrund einer Kontextverfälschung handelt. Denn der Erblasser hat die beiden Bemerkungen über BE nicht – wie dies im Buch dargestellt wird – als „kleinen schmerzhaften Tritt im Vorbeigehen“ gemeint, weil er mit BE „noch irgendein Scharmützel auszutragen“ (vgl. Buch, S. 85) hatte. Vielmehr fällt die erste Äußerung („…“) in einem Kontext, in welchem der Erblasser seine Enttäuschung darüber geäußert hat, dass sich BE seiner Meinung nach in den letzten zehn Jahren in einer bestimmten Richtung entwickelt habe, was er – der Erblasser – nicht vorausgesehen habe. Die Äußerung zur fehlenden Dynamik ist dabei nicht im Sinne einer Abqualifizierung gemeint, da der Erblasser unmittelbar im Anschluss ausführt: „….“ (Bl. 2720 d.A.). Die zweite Äußerung („…“) war ebenfalls nicht als Kritik an den vermeintlich begrenzten intellektuellen Fähigkeiten BE im Sinne des „geistigen Horizonts“ gemeint, wie es der durchschnittliche Leser des Buches versteht, sondern fiel vielmehr in einem völlig anderen Gesamtkontext, in welchem der Erblasser sich über die Angewohnheit von Mitgliedern der Bonner Bundesregierung echauffierte, abends nach Hause zu fahren („….“, Bl. 2722 d.A.).

651
Daneben war die Wiedergabe der Äußerung auch wegen Vorliegens eines Kombizitats unzulässig, weil die Beklagten zwei nicht zusammenhängende Äußerungen des Erblassers innerhalb eines längeren Textes willkürlich kombiniert haben, ohne dass dies für den Leser erkennbar wurde. Schließlich durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen auch nicht veröffentlicht werden. Denn ist es lag – gerade vor dem Hintergrund der manipulativ kombinierten Zitatschnipsel – hier keine Sachinformation mit hinreichendem Öffentlichkeitswert vor, die die Geheimhaltungsinteressen des Erblassers übersteigen und eine Wiedergabe seiner Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form rechtfertigen konnte.

652
19

653
Zu BF: »…« (Buch S. 85)

654
Das betreffende Zitat ist ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC 26 Nr. 8) – in Übereinstimmung mit dem Transkript (OC 33, Bl. 2381 d.A.) – inhaltlich im Wesentlichen zutreffend (richtig: „…“ statt „…“) wiedergegeben. Die Veröffentlichung war jedoch unzulässig, weil wegen einer Kontextverfälschung ein Fehlzitat vorliegt. Der Erblasser hat die Bemerkungen über BF nicht – wie dies im Buch dargestellt wird – im Rahmen einer persönlichen Auseinandersetzung als „kleinen schmerzhaften Tritt im Vorbeigehen“ gemeint, weil er mit BF „noch irgendein Scharmützel auszutragen“ hatte (vgl. Buch, S. 85). Vielmehr ging es im Gesamtkontext seiner Äußerung um die die schwierige Personallage im Hinblick auf die Sozialpolitik mit wenigen echten Fachleuten in der Partei, die die politische Karriere von Herrn BF nach Meinung des Erblassers erst ermöglicht hatte („….“, vgl. Transkript OC 33, Bl. 2381 d.A.).

655
Darüber hinaus durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den dargestellten Grundsätzen zum Schutz der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand mangels sachlichen Informationskerns des Zitatschnipsels keine hinreichender Öffentlichkeitswert, der es rechtfertigte, die Äußerung des Erblassers über BF in ihrer konkreten Wortwahl – zudem unter Streichung jedweden Sachbezuges im Hinblick auf seine politische Tätigkeit und damit in inhaltlicher Schwerpunktsetzung auf die abschätzige und die Religionszugehörigkeit pejorativ einbeziehende Äußerung – zu veröffentlichen.

656
20

657
Zu BG: »…« (Buch S. 85)

658
Das Zitat wurde ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 020_1 und 020_2) zwar im Wesentlichen vom Erblasser tatsächlich so geäußert. Seine Veröffentlichung war jedoch unzulässig, da es sich um ein sogenanntes Sperrvermerkszitat handelte, das die Beklagten – obgleich sie selbst im vorliegenden Verfahren stets vorgetragen haben, sich insoweit den Wünschen des Erblassers verpflichtet zu fühlen – trotz ausdrücklicher anderslautender Anweisung veröffentlicht haben. Denn nach dem Transkript wird die Äußerung über BG mit der Bemerkung eingeleitet: „….“ (vgl. OC 57, Bl. 2724 d.A.).

659
Darüber hinaus handelte es sich um ein unzulässiges Kombizitat, welches ausweislich des Transkriptes (Bl. 2723 – 2725 d.A.) aus drei verschiedenen Äußerungen des Erblassers zusammengesetzt wurde, ohne dass dies für den durchschnittlichen Rezipienten erkennbar ist, der vielmehr angesichts des im Buch dargestellten Kontextes („In CDU und CSU scheint es kaum jemand zu geben, mit dem Kohl nicht noch irgendein Scharmützel auszutragen hat“) von einem stringenten Erzählfluss des Erblassers ausgeht. Schließlich durfte die Äußerung auch als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden, weil es erneut an jeglicher Sachinformation von hinreichendem Öffentlichkeitswert fehlte, die den bewussten Bruch der vom Erblasser ausdrücklich angeordneten Geheimhaltung sowie die Wiedergabe seiner Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form hätte rechtfertigen können.

660
21

661
Zu BH: »…« (Buch S. 85)

662
Da die entsprechende Passage auf den vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC 26 Nr. 10 und 11) vorhanden ist, ist davon auszugehen, dass der Erblasser sie tatsächlich geäußert hat. Es handelte sich jedoch dennoch um ein unzulässiges Fehlzitat. Denn ausweislich der Audio-Datei lautet die entsprechende Schilderung des Erblassers zunächst: „…“, sodann bricht die Schilderung ab und der Erblasser wechselt das Thema. Insofern hat er, wie es sich im Übrigen auch aus der Darstellung im Transkript (vgl. OC 34/35, Bl. 2682/2683 d.A.) ergibt, das Wort „…“ als Adjektiv gemeint, ohne den entsprechenden Satz mit einem passenden Prädikatsnomen zu vervollständigen und ihm damit einen konkreten finalen Aussagegehalt zuzumessen. Die Aussage, die ihm der Beklagte zu 2) in der streitgegenständlichen Passage zugeschrieben hat, hat er jedenfalls nicht gemacht. Weiter handelt es sich auch bei dieser Passage um ein unzulässiges Kombizitat, da die Beklagten zwei verschiedene Äußerungen des Erblassers zusammengefügt und ihr – für den Leser nicht erkennbar – in der streitgegenständlichen Darstellung des Buches fälschlicherweise den Charakter einer im Zusammenhang erfolgten Beschreibung gegeben haben.

663
Schließlich durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den aufgezeigten nicht veröffentlicht werden. Denn mangels einer Sachinformation von hinreichendem Öffentlichkeitswert bestand auch hier kein überragendes öffentliches Interesse an der Wiedergabe der Einschätzung des Erblassers bezüglich BH gerade in der konkret wiedergegebenen Wortwahl.

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22

665
Zu C: „»…«“ Da könne „»…«.“ Auch seine Vertraute E habe regelmäßig das Weite gesucht, sobald »…« im Anmarsch gewesen sei. Genug! Da erteilt ein Schulmeister unter seinen Zöglingen Verhaltens- und Charakternoten, die sich zumeist zwischen mangelhaft und ungenügend bewegen. Zu einer gewissen Hoffnung gibt allenfalls F Anlass. Der Nachfolger I´s im Amt des Generalsekretärs erhält von Kohl immerhin das Prädikat »…«, wobei bereits das Epitheton »…« genaugenommen infernalisch ist. Ein Held scheint er jedenfalls nicht eben zu sein. Bei seiner Kandidatur 1989 in Bremen hatte F »…«.“ (Buch S. 85 f.)

666
Auch hier kann und soll nach dem eingangs Gesagten dahinstehen, dass die F betreffenden vermeintlich im Wortlaut wiedergegebenen Äußerungen – anders als die Äußerungen zu C (Anlage OC-B 5 Nr. 002) – nicht durch eine Audio-Datei belegt sind. Denn unabhängig davon war die Wiedergabe der wörtlichen Äußerungen des Erblassers in dieser Passage unzulässig. Aus dem vorliegenden Transkript (OC 36 ff., Bl. 2684 ff. d.A.) ergibt sich, dass eine Kontextverfälschung vorliegt, als der Erblasser – anders als dies im Buch dargestellt wird („Und von C hält er erst recht nichts: „…“. Da könne man sich „…“. Auch seine Vertraute …“) – keine durch die Bezugnahme auf ein „…“ christlich konnotierte negative Bewertung C´s abgeben wollte, sondern vielmehr den Umgang von C und AE kritisieren wollte („…“). Darüber hinaus durfte die Äußerung als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand mangels einer sachlichen Information von hinreichendem Öffentlichkeitswert kein überragendes Interesse an einer Wiedergabe der Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form.

667
23

668
Zu BI: »…« (Buch S. 86)

669
Nach der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 023) sowie dem übereinstimmenden Transkript (OC 58, Bl. 2727 d.A.) ist zwar davon auszugehen, dass der Erblasser die betreffende Bemerkung grundsätzlich so abgegeben hat. Jedoch durfte sie mangels Öffentlichkeitswert als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Denn die isoliert aus einer – ausweislich der vorgelegten Audio-Datei – längeren Schilderung des Erblassers herausgelöste Bemerkung beinhaltet keine Sachinformation von hinreichendem Öffentlichkeitswert, welcher es rechtfertigen konnten, sie gerade in ihrer unmittelbaren Wörtlichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

670
24

671
Zu BJ: »…« (Buch S. 86)

672
Nach der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 024) ist zwar davon auszugehen, dass der Erblasser die betreffende Bemerkung wörtlich so gemacht hat. Die Äußerung durfte als wörtliches Zitat nach den dargestellten Grundsätzen jedoch nicht veröffentlicht werden. Denn die isoliert aus einer – ausweislich der vorgelegten Audio-Datei – längeren Schilderung des Erblassers herausgelöste Bemerkung beinhaltete erneut keine Sachinformation von hinreichendem Öffentlichkeitswert.

673
25

674
Zu BK: »…« (Buch S. 86)

675
Nach der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 025) – in Übereinstimmung mit dem Transkript (OC 60, Bl. 2731 d.A.) – ist zwar davon auszugehen, dass der Erblasser die betreffende Bemerkung wörtlich weitgehend („…“ statt „…“) so gemacht hat. Die Veröffentlichung war jedoch unzulässig, da aufgrund einer durch die Beklagten vorgenommenen Kontextverfälschung ein Fehlzitat vorliegt. Die Äußerung des Erblassers war nicht – wie es der Kontext im Buch darstellt („Er argumentiert nicht. Er klebt Etiketten.“) – als abschätzige Bewertung der Person BK´s gemeint, sondern vielmehr, wie sich aus dem Kontext des Transkriptes ergibt, als kritische Äußerung zur Qualität des Landtagswahlkampfes durch BJ in Niedersachsen („…“, Bl. 2731 d.A.).

676
Daneben durfte die Äußerung als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn die isoliert aus einer längeren Schilderung des Erblassers herausgelöste Bemerkung enthielt keine Sachinformation von hinreichendem Öffentlichkeitswert, welche es rechtfertigen konnte, die Äußerung gerade in ihrer unmittelbaren Wörtlichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

677
26

678
Zu BL.: »…« (Buch S. 86)

679
Das betreffende Zitat ist zwar ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 026) – diese in Übereinstimmung mit dem Transkript (OC 61, Bl. 2732 d.A.) – im Wortlaut zutreffend wiedergegeben. Die Äußerung durfte jedoch als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Dabei war zwar zugunsten des Beklagten zu 2) zu berücksichtigen, dass die Einschätzung des Erblassers zu einer mutmaßlichen Agententätigkeit eines hochrangigen Politikers von erheblichem öffentlichen Interesse ist. Mit diesem sachlichen Informationskern befasst sich die Wiedergabe des Zitates durch den Beklagten zu 2) jedoch nicht, da der vom Erblasser genannte Klarname nicht weitergegeben und auch sonst außer der – nur wenige Worte umfassenden – Vermutung keine weiteren Angaben im Hinblick auf eine öffentliche Diskussion dieses Themas – beispielsweise im Hinblick darauf, dass der Erblasser trotz seiner Vermutungen über die vermeintliche Agententätigkeit nicht tätig geworden ist – gemacht wurden. Damit bestand der Informationsgehalt der Äußerung allein darin, dass nach Meinung des Erblassers eine nicht bestimmbare Person verdächtig war, was für einen hinreichenden Öffentlichkeitswert der Information nicht ausreicht, sondern allein wieder die wörtliche Wiedergabe der stark verkürzten Äußerung des Erblassers in den Fokus rückte.

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681
Zu G: „»…«. Er hat sich, da ist Kohl sicher, als den besseren Kanzler gesehen. Mit solchen Leuten ist nicht gut marschieren. Und Protestant war er auch noch, das kam erschwerend hinzu. „»…«“ (Buch S. 86)

682
Der Passus ist, soweit er Zitate des Erblassers enthält, ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC 26 Nr. 9) zwar im Wortlaut zumindest weitgehend zutreffend wiedergegeben (vgl. Transkript OC 29, Bl. 2676 d.A.). Jedoch durften jedenfalls die wörtlichen Zitate nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn die subjektive Bewertung eines früheren Parteikollegen durch den Erblasser beinhaltete keine Sachinformation von hinreichendem Öffentlichkeitswert, welcher es rechtfertigen konnte, sie gerade in ihrer unmittelbaren Wörtlichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

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684
Zu H: „»…« Immerhin habe sich dieser »…« in letzter Sekunde von den Verschwörern losgesagt, als er sah, dass der Aufstand kaum Chance auf Erfolg hatte. „»…«“ (Buch S. 89)

685
Der Passus ist, soweit er Zitate des Erblassers enthält, nach den insgesamt vier vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 028_1, 028_2, 028_3, 028_4) zwar dem Wortlaut nach weitgehend zutreffend wiedergegeben (vgl. Transkripte OC 62/63/64/72, Bl. 2734/2736/2737/2757). Die Veröffentlichung in dieser Form war jedoch schon deswegen unzulässig, weil die Beklagten aus mehreren Zitaten/Zitatschnipseln ein Kombizitat erstellt haben, ohne dass aus den vorgelegten Transkripten oder den Audio-Dateien erkennbar wäre, in welchem konkreten Kontext die jeweiligen Äußerungen erfolgt sein sollen und ob dieser es rechtfertigen konnte, sie aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten in einen Zusammenhang zu stellen, der einen zusammenhängenden Redefluss im Rahmen einer „angemessenen Würdigung“ der „niedergeschlagenen Meuterer“ suggeriert. Zudem durfte ein wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen zum Schutz der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Zwar ist zugunsten des Beklagten zu 2) zu berücksichtigen, dass das persönliche Zerwürfnis zwischen H und dem Erblasser bereits vorbekannt war und der Erblasser ausweislich der vorgelegten Audio-Dateien für die Vorbereitung seiner Memoiren gefordert hat, dass „…“. Er hat dies jedoch selbst mit dem einschränkenden Zusatz „…“ versehen, woraus – auch für den Beklagten zu 2) klar erkennbar – deutlich wird, dass er sich auch hier die abschließende Kontrolle hinsichtlich der Sprachwahl vorbehalten wollte und zudem kein Einverständnis erteilen wollte, dass eine solche Bewertung H´s statt in den Memoiren in einem Buch der Beklagten veröffentlicht wird. In der Gesamtabwägung enthielt die Äußerung keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der es rechtfertigt, die Bezeichnung von H als „…“ oder „…“ in dieser konkreten Wortwahl zu veröffentlichen.

686
29

687
Zu BK: »…« (Buch S. 89)

688
Die mittels Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 029_1, 029_2) belegte Äußerung des Erblassers (vgl. auch Transkript OC 65 Bl. 2738/2740 d.A.) durfte als wörtliches Zitat nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines sachlichen Informationskerns mit hinreichendem Öffentlichkeitswert bestand auch hier kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Wiedergabe dieser Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form.

689
Zudem haben die Beklagten durch Erstellung eines unzulässigen Kombizitats aus zwei verschiedenen Äußerungen des Erblassers wiederum den Gesamtkontext seiner Aussage verfälscht, was ebenfalls zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung führte. Denn hinsichtlich des ersten Satzteiles ergibt sich aus dem insofern im Wesentlichen mit den Audio-Dateien übereinstimmenden Transkript („…“, Bl. 2738 d.A.), dass sich die Bezeichnung als „…“ nicht generell auf die Person BK´s bezog, sondern vielmehr auf den Eindruck, den sie beim katholischen Klerus in Niedersachsen hinterlassen hatte.

690
30

691
»…« (Buch S. 89)

692
Die durch die vorgelegte Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 030) belegte Äußerung des Erblassers durfte als wörtliches Zitat nach den dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen ist der Formulierung des Erblassers („…“) nicht zu entnehmen, dass er mit einer Veröffentlichung ohne seine Beteiligung einverstanden war, da die betreffende Formulierung – wie der Folgesatz („…“, vgl. Bl. OC 66, Bl. 2742 d.A.) zeigt – nur als „Regieanweisung“ für die Erstellung des Manuskriptes durch den Beklagten zu 1) gedacht war. Zum anderen enthält die Äußerung auch keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der die Wiedergabe gerade in ihrer wörtlichen Form rechtfertigen konnte.

693
31

694
Zu I: »…« (Buch S. 90)

695
Auch hier kann dahinstehen, ob der Erblasser dieses nicht durch eine Audio-Datei nachgewiesene Zitat tatsächlich so geäußert hat. Denn die Veröffentlichung war schon deswegen unzulässig, weil ein Fehlzitat in Form einer Kontextverfälschung vorliegt. Ausweislich des Transkriptes („…“, OC 67, Bl. 2743 d.A.) haben die Beklagten der betreffenden Äußerungen durch verkürzte Darstellung der Gesamtaussage einen wesentlich schärferen und damit vom Sinngehalt her falschen Aussagegehalt gegeben. Daneben durfte die Äußerung ohnehin als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Denn die lediglich fragmentarische Wiedergabe dreier einzelner Wörter enthält keinen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der eine Veröffentlichung gerade in der wörtlichen Form rechtfertigen konnte.

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32

697
Zu I: „J habe ihn immer gewarnt. „»…«“ (Buch S. 91)

698
Auch hier kann die Authentizität dieses nur durch ein – von der Klägerin inhaltlich in Zweifel gezogenes – Transkript (OC 68, Bl. 2745 d.A.) belegten Zitats dahinstehen. Unabhängig davon durfte das (vermeintlich) wörtliche Zitat nach den oben dargestellten Grundsätzen zum Schutz der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ jedenfalls im Wortlaut nicht veröffentlicht werden. Denn dem sachlichen Informationskern der Äußerung – der subjektiven Einstellung J´s zu I – kommt kein hinreichender Öffentlichkeitswert zu, der das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers an der Wiedergabe seiner Äußerung in ihrer konkreten wörtlichen Form überstieg. Die von den Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte Notwendigkeit einer öffentlichen Diskussion über die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Form die erste Ehefrau des Erblassers Einfluss auf seine politischen Entscheidungen genommen habe, wird weder im Kontext des Buches problematisiert, noch enthält das Zitat des Erblassers dazu aussagekräftige Angaben.

699
33

700
Zu I: „»…« Und ein Geizkragen sei der Schwabe aus Oberndorf am Neckar gewesen, nicht zuletzt in materiellen Dingen stets nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Das Ministerium in Rheinland-Pfalz habe er nur deshalb, zuletzt unter K, bis zum Sommer 1977 ausgesessen, damit „»…«. Auch als er dann seinen politischen Schwerpunkt nach Bonn verlegte, sei er das alte Sparbrötchen geblieben.“ (Buch S. 91)

701
Soweit es um Zitate des Erblassers geht, sind diese ausweislich der vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 033_1, 033_2, 033_3a, 033_3b) zwar belegt und auch inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegeben (vgl. auch Transkript OC 69, Bl. 2747 d.A.). Jedoch durfte das wörtliche Zitat erneut mangels überwiegenden Interesses nicht veröffentlicht werden. Es bestand kein öffentliches Interesse daran, die von den Beklagten willkürlich aus mehreren Äußerungen des Erblassers zusammengesetzte Passage in einer Art und Weise zu veröffentlichen, die einen gemeinsamen Kontext vorspiegelt. Darüber hinaus enthielten die Äußerungen zur subjektiven Einschätzung des Erblassers hinsichtlich I bzw. dessen Einstellung zu finanziellen Dingen auch keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der die Veröffentlichung gerade in der wörtlichen Form rechtfertigen konnte.

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703
Zu I u. a.: „Im »…«, in den engen Büroräumen des Bonner Abgeordnetenhauses, logierte, um Diäten zu sparen, mancher Parlamentarier auch über Nacht, „»…«“ (Buch S. 91)

704
Der Passus ist, soweit er ein Zitat des Erblassers enthält, ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 034) zwar belegt und auch inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegeben (vgl. OC 70, Bl. 2749 d.A.). Jedoch durfte auch hier das wörtliche Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn die subjektiven Einschätzungen des Erblassers zur unterbliebenen Anmietung einer Zweitwohnung durch I während seiner Tätigkeit in Bonn bzw. hinsichtlich der beschriebenen Zustände im „…“ enthalten keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der die Veröffentlichung gerade in der wörtlichen Form rechtfertigen konnte. Die Beklagte deckten insofern keine für die öffentliche Meinungsbildung beachtlichen Mißstände auf, sondern bedienten – insbesondere durch die Schilderung nächtlicher sexueller Aktivitäten im „…“ – lediglich die voyeuristische Neugier der Rezipienten an der wörtlichen Ausdrucksweise des Erblassers. Allein der Wunsch zu erfahren, welcher Sprache sich ein Politiker bedient, wenn er nicht vor dem (öffentlichen) Mikrofon steht, reicht jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus, um den Inhalt vertraulicher Gespräche zur öffentlichen Diskussion zu stellen (vgl. erneut BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, NJW 1979, 647).

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706
Zu L: „L, den er seit Grundschulzeiten kennt, scheint in seinen Augen schon immer ein zwielichtiger Geselle gewesen zu sein, von Ehrgeiz und Eifersucht getrieben. „»…«“ (Buch S. 92)

707
Auch hier ist das Zitat des Erblassers ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 035) zwar belegt und auch inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegeben (vgl. Transkript OC 71, Bl. 2751 d.A.). Jedoch durfte auch hier das wörtliche Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand kein öffentliches Interesse daran, eine Äußerung des Erblassers in wörtlicher Form wiederzugeben, deren Kontext die Beklagten durch die Darstellung im Buch verfälscht haben. Nach dem Transkript (Bl. 2750 f. d.A.) wird das Zitat durch den Erblasser dahingehend eingeleitet, dass es mit Kurt Biedenkopf keinen „…“ gab, sondern der Erblasser mit seinem Weggang einverstanden war („…“). Diesen Kontext haben die Beklagten bei der Einbettung der wörtlichen Äußerungen im Buch nicht dargestellt, sondern vielmehr verfälschend behauptet, dass der Erblasser sich über den Charakter L´s ausgelassen habe („zwielichtiger Geselle“, „von Ehrgeiz und Eifersucht getrieben“), obwohl er lediglich die betreffenden Personalbewegungen geschildert hat. Im Übrigen enthalten die subjektiven Einschätzungen des Erblassers keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der die Veröffentlichung der Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form rechtfertigen konnte.

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Zu L: »…« (Buch S. 92)

710
Auch diese durch Vorlage einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 036) belegte Äußerung durfte zumindest als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Denn dem sachlichen Informationskern der Äußerung – Bewertung eines Verhaltens L´s – kommt kein hinreichender Öffentlichkeitswert zu, der das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers an der Wiedergabe seiner Äußerung in ihrer konkreten wörtlichen Form überstieg.

711
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Zu L, M u. a.: „»…« Zufrieden trat der Professor tags darauf die Rückreise an, ins Eigenheim nach NRW, wie er sagte.

713
Dann aber nahm – es gab ja noch kaum Mobiltelefon – das Schicksal seinen Lauf. „»…« Wenig später schaut auch M in Schruns vorbei. Die beiden sitzen am Pool des maroden Kurhauses. Aus dem Lautsprecher tönt der Badenweiler Marsch.„»…«“

714
Schnell kommt der Bayer zur Sache. „»…«, die damalige Geliebte, die Jahre später, in den Ehestand überführt, einmal Landesmutter Sachsens werden sollte. „»…« Er genießt seinen Triumph in vollen Zügen. Kohls Generalsekretär hat, wie es scheint, einen recht dreisten Mandantenverrat begangen. „»…« Für das verwerfliche Delikt zieht Kohl zwei seiner liebsten Schimpfworte aus dem Köcher: „»…«“ (Buch S. 93)

715
Die Zitate des Erblassers enthaltenen Teile sind mit den vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 037_a, 037_b) belegt und inhaltlich auch weitgehend zutreffend wiedergegeben. Jedoch durften auch hier die wörtlichen Zitate des Erblassers nach den dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn es war zwar zur Gunsten des Beklagten zu 2) zu berücksichtigen, dass an der Frage einer möglicherweise nicht sachgerechten Verteilung hoher politischer Ämter, die ausweislich des streitgegenständlichen Zitats durch einen Besuch am Urlaubsort des Kanzlerkandidaten erfolgt sein soll, durchaus ein hohes öffentliches Interesse besteht. Auf der anderen Seite war zugunsten des Geheimhaltungsinteresses des Erblassers jedoch zu berücksichtigen, dass die von ihm berichtete Begebenheit in Schruns keine unrechtmäßige oder auch nur unsachliche Einflussnahme auf die künftige Verteilung von Ministerposten belegt, was möglicherweise durch die Beklagten einer öffentlichen Diskussion hätte zugeführt werden dürfen, sondern schlicht den Wunsch L´s auf Übernahme des Amtes als Verteidigungsminister für den Fall eines möglichen Wahlerfolges der Union sowie die Frage wiedergibt, ob der Erblasser „…“. Den von den Beklagten darin erblickten „Skandal“ im Sinne einer „Ämterschacherei“, der die wörtliche Wiedergabe der betreffenden Äußerungen rechtfertigen könnte, vermag der Senat nicht zu entdecken, zumal ein solcher im Gesamtkontext der Darstellung im streitgegenständlichen Buch auch nicht thematisiert wird.

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Zu N: „»…« …… im Ernst…… „»…«, kontert Kohl und metaphert unbestreitbar geistreich: „»…«

718
Immer und ewig habe N aus dem Verborgenen heraus agiert und auch im Umgang mit der DDR nicht die gebotene Distanz gewahrt. Da sei, sagt Kohl, wohl so manche vertrauliche Information über die deutsch-deutsche Grenze gelangt und im Osten gerne abgeschöpft worden. „»…«“ (Buch S. 94)

719
Auch hier sind die Zitate des Erblassers als solche zwar anhand der vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 038_1, 038_2, 038_3) belegt. Jedoch durften die wörtlichen Zitate des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen handelt es sich um ein unzulässiges Kombizitat, welches aus drei verschiedenen Zitaten des Erblassers zusammengesetzt wurde, deren konkreter zeitlicher bzw. inhaltlicher Zusammenhang jedenfalls aus den vorgelegten Teilen des Transkriptes (OC 72, Bl. 2756/2757/2759 d.A.) nicht zu erkennen ist. Hingegen geht der durchschnittliche Rezipient nach dem Kontext der Darstellung des Buches von einem stringenten Erzählfluss des Erblassers aus, der sich in einer Art Generalabrechnung der Person N zuzuwenden scheint („Den eigentlichen Rädelsführer indes … möchte Kohl am liebsten nur mit verachtendem Schweigen bestrafen … Dann bekommt das Cleverle aus Sigmaringen doch seine Prügel“). Zum anderen bestand auch hier kein hinreichendes öffentliches Interesse an der Wiedergabe dieser Äußerung in ihrer wörtlichen Form, welches das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers überstieg. Zwar ist dem Beklagten zu 2) durchaus zu konzedieren, dass die Weitergabe von vertraulichen Informationen durch N an Politiker der DDR von hohem öffentlichem Interesse ist. Allerdings beschränkt sich die in der Äußerung enthaltene Sachinformation darauf, dass der Erblasser einen bestimmten Verdacht äußerte und diesen allein darauf gründete, dass N den Oberbürgermeister von Dresden beim Vornamen genannt hat. Insofern war erkennbares Ziel des Beklagten zu 2) nicht die Weitergabe einer nach den maßgeblichen Kriterien gegebenenfalls zulässigen Verdachtsäußerung, sondern vielmehr die Bloßstellung des Erblassers, indem dessen an Verschwörungstheorien erinnernde Äußerungen der Öffentlichkeit preisgegeben werden.

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Zu BM: »…« (Buch S. 95)

722
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 039) handelt es sich zwar um eine inhaltlich zutreffend wiedergegebene Äußerung des Erblassers. Jedoch durfte diese als wörtliches Zitat nach aufgezeigten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Aus dem Gesamtkontext im Transkript (OC 73, Bl. 2761 d.A:) ergibt sich zudem, dass der Erblasser die betreffende Bezeichnung nur beiläufig bei einer „Regieanweisung“ für das Manuskript der Memoiren verwendet hat („…“). Ein sachlicher Informationskern mit hinreichendem Öffentlichkeitswert, der das Geheimhaltungsinteresse an der Äußerung gerade in ihrer konkreten Wortwahl übersteigen würde, kam dieser vom Erblasser eher colorandi causa, denn als bewusster Charakterisierung gewählten Bezeichnung BM´s nicht zu.

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Zu N: »…« (Buch S. 95)

725
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 040) handelt es sich zwar um eine inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegebene Äußerung des Erblassers. Jedoch durfte sie als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen haben die Beklagten den Gesamtzusammenhang, in welcher die betreffenden Äußerungen des Erblassers gefallen sind, durch ihre Darstellung im Buch erneut verfälscht. Aus dem Gesamtkontext im Transkript (OC 74, Bl. 2762 d.A.) ergibt sich, dass der Erblasser mit seinen Äußerungen nicht – wie es die Beklagten im Buch darstellen („Nun hat sich das Blatt gewendet, und Kohl ergeht sich in Schadenfreude“) – seiner Schadenfreude über das Schicksal Lothar Späths Ausdruck verleihen, sondern in erster Linie die Zuwächse der politischen Macht der Presse – insbesondere der Zeitschrift „Der Spiegel“ – kritisieren wollte („…, vgl. zudem Transkript OC 75, Bl. 2763 d.A.: …“). Zum anderen wird durch die Äußerung des Erblassers zu seiner Einstellung hinsichtlich der politischen Laufbahn N´s oder zu dessen Verbindung mit der investigativen Presse keine Sachinformation mit hinreichendem Öffentlichkeitswert vermittelt, welche es rechtfertigen konnte, die Äußerung des Erblassers in ihrer wörtlichen Form und damit unter Verletzung seines Geheimhaltungsinteresses zu veröffentlichen.

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Zu N: »…« (Buch S. 96)

728
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 041) handelt es sich zwar um ein inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegebenes Zitat. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn ein sachlicher Informationskern mit hinreichendem Öffentlichkeitswert, der die Wiedergabe der Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form rechtfertigen konnte, war in der Prognose des Erblassers zum vermuteten Schicksal des Unternehmens CM nicht zu erkennen.

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730
Zu O: „»…«,… Jetzt, bei der Arbeit an den Erinnerungen, bietet sich Gelegenheit, um beherzt zurückzubeißen. „»…« Nun denn, O ist dann 2003, der Unkenrufe zum Trotz, Ministerpräsident geworden – aber letztlich doch dramatisch gescheitert … Er wird wohl als Null in die Geschichtsbücher eingehen.“ (Buch S. 96 f.)

731
Soweit es um Zitate des Erblassers geht, sind diese ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 042) belegt und auch inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegeben. Jedoch dürfen die betreffenden wörtlichen Zitate des Erblassers angesichts des Schutzes der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Erblasser mit dem Ergebnis seiner Prognose über das politische Schicksal von O im Ergebnis „richtig gelegen“ hat, enthält seine subjektive Einschätzung dieses Politikers aus dem Jahre 2001 keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der die Veröffentlichung der Äußerungen gerade in ihrem konkreten Wortlaut und Kontext zu rechtfertigen vermag.

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733
Zu BN: »…« (Buch S. 97)

734
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 043) handelt es sich zwar um ein inhaltlich zumindest teilweise („…“ statt „…“) zutreffend wiedergegebenes Zitat. Seine Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2) war jedoch schon wegen einer Kontextverfälschung unzulässig. Im streitgegenständlichen Buch haben die Beklagten die betreffende Äußerung des Erblassers derart eingebunden, dass der durchschnittliche Rezipient den Eindruck erhält, der Erblasser habe im Rahmen seiner die einzelnen Personen abarbeitenden „Verwünschung der Parteifreunde … Auch schon lange dahingeschiedene Parteigrößen bleiben nicht verschont“ nur diesen einen (negativen) Satz über BN gesagt, um ihn damit abschließend zu charakterisieren. Aus dem Gesamtkontext im Transkript (OC 76, Bl. 2764 f d.A.) ergibt sich dagegen, dass der Erblasser sich in langen Ausführungen, eingeleitet von den ihm vorgelesenen Angaben aus der Vita BN´s, zum Lebenslauf, der Werteordnung, den politischen Einstellungen sowie den sonstigen Charakterzügen des früheren Generalsekretärs geäußert und dabei unter anderem formuliert hat: „…“. Eine weitere Kontextverfälschung haben die Beklagten durch eine Verkürzung der Gesamtäußerung vorgenommen. Denn ausweislich des Transkriptes hat der Erblasser nach der Wiedergabe der eher negativen Einstellung seiner Ehefrau („…“) noch angefügt: „…“, woraus umso mehr deutlich wird, dass der Erblasser durch seine erste Äußerung nicht BN für sein vermeintlich falsches Verhalten kritisieren, sondern schlicht darstellen wollte, dass dessen Ehefrau eine andere Anschauung vom Familienleben hatte als J.

735
Darüber hinaus durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Denn die Äußerung zur Haltung der ersten Ehefrau des Erblassers gegenüber BN enthält keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe seiner Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

736
44

737
Zu K: »…« (Buch S. 97)

738
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 044) handelt es sich zwar um ein inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegebenes Zitat. Jedoch durfte auch dieses als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn die subjektive Einschätzung des Erblassers über K enthält keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe seiner Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwog.

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740
Zu K: „Und zumindest die Art, wie er das sagt, ist schwer erträglich. „»…«“ (Buch S. 98)

741
Ob die nicht durch Audio-Datei belegten vermeintlichen Zitate authentisch sind, bedarf aus eingangs genannten Gründen keiner Entscheidung. Denn unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage der Authentizität (auch des Transkripts OC 78, Bl. 2768 d.A.) durften die Passagen in wörtlicher Form nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Die Äußerungen enthalten keinen sachlichen Informationsgehalt von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der die wörtliche Wiedergabe der subjektiven Einschätzung des Erblassers zur Situation in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei unter K rechtfertigen konnte. Vielmehr standen auch hier wieder allein die Wortwahl des Erblassers im Hinblick auf die Schilderung des eigenen Führungsstils sowie die damit verbundene Abqualifizierung von K im Mittelpunkt.

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743
Zu BO und BP: »…« (Buch S. 99)

744
Zwar handelt es sich ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 046) um ein inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegebenes Zitat. Eine Veröffentlichung durch den Beklagten zu 2) war jedoch schon deshalb unzulässig, weil die Einbindung im Buch erneut eine Kontextverfälschung darstellt. Dort wird das Zitat des Erblassers mit der Formulierung eingeleitet: „Kohl ist mit … [BO] lang schon zerstritten. Das verschafft sich dann so Luft“. Ausweislich des Transkriptes (OC 80, Bl. 2770 f. d.A..) war im Gesamtkontext des betreffenden Zitates jedoch maßgeblich davon die Rede, dass der Erblasser I eröffnet hatte, ihn auf dem anstehenden Parteitag nicht erneut als Generalsekretär vorzuschlagen. In die dann folgende Schilderung der unmittelbaren Reaktion I´s, der aus dem Zimmer stürzte und sofort eine Pressekonferenz einberief, folgt – nach einem im Transkript vermerkten Bandwechsel – ein offenkundig durch das Wort „Pressekonferenz“ motivierter Einschub des Erblassers darüber, welche Pressereferenten es zu dieser Zeit gab („….“). Im Anschluss an das sodann folgende streitgegenständliche Zitat wendete sich der Erblasser mit dem einleitenden Wort „…“ wieder der Schilderung des Geschehens um I zu („…“). In diesem Kontext ist das streitgegenständliche Zitat ersichtlich nur als ein – wenn auch despektierlicher – Einschub colorandi causa gemeint, mit dem der Erblasser seiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen wollte, dass BP ausgerechnet bei BO als Pressereferent arbeitet, nicht jedoch – wie es die Beklagten im Buch darstellen – ein Sich-Luft-Verschaffen angesichts einer langjährigen Zerstrittenheit zwischen ihr und dem Erblasser.

745
Des Weiteren durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen ohnehin nicht veröffentlicht werden. Denn die subjektive Einschätzung des Erblassers zur Qualität des „Arbeitsverhältnisses“ zwischen BO und BP enthält keinen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich Wiedergabe dieser Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwog.

746
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747
Zu BQ: »…« (Buch S. 99)

748
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 047) handelt es sich zwar um ein inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegebenes Zitat. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Einschätzung des Erblassers zu den Fähigkeiten BQ´s, das das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe seiner vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

749
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750
u. a. zu H: „»…« Leute wie H, …. seien undankbare »…« (Buch S. 102)

751
Die Zitate sind ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 048) auch hier zwar inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegeben. Eine Veröffentlichung war jedoch schon deswegen unzulässig, weil die Einbindung im Buch eine Kontextverfälschung darstellt. Angesichts der vor Beginn des streitgegenständlichen Zitates erfolgten Einleitung („Als dann der Quälgeist A freilich die erwähnte Barzel-Passage zur Spendenaffäre … verliest, hat der Alte genug … Bei diesem Reizthema verstummt er, windet sich oder wird heftig. Wer ihn kritisiert, der ist sein Feind und wird auch als solcher behandelt“) geht der durchschnittliche Rezipient davon aus, dass sich die Bemerkung des Erblassers „…“ auf sein Verhalten in der sogenannten Spendenaffäre des Jahres 1999 bezieht. Aus dem Transkript (OC 82, Bl. 2773 d.A.) geht jedoch hervor, dass sich diese Äußerung allein auf ein Verhalten des Erblassers anlässlich eines Bundesparteitages bezog, auf dem er die Entrichtung der Beiträge durch den Landesverband Saar bestätigt hatte, um den Delegierten die Stimmberechtigung zu ermöglichen („…“) – was hier auch die streitgegenständliche Äußerung Nr. 50 (Buch S. 102 f.) betrifft. Entsprechend wird der nachfolgende Vergleich zu den Sozialausschüssen tatsächlich nur mit diesem Verhalten beim Bundesparteitag, nicht jedoch – wie im Buch – mit dem Verhalten des Erblassers in der sogenannten Spendenaffäre gezogen.

752
Des Weiteren durfte das wörtliche Zitat nach den oben dargestellten Grundsätzen auch als solches nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns kein öffentliches Informationsinteresse an der Bezeichnung von H als „…“ bzw. der subjektiven Einschätzung des Erblassers zu seinem dienstlichen Verhalten betreffend die Sozialausschüsse, welches das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

753
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754
Zu Q: „Kohl schlägt zurück: Q´s Landesverband habe doch nur dank des Großmuts der Bundespartei überlebt. »…«“ (Buch S. 102)

755
Zwar sind die Zitate ausweislich der vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 049_1, 049_2, 049_3) weitgehend belegt und inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegeben. Soweit es hinsichtlich der Äußerung „…“ an einem Audiobeleg fehlt, bedarf es – wie gesagt – keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung. Jedenfalls durfte die Äußerung des Erblassers als wörtliches Zitat nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen handelt es sich erneut um ein unzulässiges Kombizitat, welches aus verschiedenen Zitaten des Erblassers zusammengesetzt wurde (vgl. OC 39, Bl. 2687; OC 62, Bl. 2735 d.A., OC 82, Bl. 2773 d.A., OC 83, Bl. 2776 d.A.), ohne dass dies für den durchschnittlichen Rezipienten erkennbar ist, der vielmehr angesichts der im Buch dargestellten Einleitung („Kohl schlägt zurück“) von einem stringenten Erzählfluss des Erblassers ausgeht. Auch wenn dies an der grundsätzlich zutreffenden Wiedergabe und der damit verbundenen negativen Bewertung Q´s durch den Erblasser nichts ändert, fehlte es dennoch an einem öffentlichen Informationsinteresse, das das Geheimhaltungsinteresse im Hinblick auf die Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte. Denn die einzig erkennbare Sachinformation beschränkt sich darauf, dass Q nach Ansicht des Erblassers Dankbarkeit zeigen solle, anstatt sich „…“ aufzuregen. Maßgeblich wird daher die Äußerung durch die konkrete wörtliche Ausdrucksweise des Erblassers geprägt („….“).

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757
u. a. zu P: »…« (Buch S. 102)

758
Ausweislich der vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 050_a, siehe auch Nr. 050_b) handelt es sich zwar um ein inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegebenes Zitat. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Zwar ist zugunsten des Beklagten zu 2) zu berücksichtigen, dass P weiterhin in politischer und wirtschaftlicher Funktion aktiv ist, so dass schon aufgrund dieser Position ein öffentliches Interesse auch an seinen – inzwischen lange Jahre zurückliegenden – Verhaltensweisen besteht. Entscheidend zugunsten des Geheimhaltungsinteresses des Erblassers schlägt jedoch zu Buche, dass das Zitat keine auf P bezogene Sachinformation vermittelt, sondern vielmehr die abfällige Bezeichnung als „…“ in den Mittelpunkt rückt. Insofern war aber kein hinreichendes öffentliches Interesse an der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form zu erkennen.

759
51

760
u. a. zu C: „»…« (Buch S. 103)

761
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 051) handelt es sich um ein inhaltlich weitgehend („…“, statt „…“) zutreffend wiedergegebenes Zitat. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns war kein öffentliches Informationsinteresse an den abschätzigen Bemerkungen über den Landesverband bzw. den Bundesgeschäftsführer von C ersichtlich, das das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

762
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763
Zu Q: „»…«, als die Saar-CDU Geld einforderte.“ (Buch S. 103)

764
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 052) handelt es sich zwar um ein inhaltlich jedenfalls in der Tendenz zutreffend wiedergegebenes Zitat. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand auch hier kein öffentliches Informationsinteresse an den abschätzigen Bemerkungen des Erblassers über Q, das das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe seiner vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

765
53

766
Zu P: „Und der P sei schon im Bundeskabinett eine Fehlbesetzung gewesen: »…«“ (Buch S. 103)

767
Zwar ist die als Originalzitat gekennzeichnete Passage ausweislich der vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 053_1, 053_2) inhaltlich weitgehend zutreffend wiedergegeben. Jedoch durften auch hier die Äußerungen des Erblassers als wörtliche Zitate ohne Einwilligung des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Zudem handelt es sich – auch ausweislich des Transkripts (OC 84, Bl. 2777/2778 d.A.) um ein unzulässiges Kombizitat, welches aus verschiedenen Äußerungen des Erblassers zusammengesetzt wurde, ohne dass dies für den durchschnittlichen Rezipienten erkennbar ist, der vielmehr angesichts der im Buch dargestellten Einleitung („…:“) von einem stringenten Erzählfluss des Erblassers ausgeht. Daneben bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Einschätzung des Erblassers zur dienstlichen Eignung von P, welches das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte. Vielmehr stand auch hier allein die Schlagkraft der wörtlichen Ausdrucksweise („…“, „…“) im Fokus der Darstellung, die allein die voyeuristische Neugier der Leserschaft an der im vertraulichen Gespräch verwendeten Redeweise des Erblassers befriedigt. Allein der Wunsch zu erfahren, welcher Sprache sich ein Politiker bedient, wenn er nicht vor dem (öffentlichen) Mikrofon steht, reicht jedoch nach der Rechtsprechung nicht aus, um den Inhalt vertraulicher Gespräche zur öffentlichen Diskussion zu stellen (vgl. erneut BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 137/77, NJW 1979, 647).

768
54

769
Zu Z: »…« (Buch S. 109)

770
Die Unzulässigkeit der Veröffentlichung dieser Äußerung durch den Beklagten zu 2) ergab sich schon daraus, dass ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 054) erneut ein Fehlzitat vorliegt. Der Erblasser ist vom Beklagten zu 2) insofern falsch zitiert worden, als sich – dies wurde auch im Transkript (OC 85, Bl. 2779 d.A.) unzutreffend übernommen – die Bemerkung „…“ nach der Stimmführung eindeutig nicht auf Z, sondern auf den unmittelbar zuvor genannten CP bezieht („…“). Im weiteren Verlauf des Zitats heißt es dann nicht: „…“, sondern „…“. Schon diese beiden Fehler stellen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Erblassers dar, weil man diesem allein durch schlampige Quellenarbeit eine Äußerung unterschiebt, die dieser so nicht getan hat. Zudem haben die Beklagten durch die Darstellung im Buch auch eine unzulässige Kontextverfälschung vorgenommen. Denn der Erblasser hat nicht – wie es im Buch dargestellt wird – ein pauschales Psychogramm über Z zeichnen wollte, sondern vielmehr – wie es sich aus dem Gesamtkontext der Audio-Datei ergibt – ausführlich eines seiner Treffen mit dem ehemaligen russischen Präsidenten CQ geschildert, um an diesem Beispiel deutlich zu machen, welche Rolle persönliche Sympathien und Emotionen auch in der Politik spielen können und dass diese im Verhältnis zwischen Z und CR seiner Ansicht nach fehlen („…“).

771
Schließlich durfte die Äußerung auch wegen ihres Charakters als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn auch wenn durchaus ein öffentliches Interesse daran zu bejahen ist, wie der Erblasser zum damaligen Zeitpunkt die empathischen Fähigkeiten Z´s im Rahmen seiner politischen Tätigkeit beschreibt, standen in der streitgegenständlichen Äußerungen keine sachlichen Informationen im Hinblick auf eine mögliche öffentliche Debatte über Mißstände in der Politik, sondern wiederum allein die Bloßstellung des Erblassers im Vordergrund, womit die Wiedergabe seiner Äußerung gerade in ihrem konkreten Wortlaut nicht gerechtfertigt war.

772
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773
Zu BR: »…« (Buch S. 109)

774
Hier lag zwar eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 055) vor, doch ergibt sich aus dem beklagtenseits vorgelegten Transkript OC 86, Bl. 2781 f. d.A. eine Kontextverfälschung und damit im Ergebnis doch ein unzulässiges Fehlzitat . Nach dem sich auch aus dem Transkript ergebenden Gesamtkontext hat der Erblasser nicht – wie es im Buch insbesondere durch die Bezugnahme auf die sog. Spendenaffäre dargestellt wird („Auch wenn es mitunter anders scheint, ist der CDU-Grande natürlich kein Freund seiner politischen Gegner. Auch die bekommen ihr Fett weg, mehr als genug. Über BR, der Kohl in der Spendenaffäre hart angegangen war, urteilt er …“) und wie auch der durchschnittliche Rezipient den Begriff versteht – mit „…“ eine Person gemeint, die ihr Ehrenwort gibt und dieses hält. Vielmehr hat er damit, wie die zuvor vom ihm geschilderten Begebenheiten zwischen den Herren CS, CT und CU zeigt, eine Person gemeint, bei der sich andere Rat holen können und von der man lernen kann. Ungeachtet dessen durfte die Äußerung auch als wörtliches Zitat nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn die streitgegenständliche Äußerung enthielt keine sachlichen Informationen im Hinblick auf eine mögliche öffentliche Debatte über Mißstände in der Politik, womit ihre Wiedergabe gerade im konkreten Wortlaut nicht gerechtfertigt gewesen wäre.

775
56

776
Zu R: „»…«, scheint ihm manchmal »…«“ (Buch S. 109)

777
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 056) sind die Zitate zwar als solche belegt, aber auch hier ist der Kontext verfälscht worden. Der Erblasser hat nicht – dies ergibt sich sowohl aus der vorgelegten Audio-Datei, als auch aus dem Transkript (OC 87, Bl. 2783 d.A.) – von einem „…“, sondern von „…“ gesprochen, womit die Beklagten ihm auch hier Worte in den Mund gelegt und dem Leser des Buches als vermeintlich wörtliche Äußerung des Erblassers präsentiert haben, die er so nicht getätigt hat.

778
Darüber hinaus durfte die Äußerung auch als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen handelt es sich – wie aus dem Transkript ersichtlich ist – um ein unzulässiges Kombizitat, welches aus verschiedenen Äußerungen des Erblassers zusammengesetzt wurde, ohne dass dies für den durchschnittlichen Rezipienten erkennbar ist, der vielmehr angesichts der im Buch dargestellten Einleitung („Auch wenn es mitunter anders scheint, ist der CDU-Grande natürlich kein Freund seiner politischen Gegner. Auch die bekommen ihr Fett weg, mehr als genug“) von einem stringenten Erzählfluss des Erblassers im Sinne einer von diesem beabsichtigten Generalabrechnung ausgeht.

779
Unterschlagen wird bei der Wiedergabe des betreffenden Zitates, welches im Buch schon aufgrund der vorzitierten Einleitung als persönlicher und pauschaler Seitenhieb auf R gemeint ist, zudem auch, dass der Erblasser sich in dieser Gesprächspassage – soweit aus dem nur ausschnittsweise vorgelegten Transkript ersichtlich – tatsächlich mit der in der Öffentlichkeit vorherrschenden Haltung zur Spendenaffäre befasste. Er bemängelte in diesem Zusammenhang, dass die breite Öffentlichkeit zwar eigentlich auch von einer „…“ ausgehe, sich aber angesichts des „…“ der medialen Entwicklung sowie einer Justizministerin, die „…“ mache, nicht zu Wort melde. Damit enthält das streitgegenständliche Zitat eben nicht eine pauschale und persönliche Abqualifizierung der damaligen Justizministerin, sondern vielmehr eine – wenn auch scharfe – Bewertung ihres dienstlichen Verhaltens. Schließlich besteht mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns auch kein öffentliches Informationsinteresse an der Bezeichnung von R als „…“, welches das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

780
57

781
Zu BS: »…« (Buch S. 109)

782
Das Zitat ist zwar anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 057) belegt und auch inhaltlich im Wesentlichen („…“ statt „…“) zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Nach dem Transkript (OC 88, Bl. 2784 d.A.) handelt es sich nicht, wie dem durchschnittlichen Rezipienten im Buch nahegelegt wird („Auch wenn es mitunter anders scheint, ist der CDU-Grande natürlich kein Freund seiner politischen Gegner. Auch die bekommen ihr Fett weg, mehr als genug“), um eine gezielte Charakterisierung von BS, sondern vielmehr um eine eher beiläufige Bemerkung im Zuge der Erzählung, dass dessen Auftauchen – neben dem Wahlerfolg der Republikaner – eine tiefgreifend negative Wirkung auf die CDU hatte. Darüber hinaus bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns, der einen Mißstand aufdeckt, auch kein öffentliches Informationsinteresse an der Bezeichnung von BS als „…“, das das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

783
58

784
Zu BT: »…« (Buch S. 109)

785
Die Veröffentlichung dieses Zitates war schon deshalb unzulässig, weil es sich ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 058_1) um ein Fehlzitat handelt. Denn der Erblasser hat – dies ergibt sich nicht nur aus der Audio-Datei, sondern auch aus dem Transkript (OC 89, Bl. 2785 f. d.A.) – nicht von einem „…“, sondern von „…“ gesprochen. Im Gegensatz dazu, dass die Beklagten ihr Buch mit der vermeintlichen Authentizität der Äußerungen des Erblassers bewerben, haben sie ihm also auch hier Formulierungen in den Mund gelegt, die er so nicht getätigt hat. Darüber hinaus durfte die Äußerung auch als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand kein öffentliches Informationsinteresse an der Bezeichnung von BT als „…“, welches das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der wörtlichen Wiedergabe seiner vertraulichen und erkennbar in Unreine gesprochenen Äußerung überwiegt. Gerade der Gesamtkontext, der eine „Regieanweisung des Erblassers enthält, die nahezu die Qualität eines Sperrvermerkes aufweist („…“, Bl. 2786 d.A.) macht deutlich, dass der Erblasser keine Veröffentlichung seiner Äußerungen – jedenfalls nicht ohne vorherige Freigabe seinerseits – gewollt hat.

786
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Zu S u. A.: „[…] S, der »…«, bemängelte er, dass der ein Mensch sei, »…«, was freilich eher als Marotte, als Sünde der lässlichen Art zu Buche schlägt. So sind sie, die Linken, die nun einmal »…«“ (Buch S. 110)

788
Die Zitate sind zwar anhand von Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 059_1, 059_2, 059_3) belegt und auch inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Die Veröffentlichung der Zitate war jedoch aus mehreren Gründen unzulässig: Hinsichtlich des dritten Teils des Zitats (ab „…… “) war die Veröffentlichung schon deshalb unzulässig, weil es sich um ein sogenanntes Sperrvermerkszitat handelt, welches die Beklagten – obgleich sie selbst in den Rechtsstreitigkeiten mit dem Erblasser stets vorgetragen haben, sich insoweit seinen Wünschen verpflichtet zu fühlen – trotz ausdrücklicher anderslautender Anweisung veröffentlicht haben. Nach dem vorgelegten und von keiner Partei inhaltlich angezweifelten Transkript (OC 90, Bl. 2791 d.A.) werden die Ausführung des Erblassers über die „…“ mit den Worten eingeleitet: „…“. Darüber hinaus sowie hinsichtlich des ersten und zweiten Teils der Äußerung durften die wörtlichen Zitate auch nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn ausweislich des Transkriptes OC 90 (Bl. 2788 ff. d.A. handelt es sich um ein sogenanntes Kombizitat, das aus drei verschiedenen Äußerungen zusammengesetzt ist, die der Erblasser im Rahmen einer längeren Schilderung des (politischen) Werdegangs S´s sowie der Schilderung des persönlichen Verhältnisses zwischen ihm und dem Erblasser gemacht hat. Dies wird durch die im Buch gewählte Einleitung, wonach es um die pauschale Abstrafung der politischen Gegner geht, für den durchschnittlichen Rezipienten nicht deutlich. Daneben gab es auch kein öffentliches Interesse an der subjektiven Einschätzung des Erblassers zu S in der konkret wiedergegebenen Wortwahl gibt.

789
60

790
Zu BU: „»…« (Buch S. 110)

791
Ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 060) handelt es sich – insoweit in Übereinstimmung mit dem Transkript (OC 91, Bl. 2792 d.A.) – zwar um ein im Wortlaut zutreffend wiedergegebenes Zitat. Dieses durfte jedoch als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn wenn auch die von Seiten des Erblassers geäußerte Vermutung über die Belastung BU´s mit einer Stasi-Vergangenheit von öffentlichem Interesse ist, enthält jedoch die Äußerung des Erblassers keinerlei maßgebliche Sachinformation, die einer öffentlichen Diskussion zugeführt werden könnte. Das Thema als solches kann in Anbetracht des von BU bis zum Bundesverfassungsgericht (1 BvR 1696/98) geführten Rechtsstreits als vorbekannt gelten, womit der Fokus der streitgegenständlichen Veröffentlichung wiederum allein darauf lag, dass gerade der Erblasser einen solchen Verdacht ausgesprochen hat. Insofern überwog wieder das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers, weil allein der Umstand, dass auch er diesen Verdacht äußerte, keinen Mißstand von erheblichem Gewicht offenlegte, der die Preisgabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form rechtfertigen konnte.

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793
Zu U: „U, der damalige Bundesumweltminister, kommandiere noch immer »…«“ (Buch S. 112 f.)

794
Das Zitat ist zwar auch hier durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 061) belegt. Jedoch war die Veröffentlichung dieses Zitats schon deshalb unzulässig, weil ein Fehlzitat in Form einer Kontextverfälschung vorliegt. Nach dem Wortlaut der angegriffenen Zitatstelle im Buch geht der durchschnittliche Rezipient davon aus, der Erblasser habe im Zeitpunkt seiner Äußerung behauptet, U kommandiere auch aktuell („…“) die fraglichen „…“. Eine solche Aussage hat der Erblasser nach dem Gesamtkontext (vgl. Transkript OC 92, Bl. 2794 d.A.) jedoch nicht getroffen, da er bei der Schilderung von Angriffen auf seine Person anlässlich von Wahlkampf- und sonstigen öffentlichen Veranstaltungen, diese dargestellt am Beispiel des Eierwerfers von Halle, ausführte: „..“. Danach hatte der Erblasser lediglich die Aussage getroffen, dass U zum Zeitpunkt dieses Eierwurfes von Halle am 10.5.1991 – und damit vor seiner Zeit als Umweltminister von 1998 bis 2005 – etwas mit den „…“ zu tun hatte, nicht jedoch, dass im Zeitpunkt der Äußerung im Jahre 2002 auch noch so war.

795
Darüber hinaus durfte das Zitat als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand kein hinreichendes öffentliches Interesse an der Wiedergabe dieser Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form, welches das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers überstieg.

796
62

797
Zu BV: »…« (Buch S. 113)

798
Das Zitat ist zwar anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 062) belegt, durfte jedoch nicht veröffentlicht werden, da wegen einer Kontextverfälschung ein Fehlzitat vorliegt. Anders als dies das Buch suggeriert wird („Der Anwalt BV, der ihn im CDU-Spendenausschuss mit präzisen Nachfragen traktierte …“), fällt diese Bemerkung – soweit dies der nur neun Sekunden langen Audio-Datei überhaupt entnommen werden kann (vgl. auch Transkript OC 40, Bl. 2688 d.A.) – nicht im Zusammenhang mit dem CDU-Spendenausschuss, sondern im Zusammenhang mit der Schilderung des Erblassers über die Forderung BV´s, dass „…“. Darüber hinaus bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns aber auch kein öffentliches Informationsinteresse an der Wiedergabe der isolierten Bezeichnung von BV als „…“, welches das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe dieser Äußerung in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

799
63

800
Zu BW: »…« (Buch S. 113)

801
Das Zitat ist anhand zwar einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 063) belegt und inhaltlich zumindest in der Tendenz der Wortwahl („…“) zutreffend wiedergegeben. Jedoch liegt auch hier – wie bei Zitat Nr. 57 (BS) – eine Kontextverfälschung vor, weil der Erblasser nicht, wie es dem durchschnittlichen Rezipienten im Buch nahegelegt wird, eine Charakterisierung der „Reizfiguren der ersten Stunde“ vornehmen und dabei BW eine Spionagetätigkeit vorwerfen wollte. Vielmehr handelt es sich um eine eher beiläufige Erwähnung ihrer Person anlässlich einer ausführlichen Schilderung des Erblassers zur damaligen Kriegsangst im Zuge der Nachrüstungsdebatte sowie der psychologischen Wirkung der Friedensbewegung. Darüber hinaus bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns auch kein öffentliches Informationsinteresse an der Bezeichnung von BW als „…“, das das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der damit unzulässigen wörtlichen Wiedergabe der vertraulichen Äußerung überwiegen konnte.

802
64

803
Zu T: „weil der »…«.“ (Buch S. 115)

804
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 064) belegt und insofern auch zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte das wörtliche Zitat nach den dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung von T durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

805
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806
Zu BX: »…« (Buch S. 116)

807
Das Zitat ist zwar anhand von Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 065_1, 065_2) belegt. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Es handelt sich sowohl nach den Audio-Dateien als auch nach dem Transkript (OC 95, Bl. 2801/2803 d.A.) um ein unzulässiges Kombizitat, da der Erblasser die Bezeichnung „…“ einerseits sowie „…“ andererseits in unterschiedlichen Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) und in völlig unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet hat. Ohne dies dem Leser offen zu legen, haben die Beklagten die betreffenden Zitatschnipsel zu einer einheitlichen Äußerung zusammengefügt und ihr damit eine verfälschte Aussagekraft im Hinblick auf die in Summe deutlich erhöhten Schlagkraft der abwertenden Bezeichnungen gegeben. Darüber hinaus bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung von BX durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

808
66

809
Zu V und W: „V nennt er gern den »…«. Kohl schätzt ihn überhaupt nicht. V habe schon in den siebziger Jahren, als es in Moskau die Ostverträge auszuhandeln galt, vor allem gewaltige Wodka-Partys geschmissen. »…«“ (Buch S. 116)

810
Auch hier bedarf keiner Vertiefung, dass die beiden letzten vermeintlichen Zitate des Erblassers durch die vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 066_1a, 066_1b, 066_2) nicht belegt, sondern lediglich im Transkript (OC 96, Bl. 2804 d.A. enthalten sind bzw. eine der Audio-Dateien (Anlage OC-B 4 Nr. 066_2) Äußerungen des Erblassers enthält, welche sie zumindest inhaltlich stützen könnten („…“). Als wörtliche Zitate des Erblassers durfte die Zitate – selbst ihre Authentizität unterstellt – nach den dargestellten Grundsätzen zum Schutz der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Zwar besteht durchaus ein öffentliches Interesse an der Einschätzung des Erblassers zum Verhältnis und Zusammenspiel hochrangiger Politiker seiner Zeit. Jedoch enthielt weder die Schilderung der vermeintlichen Wodka-Partys noch die Bezeichnung V´s als „…“ einen sachlichen Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert, der das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers an der Wiedergabe seiner vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

811
67

812
Zu X: „»…« […] Die sei […] »…«“ (Buch S. 116)

813
Das Zitat ist zwar anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 067) belegt und inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden, denn es fehlte an einem die Interessen des Erblassers überragenden Öffentlichkeitswert der Mitteilung der scharfen, im Vertrauen auf die Verschwiegenheit gemachten, abfälligen Bewertung des Erblassers.

814
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815
Zu Y: „Vor einem vernichtenden Urteil des Altkanzlers bewahrt ihn das nicht: Der Y – »…« – sei letztlich ein Büttel des Großkapitals gewesen. »…« Y habe »…« (Buch S. 117)

816
Die Zitate des Erblassers sind zwar durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 068_1, 068_2, 068_3, 068_4) belegt. Jedoch durften sie nach den oben dargestellten Grundsätzen ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen handelt es sich um ein unzulässiges Kombizitat, welches auch ausweislich des Transkriptes (OC 97, Bl. 2806 ff. d.A.) aus drei verschiedenen Zitaten des Erblassers zusammengesetzt wurde, ohne dass dies für den durchschnittlichen Rezipienten erkennbar ist, der vielmehr angesichts des im Buch dargestellten Kontextes („Vor einem vernichtenden Urteil des Altkanzlers bewahrt ihn das nicht“) von einem stringenten Erzählfluss des Erblassers ausgeht.

817
Zum anderen nehmen die Beklagten auch hier wiederum eine Kontextverfälschung vor, indem sie in unvollständiger Art und Weise nur die negativen Äußerungen des Erblassers wiedergegeben und dem Leser damit suggerieren, dies sei sein „vernichtendes Urteil“ im Sinne einer abschließenden Gesamtbewertung. Unterschlagen wird dabei jedoch, dass sich der Erblasser im unmittelbaren Zusammenhang wie folgt über Y und dessen beabsichtigte Darstellung in den Memoiren geäußert hat: „…“. Erst im Anschluss an diese Ausführungen folgt die streitgegenständliche Äußerung zur Einstellung Y´s im Hinblick auf die soziale Marktwirtschaft, die dazu dienen soll zu untermauen, dass er nicht als „…“ bezeichnet werden könne, die jedoch von den Beklagten zu 1) und 2) mittels der im Buch gewählten Darstellung übertrieben negativ zugespitzt worden ist. Schließlich besteht mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns ohnehin auch kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der wörtlichen Wiedergabe der vertraulichen Äußerung überwiegen würde.

818
Soweit die Klägerin rügt, dass der Erblasser im Zusammenhang mit Y das Wort „Büttel“ nicht benutzt habe, ist dies ausweislich der vorgelegten Audio-Dateien zwar richtig. Dies führt jedoch nicht zur Feststellung eines Fehlzitates, weil diese Äußerung erkennbar als Wertung der Beklagten zu 1) und 2) anzusehen und im Hinblick auf die weitere, ebenfalls durch Audio-Datei belegte Äußerung des Erblassers („…“) nicht zu beanstanden ist.

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820
Zu Beerdigung von J: „mitgenommen aber auch von einem heftigen Familienstreit, der dem Gottesdienst im Dom zu Speyer vorausgegangen war. »…« Z hatte sich zur Trauerfeier angesagt. Das passte den Söhnen AA und AB überhaupt nicht. Sie drohten damit, es zum Skandal kommen zu lassen. »…« Selbst in den vermutlich schwersten Stunden seines Lebens war Kohl als konflikterprobter Kämpfer gefordert. Am Ende der quälend langen Auseinandersetzung (»…«) spricht der Patriarch ein Machtwort: »…«“ (Buch S. 123)

821
Die hier enthaltenen Zitate des Erblassers sind durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 069_1, 069_2). Jedoch durften sie als Bloßstellung der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ ebenfalls nicht im Wortlaut veröffentlicht werden. Denn es ergibt sich schon aus dem Transkript, dass der Erblasser die entsprechende Begebenheit nicht – erst Recht nicht in wörtlicher Wiedergabe – in die Öffentlichkeit bringen wollte. Zum einen zeigt sich dies in seiner im streitgegenständlichen Zitat enthaltenen Begründung, warum die Söhne nicht mit der Folge öffentlicher Aufmerksamkeit die Trauerfeier der Mutter boykottieren sollten („…“). Zum anderen hat der Erblasser einen entsprechenden Willen zu Vertraulichkeit der betreffenden Begebenheit auch im Gespräche mit dem Beklagten zu 1) geäußert. Denn nachdem er seinen Söhnen vorgeschlagen hatte, im Anschluss an die Beerdigung einen Brief an Z zu schreiben („…“ – vgl. Audio-Datei), hat er sich selbst von ihnen als seinen Kindern und unmittelbar Beteiligten an der Auseinandersetzung Vertraulichkeit in dieser Frage zusichern lassen („…“ vgl. auch Transkript OC 98, Bl. 2811 d.A.) und dadurch deutlich gemacht, dass ihm gerade in hinsichtlich dieser Begebenheit besonders viel an einer Geheimhaltung gelegen war.

822
Darüber hinaus bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns auch hier kein öffentliches Informationsinteresse am Inhalt der Auseinandersetzung des Erblassers mit seinen Söhnen, welches das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte. Dabei kommt es – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht darauf an, ob und in welchem Umfang bzw. bei welcher Gelegenheit der Erblasser sein Familienleben freiwillig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und dies im Rahmen seiner politischen Tätigkeit als Bühne der Eigendarstellung benutzt hat. Denn eine solche Selbstöffnung des Erblassers (vgl. dazu BGH v. 02.05.2017 – VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516) lag jedenfalls nicht hinsichtlich innerfamiliärer Auseinandersetzungen mit seinen Kindern vor.

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824
Helmut Kohl über J und AQ: »…« (Buch S. 130)

825
Das Zitat ist zwar anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 070) belegt. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Nach dem Transkript (OC 99, Bl. 2813 d.A.) ist zudem eine Kontextverfälschung gegeben. Während durch die Darstellung der Beklagten im Buch der Eindruck einer negativ geprägten Haltung J´s gegenüber AQ vermittelt wird, ergibt sich aus dem Transkript eine positive Haltung, die lediglich den Grad der Sympathie zwischen J und dem amerikanischen Präsidentenpaar nicht erreichte („…“). Darüber hinaus besteht mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse an der Einstellung J´s gegenüber AQ, welches das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

826
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827
Zu M: „Mit den politisch Verfolgten aber, gerade in den afrikanischen Staaten, durfte man ihm nicht kommen. »…« Und für die Vereinten Nationen hatte er nur »…«.“ (Buch S. 143)

828
Die Zitate sind zwar durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 071_1, 071_2) belegt. Jedoch durften sie nicht im Wortlaut veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung des Erblassers zu M und dessen Haltung zu Nelson Mandela bzw. den Vereinten Nationen, das das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

829
72

830
Zu AC: „»…« Immer auf Staatskosten, versteht sich. »…«“ (Buch S. 144)

831
Auch hier sind die Zitate durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 072_1, 072_2) belegt und insofern auch inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Sie durften jedoch nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung AC´s und dessen Verhalten gegenüber Journalisten, das das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

832
73

833
Zu AC: »…« (Buch S. 144)

834
Die Authentizität dieser Äußerung des Erblassers, für die keine Audio-Datei vorgelegt wurde, kann wie eingangs gesagt dahinstehen. Selbst bei unterstellter Authentizität lag nach eigenem Vortrag der Beklagten aufgrund einer unvollständigen Wiedergabe der Äußerung ein Fehlzitat vor. Die durch die Beklagten zu 1) und 2) gewählte Einbindung des Zitates im Buch („Ist da nicht doch ein wenig Neid im Spiel – auf den Mann, der, wie der anscheinend einmal mehr von Minderwertigkeitskomplexen gepeinigte Altkanzler schmerzlich konzedierte … Diese Duzfreundschaft war offenkundig nicht frei von Konkurrenz“) erweckt beim durchschnittlichen Rezipienten den Eindruck, dass der Erblasser die politische Tätigkeit AC´s kritisieren wollte, der wenig gearbeitet und lediglich mit seinen aus Sicht des Erblassers überbewerteten Sprachkenntnissen habe punkten können. Ausweislich des Transkriptes (OC 102, Bl. 2820 d.A.) ging es jedoch in der Äußerung nicht um die politische oder sonstige sachliche Arbeitsweise AC´s, sondern vielmehr um sein fehlendes Engagement bei der geplanten Schließung der deutschen Übersetzer-Kabine bei der EU („…“). Ein öffentliches Interesse an der Weiterverbreitung eines solchen Fehlzitates durch den Beklagten zu 2) ist nicht erkennbar. Auch ist ein Öffentlichkeitswert für die Veröffentlichung einer Äußerung im Wortlaut nicht erkennbar, der die Geheimhaltungsinteressen des Erblassers hätte zurücktreten lassen.

835
74

836
Zu AC: »…« (Buch S. 144)

837
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 074) belegt, doch liegt erneut eine Kontextverfälschung mit der Folge eines Fehlzitates vor. Denn während das Zitat im Buch mit der Formulierung eingeleitet wird „Es gibt eben nicht nur das … System Kohl … sondern auch das … Subsystem AC, das den Kanzler, der einen eigenen Namen für die Maschinerie seines Vize prägte …“, ist dem beklagtenseits selbst vorgelegten Transkript (OC 103, Bl. 2821 d.A.) zu entnehmen, dass der Erblasser sich gerade nicht dahingehend geäußert hatte, er habe die Bezeichnung „…“ selbst geprägt („…“). Darüber hinaus bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns auch kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse an dieser Schilderung der Amtsführung AC´s durch den Erblasser, der das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

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75

839
Zu AC: »…« (Buch S. 145)

840
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 075) belegt und auch inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Zwar ist zu berücksichtigen, dass auch die viele Jahre zurückliegende Flick-Affäre immer noch – und gerade im Zusammenhang mit der Person des Erblassers – öffentliches Interesse weckt. Jedoch werden weder zu dieser noch zu späteren Parteispendenaffären sachliche Informationen vermittelt, an denen sich eine öffentliche Diskussion entzünden könnte. Vielmehr steht ohne die Vermittlung eines sachlichen Informationskerns allein wiederum die Diffamierung des Erblassers im Hinblick auf die von ihm geäußerte abschätzige Bemerkung im Vordergrund, die sein Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung in ihrer wörtlichen Form nicht überwiegen konnte.

841
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842
Zu AC: »…« (Buch S. 146)

843
Das Zitat ist zwar ebenfalls durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 076) belegt und auch inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Zum fehlenden sachlichen Informationskern auch dieses weiteren Zitats zur Haltung AC´s in der sog. Flick-Affäre kann auf die Ausführungen zu Zitat Nr. 76 Bezug genommen werden.

844
77

845
Zu BY: »…« (Buch S. 152)

846
Das Zitat ist zwar ebenfalls durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 077) belegt und dem Wortlaut nach auch zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat wegen des Schutzes der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand kein öffentliches Informationsinteresse an dieser subjektiven Bewertung durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der wörtlichen Wiedergabe der vertraulichen Äußerung – insbesondere der Formulierung „…“ überwiegen konnte. Dass der Erblasser die Schuld für den als seine Äußerung in die Öffentlichkeit gelangten Vergleich zwischen CL und Goebbels seinem damaligen Pressereferenten anlastete, war der Öffentlichkeit bereits vorbekannt – ebenso wie die Tatsache, dass er sich zwar von der Äußerung distanziert, die Begebenheit jedoch auf eine fehlende Autorisierung zurückgeführt hat. Eine weitergehende Sachinformation enthält das streitgegenständliche Zitat nicht, so dass auch hier das Interesse an der Geheimhaltung des konkreten Wortlauts überwiegen musste.

847
78

848
Zu V: »…« (Buch S. 163)

849
Auch hier kann dahinstehen, ob die nur teilweise durch Audiodatei belegte Äußerung dem Erblasser untergeschoben wurde. Denn selbst eine entsprechende Äußerung unterstellt, überwogen jedenfalls die Gemeinhaltungsinteressen des Erblassers mit Blick auf die wörtliche Wiedergabe der verdinglichten Äußerungen.

850
79

851
Zu V: »…« (Buch S. 163)

852
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 079) belegt und auch inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Als wörtliches Zitat des Erblassers durfte es jedoch nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn auch wenn an der Mitgliedschaft eines Bundespräsidenten in der NSDAP ein hohes öffentliches Interesse besteht, konnte dies die Veröffentlichung im vorliegenden Fall nicht rechtfertigen. Aufgrund des Umstands, dass der Erblasser über einen lange vergangenen Sachverhalt sprach, dessen maßgebliche tatsächliche Parameter in der Öffentlichkeit bereits bekannt waren, wurde durch die Wiedergabe des Zitats kein Mißstand von hinreichendem Öffentlichkeitswert aufgedeckt, der ein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung V´s durch den Erblasser gerade in der wörtlichen Form seiner Äußerung begründen konnte. Vielmehr lag auch aus Sicht des Lesers der Schwerpunkt der Darstellung der Beklagten wiederum in der Bloßstellung des Erblassers, der dem Leser als eine Person vorgeführt wird, die auch vor abschätzigen Bemerkungen („…“) über einen ehemaligen Bundespräsidenten nicht zurückschreckt.

853
80

854
Zu AD: »…« (Buch S. 164 f.)

855
Das Zitat ist zwar anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 080) belegt und auch inhaltlich zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat ebenfalls nicht veröffentlicht werden. Zugunsten des Beklagten zu 2) ist zwar zu berücksichtigen, dass durchaus ein öffentliches Interesse daran besteht, dass AD – dies jedenfalls aus Sicht des Erblassers – an der Erörterung und politischen Bewältigung der sog. Nachrüstungsdebatte weniger Interesse hatte, als an der Frage seiner Karrieregestaltung. Der sachliche Informationskern enthält jedoch keine Offenbarung eines Mißstands, der es rechtfertigt, das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers auch hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form zu übergehen.

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81

857
Zu AD: »…« (Buch S. 165)

858
Das Zitat ist ebenfalls anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 081) belegt und auch im Wortlaut zutreffend wiedergegeben. Seine Veröffentlichung ist jedoch deshalb schon unzulässig, weil aufgrund einer Kontextverfälschung ein Fehlzitat vorliegt. Nach der Einbindung des Zitates im Buch soll sich die Äußerung vermeintlich darauf beziehen, dass AD vom Erblasser überredet werden musste, als Regierender Bürgermeister in Berlin anzutreten („…“). Ausweislich des Transkriptes (OC 109, Bl. 2831 d.A.) fiel die betreffende Äußerung jedoch nicht in diesem Zusammenhang, sondern vielmehr im Kontext mit der Frage des Beklagten zu 1), ob der Erblasser in der Zeit zwischen 1980 und 1982 „…“ um das Amt des Parteivorsitzenden gehabt habe. In der ausführlichen Antwort des Erblassers („…“) fällt am Ende die streitgegenständliche Äußerung, die keinen Bezug zu der Frage hat, unter welchen Umständen AD nach Berlin gegangen ist.

859
Darüber hinaus durfte die Äußerung auch als wörtliches Zitat des Erblassers nach den dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines sachlichen Informationskerns bestand kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung AD´s durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

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861
Zu AD: »…« (Buch S. 165)

862
Das Zitat ist anhand von Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 082_1, 082_2) belegt. Seine Veröffentlichung war jedoch schon aufgrund einer Kontextverfälschung unzulässig. Entgegen der Einbindung des Zitates im Buch („Viel Freude aber hat Helmut Kohl an dem auf die eigene Kontur bedachten Präsidenten nicht gehabt, denn der hat das ersehnte Amt dazu benutzt, um weiterhin eigenes Profil zu schärfen“) bezog sich die Äußerung des Erblassers ausweislich des Transkriptes (OC 110, Bl. 2832 d.A.) nicht darauf, wie AD sich bei Ausübung seines Amtes als Bundespräsident verhalten hat, sondern vielmehr darauf, dass er schon vor diesem Amtsantritt ein Selbstbildnis hatte, kraft dessen er sich für jegliches politisches Amt eignen würde („…“).

863
Darüber hinaus war die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers unzulässig. Denn es handelt sich auch hier wieder um unzulässiges Kombizitat, weil der Erblasser die Bezeichnung „…“ zu einem anderen Zeitpunkt geäußert hat als die übrigen Zitate und die Beklagten – für den Leser nicht ersichtlich – durch Zusammenfügen der drei Charakterisierungen dem Zitat eine besondere Schlagkraft gegeben haben. Darüber hinaus bleibt auch hier zu konstatieren, dass die charakterliche Beschreibung AD´s keinen hinreichenden sachlichen Informationskern enthält und damit kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung durch den Erblasser bestand, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen kann.

864
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865
Zu AD: „»…« Mag sein auch ein feindseliges Urteil wie dieses.“ (Buch S. 165)

866
Die Zitate des Erblassers sind durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 083_1, 083_2) belegt; aber als wörtliche Zitate des Erblassers Unzulässig. Ausweislich des Transkriptes (vgl. OC 111, Bl. 2833/2835 d.A.) handelt es sich wiederum um ein unzulässiges Kombizitat, welches aus mehreren Äußerungen des Erblassers zusammengesetzt ist, ohne dass dies für den Leser erkennbar wird. Darüber hinaus bestand auch hier mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung über das Ende der Amtszeit von AD, das das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe seiner vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

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Zu AD: »…« (Buch S. 166)

869
Das Zitat ist durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 084) belegt und inhaltlich zutreffend wiedergegeben; auch hier durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen aber nicht veröffentlicht werden. Der Umstand, dass ein hochrangiger Politiker während und nach seiner politischen Tätigkeit auch Aufgaben in einem Aufsichtsrat übernimmt und dafür eine Vergütung erhält, ist kein Mißstand, der durch den Beklagten zu 2) öffentlich gemacht werden müsste, sondern vielmehr ein im politischen Tagesgeschäft nicht unüblicher Vorgang. Mangels eines darüber hinausgehenden sachlichen Informationskerns bestand kein öffentliches Informationsinteresse, das das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe seiner vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen und auf den Tonbändern „verdinglichten“ Form überwiegen konnte.

870
85

871
Zu AD und AE: „Dieser Bundespräsident, empört sich Kohl, habe ausgerechnet ihn, seinen alten Mentor, schnöde verraten. 1989 habe er, wenn auch verdeckt, bei den »…« mitgemacht. »…« Beide zählten, wie Kohl ein andermal sagt, zu den »…«….Beim Ringen um die Wiedervereinigung sei AD ein Totalausfall gewesen. »…« Immer wieder habe er quergeschossen und, anstatt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, nach der Maueröffnung erst einmal die völkerrechtliche Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze verlangt….

872
Wundert es, dass Kohl sich derlei präsidiale Maßregelung verbittet? Im Memoirengespräch wird er deutlich: »…« Die Verbitterung ist groß,… (Buch S. 167 ff.)

873
Auch hier sind die Zitate des Erblassers durch eine Vielzahl von verschiedenen Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 085_1a, 085_1b, 085_2, 085_3, 085_4, 085_5, 085_6, 085_7, 085_8) belegt und vom Wortlaut her weitgehend richtig wiedergegeben (Ausnahme: „…“). Jedoch durften die wörtlichen Zitate des Erblassers nach den dargestellten Grundsätzen unter Berücksichtigung folgender Umstände nicht veröffentlicht werden: Nach dem Transkript (OC 112, Bl. 2836/2837/2839/2840 d.A.) handelt es sich hier um einen besonders schwerwiegenden Fall eines unzulässigen Kombizitats, bei dem die Beklagten insgesamt vier Äußerungen des Erblassers aus verschiedenen Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) kombiniert haben, wobei teilweise die einzelnen Äußerungen nicht nur lediglich aneinandergereiht, sondern auch – dies in Form von insgesamt acht Zitatschnipseln – untereinander vermischt wurden. Letztlich wurden damit einzelne Fragmente bzw. Wörter aus den Äußerungen des Erblassers in einer Weise zusammengestellt, dass sie für den Leser den Anschein eines stringenten Erzählflusses in der vermeintlichen Abrechnung mit AD erwecken, die der Erblasser so nicht vorgenommen hat.

874
Soweit sich aus dem Transkript ergibt, dass der Erblasser im Zusammenhang mit der Bemerkung „…“ sowie im Zusammenhang mit der Bemerkung über die Vertriebenen geäußert hat „…“ bzw. „…“, ist dies weder im Sinne einer Einwilligung zu verstehen noch konnte es im Rahmen der Abwägung für die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Veröffentlichung herangezogen werden. Denn aus dem Gesamtkontextes des Transkriptes wird deutlich, dass der Erblasser dies wiederum als eine Art „Regieanweisung“ für den Inhalt der noch zu verfassenden Memoiren gemeint hat, nicht aber im Sinne eines Einverständnisses dazu, seine Gedanken aus der Stoffsammlung im Wortlaut und ohne Rücksprache zu veröffentlichen. Mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand zudem auch hier kein öffentliches Informationsinteresse, das das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form und unter Verwendung von abfälligen bzw. abschätzigen Äußerungen („…“, „…“, „…“) überwiegen konnte.

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Zu AD: „Dies Bild trauter Harmonie wird im Oggersheimer Keller ein für alle Mal zertrümmert: »…« Mit AF lief es offenkundig nicht besser.“ (Buch S. 169)

877
Diese Zitate des Erblassers sind durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 086) belegt und im Wortlaut weitgehend richtig wiedergegeben. Dennoch durften auch sie nicht im Wortlaut veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand kein öffentliches Informationsinteresse an der Darstellung des persönlichen Verhältnisses zwischen dem Erblasser und AD, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der wörtlichen Wiedergabe der vertraulichen Äußerung hätte überwiegen können.

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879
Zu BZ: »…« (Buch S. 171)

880
Das Zitat ist zwar anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 087) belegt und im Wortlaut richtig wiedergegeben. Die Veröffentlichung war jedoch aufgrund einer Kontextverfälschung unzulässig. Denn soweit das Zitat im Buch mit dem Satz eingeleitet wird „Und so ist Kohl schließlich auf BZ gekommen, der allerdings bei einem Besuch in Oggersheim an der entscheidenden Hürde scheitern sollte“, wird dem durchschnittlichen Rezipienten damit suggeriert, das Scheitern BZ´s als Bundespräsident sei nach den Erzählungen des Erblassers auf das Votum seiner Ehefrau zurückzuführen. Nach dem Transkript (Bl. OC 114, Bl. 2843 d.A.) waren jedoch nach der Schilderung des Erblassers nicht die nach dem betreffenden Besuch geäußerten Vorbehalte J´s ausschlaggebend, sondern vielmehr das Verhalten BZ´s, der – obwohl ihm der Erblasser eine Pressereferentin zur Seite gestellt hatte – „…“. Darüber hinaus bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns auch kein öffentliches Informationsinteresse, das das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

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Zu AG: „»…« Kohls Unwillen erregt vor allem AG´s pastoraler Ton, die langjährige Nähe zur Friedensbewegung, »…« Im abschließenden Band der Memoiren – verspricht er – »…«.“ (Buch S. 171)

883
Die Zitate des Erblassers sind durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 088_1, 088_2, 088_3) belegt und im Wortlaut weitgehend zutreffend wiedergegeben. Eine Veröffentlichung war jedoch schon deshalb rechtswidrig, weil eine Kontextverfälschung in Form einer Verkürzung vorliegt. Der Erblasser schildert ausweislich des vorgelegten Transkriptes (OC 115, Bl. 2844 f. d.A.), dass sein Verhältnis zu AG „…“ sowie „…“ war und die beiden sich erst voneinander entfernten, als der Erblasser Bundeskanzler wurde. Darüber hinaus hat der Erblasser bei der Schilderung von AG ausweislich der vorgelegten Audio-Datei zwar geäußert „…“, jedoch folgt diesem Satz – dies dem Transkript entnommen – eine deutliche inhaltliche Einschränkung: „…“. Daraus wird deutlich, dass der Erblasser sich in der von ihm selbst angekündigten Auseinandersetzung mit der Person AG auf die (politische) Sachebene – insbesondere in der Frage der Nachrüstung sowie der Wiedervereinigung – beschränken wollte und persönliche, insbesondere abfällige Äußerungen wie „…“ nicht beabsichtigt waren.

884
Weiterhin durften die wörtlichen Zitate des Erblassers auch nach den oben dargestellten Grundsätzen zum Schutz der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen lag auch hier ein unzulässiges Kombizitat vor, welches für den Leser nicht erkennbar war. Zum anderen bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns kein öffentliches Informationsinteresse, welches das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

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886
Zu Präsidenten: »…« (Buch S. 171)

887
Die Veröffentlichung dieses Zitates war schon deshalb unzulässig, weil es sich ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC 26 Nr. 4) um ein Fehlzitat handelt. Denn danach hat der Erblasser nicht – wie es das Buch vorgibt („Nein, eigentlich sind sie ihm alle wesensfremd, die Präsidenten, «…»“) – die jeweiligen Inhaber des Amtes des Bundespräsidenten als „…“ beleidigt, sondern vielmehr in einer Abwägung zwischen dem Arbeitspensum eines Bundeskanzlers und demjenigen eines Bundespräsidenten dessen Tätigkeit als „…“ bezeichnet, um damit deutlich zu machen, dass das Präsidentenamt keine physische und psychische Anstrengung mit sich bringe, die Spuren im Gesicht hinterlassen könne, wie dies bei einem Bundeskanzler der Fall sei („…“). Auch wenn zu konstatieren ist, dass es sich bei der Formulierung „…“ ebenfalls um eine deftige Ausdrucksweise handelt, ist vor dem Hintergrund, dass der Erblasser damit gerade nicht eine pauschale Verunglimpfung der Amtsinhaber vorgenommen hat, darüber hinaus auch keinerlei öffentliches Interesse ersichtlich, ihm ein solches Fehlzitat unterzuschieben und dieses als vermeintlich authentische Äußerung der Öffentlichkeit zu präsentieren. Selbst bei unterstellter Authentizität würden zudem mangels Öffentlichkeitswert der Äußerung die Geheimhaltungsinteressen des Erblassers überwiegen.

888
90

889
Zu AH: „»…« Ausgerechnet AH, »…« (Buch S. 177)

890
Zwar sind die hier enthaltenen Zitate des Erblassers durch die vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 090_1, 090_2, 090_3, 090_4) belegt. Jedoch durften auch diese wörtlichen Zitate des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das streitgegenständliche Zitat – welches aus insgesamt vier Fragmenten zu den betreffenden zwei Sätzen zusammengestellt wurde – in seinen wesentlichen Zügen zwar vom Erblasser geäußert wurde, in Teilen jedoch erneut ungenau zitiert wird. Der Erblasser hat nicht geäußert, „…“, sondern vielmehr „…,“. Er hat auch im Hinblick auf Wolfgang Thierse nicht von einem „…“, sondern von einem „…“ gesprochen. Auch wurde Wolfgang Thierse nicht als „…“ bezeichnet, sondern der Erblasser hat ausgeführt: „…“. Insgesamt ist durch die zusammenfassende Verkürzung der vier Äußerungen sowie der dann erfolgten Herstellung eines einheitlichen Satzbaus beim durchschnittlichen Rezipienten der Eindruck erzeugt worden, als habe der Erblasser sich im Rahmen einer einheitlichen Gesamtäußerung – wie dargestellt wörtlich – äußerst höhnisch und spottend über AH geäußert.

891
Zwar ist festzustellen, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an dem sachlichen Informationskern der Äußerung bestehen mag, da der Erblasser nach außen hin – wie auch die seitens der Klägerin vorgetragenen Zitate und Darstellungen in den Memoiren belegen – stets die Demonstration in der ehemaligen DDR als einen Auslöser für die Wiedervereinigung dargestellt hat und dies nicht – wie sich aus seinen zitierten sowie im vorgelegten Transkript weiter enthaltenen Äußerungen ergibt – allein bzw. zumindest maßgeblich auf ökonomische Aspekte zurückgeführt hat. Es kommt hinzu, dass die von den Beklagten vorgenommenen Änderungen an den Originalzitaten im Ergebnis nichts daran ändern, dass der Erblasser sich höhnisch über AH geäußert hat. Auf der anderen Seite ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beklagten in einem Buch, welches ausdrücklich damit wirbt, die authentischen Äußerungen des Erblassers erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren, in einem hohen Maße unsauber gearbeitet, ungenau zitiert und die wörtlichen Äußerungen des Erblassers durch Zusammenstellung und/oder Wortlautänderungen verfälscht haben. Zudem tritt der sachliche Informationskern der Äußerungen des Erblassers gerade aufgrund der im Zitat enthaltenen abfälligen Bemerkungen über AH deutlich zurück; aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten geht nicht um eine Aufarbeitung der Gründe für den Zusammenbruch der DDR, sondern vielmehr darum, den „Hohn“ des Erblassers gegenüber den „Bürgerrechtlern“, „Predigern“ und „Aufmüpfigen“ aus dem „untergegangenen Arbeiter- und Bauernstaat“ darzustellen. Insbesondere durch die Umstellung der Formulierung von „…“ zu „…“, womit diese von einer rein beschreibenden Schilderung zu einem vermeintlich typisierenden Attribut AH´s mutiert ist, haben die Beklagten deutlich gemacht, dass sie die Ebene der sachlichen Informationswiedergabe verlassen und die „knallige“ Darstellung in den Vordergrund stellen wollten. Vor diesem Hintergrund reduziert sich die im streitgegenständlichen Zitat liegende Sachinformation darauf, dass der Erblasser sich höhnisch über AH geäußert hat, was es unter Abwägung der Gesamtumstände nicht rechtfertigt, die entsprechende Äußerung in ihrer wörtlichen Form wiederzugeben.

892
91

893
Zu BK u. A. : »…« (Buch S. 181)

894
Das Zitat ist zwar ebenfalls durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 091) belegt, jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Zugunsten der Beklagten ist zwar zu berücksichtigen, dass auch durchaus ein öffentliches Interesse daran besteht, mit welchen Motiven das konkrete Datum des Tags der Deutschen Einheit ausgewählt wurde und welche Einstellung der Erblasser zu alternativen Datumsvorschlägen hatte. Dieser sachliche Informationskern stand jedoch bei der Wiedergabe des streitgegenständlichen Zitates nicht im Vordergrund, sondern die Beklagten zielen auch hier – durch Wiedergabe der Kraftausdrücke und Beschimpfungen („…“, „…“) – erneut allein darauf ab, den Erblasser in seiner konkreten Wortwahl bloßzustellen, was im Ergebnis der Abwägung dazu führt, dass sein Interesse an der Geheimhaltung der vertraulichen Äußerung in ihrer konkreten Wortwahl überwiegen musste.

895
92

896
Zu AI: „AI zum Beispiel nickte auf den G7-Gipfeln gern ein, wenn es spät wurde. »…« (Buch S. 183)

897
Das hier enthaltene Zitat des Erblassers ist durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 092) belegt und wird im Wortlaut auch weitgehend zutreffend wiedergegeben. Eine Veröffentlichung des wörtlichen Zitates war jedoch aufgrund einer weiteren Kontextverfälschung unzulässig. Denn Anlass für die wörtliche Äußerung des Erblassers war ausweislich der vorgelegten Transkripte (OC 118, Bl. 2850 d.A.; OC 137, Bl. 2874 d.A.) nicht – wie es die Einbindung im Buch darstellt („AI zum Beispiel nickte auf den G7-Gipfeln gern ein, wenn es spät wurde“) – eine pauschale Charakterisierung des üblichen und damit mehrfach vorliegenden Verhaltens von AI auf den G7-Gipfeln, sondern vielmehr die Schilderung eines einzelnen Erlebnisses, welches er „…“ auf einem G7-Gipfel in Amerika hatte.

898
Darüber hinaus ergibt sich aus dem Transkript weiter, dass der Erblasser das Verhalten von AI weder kritisierte noch sie – wie die Beklagten ihm unterstellen – mit „wenigen Sätzen“ als „sonderbares Exemplar“ vorgeführt hat. Vielmehr hat er ein konkretes Erlebnis geschildert, bei dem es durchaus Grund für Müdigkeit gab und dabei eher beiläufig das Verhalten der englischen Premierministerin erwähnt: „….“ Vor diesem Hintergrund besteht – auch angesichts der fehlenden hinreichenden Sachinformation – kein öffentliches Interesse an der Wiedergabe diese Äußerung, die das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers gerade im Hinblick auf den konkreten Wortlaut überwiegen konnte.

899
93

900
Zu CA und AC: »…« (Buch S. 183)

901
Das Zitat ist zwar ebenfalls durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 093) belegt, jedoch war seine Veröffentlichung schon deswegen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, weil aufgrund einer Kontextverfälschung ein Falschzitat vorliegt. Der Erblasser hat nicht – wie es im Buch dargestellt wird („Auch der Außenminister und sein für die Finanzen zuständiger Amtskollege machten wohl bei Brüsseler EU-Tagungen als ziemliche Schlafmützen von sich reden“) – AC und CA pauschal mangelhafte Arbeitsdisziplin vorwerfen bzw. sie verunglimpfen wollen („….“, vgl. Buch S. 183). Vielmehr hat er ausweislich des Transkriptes (OC 94, Bl. 2800 d.A.) zum einen die Arbeitsmoral von AC ausdrücklich positiv dargestellt („…“) und das eher beiläufig geschilderte Verhalten bei den EU-Gipfeln folglich auf den unterschiedlichen Biorhythmus zurückgeführt („…“). Auch aus dem Transkript ergibt sich, dass der Erblasser nach dem Gesamtkontext der Äußerung keine negativen Rückschlüsse auf das dienstliche Verhalten von AC und CA gezogen und sie insofern als „sonderbare Exemplare“ vorgeführt hat, sondern vielmehr auf die hohen Belastungen durch die EU-Gipfel hinweisen wollte, denen nach seiner Schilderung ein gewisses Schlafbedürfnis nicht fremd ist, da nicht alle diesen Belastungen so gewachsen waren wie er („…“) (OC 119 Bl. 2851 d.A.).

902
Darüber hinaus bestand auch kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse, das es rechtfertigen konnte, die Äußerung des Erblassers gerade in ihrer wörtlichen Form zu veröffentlichen.

903
94

904
Zu CB: »…« (Buch S. 183)

905
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 094) im Kern belegt, doch liegt ein weiteres Fehlzitat vor. Insofern übereinstimmend mit dem Transkript (OC 120, Bl. 2852 f. d.A.) hat der Erblasser nicht von einem „…“, sondern von einem „…“ gesprochen. Soweit insofern von einem vergleichbaren Bedeutungsgehalt auszugehen ist, weil der Begriff dem Erblasser als Gegensatz zur Bezeichnung „…“ dienen sollte, die als Synonym für den Typus der früheren, aussterbenden Führungskräfte standen, welche durch ihre Eigenarten beherrschend waren („…“) bzw. nicht jede Strömung mitmachten („…“), bleibt es im Ergebnis jedoch dabei, dass der Erblasser eben diese im Buch veröffentlichte Formulierung nicht benutzt hat. Darüber hinaus bestand aber jedenfalls auch kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse, das es rechtfertigen konnte, die Äußerung des Erblassers – die als Zitatschnipsel keinerlei sachlichen Aussagegehalt hat – gerade in ihrer wörtlichen Form zu veröffentlichen.

906
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907
Zu CC: »…« (Buch S. 183)

908
Die Veröffentlichung dieser Äußerung im Wortlaut war schon deshalb persönlichkeitsrechtsverletzend, weil es sich um ein sogenanntes Sperrvermerkszitat handelt, welches die Beklagten – obgleich sie selbst in den Rechtsstreitigkeiten mit dem Erblasser stets vorgetragen haben, sich insoweit seinen Wünschen verpflichtet zu fühlen – trotz ausdrücklicher anderslautender Anweisung veröffentlicht haben. Nach dem vorgelegten und von keiner Partei inhaltlich angezweifelten Transkript hat der Erblasser unmittelbar vor dem streitgegenständlichen Zitat auf die Frage „Haben Sie eigentlich auch CC kennengelernt?“ geantwortet: „…“ (vgl. OC 121, Bl. 2854 f. d.A.). Darüber hinaus bestand auch kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse, das es rechtfertigen konnte, die subjektive Einschätzung des Erblassers über CC gerade in ihrer wörtlichen Form zu veröffentlichen.

909
96

910
Zum englischen Königshaus, AJ und AK: „Das englische Königshaus ist ihm ohnehin so fern wie der Mond. Wie kann sich ein Mann nur so aufführen wie AJ? Das Treffen mit AK war ja durchaus freundlich, aber »…« (Buch S. 184)

911
Die Veröffentlichung des Zitats war ebenfalls als sogenanntes Sperrvermerkszitat ersichtlich unzulässig nach eigenem Vorbringen der Beklagten. Sowohl aus der vorgelegten Audio-Datei als auch aus dem Transkript (OC 122, Bl. 2856 d.A.) geht hervor, dass der Erblasser die zitierte Bezeichnung des AJ als „…“ mit dem Satz verbunden hat: „…“ (im Transkript übertragen mit „…“). Darüber hinaus bestand auch hier kein hinreichendes öffentliches Informationsinteresse, das es rechtfertigen konnte, die subjektive Einschätzung des Erblassers über den AJ gerade in ihrer wörtlichen Form zu veröffentlichen.

912
97

913
Zur Industrie und CD: »…« (Buch S. 187 f.)

914
Die Veröffentlichung dieses Zitates war schon deshalb eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, weil aufgrund einer Kontextverfälschung erneut ein Fehlzitat vorliegt. Entgegen der Darstellung der Beklagten im Buch zürnte der Erblasser nicht „wie ein altlinker Sponti“ gegen „die Auswüchse des Kapitalismus“, sondern antwortete auf eine Frage des Beklagten zu 1) nach den Schwachpunkten seiner Politik in den 16 Jahren Regierungszeit dahingehend, dass er die Schwachpunkte nicht in der konkreten Politik, sondern vielmehr ganz allgemein in der Entwicklung der Gesellschaft sehe („…“).

915
Darüber hinaus durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen ohnehin nicht veröffentlicht werden. Bei der Abwägung war zu berücksichtigen, dass zum einen ein unzulässiges Kombizitat vorliegt, weil der Erblasser – anders als dies von den Beklagten im Buch durch die Einbindung „Geißelung der Auswüchse des Kapitalismus“ suggeriert wird, diese Äußerungen nicht in einem durchgängigen Erzählfluss geschildert hat. Es sind lediglich die letzten vier Sätze durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 097) belegt, deren sprachlicher Ablauf von dem des die weiteren Sätze enthaltenden Transkriptes (OC 31, Bl. 2679 d.A.) abweicht, woraus deutlich wird, dass die Beklagten auch hier verschiedene Äußerungen des Erblassers nach ihrem Gutdünken zusammengesetzt haben. Zum anderen fehlte es – auch vor dem Hintergrund dieser unzutreffenden Gesamtdarstellung – jedenfalls an einem hinreichenden sachlichen Informationskern, der die Wiedergabe dieser Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form rechtfertigen konnte.

916
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917
Zu AL und AE: „Viele Kollegen hätten das allerdings anders gesehen: »…« Letztlich arme Würstchen seien diese »…«. (Buch S. 189)

918
Die wörtlichen Zitate des Erblassers sind zwar durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 098_1, 098_2) belegt. Jedoch durfte diese erneut als wörtliche Zitate des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn zum einen liegt wiederum – wie sich aus dem Transkript (OC 123, Bl. 2857(2858 d.A.) ergibt – ein unzulässiges Kombizitat vor. Zum anderen bestand mangels hinreichender Sachinformation kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Einschätzung des Erblassers zum Sicherheitsbedürfnis von AL und AE , welches das Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der Äußerung gerade in ihrem konkreten Wortlaut überwiegen konnte.

919
99

920
„Aber ausgerechnet für die Waffen-SS zeigt er reichlich Verständnis. »…« Er meint dafür sogar Beweise zu haben, von denen er sagt, dass sie »…« würden. Denn auch der Sozialdemokrat AM habe »…«. So schlimm also können Himmlers Getreue wohl nicht gewesen sein. […] Im Gegensatz zu Kohl…..“ (Buch S. 192)

921
Die Veröffentlichung der wörtlichen Zitate des Erblassers aus diesem Passus war eine Persönlichkeitsrechtsverletzung

922
1. Hinsichtlich des zweiten Teil des Zitats („…“) lag ein eindeutiges Fehlzitat vor. Eine solche Äußerung des Erblassers hat es ausweislich der vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 099_b), in welcher der Erblasser weder von „…“ spricht noch das Wort „…“ benutzt, nicht gegeben. Dies war zwar in erster Instanz streitig, wird von den Beklagten nunmehr in der Berufungsinstanz jedoch selbst eingeräumt, die insofern vortragen, bei der betreffenden Formulierung handele es sich um eine Metapher der Autoren für diejenigen weiteren Angaben, die der Erblasser im Gesamtkontext seiner Darstellung geschildert habe. Sie seien im streitgegenständlichen Buch nur versehentlich durch Anführungszeichen und Kursivdruck als Zitat ausgewiesen worden. Auch hier haben die Beklagten damit unter grober Missachtung der journalistischen Sorgfalt dem Erblasser eine Äußerung als eigene untergeschoben, die er so nicht getätigt hat.

923
2. Hinsichtlich des ersten und dritten Teils des Zitats, die durch die vorgelegte Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 099_a) belegt sind, liegt ebenfalls ein Fehlzitat vor, das – wenn nicht in einer Wortlautverfälschung, dann zumindest – in einer nachhaltigen Kontextverfälschung zu sehen ist.

924
a) Der vorgelegten Audio-Datei ist aufgrund der in dem betreffenden Satz schwer verständlichen Aussprache des Erblassers nicht hinreichend sicher zu entnehmen, ob er mit der im Buch zitierten Formulierung „…“ eine eigene Bewertung von Mitgliedern der Waffen-SS vornehmen oder aber lediglich die Äußerung AM´s in dem von ihm zitierten Schreiben wiedergeben wollte, womit eine Wortlautverfälschung vorliegen würde. Für letzteres spricht der Gesamtkontext der Äußerung, in dem es heißt: „…“, denn als Begründung des Wahlaufrufes ist die Formulierung als eigene Äußerung AM´s einzustufen.

925
b) Doch selbst wenn die Äußerung als eigene Einschätzung des Erblassers verstanden würde, musste das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinter sein Geheimhaltungsinteresse im Hinblick auf die Wiedergabe dieser Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form zurücktreten, weil eine nachhaltige Kontextverfälschung vorlag. Zum einen hätten die Beklagten zu 1) und 2) die aus den Audio-Dateien erkennbaren Bedenken hinsichtlich des konkreten Wortlauts bzw. zumindest die aufgrund der schweren Verständlichkeit bestehende Mehrdeutigkeit der Äußerung offenlegen müssen, anstatt sie als vermeintlich eindeutig wörtliche Äußerung des Erblassers aufzuführen. Zum anderen haben sie auch den Gesamtkontext, in welchem die Äußerung des Erblassers gefallen ist, erheblich verfälscht. Sie haben zunächst den Erblasser als „kompromissloser Feind des Krieges, des patriotischen Hurra-Geschreis“ (Buch, S. 191) sowie als Mensch dargestellt, dem Militärisches „zuallermeist fremd“ sei und der aufgrund seiner eigenen Erlebnisse „nichts mehr als den Krieg“ fürchte (Buch, S. 192). Sodann haben sie die streitgegenständlichen Zitatschnipsel, die sie aus den Äußerungen des Erblassers zusammengestellt haben, mit der Einleitung „Aber ausgerechnet für die Waffen-SS zeigt er reichlich Verständnis“ in ihre Darstellung im streitgegenständlichen Buch eingebunden, womit aus Sicht des durchschnittlichen Rezipienten in den Vordergrund gerückt wird, dass der Erblasser trotz seiner zuvor geschilderten pazifistischen Haltung vermeintlich in den Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) ausgerechnet gegenüber den Mitgliedern der Waffen-SS eine abweichende Haltung an den Tag gelegt habe. Dies wird dem Gesamtkontext, in welchem der Erblasser die fragliche Äußerung abgegeben hat, jedoch nicht gerecht. Denn ihm ging es – wie aus den vorgelegten Audio-Dateien hinreichend deutlich wird – nicht darum, die Handlungen der Mitglieder der Waffen-SS während des Krieges herunterzuspielen oder gar zu rechtfertigen, sondern vielmehr darum darzulegen, dass – auch wenn die Verbrechen der jüngsten Geschichte für eine nachgewachsene Generation („…“) oft genug kaum begreiflich sind – ein Zwiespalt bzw. eine Pflicht zur Differenzierung dahingehend bestehen kann, wenn es darum geht, trotz einer Mitschuld den Weg zu „…“ frei zu machen.

926
Das Anliegen des Erblassers, sich für eine differenzierte Betrachtung der Mitglieder der Waffen-SS auszusprechen und zu betonen, wie schwierig die Debatte der Kollektivschuld zu führen ist, kommt jedoch in der streitgegenständlichen Wiedergabe der Äußerungen überhaupt nicht zum Ausdruck, sondern es wird vielmehr der Erblasser mit einer vermeintlich neonazistischen Äußerung und der mit dieser verbundenen stark negativen Konnotation bloßgestellt. Die Qualität dieser Bloßstellung ergibt sich insbesondere aus einem Vergleich mit der Darstellung der betreffenden Begebenheit im zweiten Band der Memoiren (vgl. dort S. 352). Dort hatte der Erblasser das Schreiben AM´s aus dem Jahre 1951 mit der Formulierung „Gedanken und Formulierungen, die mit Blick auf die Debatte 1985 beinahe von visionärer Kraft waren“ und damit in einer im Sinne des Beklagten zu 1) „mit staatsmännischem Gestus geglätteten“ Art und Weise kommentiert. Gerade diese Stelle wird von den Beklagten in Fn. 27 des streitgegenständlichen Buches auch zitiert, womit deutlich wird, dass sie die vom Erblasser gewünschte Außendarstellung kannten und ihnen deshalb auch die in der streitgegenständlichen Äußerung liegende Bloßstellung seiner Person bewusst war.

927
Soweit der Senat im Verfahren 15 U 193/14 hinsichtlich dieser Äußerung (dort als Zitat Nr. 100) von einem erheblichen öffentlichen Informationsinteresse ausgegangen ist, weil das Zitat die Haltung des Erblassers zu den Mitgliedern der Waffen-SS verrate und die Formulierung „…“ in Verbindung mit der Charakterisierung „…“ in tatsächlicher Hinsicht eine pauschale Verharmlosung des paramilitärischen Verbandes enthalte, die für einen ehemaligen Bundeskanzler in hohem Maße ungewöhnlich sei, können diese Erwägungen nach ergänztem Sachvortrag der Parteien auf den zu entscheidenden Sach- und Streitstand nicht mehr übertragen werden. Aufgrund des neuen Vortrags der Parteien, wonach die Formulierung „…“ versehentlich in Anführungszeichen gesetzt wurde, sowie der vorgelegten Audio-Dateien und Transkripte kann nunmehr eine inhaltliche Bewertung dieses Zitates (s.o.) vorgenommen werden, während der Senat im Vorverfahren prozessual von einer authentischen Äußerung des Erblassers in genau dieser Form ausgehen musste.

928
100

929
»…« (Buch S. 193)

930
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 100) belegt, jedoch war seine Veröffentlichung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, weil sowohl nach dieser als auch nach dem vorgelegten Transkript (OC 42, Bl. 2690 d.A.) von den Beklagten eine Kontextverfälschung vorgenommen wurde, die einem Fehlzitat gleichkommt. Der Erblasser hat sich nicht – wie es die Beklagten im Buch darstellen – zu möglichen „Anzeichen für neonazistischen Terror“ in Form der Geschehnisse in Hünxe, Solingen und Hoyerswerda in der Zeit seiner Kanzlerschaft geäußert („Auf dem rechten Auge dagegen gibt er sich aus Überzeugung blind“), sondern sich im Dialog auf mehrere Nachfragen des Beklagten zu 1) mit der Frage beschäftigt, ob die Partei der Republikaner zu einer Abwanderung von CDU-Wählern geführt hat. („…“).

931
Im Hinblick auf diese bewusste Irreführung bei der Kontextualisierung kann dahinstehen, ob es ein öffentliches Interesse daran gibt, die Einstellung des Erblassers zu den dargestellten möglichen Wählerbewegungen – weg von den etablierten Parteien und hin zu den Republikanern – zu erfahren. Denn jedenfalls im Hinblick auf die konkrete Form der Darstellung, wie sie die Beklagten zu 1) und 2) gewählt haben und die allein darauf abzielt, den Erblasser mit einer in anderem Kontext geäußerten Bemerkung in die „rechte Ecke“ zu stellen, überwog nach den oben dargestellten Grundsätzen das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe der Äußerung in ihrer konkreten wörtlichen Form.

932
101

933
Zu AN: „Und der 94. Bischof des Erzbistums Köln, der erzkonservative AN, ist ihm ein Greuel: »…« … als Kohl dies sagte … (Buch S.194)

934
Wie eingangs betont, kann dahinstehen, dass auch diese vermeintlichen Äußerungen nur teilweise durch Audiodateien belegt sind, nämlich nur hinsichtlich des zweiten Satzes (Anlage OC-B 5 Nr. 101). Schon diese stimmt aber im Wortlaut nicht vollständig mit der Wiedergabe im streitgegenständlichen Buch überein („…“), sondern ist lediglich in der Tendenz annähernd zutreffend wiedergegeben ist. Ungeachtet dessen durften die Äußerungen als wörtliche Zitate des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Angesichts des Umstandes, dass der Erblasser ausweislich des Gesamtkontextes der Audio-Datei die Haltung des Klerus gegenüber AN nicht an dessen vermeintlich fehlender „…“ angeknüpft hat, sondern vielmehr daran, dass es sich bei der entsprechenden Personalentscheidung um eine „…“ gehandelt habe, welche die örtlichen Besonderheiten im Hinblick auf die Person AN´s nicht berücksichtigt habe („…“), ist ersichtlich kein sachlicher Informationskern von hinreichendem Öffentlichkeitswert enthalten, der es rechtfertigen konnte, die despektierliche Äußerung des Erblassers gerade in ihrer wörtlichen Form zu veröffentlichen.

935
102

936
Zu CE: »…« (Buch S. 195)

937
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 102) belegt und im Wortlaut weitgehend zutreffend wiedergegeben, es durfte aber als wörtliches Zitat des Erblassers nach den aufgezeigten Grundsätzen zum Schutz der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand auch hier kein öffentliches Informationsinteresse daran, mit welcher konkreten Wortwahl der Erblasser seiner Verärgerung über CE Ausdruck verliehen hat, die das Geheimhaltungsinteresse an dieser konkreten Äußerung – gerade aufgrund der Deftigkeit ihrer Wortwahl, welche für sich allein die Brisanz der Äußerung begründet – übersteigen konnte.

938
Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, der Erblasser habe nicht gesagt „…“, sondern vielmehr „…“, ist dies der Audio-Datei aufgrund der in diesem Satzteil undeutlichen Sprache des Erblassers nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, hat jedoch auf die Bewertung der Zulässigkeit einer Wiedergabe keinen Einfluss, da allein die möglicherweise unzutreffend wiedergegebene zeitliche Komponente seiner Beurteilung keinen anderen Inhalt oder eine abweichende Zielrichtung gibt, zumal unabhängig davon der Rückbezug der Wertung des Erblassers durch den Einschub „…“ deutlich wird. Ein Fehlzitat liegt auch nicht insoweit vor, als die Beklagten das fragliche Zitat trotz der gefasst-ruhigen Stimme des Erblassers auf der Audio-Datei mit der Bemerkung einleiten: „Stattdessen fliegen die Fetzen“, da dies eine subjektive Bewertung seiner Bemerkung „…“ darstellt, die anlässlich des Gesamtkontextes – Empörung des Erblassers über die kritischen Anmerkungen CE´s, obwohl er diesem in der Zeit zuvor zu einem Lehrstuhl außerhalb der theologischen Fakultät verholfen hat (vgl. Transkript OC 126, Bl. 2861 d.A.) – nicht zu beanstanden ist.

939
103

940
Zum AO „»…« Immer wieder kommt Kohl auf den gern in Offensive gehenden Verband zurück. Da ist viel ohnmächtige Wut zu spüren. Hart an der Grenze zum antisemitischen Klischee, versteigt sich Kohl zu der These: »…«“ (Buch S. 198)

941
Zwar sind auch hier die wörtlichen Zitate durch Audio-Dateien (Anlage OC 26 Nr. 6 und 7) belegt und es führen auch die von der Klägerin monierten Fehler bei der Wiedergabe des Wortlautes („…“ statt „…“ sowie „…“ statt „…“) nicht zur Annahme eines Fehlzitates, da sie – auch im Hinblick auf den Gesamtkontext (vgl. Transkript OC 25, Bl. 2671 f. d.A.) – den Inhalt und die Zielrichtung der Aussage nicht maßgeblich beeinflussen, sondern im Ergebnis eher als sprachliche Glättung anzusehen sind.

942
Jedoch durften diese Äußerungen als wörtliche Zitate des Erblassers dennoch nicht veröffentlicht werden. Dabei ist zugunsten der Beklagten zwar zu berücksichtigen, dass der sachliche Informationskern der Aussage – die kritische Einstellung des Erblassers gegenüber dem AO – unzweifelhaft von hohem öffentlichem Interesse ist und dass nach dem ausdrücklich geäußerten Willen des Erblassers diese Kritik auch in den Memoiren eine Rolle spielen sollte („…“). Auf der anderen Seite ist – schon nach den Ausführungen der Beklagten im streitgegenständlichen Buch (vgl. S. 49) – der Erblasser bei der Auswahl derjenigen Erinnerungen und Äußerungen, die der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten, schon ausweislich der Angaben der Beklagten stets kritisch gewesen und hat „Zeile um Zeile“ durchgesehen, „galt es doch, für die Ewigkeit zu formulieren“ (Buch, S. 49). Vor diesem Hintergrund sind auch die Forderungen nach einer „…“ Erwähnung des jüdischen Weltkongresses zu sehen, mit dem der Erblasser sich sachlich auseinandersetzen, ihn jedoch nicht in der Öffentlichkeit mit derart verbal abwertenden Äußerungen überziehen wollte. Dies eingedenk verdiente damit im Hinblick auf die verwendeten abfälligen Bemerkungen („…“) sowie der Durchschlagskraft des wörtlichen Zitates das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers auch hier den Vorrang vor dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit an der Wiedergabe der Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form.

943
104

944
Zu CF: »…« (Buch S. 199)

945
Die Veröffentlichung dieses Zitates des Erblassers war ebenfalls eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, weil es sich um ein Fehlzitat handelt. Denn aus der zu diesem Zitat vorgelegten Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 104) ergibt sich, dass das Transkript (OC 127, Bl. 2862 d.A.), dem das Zitat im Wesentlichen wortgetreu entnommen ist, eine verfälschende Verkürzung der tatsächlich erfolgten Äußerung des Erblassers darstellt. Der Erblasser hat ausweislich der Audio-Datei tatsächlich geäußert: „…“, wobei sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Sprachmodulation ergibt, dass die Charakterisierung CF´s als „…“ keine eigene Bewertung des Erblassers ist, wie es die Beklagten zu 1) und 2) im Buch darstellen, sondern vielmehr die Wiedergabe einer Einschätzung DA´s.

946
Selbst wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass der Erblasser sich durch die Wiedergabe des Zitats von DA dessen Einschätzung über CF gleichzeitig zu eigen gemacht hätte, ist im Rahmen der Interessenabwägung nach den oben dargestellten Grundsätzen entscheidend zugunsten des Erblassers zu berücksichtigen, dass ihm gerade eine wörtliche Äußerung mit besonderer Schlagkraft als eigene Äußerung untergeschoben wird. Das führte zur Unzulässigkeit der Veröffentlichung.

947
105

948
»…« (Buch S. 202)

949
Zwar ist das Zitat durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 105) belegt und auch im Wortlaut weitgehend zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn da die Äußerung keine Sachinformation von hinreichendem Öffentlichkeitswert enthält, sondern vielmehr durch die abschätzige Bemerkung über „…“ geprägt wird – was die Beklagten im Zuge der Wiedergabe dieses Zitats jedoch nicht einer öffentlichen Diskussion über ein möglicherweise problematisches Verhältnis des Erblassers zu den Menschen in den neuen Bundesländern zuführen – bestand ersichtlich kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form.

950
106

951
Zu CG »…« (Buch S. 211)

952
Zwar ist das Zitat durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 106) belegt und auch im Wortlaut weitgehend zutreffend wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nicht veröffentlicht werden. Dabei war zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagten lediglich einen sehr kurzen Ausschnitt einer längeren Äußerung des Erblassers über CG („…“) verwenden und dadurch die Fokussierung auf die negative Aussage gezielt verstärkt haben. Des weiteren haben die Beklagten das Zitat im Buch in eine Schilderung eingebettet, wonach der Erblasser „spätestens seit dem Wechsel von Mainz nach Bonn“ die Publizisten in den „politisch wichtigen Redaktionsstuben“ als Feinde ausgemacht habe, obwohl eine derart fortwährende ablehnende Haltung gegenüber CG in der vom Erblasser tatsächlich geschilderten, durchaus wechselhaften Haltung nicht unbedingt einen Anhaltspunkt findet. Schließlich bestand mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns aber jedenfalls auch kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung von CG durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

953
107

954
Zu CH: »…« (Buch S. 211)

955
Die beiden Wörter sind zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 107) belegt und insofern auch zutreffend wiedergegeben. Jedoch durften auch sie als wörtliches Zitat nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns dieses Zitatschnipsels bestand kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung CH´s durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der wörtlichen Wiedergabe der vertraulichen Äußerung und insbesondere der darin enthaltenen Beschimpfung als „…“ überwiegen musste.

956
108

957
Zu CI: »…« (Buch S. 211)

958
Das Zitat ist zwar anhand einer Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 108) belegt und im Wortlaut richtig wiedergegeben, es durfte aber entsprechend dem Vorgenannten als wörtliches Zitat des Erblassers nach den Grundsätzen zum Schutz der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines sachlichen Informationskerns bestand auch hier kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung CI´s durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

959
109

960
Zu AP: „Wird als »…« verunglimpft.“ (Buch S. 211)

961
Das hier enthaltene Zitat des Erblassers ist durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 109) belegt und im Wortlaut richtig wiedergegeben. Jedoch durfte auch diese Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines sachlichen Informationskerns bestand kein öffentliches Informationsinteresse an der subjektiven Bewertung von AP durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

962
110

963
Zu BY: »…« (Buch S. 212)

964
Die Veröffentlichung dieses Zitats, welches durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B54 Nr. 110) belegt ist, war schon deswegen persönlichkeitsrechtsverletzend, weil es sich um ein Sperrvermerkszitat handelt, welches die Beklagten – obgleich sie selbst in den Rechtsstreitigkeiten mit dem Erblasser stets vorgetragen haben, sich insoweit seinen Wünschen verpflichtet zu fühlen – trotz ausdrücklicher anderslautender Anweisung veröffentlicht haben. Denn aus dem Transkript (OC 133, Bl. 2870 d.A.) geht hervor, dass der Erblasser unmittelbar vor der streitgegenständlichen Äußerung auf die Frage des Beklagten zu 1) „Die Pressechefs sind doch ein Thema“ gesagt hat: „…“. Darüber hinaus bestand mangels eines sachlichen Informationskerns auch kein hinreichendes öffentliches Interesse an der subjektiven Einschätzung des Erblassers über die Fähigkeiten von BY gerade in der konkret wiedergegebenen Wortwahl („…“).

965
111

966
Zu CJ: »…« (Buch S. 212)

967
Die Veröffentlichung der vorstehenden Äußerung war – wie zu Nr. 110 ausgeführt – schon deswegen unzulässig, weil ein Sperrvermerk des Erblassers im Hinblick auf die Namen der Pressesprecher vorlag. Ferner haben die Beklagten auch hier eine Kontextverfälschung vorgenommen, die einem Fehlzitat gleichkommt.

968
1. Ausweislich des Transkriptes (OC 134, Bl. 2871 d.A.) hat der Erblasser im Kontext der streitgegenständlichen Äußerung über CJ zunächst von dem früheren Pressechef DB gesprochen und zu dessen Fähigkeiten ausgeführt: „….“ Wenn er der Erblasser sodann im Anschluss an diese Ausführungen bemängelt, dass CJ die Herausgeber der FAZ nicht gekannt habe („…“, vgl. Audio-Datei Anlage OC-B 5 Nr. 111), dann hat dies nicht den Aussagegehalt, dass CJ – wie es der Gesamtkontext im streitgegenständlichen Buch darstellt – nach Ansicht des Erblassers im Sinne einer mangelhafte (Allgemein-) Bildung deren Namen nicht kannte, sondern vielmehr, dass er mit diesen nicht in einem Maße (persönlich) bekannt war, um ebenso wie DB ein Verhalten an den Tag zu legen, das auf eine nicht unerhebliche Machtausübung der Politik gegenüber der Presse hinauslief. Da die Beklagten diesen Gesamtkontext und den daraus resultierenden Bedeutungsgehalt der Äußerung nicht dargelegt haben, überwogen – unabhängig vom Fehlen eines hinreichenden sachlichen Informationsgehalts der Äußerung, das die Wiedergabe im Wortlaut hätte rechtfertigen können – schon deswegen die Geheimhaltungsinteressen des Erblassers.

969
2. Der Senat verkennt im Rahmen der vorstehenden Bewertung als Fehlzitat nicht, dass die von der Klägerin angegriffene Formulierung im Buch nicht kursiv gedruckt und in Anführungszeichen gesetzt wurde und dem durchschnittlichen Leser durch den ausdrücklichen Hinweis auf Seite 11 des Buches mitgeteilt wurde, dass die (vermeintlichen) Originalzitate des Erblassers im Text auf diese Art und Weise graphisch hervorgehoben werden sollten. Jedoch ist in diesem Fall ausnahmsweise auch ohne eine solche graphische Hervorhebung davon auszugehen, dass unzulässig ein wörtliches Zitat des Erblassers wiedergegeben worden ist. Bei dieser Bewertung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Zitat auch in indirekter Rede wiedergegeben werden kann, wenn und soweit dem Leser im konkreten Einzelfall aus der Art der Darstellung deutlich wird, dass es sich um die wörtliche Äußerung des Betroffenen und nicht um einen subjektiven Deutungsversuch des Autors handelt (BGH v. 21.06.2011 – VI ZR 262/09, NJW 2011, 3516; BGH v. 01.12.1981 – VI ZR 200/80, NJW 1982, 635; ebenso Senat v. 28.07.2009 – 15 U 37/09, AfP 2009, 603). Dies ist im vorliegenden Fall zum einen aufgrund der Einbindung der Äußerung in den Gesamtkontext geschehen, in welchem der Erblasser zunächst zu BY und sodann zu CJ eine Bewertung abgibt („BY, der einstige ZDF-Mann zum Beispiel. „….“ Mit CJ, der aus dem Hause Springer kam, ging es kaum besser. Der habe nicht einmal die Herausgeber der FAZ gekannt.“) und durch diese Abfolge im Sinne eines dialogartigen „Hin und Her“ für den Leser deutlich erkennbar wird, dass die zweite Äußerung keine subjektive Deutung des Beklagten zu 2) darstellt, sondern vielmehr gerade die in diesem Kontext gefallene Äußerung des Erblassers in indirekter Rede. Die Qualität als Zitat ergibt sich zum anderen auch daraus, dass im Vergleich zur wörtlichen Rede lediglich das Wort „hat“ durch das Wort „habe“ ersetzt wird.

970
112

971
»…« (Buch S. 212 f.)

972
Das Zitat ist zwar durch eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 112) belegt und auch im Wortlaut weitgehend zutreffend wiedergeben. Nach dem Transkript (OC 135, Bl. 2872 d.A.) ist es von den Beklagten auch im richtigen Gesamtkontext aufgeführt worden, da der Erblasser sich beklagte, „…“ gefunden zu haben, wobei die Erfüllung dieser seiner Anforderung auch – das gibt er zu – nur schwer zu erfüllen gewesen war („…“). Es handelt sich dabei auch nicht um ein sog. Sperrvermerkszitat, das unabhängig von seinem Inhalt nicht veröffentlicht werden dürfte, da der Erblasser selbst seine einschränkende Maßgabe lediglich darauf bezogen hat, die Namen der betreffenden Pressesprecher nicht zu nennen („…“), was vorliegend jedoch nicht erfolgt ist, da es allgemein um die Tätigkeit eines Pressesprechers und die Anforderungen an diesen ging.

973
Jedoch durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn es bestand auch hier kein öffentliches Informationsinteresse, das das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers an der Wiedergabe seiner Äußerung in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte. Zwar ist zugunsten der Beklagten in Rechnung zu stellen, dass die Einstellung des Erblassers zur Bereitschaft seiner Pressesprecher, notfalls auch zu Mitteln zu greifen, die jedenfalls ethisch und moralisch angreifbar sind – der Senat geht nach dem Gesamtkontextes des Transkriptes nicht davon aus, dass der Erblasser eine strafrechtlich relevante Erpressung im Sinne von § 253 StGB gemeint hat – von hohem öffentlichen Interesse ist. Der sachliche Informationsgehalt geht jedoch über die Wiedergabe dieser inneren Einstellung nicht hinaus, da der Erblasser weder konkrete Situationen schildert, in denen ein solches Verhalten seiner Meinung nach angebracht gewesen wäre, noch etwa Begebenheiten, in denen ein solches Verhalten gezeigt wurde und zu einer Beeinträchtigung oder gar zu einem Eingriff entweder in die Pressefreiheit oder aber in das politische Geschehen geführt hat. Insofern wird die Wiedergabe der Äußerung, die die Beklagten auch nicht zum Anlass nehmen, eine öffentliche Diskussion über die möglicherweise interessierenden Sachfragen anzustoßen, allein von der Schlagkraft der wörtlichen Rede des Erblassers, insbesondere von den von ihm verwendeten Begriffen „…“ und „…“ bestimmt, woran jedoch unter Berücksichtigung seines Geheimhaltungsinteresses an der konkreten Wortwahl ein höheres Interesse bestand.

974
113

975
Zu CK: »…« (Buch S. 213)

976
Die Veröffentlichung dieser wörtlichen Äußerung des Erblassers war gemäß der Ausführungen zu Äußerung Nr. 110 schon wegen des Sperrvermerks rechtswidrig. Zudem bestand an dessen wörtlicher Wiedergabe im Übrigen auch im Hinblick auf den fehlenden hinreichenden sachlichen Informationsgehalt kein überragendes öffentliches Interesse. Gerade an der Zusammenstellung der Äußerungen Nr. 110 – 113 auf Seite 212 f. des Buches zeigt sich, dass die Darstellung der Beklagten auf eine Bloßstellung des Erblassers abzielte, da sie den von diesem ausgesprochenen Sperrvermerk nicht nur singulär, sondern gleich in einer Vielzahl von Fällen und in unmittelbarem Zusammenhang verletzt und dabei alle in Betracht kommenden Namen nebst zugehöriger Bewertung öffentlich gemacht haben.

977
114

978
Zu AQ: „Auch AQ »…«.“ (Buch S. 229)

979
Das Zitat des Erblassers ist durch Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 114_a, 114_b) belegt und im Wortlaut zumindest in der Tendenz richtig wiedergegeben („…“). Jedoch durfte auch diese die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand kein öffentliches Informationsinteresse, das das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der wörtlichen Wiedergabe der vertraulichen Äußerung überwiegen konnte. Die subjektive Einstellung AQ´s wird allein im Hinblick auf das vom Erblasser verwendete Wort „…“ wiedergegeben und hat daher in erster Linie einen den Erblasser bloßstellenden Charakter.

980
115

981
Zu CL: »…« (Buch S. 153)

982
Für das Zitat liegt zwar eine Audio-Datei (Anlage OC-B 5 Nr. 115) vor und ausweislich dieser sowie des Transkriptes (OC 138, Bl. 2875 f. d.A.) ist auch der Gesamtkontext, in welchem die betreffende Äußerung des Erblassers gefallen ist, im Buch zutreffend wiedergegeben worden, da der Erblasser die ökonomischen Gründe schildert, die CL dazu gebracht haben, in der Sowjetunion Reformen anzustoßen. Jedoch durfte die Äußerung als wörtliches Zitat des Erblassers wegen des Schutzes der „intensiv verdinglichten Persönlichkeit“ nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand auch hier kein öffentliches Informationsinteresse, das das Geheimhaltungsinteresse des Erblassers hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte. Die einzige sachliche Information der betreffenden Äußerung lag in der pauschalen Einschätzung des Erblassers zur Ursache für die von CL angestoßenen Reformen, wobei sowohl die finanzielle Situation der Sowjetunion zum betreffenden Zeitpunkt als auch die daraus resultierenden politischen Veränderungen bereits vor Veröffentlichung der Äußerung des Erblassers allgemein bekannt waren. Insofern lag die eigentliche Brisanz des betreffenden Zitates nicht in seinem Inhalt, sondern vielmehr wiederum allein in der konkreten wörtlichen Ausdrucksweise des Erblassers („…“), welche der Veröffentlichung in erster Linie einen den Erblasser bloßstellenden Charakter verlieh, der bei Abwägung der hier maßgeblichen Umstände dann eine Rechtfertigung durch ein öffentliches Informationsinteresse in Wegfall geraten lassen musste

983
116

984
Zu CL: »…« (Buch S. 154)

985
Das Zitat ist zwar durch die vorgelegten Audio-Dateien (Anlage OC-B 5 Nr. 116_1, 116_2) belegt, im Wortlaut weitgehend zutreffend und nach den Audio-Dateien sowie dem Transkript (OC 139, Bl. 2877 d.A.) auch im Gesamtkontext richtig wiedergegeben. Jedoch durfte es als wörtliches Zitat des Erblassers nach den oben dargestellten Grundsätzen so nicht veröffentlicht werden. Denn mangels eines hinreichenden sachlichen Informationskerns bestand auch hier kein öffentliches Informationsinteresse an der Einschätzung der historischen Bedeutung CL´s durch den Erblasser, das dessen Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Wiedergabe der vertraulichen Äußerung gerade in ihrer wörtlichen Form überwiegen konnte.

986
5. Auch die Beklagte zu 3) hat das allgemeine Persönlichkeit des Erblassers zumindest mit Blick auf die Wiedergabe der vermeintlichen Originalzitate im Wortlaut und auf die vorstehend aufgezeigten Fehlzitate in gleicher Form verletzt. Im Kern kann auf das zum Beklagten zu 2) Gesagte Bezug genommen werden. Das Verteidigungsvorbringen der Beklagten zu 3) rechtfertigt keine ihr günstigere Bewertung der Persönlichkeitsrechtsverletzung, sondern gibt nur zu folgenden ergänzenden Ausführungen des Senats Anlass. Insbesondere soweit die Beklagte zu 3) sich darauf beruft, sie habe von den tatsächlichen Umständen, welche die – von ihr inhaltlich in Abrede gestellte – Pflicht des Beklagten zu 1) zur Vertraulichkeit begründet haben, keine Kenntnis gehabt und sich insofern durch die Veröffentlichung der wörtlichen Zitate auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs „rücksichtslos“ über die schützenswerten Belange des Erblassers hinweggesetzt, greifen ihre Einwände nicht durch.

987
a) Die Beklagte zu 3) hatte positive Kenntnis von den maßgeblichen tatsächlichen Parametern, aus denen sich die in rechtlicher Hinsicht dienende Stellung des Beklagten zu 1) im Projekt „Memoiren“ ergab. Denn ihr war bekannt, dass der Beklagte zu 1) als Ghostwriter der Memoiren des Erblassers mit diesem Gespräche zum Zwecke der Stoffsammlung geführt und diese auf Tonband aufgezeichnet hatte. Ihr war ebenfalls bekannt, dass – dies folgt nicht nur aus der Natur der Sache, sondern auch aus den Regelungen in den jeweiligen Verlagsverträgen – dem Erblasser das alleinige Recht zur Entscheidung über Zeitpunkt und Inhalt der Veröffentlichung zukam, dass das Manuskript in seinem alleinigen Eigentum stand und er die Zusammenarbeit mit dem Beklagten zu 1) jederzeit nach seinem Willen beenden konnte.

988
Darüber hinaus waren der Beklagten zu 3) – ohne dass vorliegend zu klären wäre, ob es einer solchen zutreffenden rechtlichen Einordnung der tatsächlichen Parameter für die Frage einer rücksichtslosen Verfügung über die Persönlichkeit des Erblassers überhaupt bedarf – bei Veröffentlichung des Buches auch bekannt, welche möglichen rechtlichen Folgen aus der dienenden Stellung des Beklagten zu 1) im Verhältnis zum Erblasser abgeleitet werden konnten. Denn ihr war ausweislich der Ausführungen im Buch bekannt, dass der Beklagte zu 1) mit Urteil des Landgerichts Köln vom 12.12.2013 (14 O 612/12) zur Herausgabe der Originaltonbänder verurteilt worden war. Bereits in diesem, knapp zehn Monate vor Veröffentlichung des streitgegenständlichen Buches verkündeten Urteil, hat das Landgericht Köln ausgeführt, dass die besprochenen Tonbänder vorrangig den Interessen des Erblassers als Grundlage der Erstellung seiner Memoiren dienen sollten und dem Beklagten zu 1) kein Recht zustand, diese Aufzeichnungen zu verwenden, bevor nicht – jedenfalls zu Lebzeiten des Erblassers – dieser durch Veröffentlichung seiner Memoiren die Deutungshoheit über seine Lebensgeschichte hatte ausüben können (LG Köln v. 12.12.2013 – 14 O 612/12, juris Tz. 74 f.). Ebenso war der Beklagten zu 3) bekannt – auch dies ergibt sich schon aus dem Buch (vgl. S. 16 f.) – dass das Oberlandesgericht Köln in dem vom Beklagten zu 1) angestrengten Berufungsverfahren den Anspruch des Erblassers auf Herausgabe der Originaltonbänder bestätigt und in seiner Entscheidung – wenngleich im Rahmen der Prüfung eines eigentumsrechtlichen Herausgabeanspruchs – ausdrücklich ausgeführt hatte, dass „von einer gleichberechtigten Zusammenarbeit der Parteien“ nicht die Rede sein könne und die Situation der Aufnahme nicht mit einem Interview vergleichbar sei, das ein Journalist mit einem Politiker im Zusammenhang mit der Berichterstattung zu einem tagesaktuellen Geschehen führe. Im Rahmen der Bewertung der gegenseitigen Interessenlage hat der Senat u.a. ausgeführt, dass sich den Verlagsverträgen keine Anhaltspunkte für ein Recht des Beklagten zu 1) entnehmen ließen, das Material nach Beendigung der Zusammenarbeit weiter nutzen zu dürfen, die Tonbänder allein der Vorbereitung der Memoiren des Erblassers dienten und für den Beklagten zu 1) nach dessen vorzeitigem Ausscheiden aus dem Projekt grundsätzlich kein schützenswertes Interesse mehr an der weiteren Verfügung über die Tonbänder bestünde (vgl. OLG Köln v. 01.08.2014 – 6 U 20/14, AfP 2014, 465).

989
Weiter ergab sich – auch dies war für die Beklagte zu 3) jedenfalls erkennbar – aus den im Rahmen der Gespräche zwischen Erblasser und Beklagtem zu 1) getätigten Äußerungen an sich – insbesondere im Hinblick auf Inhalt und Duktus – der Charakter der Tonbandaufzeichnungen als nur vorläufige Stoffsammlung und die daraus folgende fehlende Berechtigung des Beklagten zu 1), den Inhalt der Gespräche ohne Einwilligung des Erblassers in dieser wörtlichen Form an die Öffentlichkeit zu bringen.

990
b) Demgegenüber kann sich die Beklagte zu 3) nicht darauf berufen, dass sie vor Veröffentlichung des Buches den Inhalt der ca. 600-stündigen Tonbandaufnahmen nicht gekannt habe und ihr auch die Transkriptionen nur teilweise vorgelegen hätten, womit ihr die in der Natur der Äußerungen liegende Brisanz und die auch daraus folgende Vertraulichkeit nicht bekannt gewesen sei.

991
aa) Dem Senat erschließt sich in diesem Zusammenhang schon nicht, wie die Beklagte zu 3) die ihr obliegenden presse- bzw. verlagsmäßigen Sorgfaltspflichten gewahrt haben will, wenn sie tatsächlich die später im Buch veröffentlichten Zitate lediglich in Auszügen und nur anhand von Teilen der Transkripte auf ihre Authentizität geprüft hat. Soweit sie sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass ihr der Beklagte zu 1) als sehr sorgfältiger Journalist bekannt gewesen sei, mit dem sie schon viele Jahre zusammengearbeitet habe und auf dessen sorgfältige Recherche sie habe vertrauen dürfen, ist dies schon deshalb unzureichend, weil der Beklagte zu 1) – wie auch der Beklagten zu 3) positiv bekannt war – diese Transkripte als Übertragung der wörtlichen Äußerungen des Erblassers auf den Originaltonbändern nicht persönlich erstellt hat, sondern dies vielmehr von seiner Schwester durchgeführt worden war. Dass wiederum die Schwester des Beklagten zu 1) der Beklagten zu 3) als verlässliche Transkriptionskraft bekannt war und man sich aus diesem Grunde ohne eine zusätzliche Kontrolle der Originaltonbänder oder aber zumindest der digitalen Audio-Dateien auf die inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit der Transkripte verlassen durfte, ist von der Beklagten zu 3) weder vorgetragen noch aus den sonstigen Umständen ersichtlich. Angesichts der im vorliegenden Verfahren zu Tage getretenen vielfältigen inhaltlichen Unterschiede zwischen den Transkripten einerseits und den vorgelegten Audio-Dateien andererseits ist von einer solchen hinreichenden Verlässlichkeit auch nicht auszugehen.

992
bb) Letztlich können diese Bedenken im Hinblick auf die Wahrung der presse- bzw. verlagsmäßigen Sorgfalt jedoch auch dahinstehen, da anhand anderer Umstände feststeht, dass die Beklagte zu 3) hinreichende Kenntnis vom gesamten Inhalt der Transkripte und damit auch von der persönlichkeitsrechtlichen Brisanz ihres Inhalts hatte, die sie zwingend auf die bestehende Verschwiegenheitspflicht des Beklagten zu 1) hätte rückschließen lassen müssen.

993
(1) Zum einen hat der Justitiar der Beklagten zu 3) am 30.10.2014 in der mündlichen Verhandlung des einstweiligen Verfügungsverfahrens (14 O 315/14 LG Köln) geäußert, dass ihm 3.000 Seiten Tonbandabschriften vorgelegen hätten. Die Beklagte zu 3) hat zwar im Hinblick auf die entsprechende Feststellung in der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht, die Verwendung dieser Äußerung ihres Justiziars sei prozessual unzulässig, da die Kammer auf den daraus angeblich resultierenden Widerspruch in ihrem Vortrag nicht hingewiesen habe und es zudem auch „höchst ungewöhnlich“ sei, dass Äußerungen eines Parteivertreters in einer „durchaus hitzigen Diskussion“ im Rahmen einer mehrstündigen mündlichen Verhandlung ohne entsprechende Protokollierung verwendet würden. Sie hat jedoch nicht – erst Recht nicht substantiiert – bestritten, dass ihr Justitiar die vom Landgericht herangezogene Äußerung in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2014 als solche bzw. zumindest mit diesem Aussagegehalt getätigt hat und hat auch nicht vorgetragen, aus welchen Gründen diese Äußerung nunmehr „nicht weiter aufrecht erhalten“ werden soll, so dass die vom Landgericht daraus zutreffend gezogenen Schlussfolgerungen letztlich nicht zu beanstanden sind.

994
(2) Zum anderen hat der Justitiar der Beklagten zu 3) in der Pressekonferenz zur Vorstellung des Buches am 07.10.2014 geäußert: „Wir haben lange überlegt, wie wir dieses Buch aufbauen können. Sie sehen, dieses Buch ist relativ schmal geworden. Nicht deshalb, weil wir keinen Inhalt hatte, wir hatten 3.000 Seiten Gesprächsprotokolle“. Auch aus dieser Äußerung – insbesondere dem dort verwendeten Begriff „wir“ als Synonym für die Beklagten zu 1) bis 3) – ist zu erkennen, dass der Beklagten zu 3) die vollständigen Transkripte jedenfalls zu einem Zeitpunkt vor Erscheinen des Buches vorgelegen haben. Soweit die Beklagte zu 3) diese Äußerung ihres Justiziars, welche die Klägerin anhand einer von ihr gefertigten Transkription der Pressekonferenz (vgl. Anlage HP-B 07, Bl. 4162 ff. d.A.) vorgetragen hat, mit Nichtwissen bestreitet, ist dies prozessual unzulässig, da eigene Handlungen oder Wahrnehmungen der Partei nach § 138 Abs. 4 ZPO nicht mit Nichtwissen bestritten werden können, so dass die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO eingreift, die auch von der bloßen Behauptung, sich nicht erinnern zu können, nicht gehindert wird (vgl. BGH v. 28.09.2016 – IV ZR 41/14, VersR 2016, 1483). Zwar findet eine Zurechnung fremden Wissens nur bei gesetzlicher Vertretung statt (vgl. MüKo-ZPO/Fritsche, 5. Aufl. 2016, § 138 Rn. 30; Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 138, Rn. 16); Lange, NJW 1990, 3235; OLG Karlsruhe v. 28.09.1996 – 1 U 117/94, r+s 1997, 107), jedoch trifft die Partei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in diesem Zusammenhang die Pflicht, die ihr möglichen Informationen von Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind, weil sie sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbereichs ihren prozessualen Erklärungspflichten entziehen kann (vgl. BGH v. 15.11.1989 – VIII ZR 46/89, BGHZ 109, 205; v. 07.10.1998 – VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53; v. 19.04.2001 – I ZR 238/98, NJW-RR 2002, 612; v. 24.07.2003 – VII ZR 79/02, NJW-RR 2004, 92; v. 05.11.2014 – III ZR 559/13, NJW-RR 2015, 125). Bestreitet eine Partei trotz des Bestehens einer solchen Informationspflicht den Vortrag des Gegners mit Nichtwissen, ist dies unzulässig und führt dazu, dass dieser gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt (BGH v. 22.04.2016 – V ZR 256/14, MDR 2016, 1012). Dies gilt auch vorliegend für den Vortrag der Klägerin über die Äußerung des Justiziars der Beklagten zu 3), da diese lediglich vorgetragen hat, ihr Justiziar könne sich an eine entsprechende Äußerung nicht mehr erinnern, da eine solche fehlende Erinnerung nach der Lebenserfahrung – insbesondere im Hinblick auf die Brisanz des betreffenden Buches sowie die anlässlich der Pressekonferenz erhobenen Vorwürfe gegen die Beklagten von Seiten einiger dort teilnehmender Journalisten nicht nachvollziehbar ist.

995
(3) Die Kenntnis der Beklagten zu 3) vom Inhalt der Transkripte ergibt sich schließlich auch aus der im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgelegten Schutzschrift vom 02.10.2014 (Anlage B (3) 2, Bl. 808 ff d.A.), die unter anderem von der Beklagten zu 3) beim Landgericht Köln eingereicht und von ihrem Prozessbevollmächtigten des vorliegenden Rechtsstreits verfasst wurde. In dieser Schutzschrift ist unter anderem ausgeführt, dass „das verfahrensgegenständliche Buch nicht die ca. 3.000 Seiten umfassende Abschrift dieser Tonbandaufzeichnungen“ und „auch keine unkommentierten längeren Auszüge dieser Tonbandaufzeichnungen“ enthalte. Dass eine solche Aussage von Seiten der Beklagten zu 3) nur dann erfolgen kann und wird, wenn ihr die betreffenden 3.000 Seiten Abschriften auch tatsächlich vorgelegen haben, wird zudem durch den Vortrag der Beklagten zu 1) und 2) gestützt, wonach die Publikation des Buches durch eine „juristische Prüfung bei der Beklagten zu 3)“ vorbereitet wurde (vgl. S. 71 des Schriftsatzes vom 12.07.2016, Bl. 1522 d.A.).

996
Die Beklagte zu 3) kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Aussicht auf Erfolg darauf berufen, dass sie die – nach ihrem Vortrag allein von den Beklagten zu 1) und 2) – ausgewählten Zitate nur im Hinblick darauf überprüft habe, ob deren Aufnahme in das Buch die urheberrechtlichen Belange des Erblassers berühren könne. Denn unabhängig von dem Umstand, dass sich aus der im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgelegten Schutzschrift der Beklagten zu 3) vom 02.10.2014 (Anlage B (3) 2, Bl. 808 ff. d.A.) mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass sie entgegen dieser Einlassung vor Veröffentlichung des Buches auch die mögliche Verletzung von persönlichkeitsrechtlichen Belangen des Erblassers und einen daraus folgenden möglichen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG geprüft hat (vgl. Bl. 826 d.A.), scheitert sie mit diesem Einwand im Hinblick auf den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch schon aus Rechtsgründen. Denn der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs kann sich, soweit er Kenntnis von den tatsächlichen Umständen hatte, die seinen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen begründen, nicht darauf berufen, dass eine von ihm – den Sachvortrag der Beklagten zu 3) insofern als wahr unterstellt – durchgeführte, jedoch nur begrenzte und damit juristisch unzureichende rechtliche Prüfung zu dem Ergebnis geführt habe, dass einer Veröffentlichung keine Bedenken entgegenstünden. Vielmehr trägt er, wenn im Vorfeld einer Veröffentlichung trotz einer sich objektiv aufdrängenden persönlichkeitsrechtlichen Relevanz derselben lediglich eine auf urheberrechtliche Fragen begrenzte Prüfung vorgenommen wird, das – sich bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren und auch nunmehr im vorliegenden Rechtsstreit realisierende – Risiko, in einem Rechtsstreit mit dem Betroffenen zu unterliegen.

997
Darüber hinaus war der Beklagten zu 3) – auch wenn dies für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht erforderlich ist – vor Veröffentlichung des Buches auch bereits bekannt, welche rechtlichen Schlussfolgerungen aus der Tätigkeit des Beklagten zu 1) als Ghostwriter im Hinblick auf die Verwendung der Stoffsammlung zu ziehen waren. Denn bereits in der Entscheidung des Landgerichts Köln vom 12.12.2013 (14 O 612/12, juris), welche auch der Beklagten zu 3) bekannt war, hatte die Kammer ausgeführt, dass zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) ein Auftragsverhältnis bezüglich der Aufzeichnung der Lebenserinnerungen auf Tonband bestanden habe, dieses Auftragsverhältnis mit Kündigung des Erblassers vom 24.03.2009 beendet worden und der Beklagte zu 1) daher verpflichtet sei, die Tonbänder als aus dem Auftragsverhältnis erlangt herauszugeben. Schon auf Basis dieser Entscheidung war für die durch ihren Justitiar fachkundig beratene Beklagte zu 3) hinreichend deutlich erkennbar, dass der Beklagte zu 1) nicht frei über die betreffenden Bänder und deren Inhalt verfügen durfte und daher auch die Weitergabe der Zitate zwecks Veröffentlichung in einem anderen Buch rechtswidrig war.

998
c) Die Beklagte zu 3) kann sich auch nicht auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14.01.2014 (Ruusunen v. Finland – 73579/10) berufen. Denn der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar: Die Beschwerdeführerin des dortigen Verfahrens hatte sich dagegen gewandt, dass sie wegen Verbreitung von die Persönlichkeitsrechte verletzenden Informationen zu einer Geldstraße verurteilt worden war, weil sie ein Buch über ihre neun Monate dauernde Liebesbeziehung zum ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten veröffentlicht hatte. Diese Verurteilung zu einer Geldstrafe war von den finnischen Gerichten darauf gestützt worden, dass das Buch Passagen enthielt, welche Einzelheiten der intimen Treffen der Beschwerdeführerin mit dem Premierminister schilderten und damit unzulässigerweise den Kernbereich seines Privatlebens verletzten. Der Umstand, dass der Premierminister zuvor selbst Teile seines Privatlebens veröffentlicht habe, bedeute nicht, dass er überhaupt keinen Schutz in Anspruch nehmen könne. Diese Verurteilung zu einer Geldstrafe hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch im Hinblick auf das Recht aus Art. 10 EMRK gebilligt. Daraus kann jedoch nicht der von der Beklagten zu 3) vertretene Schluss gezogen werden, dass die Veröffentlichung von solchen Informationen, die Aspekte außerhalb des Sexuallebens der Betroffenen betreffen, im Lichte von Art. 10 EMRK von den nationalen Gerichten nicht untersagt werden darf. Der Vergleich des vorliegenden Sachverhalts mit Entscheidung des EMRK vom 14.01.2014 krankt schon daran, dass die betreffenden Sachverhalte nicht vergleichbar sind, ging es dort um eine Liebesbeziehung, hier jedoch um Treffen zu gemeinsamen Gesprächen mit dem Ziel einer Stoffsammlung für die Autobiographie des Erblassers und einem ihm zustehenden Letztentscheidungsrecht.

999
6. Wie eingangs betont, kann und soll im Übrigen dahinstehen, ob daneben noch weitere Persönlichkeitsrechtsverletzungen des Erblassers zu Lebzeiten – insbesondere auch mit Blick auf die bis zuletzt unbelegten Zitate, aber auch die nicht vermeintlich wörtliche Äußerungen des Erblassers betreffende Teile der angegriffenen 116 Passagen (wie etwa die oben ausgesparte Äußerung Nr. 8) – vorgelegen haben. Schon allein die vorstehend aufgezeigten Persönlichkeitsrechtverletzungen dürften ohnehin im Einklang mit den diesbezüglichen Erwägungen des Landgerichts (also auch ohne die von diesem zusätzlich angenommenen generellen Zitatverfälschungen) bereits hinreichend schwer gewesen sein und deswegen im Grundsatz geeignet, einen Anspruch auf eine Geldentschädigung zu begründen. Dies ist für die Weitergabe vertraulicher Äußerungen im Wortlaut in der Rechtsprechung im Grundsatz selbst dann anerkannt, wenn die Veröffentlichung dem Ansehen der Betroffenen in der Öffentlichkeit nicht nachhaltig geschadet hat (vgl. nur BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 138/77, JZ 1979, 351 = BeckRS 1978, 31118344; vgl. auch Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap 14 Rn. 103); vorliegend war gerade das schon anders und es gereicht den Beklagten auch nicht zum Vorteil, dass der Ruf des Erblassers im Zusammenhang mit der sogenannten Spendenaffäre bereits gelitten haben mag und die Zerwürfnisse mit einigen der von den vermeintlichen Originalzitaten Betroffenen offenkundig und allgemein bekannt waren.

1000
Auch die Fülle der Fehlzitate und Kontextverfälschungen hat jedenfalls wegen der schieren Masse der Verfälschungen und der groben Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten in diesem Punkt ausgerechnet bei einem mit der besonderen Authentizität werbenden Buch – ungeachtet der weiteren Frage, ob die mittels Audiodateien unbelegten Zitate dem Erblasser gänzlich untergeschoben worden sind – eine geldentschädigungswürdige Schwere und Tiefe der Verletzung erreicht. Das gilt insbesondere auch, soweit der Erblasser als Berufspolitiker und Altbundeskanzler mit den Zitaten Nr. 99, 100 und 103 zu Unrecht in die Nähe der Billigung oder auch nur Bagatellisierung von Naziverbrechen und antisemitischen Anhaftungen gerückt worden ist (vgl. zu einem solchen Fall auch Senat v. 28.07.2009 – 15 U 37/09, AfP 2009, 603 – „Arche-Noah-Prinzip“ – aufgehoben aus anderem Grund durch BGH v. 21.06.2011 – VI ZR 262/09, NJW 2011, 3516, allgemein zur Geldentschädigung wegen Fehlzitaten auch etwa BGH v. 01.12.1981 – VI ZR 200/80, NJW 1982, 635).

1001
Letztlich kann all dies aber aus den sogleich zu B. auszuführenden Gründen aber dahinstehen.

1002
7. Dahinstehen kann aus den gleichen Gründen auch, ob die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldentschädigung vorlagen und welche Höhe einer Geldentschädigung zu Lebzeiten – gerade mit Blick auf die sogenannte Präventionswirkung – bejahendenfalls angemessen gewesen wäre (was auch die Klärung des Vorliegens weiterer Persönlichkeitsrechtsverletzungen erfordert hätte). Angemerkt sei insofern nur, dass aus den oben gemachten Ausführungen zum rücksichtlosen Vorgehen der Beklagten folgt, dass jedenfalls hinsichtlich des Einbruchs in die Vertraulichkeitssphäre ein schweres Verschulden vorgelegen hat. Wer – wie hier die Beklagten – das Risiko eines Verbotsirrtums bewusst eingegangen ist und sich durch sein Vorgehen wissentlich in eine scharfe Spannungslage zu geschützten Gütern und Interessen eines anderen gebracht hat, in der ihm die Möglichkeit, dass seine Rechtsauffassung über die Zulässigkeit seines Vorgehens falsch sein kann, vor Augen stehen musste, kann sich nicht entlasten und insbesondere auch nicht – was die Beklagten versuchen – auf die gerichtliche Entscheidung der 28. Zivilkammer im Verfügungsverfahren zur Entlastung berufen (siehe nur etwa BGH v. 01.12.1981 – VI ZR 200/80, NJW 1982, 635). Die Fülle der Fehlzitate ist zudem ohnehin – wie betont – in einem mit Authentizität werbenden Werk unerklärlich.

1003
Der Eingriff in die Vertraulichkeitssphäre konnte – wie auch sonst bei Privatsphäreverstößen – durch anderweitige Rechtsbehelfe nicht mehr ausgeglichen werden (vgl. erneut BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 138/77, BeckRS 1978, 31118344). Bei den Fehlzitaten scheint schon wegen der Fülle der Fehler in der sich seinerzeit hochschaukelnden Situation ein möglicher Ausgleich durch sonstige Abwehransprüche fraglich. Offen bleiben soll aber insbesondere die Frage, wie sich zu Lebzeiten insbesondere auf die Frage des unabweislichen Bedürfnisses für eine Geldentschädigung ausgewirkt hätte, dass vorliegend nur anfangs 114 und dann 116 Passagen (unter „Nachschieben“ der als besonders gravierend dargestellten Zitate Nr. 115 und 116) angegriffen worden sind, obwohl das Buch noch eine Fülle anderer (vermeintlicher) Originalzitate enthält und die Klägerseite sich gerade auch auf eine Verfälschung des Lebensbildes beruft, die grundsätzlich eher das Gesamtwerk betreffen würde als einzeln herausgegriffene 116 Passagen, sei es auch im Gesamtkontext des Buches. Erst Ende 2017 ist Klage auch wegen weiterer Passagen des Buches erhoben worden. Die Frage der Authentizität der Zitate ist zudem erst im Verlaufe des Rechtsstreits erstmals thematisiert worden.

1004
Dass gegen die nach dem Klägervortrag ebenfalls mit einer Autorisierungsabrede begleiteten Publikation des Dr. AV nicht vorgegangen worden sein mag, dürfte hingegen wegen der geringeren Breitenwirkung und der inhaltlich geringeren Brisanz der Veröffentlichung unschädlich sein. Unschädlich erscheint dem Senat auch – mag der Verweis des Landgerichts auf die Internetveröffentlichungen bezogene Entscheidung BGH v. 17.12.2013 – VI ZR 211/12, NJW 2014, 2029 nicht ohne weiteres tragen – ferner dass bis Ende 2017 gegen die Veröffentlichungen im Spiegel keine weiteren rechtlichen Schritte eingeleitet worden sind. Zum einen betraf diese Veröffentlichung nur einen Teil der hier streitgegenständlichen Äußerungen, zum anderen war die Publikation letztlich nur durch die hier streitgegenständliche Buchveröffentlichung als Kern der Verletzungshandlungen ausgelöst. Dem Erblasser als Verletzten war ein gerichtliches Vorgehen gegen ein eigenständiges Presseunternehmen zudem auch letztlich unzumutbar, da – wie die vor dem Senat anhängigen Verfahren zeigen – die Rechtsverfolgung ohnehin schwierig war und bei der Interessenabwägung in einem solchen Fall u.U. der Pressefreiheit (jedenfalls bei authentischen Zitaten) möglicherweise eher größerer Raum zuzubilligen sein könnte. Darauf musste der Erblasser sich nach Ansicht des Senats nicht zwingend auch noch einlassen, um des Anspruchs auf Geldentschädigung nicht verlustig zu gehen.

1005
B. Durch den Tod des Erblassers nach Erlass des nicht rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Urteils kommt es aber – wie eingangs bereits gesagt – auf das zu A. Gesagte letztlich nicht an, weil auch ein – hier unterstellter – zu Lebzeiten entstandener Anspruch des Erblassers auf Geldentschädigung aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten jedenfalls grundsätzlich nicht vererblich war und mit dem Tod des Erblassers erloschen ist (dazu sogleich I.). Vorliegend gilt auch nicht ausnahmsweise im konkreten Einzelfall wegen dessen besonderer Umstände etwas anderes (dazu unten II.).

1006
I. Nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (grundlegend BGH v. 29.04.2014 – VI ZR 246/12, GRUR 2014, 702 Tz. 8 ff.) ist der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung aus § 823 Abs. 1 BGB, Art 1 Abs. 1, Art 2 Abs. 1 GG – ungeachtet der zwischenzeitlichen Streichung von § 847 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. mit seiner Sonderregelung für die Vererblichkeit von Schmerzensgeldansprüchen – im Grundsatz nicht vererblich. Dem schließt der Senat sich an.

1007
1. Dies höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage hat ihre Berechtigung darin, dass der bei der Geldentschädigung anders als bei einem Schmerzensgeldanspruch (§ 253 BGB bzw. § 847 BGB a.F.) regelmäßig eindeutig im Vordergrund stehende sogenannte Genugtuungsgedanke mit dem Ableben des von der Verletzungshandlung konkret Betroffenen regelmäßig an Bedeutung verliert und sich die im Vordergrund stehende in Art 1 Abs. 1 GG und Art 2 Abs. 1 GG wurzelnde Genugtuungsfunktion dieses Rechtsinstituts damit faktisch erledigt. Gründe, von einem Fortbestehen eines zu Lebzeiten entstandenen Geldentschädigungsanspruchs auch über den Tod des Verletzten hinaus auszugehen, bestehen daher unter diesem Gesichtspunkt zumindest im Allgemeinen nicht. Der sogenannte Präventionsgedanke – also die Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen durch die besondere Sanktion einer Geldentschädigung, die als (weiterer) Zweck des Rechtsinstituts der Geldentschädigung anerkannt ist (vgl. zuletzt BVerfG v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15, AfP 2017, 228 Tz. 10 m.w.N.) – kann den Zahlungsanspruch bei einem todesbedingten Zurücktreten der Genugtuungsfunktion allein nicht (mehr) tragen. Etwas anderes ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen, etwa speziell mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG und die anerkannte Vererblichkeit des Schmerzensgeldanspruchs oder auch des Anspruchs auf materiellen Ersatz wegen eines Eingriffs in „vermögenswerte Bestandteile“ des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (dazu allg. BGH v. 06.12.2005 – VI ZR 265/04, NJW 2006, 605 Tz 15 f. m.w.N.). Denn diese Rechtsinstitute sind mit dem Anspruch auf Geldentschädigung als besonderer Ausnahmerechtsbehelf zum Schutz (nur) der ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nicht vergleichbar.

1008
An dieser Rechtsprechung, die zunächst im Todeszeitpunkt (nur) anhängig gemachte zu Lebzeiten entstandene Ansprüche auf Geldentschädigung betraf, hat der Bundesgerichtshof im Folgenden trotz der gesetzlichen Sonderregelung in § 167 ZPO und trotz erheblicher Kritik aus dem Schrifttum festgehalten (BGH v. 29.11.2016 – VI ZR 530/15, AfP 2017, 239 Tz. 8 sowie unter Nachweis zahlreicher kritischer Stimmen zuletzt BGH v. 23.05.2017 – VI ZR 261/16, AfP 2017, 421 Tz. 12). Er hat die oben dargestellten Erwägungen – das war mit Blick auf § 847 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. bzw. § 1300 Abs. 2 BGB a.F. zuvor offen geblieben (vgl. BGH v. 29.04.2014 – VI ZR 246/12, GRUR 2014, 702 Tz. 25; v. 04.06.1974 – VI ZR 68/73, GRUR 1974, 797, 800 – Fiete Schulze) – folgerichtig auch auf zu Lebzeiten noch rechtshängig (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1, 270 ZPO) gemachte Ansprüche übertragen (BGH v. 23.05.2017 – VI ZR 261/16, AfP 2017, 421 Tz. 13 ff.; zustimmend Stender-Vorwachs, GRUR-Prax 2017, 441; Burmann/Jahnke, NZV 2017, 401, 412 f.; Krause, NotBZ 2017, 381; Herberger, jurisPR-FamR 18/2017 Anm. 3; BeckOK-BGB/Bamberger, Ed. 45, § 12 Rn. 362; M. Schmidt in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 1922 Rn. 104.1; Jahnke, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018, § 844 Rn. 269, § 253 Rn. 31c; vgl. auch von Pentz, AfP 2018, 97, 107 f.) – und damit gerade auch auf Gestaltungen wie im vorliegenden Fall. Auch in solchen Konstellationen ist mit der besonderen Funktion des Anspruchs auf Geldentschädigung als Ausnahmerechtsbehelf zu argumentieren, bei der der Präventionsgedanke den Anspruch nach dem Tod des Betroffenen allein schlichtweg nicht (mehr) tragen kann. Denn – und dies gilt auch in Fällen der vorherigen Rechtshängigkeit des Anspruchs, die an dieser Grundproblematik nichts zu ändern vermag – der Genugtuungsaspekt verliert mit dem Tod des Betroffenen unwiederbringlich an Bedeutung. Die gesetzliche Sonderregelung zur Vererblichkeit von Schmerzensgeldansprüchen in § 847 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. ist zudem historisch ohnehin anders zu deuten (BGH a.a.O.): Beabsichtigt war seinerzeit, dem Erben die Verfolgung von Schmerzensgeldansprüchen, die man im Kern für anstößig hielt, wenn der Verletzte selbst u.U. daran nicht gedacht hatte, nur ausnahmsweise zu gestatten und dies eben nur dann, wenn die Ansprüche bereits anerkannt oder rechtshängig gemacht waren. Allein aus der Streichung dieser ausdrücklichen Regelung (und aus § 34 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, Halbsatz 2 BDSG a.F.) kann daher methodisch mit den zutreffenden Überlegungen des VI. Zivilsenats keinesfalls der allgemeine Rechtsgedanke einer Vererblichkeit aller rechtshängig gemachten nichtvermögensrechtlichen Ansprüche abgeleitet werden. Hinzu kommt, dass Schmerzensgeld und Geldentschädigung als Rechtsinstitute verschiedene dogmatische Wurzeln haben, zumal der Geldentschädigungsanspruch auf den staatlichen Schutzauftrag aus Art. 1 und 2 Abs. 1 GG zurückgeht und aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet wird (BGH v. 05.10.2004 – VI ZR 255/03 , BGHZ 160, 298 Tz. 13; v. 06.12.2005 – VI ZR 265/04, BGHZ 165, 203 Tz. 8). Schon dies hat zur Folge, dass etwaige gesetzliche Änderungen in den § 847 BGB a.F. bzw. § 253 BGB den Geldentschädigungsanspruch schon grundsätzlich nicht tangieren (vgl. auch von Pentz, AfP 2018, 97, 108). Dass bei nichtvermögenswerten Rechtsverhältnissen die Unverblichkeit schließlich ohnehin sogar die Regel sein soll (so pauschal MüKo-BGB/Leipold, 7. Aufl. 2017, § 1999 Rn. 19; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1922 Rn. 36), rundet diese Sichtweise des Bundesgerichtshofs und die Annahme einer grundsätzlichen Unvererblichkeit letztlich nur ab.

1009
2. In Anknüpfung an die bereits zuvor gegen die Annahme einer grundsätzlichen Unvererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung erhobene Kritik wird die Linie des Bundesgerichtshofs zwar im Schrifttum auch weiterhin angegriffen (vgl. insbesondere Schack, JZ 2018, 44 ff.; siehe ferner Preuß, LMK 2017, 395735; Ludyga, FamRZ 2017, 1618 f.). Die insofern – und auch im hiesigen Verfahren von Klägerseite – vorgebrachten Argumente rechtfertigen indes keine Abweichung von der aufgezeigten Rechtsprechung. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1010
a) Soweit daran angeknüpft wird, dass der historische Gesetzgeber der Genugtuungsfunktion im Schadens- und Deliktsrecht keine besondere Bedeutung beigemessen habe, der Präventionsgesichtspunkt daher im Vordergrund stehe und dieser deswegen auch die Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung begründen könne (so Ludyga, FamRZ 2017, 1618 f.), hat sich der Bundesgerichtshof damit – zumal der Gedanke nicht neu ist (Ludyga, ZWE 2014, 333, 337 f., vgl. zum Streitstand mit älteren Nachweisen Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, 2011, S. 39 f.) – bereits auseinandergesetzt. Der VI. Zivilsenat hat zu Recht betont, dass das Institut der Geldentschädigung – auf dem staatlichen Schutzauftrag aus Art 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art 2 Abs. 1 GG fußend – aus seiner Genese heraus vor allem Genugtuungsfunktion hat. Dass diese mit dem Tod des Betroffenen aber auch bei einem zuvor rechtshängig gemachten Anspruch an Bedeutung verliert, liegt indes auf der Hand. Dass aber der verbleibende Präventionsgedanke allein das Zubilligen einer Geldentschädigung nicht tragen kann, entspricht jahrzehntelanger, gefestigter Rechtsprechung (siehe etwa nur BGH v. 05.03.1974 – VI ZR 228/72, BeckRS 1974 30390935); für die Vererblichkeitsfrage kann insoweit nichts anderes gelten. Gerade in Fällen wie dem vorliegenden ist vielmehr überzeugend, dass ein Anknüpfen an Präventionsgesichtspunkte nach dem Tod des Betroffenen auch aus einem anderen Grund nicht durchzugreifen vermag. Der Präventionsgedanke – den auch das Bundesverfassungsgericht durchaus als einen Zweck des Anspruchs auf Geldentschädigung anerkennt (zuletzt BVerfG v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15, AfP 2017, 228 Tz. 10 m.w.N.) – spielt vor allem eine Rolle beim Schutz einzelner Betroffener vor rechtswidrigen „Medienkampagnen“ und Zwangskommerzialisierungen und dort speziell bei der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung. Es geht dabei durchweg um Fälle einer rücksichtslosen Zwangskommerzialisierung einer Person, in denen die Präventionsfunktion der Geldentschädigung im Sinne eines Hemmungseffekts bei wiederholt hartnäckigen Verletzungen (vgl. etwa BGH v. 05.10. 2004 – VI ZR 255/03, NJW 2005, 215, 218) deutlicher in den Vordergrund rückt, weil der Einbruch in das Persönlichkeitsrecht vorsätzlich zum Zwecke der Gewinnerzielung erfolgt (grundlegend auch etwa BGH v. 15.11.1994 – VI ZR 56/94, GRUR 1995, 224; v. 05.12.1995 – VI ZR 332/94, GRUR 1996, 373; siehe ferner BGH v. 17.12.2013 – VI ZR 211/12, GRUR 2014, 693 Tz. 49). Der Gedanke wird gerade in Wiederholungsfällen von Bedeutung sein und dient auch dann konkret dem Schutz eines Betroffenen (vgl. nur BVerfG v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15, AfP 2017, 228 Tz. 12), etwa beispielsweise einem von regelrechten Medienkampagnen verfolgten Prominenten.

1011
Ein solcher Präventionsgedanke kann bei genauerem Hinsehen in Fällen wie dem hier vorliegenden aber keine überragende Bedeutung gewinnen. Denn die gerade angeführte Rechtsprechung dient – worauf die Beklagte zu 3) zutreffend auf S. 3 f. der Berufungsbegründung vom 04.08.2017 (Bl. 3746 f. d.A.) hinweist – keineswegs generellen Präventionsaspekten mit dem Ziel, durch „Strafandrohung“ die Presse zu „erziehen“ und zur Einhaltung der rechtlichen Vorgaben in der Zukunft zu drängen (vgl. auch Burkhard, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap 14 Rn. 127). Der Bundesgerichtshof hat mit Urt. v. 05.10.2004 – VI ZR 255/03, NJW 2005, 215, 216 das Rechtsinstitut der Geldentschädigung zu Recht nicht als verhaltenssteuernd-poenal und damit als „Strafe“ i.S.d. Art. 103 GG eingeordnet, sondern (nur) als Ausfluss des Schutzauftrages aus Art 2 Abs. 1 GG und Art 1 Abs. 1 GG im Interesse (nur) eines konkretBetroffenen. Eine Kompensation ohne individuellen Schaden ausschließlich aus generalpräventiven Gründen wäre kein Ausgleichsinstrument, sondern eine Strafe und damit ein Systembruch im deutschen Recht (so auch Canaris, FS Deutsch 1999, 85, 107; Hartl, Persönlichkeitsrechte als verkehrsfähige Vermögensgüter, Diss. Konstanz, 2004, S. 179). Der von der Genese des Rechtsinstituts erforderliche „Individualbezug“ der Präventionsüberlegungen zeigt sich auch an anderer Stelle: So wird in Fällen, in denen bei einem Erstverstoß die Interessen des konkret Betroffenen noch durch einen Unterlassungstitel ausreichend zu wahren sind und bei denen deswegen eine Geldentschädigung (noch) nicht zum Ausgleich erforderlich ist, bei wiederholten und hartnäckigen Verstößen (auch) aus Präventionsgesichtspunkten dem konkreten Betroffenen möglicherweise schneller ein Geldentschädigungsanspruch zugebilligt werden (BVerfG v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15, AfP 2017, 228 Tz. 12). Dies stellt aber keine Generalprävention, sondern nur einen erweiterten Individualschutz dar.

1012
Diese im Normzweck angelegten Überlegungen eines aus Präventionszwecken verstärkten Individualschutzes laufen nach dem Tod eines Betroffenen – und das ist für den Senat im vorliegenden Fall ein ganz zentraler Aspekt – aber weitgehend leer: Zwar argumentiert insbesondere die Beklagte zu 3) auf S. 4 der Berufungsbegründung vom 04.08.2017 (Bl. 3747 d.A.) nicht stimmig, wenn sie ausführt, dass nach dem Tod des Betroffenen aus der Natur der Sache keine weiteren Persönlichkeitsrechtsverletzungen mehr drohen. Denn es kann zumindest eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts des konkret Betroffenen weiterhin zu befürchten sein und damit auch noch ein konkreter Individualbezug bestehen. Dieser Gedanke führt aber dennoch nicht weiter: Selbst wenn ausnahmsweise eine Vererblichkeit eines zu Lebzeiten entstandenen Geldentschädigungsanspruchs (allein) aus Präventionsgesichtspunkten abgeleitet würde, wäre zumindest für etwaige künftige Verletzungen des (dann nur postmortalen) Persönlichkeitsrechts des Betroffenen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes schon mangels Rechtsträgers keine (postmortale) Geldentschädigung (mehr) zu zahlen, gleich wie schwer die (postmortale) Persönlichkeitsverletzung künftig auch ausfallen mag (vgl. etwa nur BGH v. 29.04.2014 – VI ZR 246/12, GRUR 2014, 702 Tz. 18; v. 06.12.2005 – VI ZR 265/04, NJW 2006, 605 Tz 11 ff.; v. 01.12.1999 – I ZR 49/97, AfP 2000, 356 = juris, Tz. 61 – Marlene Dietrich; v. 01.12. 1999 – I ZR 226/97, NJW 2000, 2201 f. – Der blaue Engel; v. 04.06.1974 – VI ZR 68/73, GRUR 1974, 797, 800 – Fiete Schulze; v. 05.03.1974 – VI ZR 89/73, GRUR 1974, 794, 795 – Todesgift; zustimmend Staudinger/Kunz, BGB, 2017, § 1922 Rn. 302; Schack, JZ 2018, 44, 45; Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 32 Rn. 20; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, 13. Aufl. 1994, § 80 VI 4, S. 536; siehe etwa auch OGH Wien v. 22.12.2016 – 6 Ob 209/16b, GRUR Int. 2017, 469, 471 zu Ziff. 5.1 ff.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung in postmortalen Fällen ist unter Berücksichtigung des staatlichen Schutzauftrages, der als solcher nicht mit dem Tod endet (BVerfG v. 24.02.1971 – 1 BvR 435/68, BVerfGE 30, 173, 194 – Mephisto), verfassungsrechtlich nicht geboten, weil die Rechtsordnung andere Möglichkeiten zum Schutz der auch nach dem Tod noch geschützten Menschenwürde (etwa in Form zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche) bereithält (vgl. deutlich BVerfG v. 19.10.2006 – 1 BvR 402/06, ZUM 2007, 380 Tz. 24). Der Präventionsgedanke würde also dann allenfalls eine „einmalige“ vererbliche Geldentschädigung über den Tod des Betroffenen hinaus tragen und ansonsten jedoch leerlaufen, weil im Wiederholungsfalle weitere Geldentschädigungen zweifelsfrei nicht mehr zu zahlen wären. Dann kann aber der Gedanke nach Ansicht des Senats auch nicht als belastbares Argument für eine Vererblichkeit des (einen) Anspruchs auf Geldentschädigung wegen der zu Lebzeiten verursachten Verletzungen herangezogen werden. Denn der unter Präventionsgesichtspunkten beschworene „Abschreckungseffekt“ zum Schutz des Verstorbenen würde sich nicht auswirken können, wenn ohnehin keine weitere (u.U. höhere) Geldentschädigung für künftige Verletzungshandlungen zu befürchten wäre, sondern der Schädiger sicher wissen kann, dass ihm schlimmstenfalls eine einzige Einmalzahlung (für die Vergangenheit) droht.

1013
Soweit gegen die gerade angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts grundlegend mit dem staatlichen Schutzauftrag aus Art 1 Abs. 1 GG argumentiert und die Zubilligung einer Geldentschädigung auch für postmortale Verletzungen verlangt wird (vgl. etwa nur von Strobel-Albeg, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 9 Rn. 37 unter Verweis auf OLG München v. 09.08.2002 – 21 U 2654/02, ZUM 2002, 744; siehe auch Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip 2008. S- 833 f.; Helle, AfP 2015, 216, 221; ders., Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, 1991, S. 62, 191), ließe sich daraus zwar theoretisch ein Argument für die Vererblichkeit eines zu Lebzeiten entstandenen Geldentschädigungsanspruchs ableiten, das wohl grundsätzlich auch zu einem in sich stimmigen alternativen Gesamtkonzept käme. Indes vermag der Senat dieser Fundamentalkritik an der aufgezeigten Rechtsprechung mit ihrem ebenfalls in sich stimmig entwickelten Gesamtkonzept nicht zu folgen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet der aus der Garantie der Menschenwürde folgende Schutzauftrag gerade nicht die Bereitstellung einer bestimmten Sanktion für Verletzungen der Menschenwürde. Insbesondere gibt es keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz des Inhalts, dass eine Verletzung der Menschenwürde stets einen Entschädigungsanspruch nach sich ziehen muss (BVerfG v. 19.10.2006 – 1 BvR 402/06, ZUM 2007, 380 Tz. 18 ff.; v. 27.12. 2005 – 1 BvR 1359/05, NJW 2006, S. 1580, 1581). Richtig ist zwar, dass Gerichte bei der Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale von Normen, die die Persönlichkeit auch postmortal schützen, die Fundierung des Schutzes in Art. 1 Abs. 1 GG beachten müssen. Insofern hat das BVerfG (a.a.O.) dahinstehen lassen, ob (allein) der Präventionsgedanke es sachlich-argumentativ rechtfertigen könnte, eine Geldentschädigung auch für postmortale Verletzungshandlungen zuzusprechen. Die grundsätzliche Versagung eines Geldentschädigungsanspruchs für postmortale Verletzungen durch die zivilgerichtliche Rechtsprechung begegne aber – so das BVerfG deutlich – keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; aus der Garantie der Menschenwürde folge gerade keine Pflicht der Zivilgerichte, die zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen des persönlichkeitsrechtlichen Sanktionensystems sachlich auszuweiten. Verfassungsrechtlich geboten sei eine solche Ausweitung jedenfalls dann nicht, wenn die Rechtsordnung andere Möglichkeiten zum Schutz der postmortalen Menschenwürde bereithält wie beispielsweise zivilrechtliche Unterlassungsansprüche wegen Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts (BVerfG a.a.O.).

1014
Solche Ansprüche bestehen jedoch im vorliegenden Fall. Der Senat hat mit Urteil vom heutigen Tage im parallel laufenden Unterlassungsverfahren (15 U 65/17) trotz des Todes des Erblassers auch für die Zukunft die Veröffentlichung weiter Teile der hier angegriffenen Passagen des Buches weiterhin untersagt, worauf zur Meidung von unnötigen Wiederholungen Bezug genommen wird. Ein solcher postmortaler Unterlassungsanspruch wird auch bei anderen Verletzungshandlungen anzunehmen sein, die so schwer wiegen, dass sich bei ihnen die Frage einer Geldentschädigung stellen kann und die hier zu erörternden Probleme überhaupt Thema werden können. Damit besteht auch unter diesem Gesichtspunkt kein grundsätzliches Bedürfnis für weitergehende Sanktionen nach dem Tod des Verletzten und es lassen sich auch aus dem Gedanken, dass Verstöße sanktionslos bleiben würden, keine verfassungsrechtlichen Gründe für eine Vererblichkeit eines Anspruchs auf Geldentschädigung gewinnen. Vielmehr bewegt sich die dargestellte Rechtsprechung ohne Widersprüche innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen, so dass – zumal die Rechtsprechung auch inhaltlich wegen des Normzwecks der Geldentschädigung überzeugt – keine Ausweitung des zivilrechtlichen Sanktionensystems geboten ist.

1015
Es kommt auch nicht darauf an, dass im Fall BVerfG v. 19.10.2006 – 1 BvR 402/06, ZUM 2007, 380 nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts aufgrund der damaligen Geschehensabläufe präventiv Abwehransprüche hätten geltend gemacht werden können, was im konkreten Fall im Vorfeld der Veröffentlichung aus hier nicht näher zu beleuchtenden Gründen jedenfalls gescheitert ist. Dies rechtfertigt im Ergebnis aber keine andere Sichtweise, zumal das Bundesverfassungsgericht sogar bei einer sonst nicht abwendbaren menschenunwürdigen Haftunterbringung unter Lebenden einen zwingenden Entschädigungsanspruch wegen Menschenwürdeverletzungen verneint (BVerfG v. 27.12. 2005 – 1 BvR 1359/05, NJW 2006, 1580, 1581) und sogar eine einfache gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit zum Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigungen hat genügen lassen. Eine solche gerichtliche Entscheidung könnte – wie unten zu B. I. 2. d) zu zeigen ist – prozessual aber auch in einem Zivilprozess betreffend eine Geldentschädigung nach dem Tod des Betroffenen mit den Mitteln der Zivilprozessordnung erreicht werden; auch deswegen fehlt das zwingende Bedürfnis an der Zubilligung eines generell vererblichen Geldentschädigungsanspruchs.

1016
Angesichts des Vorgenannten ist die Befürchtung der Klägerin, dass man auf postmortale Unterlassungsansprüche „beschränkt“ werde und auf etwaige weitere Verletzungshandlungen immer wieder neu reagieren müsse und „hinterher hecheln“ würde (S. 67 des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl. 4069 d.A.), zwar nicht unrealistisch, jedoch dem aufgezeigten zivilrechtlichen Schutzsystem und dessen Verzicht auf eine Geldentschädigung bei postmortalen Persönlichkeitsverletzungen geschuldet. Dass dem Schutz der Menschenwürde durch Annahme einer einmalig vererblichen Geldentschädigung nennenswert besser Rechnung zu tragen sein soll, vermag der Senat nicht zu erkennen. Wenn die Klägerin unter anderem auf S. 52/67 des Schriftsatzes vom 14.11.2017 (Bl. 4054/4069 d.A.) von der unverzichtbaren Signalwirkung einer gerichtlichen Entscheidung über eine Geldentschädigung spricht, erscheint auch dies nicht zwingend. Eine „Genugtuung“ posthum für eine vom Verstorbenen erlittene Persönlichkeitsverletzung erfordert keine Zahlung einer Geldentschädigung an die Erben, sondern ist nach Ansicht des Senats – der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs folgend – durch eine (sei es inzident erfolgende) gerichtliche Feststellung einer Lebzeiten geldentschädigungswürdigen Persönlichkeitsrechtsverletzung ebenfalls zu erreichen. Auch von einer solchen gerichtlichen Aussage zur Sach- und Rechtslage unmittelbar vor dem Todesfall, die bei geeignetem prozessualen Vorgehen durchaus in Fällen wie dem vorliegenden zu erreichen wäre, würde eine „Signalwirkung“ ausgehen, insbesondere wenn aus der gerichtlichen Entscheidung deutlich werden kann, dass der Anspruch nur durch den Tod und den damit einhergehenden Wegfall der Genugtuungsfunktion der Geldentschädigung als Ausnahmerechtsbehelf in Wegfall geraten ist. Dies würde dann die von der Klägerin (S. 68 des Schriftsatzes vom 14.11.2017 (Bl. 4070 d.A.)) befürchtete öffentliche Reaktion auf ein „Hinfälligwerden“ einer erstinstanzlichen Entscheidung nach dem Motto „So schlimm kann es nicht gewesen sein“ relativieren und die (a.a.O., S. 70) geäußerte Befürchtung, eine Entscheidung gegen die Vererblichkeit würde von den Beklagten nur als „Freibrief zur Fortsetzung ihres schändlichen Tuns“ verstanden werden. Einem solchen Verständnis wirkt zudem das das Urteil des Senats vom heutigen Tag zu Az. 15 U 65/17 im Unterlassungsverfahren entgegen.

1017
Dass eine gerichtliche Aussage zur Rechtslage vor dem Todesfall eine „Signalwirkung“ haben kann, leuchtet vorliegend umso mehr ein, als der Prozess wegen der spektakulären Gesamtumstände ohnehin im Fokus der Öffentlichkeit steht. Kann beispielsweise unter Lebenden das Erwirken eines Unterlassungstitels, bei der gebotenen Gesamtwürdigung wegen der damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohung einen Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und sogar ausschließen (BGH v. 20.03.2012 – VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Tz. 15; BVerfG v. 02.04.2017 – 1 BvR 2194/15, AfP 2017, 228 Tz. 12), muss eine, eine gerichtliche Sachaussage zur Rechtslage vor dem Todesfall enthaltende zivilgerichtliche Entscheidung jedenfalls postmortal und bei der Frage nach der Vererblichkeit einer Geldentschädigung aber ebenfalls Berücksichtigung finden können, wenn – wie hier – flankierend auch Unterlassungsansprüche durchgesetzt werden können.

1018
Ob der staatliche Schutzauftrag aus Art 1 Abs. 1 GG im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung rechtfertigen könnte, wird bei der Bildung von möglichen Ausnahmefallgruppen unten zu II. zu bedenken sein, trägt aber jedenfalls im vorliegenden Fall – um das vorweg zu nehmen – schlussendlich auch nicht.

1019
b) Aus ähnlichen Gründen wie zum Präventionsgedanken ausgeführt überzeugt es nicht, den Blick mehr auf den Schädiger zu richten und die „Sühne“ als Teil der Genugtuungsfunktion anzusehen, die mit dem Präventionsgedanken verschmilzt und so den Betroffenen „überleben“ können soll (Beuthien, GRUR 2014, 957, 958; von „Buße des Schädigers“ sprechend Staudinger/Kunz, BGB (2017), § 1922 Rn. 311/313a/315/316a für Vererblichkeit). Der Bundesgerichtshof hat einen solchen Ansatz zu Recht nicht gewählt. Eine nicht näher bestimmte „Sühnefunktion“ der Geldentschädigung findet in der Rechtsprechung keine Stütze. Zwar ist etwa der Grad des Verschuldens wichtiger Bemessungsmaßstab für die Geldentschädigung; im Kern geht es aber dennoch bei dem Rechtsinstitut um Genugtuung und Ausgleich und wie gezeigt nicht um Sühne und/oder – dazu würden die Grenzen dann nämlich wiederum verschwimmen – Strafe.

1020
c) Auch (weitere) verfassungsrechtliche Erwägungen zwingen nicht zu einer der Klägerin günstigeren Auslegung und zur Annahme einer Vererblichkeit eines Anspruchs auf Geldentschädigung.

1021
aa) Die anerkannte Vererblichkeit von Schmerzensgeldansprüchen (§ 253 BGB) sowie Ansprüchen wegen Nutzung oder Verletzung der „vermögenswerten Bestandteile“ des Persönlichkeitsrechts zwingen ebenfalls nicht zur Anerkennung einer Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung unter Gleichheitserwägungen (Art. 3 Abs. 1 GG). Denn es liegen sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Ansprüche vor, nämlich die aufgezeigten dogmatisch unterschiedlichen Wurzeln der Rechtsinstitute. Der Senat verkennt nicht, dass – was die Beklagten der Klägerseite auch vorwerfen – bei der Verfolgung von Geldentschädigungsansprüchen die Grenzen zu vermögenswerten Interessen im Einzelfall durchaus verschwimmen könnten. Dies liegt letztlich teilweise bereits in der geschichtlichen Entwicklung des Rechtsinstituts der Geldentschädigung begründet. Der Anspruch ist unter anderem deswegen geschaffen worden, weil bei rechtswidrigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht zunächst eine „Lizenzbereitschaft“ des Betroffenen verlangt worden war, um materielle Ansprüche (insbesondere auf eine sogenannte Lizenzanalogie) geltend machen zu können. Dies ließ ein Bedürfnis nach einem weiteren lückenfüllenden Ausgleichsanspruch in Fällen virulent werden, in denen der Betroffene sich gegen die Auswertung seiner Persönlichkeitsrechte gerade wegen Ehrbeeinträchtigungen oder ähnlichem gewehrt hat (vgl. nur BGH v. 14.02.1958 I ZR 151/56, GRUR 1958, 408 – “Herrenreiter”). Diese strenge Lesart ist im Jahr 2006 durch den Bundesgerichtshof aufgegeben worden (BGH v. 26.10. 2006 – I ZR 182/04 –, BGHZ 169, 340 Tz. 12 für weitergehende Lizenzanalogie). Heute stellt sich bei der Geldentschädigung daher die Frage, in welchem Verhältnis ein möglicher (fiktiver) Lizenzanspruch und eine Geldentschädigung bei Zwangskommerzialisierungen mit negativer Konnotierung stehen. Hier mag heute fraglich erscheinen, ob ein Bedürfnis für eine Geldentschädigung neben möglichen materiellen Ansprüchen bestehen kann, insbesondere für einen „überschießenden“ persönlichkeitsrechtverletzenden Teil (vgl. dazu etwa Korte, Praxis des Presserechts, 2014, § § 5 Rn. 145 m.w.N.; zu diesem Aspekt mit Blick auf postmortale Ansprüche auch Schweers, Die vermögenswerten und ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nach dem Tod des Trägers, Diss. Köln 2006, S. 201 f. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist auch die Diskussion um das Klägervorbringen zur sogenannten Lizenzanalogie zu sehen (vgl. S. 19 des Schriftsatzes der Beklagten zu 3) vom 12.01.2018, Bl. 4244 d.A.), welches nur als Hilfsüberlegung zur Bemessung der Geldentschädigung zu verstehen ist (vgl. S. 14 des Schriftsatzes vom 29.07.2016, Bl. 1771 d.A.). Wird zu Lebzeiten aber ein über die mögliche Lizenzanalogie hinausgehendes Ausgleichsinteresse bejaht, steht der Anspruch auf Geldentschädigung dennoch auf anderer dogmatischer Grundlage als der Ersatzanspruch. Der Ausnahmecharakter der Geldentschädigung sowie der Wegfall der Genugtuungsmöglichkeit mit dem Tod des Betroffenen tragen mithin eine unterschiedliche Behandlung auch in der Vererblichkeitsfrage. Der zentrale Gesichtspunkt der Begründung einer Geldentschädigung – die Genugtuungsfunktion – tritt mit dem Tod des Betroffenen unwiederbringlich zurück. Zudem können Erben jedenfalls materielle Ansprüche wegen etwaiger zu Lebzeiten (und auch postmortaler) Persönlichkeitsverletzungen hinsichtlich der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts geltend machen, was ebenfalls dem staatlichen Schutzauftrag aus Art 1 Abs. 1 GG und Art 2 Abs. 1 GG gerecht wird und in gewissem Maße auch zum Ausgleich der erlittenen Verletzungen beitragen kann.

1022
bb) Soweit Schack (JZ 2018, 44, 46) in der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine mittelbare Altersdiskriminierung sieht, die – wenn auch nicht direkt in Art. 3 Abs. 2 GG geregelt – über den mittelbare Diskriminierungen ebenfalls grundsätzlich verbietenden Art. 3 Abs. 1 GG (dazu BVerfG v. 07.05.2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, NJW 2013, 2257 Tz. 75) eine abweichende Auslegung gebiete, vermag der Senat dies nicht zu erkennen. Dies ist schon mit Rücksicht darauf der Fall, dass es auch sonst unvererbliche (höchstpersönliche) Ansprüche gibt, wie das Zivilrecht grundsätzlich anerkennt (für Regelfall der Unvererblichkeit bei nichtvermögenswerten Rechtsverhältnissen erneut MüKo-BGB/Leipold, 7. Aufl. 2017, § 1922 Rn. 19; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1922 Rn. 36). Die grundsätzliche Unvererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung liegt – mag sie ältere Kläger auch statistisch häufiger treffen als jüngere – zudem nicht in der Person des Betroffenen begründet, sondern im Normzweck des Instituts der Geldentschädigung, deren Genugtuungsfunktion nach dem Tod kraft Natur der Sache an Bedeutung verliert. Eine mittelbare Altersdiskriminierung vermag der Senat darin nicht zu erkennen, zumal auch jung sterbende Kläger gleichsam betroffen wären. Jedenfalls ist die unterschiedliche Behandlung nach dem oben aufgezeigten Normzweck des Rechtsinstituts sachlich gerechtfertigt und liegt in der Funktion dieses außerordentlichen Ausgleichsanspruchs verwurzelt.

1023
Dass nach Ansicht der Klägerin damit bei alten und kranken Betroffenen bei der Verfolgung von Geldentschädigungsansprüchen u.U. ein „makabrer Wettlauf mit der Zeit“ beginnt und „alte und Kranke zum Freiwild von Rechtsverletzern“ werden, dass der Rechtsschutz für sie somit schon zu Lebzeiten „verkümmert“ (S. 46 des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl. 4048 d.A.), ist genauso wie ihr Ansatz (S. 58 ff. der Berufungsbegründung (Bl. 3935 ff. d.A.)), dass mit der Annahme einer Unvererblichkeit des Anspruchs das Persönlichkeitsrecht zu einem „zahnlosen Tiger“ würde, was wiederum eines Rechtsstaats nicht würdig“ sei, nicht behilflich. Denn das sind letztlich sämtlich aus dem Schrifttum lange vorbekannte Argumente, die den Bundesgerichtshof nicht von der Bestätigung und Ausweitung seiner aufgezeigten Rechtsprechung in dieser Frage abgehalten haben. Diese Argumente ändern an der postmortal fehlenden Genugtuungsfunktion nichts, die jedoch die tragende Grundlage des Anspruchs auf Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellt. Die Argumente haben den Gesetzgeber auch nicht – wie im Bereich des Schmerzensgelds – zum Einschreiten veranlasst, obwohl die Thematik seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert wird.

1024
Der Senat verkennt nicht, dass die möglicherweise recht langen Zeiträume bis zu einem rechtskräftigen Abschluss eines komplexen Zivilstreits über u.U. mehrere Instanzen hinweg im Todesfall des Betroffenen zu für den Laien schwer nachvollziehbaren Ergebnissen führen und von vielen als „ungerecht“ empfunden werden könnten. Die gerichtliche Verfahrensdauer wirkt sich dann nur zu Gunsten des Schädigers aus, der so vom Tod seines „Opfers“ noch „profitiert,“ Insofern ist nicht ohne Grund befürchtet worden, dass die dargestellte Rechtsprechung der „Regenbogenpresse“ in die Karten spielen könne, die Gerichtsverfahren durch den Instanzenzug in die Länge ziehen und auf das Ableben warten zu können (vgl. etwa NJW-Spezial 2017, 583). Ungeachtet dessen hat der Bundesgerichtshof – der auch diese Argumente aus dem Schrifttum gekannt hat – methodisch korrekt und stringent mit dem Ausnahmecharakter der Geldentschädigung argumentiert, bei der die diese tragende Genugtuungsfunktion nach dem Ableben des Betroffenen in Wegfall gerät, so dass der Anspruch sich als grundsätzlich unvererblich erweist.

1025
Daher überzeugt es auch nicht, dass Schack aus §§ 291, 818 Abs. 4, 989, 987, 996 BGB abzuleiten versucht, dass jedenfalls nach Rechtshängigkeit eines Anspruchs auf Geldentschädigung die unvermeidliche Verfahrensdauer dem Betroffenen nicht mehr zu Nachteilen gereichen dürfe, zumal der Betroffene nicht mehr tun könne, als ein gerichtliches Verfahren einzuleiten (Schack, JZ 2018, 44, 45). Auch dies sind letztlich vorbekannte Argumente, die der Bundesgerichtshof zumindest mit Blick auf § 167 ZPO in ähnlicher Form abgewogen und bedacht hat. Der Wegfall der Genugtuungsfunktion mit dem Tod des Betroffenen ist und bleibt auch gegen diesen Ansatz das zentrale Gegenargument. Daher führt es auch nicht weiter, statt an die „rechtskräftige Anerkennung“ einer Geldentschädigung durch ein rechtskräftiges Urteil an die (abstrakte) „Anerkennung“ (allein) durch die Rechtsordnung und die gewisse „Verstärkung“ dieses Gesichtspunkts durch die Gewissheit, dass der so entstandene Anspruch rechtlich auch den Tod überdauern wird, anzuknüpfen (so aber Preuß, LMK 2017, 395735). Mit den ähnlichen Argumenten von Beuthien, GRUR 2014, 957 hat der Bundesgerichtshof sich auseinandergesetzt (BGH v. 23.05.2017 – VI ZR 261/16, AfP 2017, 421 Tz. 12); auch der Senat sieht keinen Anlass für eine andere Bewertung. Zwar ist richtig, dass ein Abstellen auf die Rechtskraft einer Entscheidung bei unmittelbar von der Rechtskraft abhängigen Gestaltungsurteilen möglicherweise einfacher zu begründen wäre als bei Leistungsurteilen (damit argumentierend Schack, JZ 2018, 44, 46). Indes geht es um die Genugtuung des Betroffenen durch ein endgültiges befriedigendes Urteil, die mit den Argumenten des Bundesgerichtshofes aber tatsächlich erst mit Rechtskraft des Leistungsurteils eintritt, so dass kein Unterschied zu einem Gestaltungsurteil mehr feststellbar ist.

1026
cc) Eine Vererblichkeit des Anspruchs lässt sich schließlich nicht aus Art 14 Abs. 1 GG herleiten. Zwar unterfallen auch Forderungen grundsätzlich dem Schutz des Eigentums, doch sind nichtvermögenswerte Ansprüche wie die vorliegenden schon von Anfang an mit dem Nimbus der Unvererblichkeit behaftet, die nur eine (verhältnismäßige) Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt; die Forderung ist tatsächlich auch nie in weitergehender Form zur Entstehung gelangt. Dass es Vererblichkeitsbeschränkungen geben kann, ist im Übrigen in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts anerkannt (vgl. nur BVerfG v. 08.07.1976 – 1 BvL 19/75, BVerfGE 42, 263 = juris Tz. 148; BVerfG v. 01.121965 – 1 BvR 412/65, BVerfGE 19, 202 = juris Tz. 10 ff.); die konkrete Ausgestaltung durch die Rechtsprechung im konkreten Fall ist aus vorgenannten Gründen nicht zu beanstanden und nicht unverhältnismäßig.

1027
d) Auch das weitere Argument, dass dem Erben „verfahrens- und materiell-rechtlich die Hände gebunden“ seien, wenn der Betroffene während eines Rechtsstreits stirbt (NJW-Spezial 2017, 583), trägt keine andere Sichtweise. Auch die Klägerin (S. 44/46 des Schriftsatzes vom 14.11.2017 (Bl.4046/4048 d.A.)) macht zu Unrecht geltend, dass die Nichtvererblichkeit des Anspruchs mit hohen finanziellen Risiken für den Erben einhergehe. Insofern ist – nach Aufnahme des Rechtsstreits durch den Erben (§§ 246, 239 ZPO) – eine Erledigungserklärung als ein denkbarer prozessualer Ausweg im Schrifttum angesprochen worden (Preuß, LMK 2017, 395735; vgl. allgemein auch K.Müller, Postmortaler Rechtsschutz – Überlegungen zur Rechtssubjektivität Verstorbener, Diss Passau, 1996, S. 269 f.). Der Senat hat darauf im Termin vom 15.02.2018 (Bl. 4389 d.A.) auch hingewiesen. Mit Blick auf das Risiko, dass bei einer Zustimmung der Beklagten zu einer Erledigungserklärung jedenfalls bei schwierigen Rechts- und Tatsachenfragen im Rahmen der dann zu treffenden Billigkeitsentscheidung nach § 91a ZPO u.U. eine Kostenaufhebung drohen könnte, kann der Erbe auch dies prozessual einfach umgehen. Er kann – wie auch sonst in Erledigungssituationen – seine Klage auf einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, gerichtet auf Erstattung der erforderlichen Rechtsverfolgungskosten, umstellen. Diese Kosten müssten richtigerweise nicht einmal beziffert werden, sondern könnten – wie bei Stufenklagen (BGH v. 05.05.1994 – III ZR 98/93, NJW 1994, 2895; Anders/Gehle, Antrag und Entscheidung im Zivilprozess, 3. Aufl. 2000, Rn. 397 ff., 481 ff.), in sonstigen Erledigungssituationen und in den Fällen des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO (statt aller etwa MüKo-ZPO/Schulz, 6. Aufl. 2016, § 91a Rn. 20; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 91a Rn. 32 jeweils m.w.N.; die Entscheidung des KG v. 26.02.2018 – 8 W 2/18, MDR 2018, 559 i.V.m. dem Berichtigungsbeschluss vom 01.03.2018 – 8 W 2/18, BeckRS 2018, 3160 trägt keine andere Sichtweise) – sogar durch einfachen Feststellungsantrag (§ 256 ZPO) geltend gemacht werden. Im Zuge einer so umgestellten Klage würde die Berechtigung des Anspruchs auf Geldentschädigung zu Lebzeiten umfassend gerichtlich (inzident) geklärt, wobei gegebenenfalls über streitige entscheidungserhebliche Tatsachenfragen vollumfänglich Beweis zu erheben wäre. Ob daneben – wie etwa in den Fällen eines Rehabilitierungsbedürfnisses nach rechtswidrigen Hausverboten (BGH v. 17.06.2016 – V ZR 272/15, NJW-RR 2016, 1404 mit Bejahung eines Feststellungsinteresses bei „tiefgreifenden Grundrechtseingriffen“) – anstelle einer solchen Vorgehensweise sogar eine (ungeschriebene) zivilrechtliche „Fortsetzungsfeststellungsklage“ (auch) in solchen Fällen allgemein anzuerkennen wäre (vgl. zur Ausgleichsfunktion einer gerichtlichen Feststellung aus verfassungsrechtlicher Sicht auch BVerfG v. 27.12. 2005 – 1 BvR 1359/05, NJW 2006, 1580, 1581), bedarf ebenso wenig der Vertiefung wie die Frage, ob und wie diese Aufgabe auch eine Zwischenfeststellung (§ 256 Abs. 2 ZPO) übernehmen könnte, wenn nur noch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche verfolgt würden. Denn solche prozessualen Wege hat die Klägerin – trotz des Hinweises des Senats im Termin – nicht eingeschlagen.

1028
e) Schließlich streitet für die Annahme einer Unvererblichkeit jedenfalls in der Tendenz nach Ansicht des Senats eine Parallele zu dem Anspruch auf Abdruck einer Gegendarstellung. Zwar fußen die diesen Anspruch regelnden Pressegesetze – ähnlich wie die Geldentschädigung – letztlich auch auf den staatlichen Schutzpflichten aus Art 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG (vgl. nur BVerfG v. 08.02.1983 – 1 BvL 20/81, NJW 1983, 1179, 1180). Der Gegendarstellungsanspruch schützt das ideelle Interesse des Betroffenen, mit eigenen Worten einer Tatsachenbehauptung entgegenzutreten. Hierfür ist nahezu allgemein anerkannt, dass es sich um einen untrennbar mit der Person des Betroffenen verbundenen, nicht vermögensrechtlichen Anspruch handelt, der nicht vererblich ist. Der Gegendarstellungsanspruch erlischt selbst dann mit dem Tod des Betroffenen, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten tituliert worden ist; nach dem Tod des Betroffenen kann der in Anspruch genommene Verlag die Aufhebung der die Veröffentlichung der Gegendarstellung anordnenden einstweiligen Verfügung verlangen (KG v. 26.01.2007 – 9 U 251/06, AfP 2007, 137; Soehring, in Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 13 Rn. 9; Seitz, Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Aufl. 2017, § 4 Rn 22a, § 13 Rn. 26; Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, 2011, S. 36 f.; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl. 2018, § 1922 Rn. 36. AA nur Brost, AfP 2015, 510, 513). Auch daran zeigt sich, dass in bestimmten, mit dem Persönlichkeitsrecht der lebenden Person untrennbar verbundenen Fällen mit dem Tod des Betroffenen Ausgleichsinstrumente nach Persönlichkeitsbeeinträchtigungen entfallen, wenn sie – wie die Geldentschädigung nach Wegfall ihrer Genugtuungsfunktion – aufgrund des Todesfalles ihre eigenständige Bedeutung verloren haben.

1029
3. Etwas anderes – mit der Konsequenz eines Fortbestandes eines Anspruchs zumindest in entsprechender Höhe – folgt schließlich auch nicht daraus, dass der Anspruch vor dem Tod des Erblassers in Höhe von 1 Mio. EUR erstinstanzlich zuerkannt worden ist (für Vererblichkeit in solchen Fällen mit Blick auf das vorliegende Verfahren aber Felsig, EWiR 2017, 595). Diesem auch in der Berufungsbegründung der Klägerin (dort S. 60 = Bl. 3937 ff. d.A.) anklingenden Gedanken steht entgegen, dass der Bundesgerichtshof (BGH v. 23.05.2017 – VI ZR 261/16, AfP 2017, 421 Tz. 18) ausgeführt hat, dass eine „Genugtuung“ überhaupt erst mit der rechtskräftigen Zuerkennung eines Anspruchs auf Geldentschädigung eintreten kann. Denn erst mit der Rechtskraft wird eine hinreichend „gesicherte Position“ erlangt (BGH a.a.O.). Eine solche Lesart erscheint dem Senat allein folgerichtig. Die noch nicht rechtskräftige Zuerkennung einer Geldentschädigung in der Eingangsinstanz verspricht zwar menschlich unter Umständen eine gewisse Erleichterung und „Genugtuung“ durch die Bestätigung der eigenen Position durch ein Gericht, dies ist andererseits aber nicht hinreichend im Sinne eines Vermögenswerts „verfestigt“, um eine Vererblichkeit dieser Position rechtfertigen zu können. Dass ein noch nicht rechtskräftiges erstinstanzliches Urteil bei wirtschaftlicher Betrachtung einen gewissen „Vermögenswert“ haben mag, rechtfertigt keine andere Sichtweise. Ob bei einer – zwar nicht rechtlich zur Erfüllungswirkung i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB führenden (statt aller MüKo-BGB/Fetzer, 7. Aufl. 2016, § 362 Rn. 28 m.w.N.), aber wirtschaftlich den Betroffenen materiell (scheinbar) befriedigenden – Vollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel etwas anderes gegolten hätte, bedarf keiner Entscheidung, weil der Erblasser von dieser Möglichkeit bewusst keinen Gebrauch gemacht hat (S. 59 der Berufungsbegründung der Klägerin, Bl. 3936 d.A.). Dass dies letztlich auch die Klägerin so sieht, zeigt sich daran, dass sie auf S. 44 des Schriftsatzes vom 14.11.2017 (Bl. 4046 d.A.) selbst betont, dass das Urteil dem Erblasser zu Lebzeiten noch keine vollständige Genugtuung habe verschaffen können und er um die fehlende Rechtskraft gewusst habe.

1030
II. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist im konkreten Fall auch keine Ausnahme von der zu I. aufgezeigten grundsätzlichen Unvererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung anzunehmen. Dabei folgt der Senat nicht den Beklagten zu 1) und 2) (S. 28 f. des Schriftsatzes vom 12.01.2018, Bl. 4031 f. d.A.), die vortragen, der VI. Zivilsenat hätte beim Abfassen seiner Entscheidung vom 23.05.2017 den vorliegenden Rechtsstreit bewusst mitentscheiden wollen, denn der Bundesgerichtshof hatte seinerzeit nur den dort streitgegenständlichen Einzelfall zu entscheiden und er hat auch von der Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, darzulegen, ob und wann ein Abweichen von der grundsätzlichen „Unvererblichkeit“ gerechtfertigt sein kann. Jedoch ist vorliegend kein relevanter Ausnahmefall von der aufgezeigten Rechtsprechung anzunehmen.

1031
1. Die Klägerin weist im Grundsatz zutreffend darauf hin, dass der Bundesgerichtshof in der Grundsatzentscheidung v. 29.04.2014 die Vererblichkeit des Anspruchs nur „grundsätzlich“ ausgeschlossen (BGH v. 29.04.2014 – VI ZR 246/12, GRUR 2014, 702 Tz. 8) und ausgeführt hat, dass wegen des Wegfalls der Genugtuungsfunktion mit dem Tod des Betroffenen Gründe zum Fortbestand über den Tod hinaus nur „im Allgemeinen“ nicht bestünden (BGH v. 29.04.2014 – VI ZR 246/12, GRUR 2014, 702 Tz. 18). Hiernach können also theoretisch besondere „Umstände“ denkbar sein, die ausnahmsweise im Einzelfall die Vererblichkeit begründen (nur im konkreten Fall verneinend auch BGH v. 29.11.2016 – VI ZR 530/15, AfP 2017, 239 Tz. 8 bei Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch Weitergabe von unzureichend anonymisierten Gesundheitsdaten). Zwar hat der Bundesgerichtshof in seiner letzten Entscheidung v. 23.05.2017 – VI ZR 261/16, AfP 2017, 421 solche Ausnahmefallgruppen und besonderen Umstände nicht mehr explizit geprüft (ohne weitere Kommentierung, aber ebenfalls nur von „regelmäßig“ sprechend, von Pentz, AfP 2018, 97, 108). Der Senat entnimmt dem nicht – zumal die Ausführungen der Vorinstanz zu dieser Thematik in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch umfassend wiedergegeben worden sind (BGH v. 23.05.2017 – VI ZR 261/16, AfP 2017, 421 Tz. 5) –, dass der VI. Zivilsenat nunmehr von einer ausnahmslosen Unvererblichkeit ausging.

1032
2. Welche möglichen Ausnahmefallgruppen und „Umstände“ der Bundesgerichtshof a.a.O. gemeint haben könnte, hat er nicht ausgeführt – was die Zulassung der Revision erfordert (siehe unten F.). Der Senat hält abstrakt verschiedene Ansatzmöglichkeiten für denkbar. Keine von diesen führt jedoch im vorliegenden Fall zu einer ausnahmsweisen Vererblichkeit.

1033
a) Im Ansatz scheint es indes untunlich, mit der Klägerin (vgl. etwa Schriftsatz vom 14.11.2017, S. 3 = Bl. 4005 d.A.) die Vererblichkeit mit einer „historischen Dimension und Tragweite“ des konkreten Einzelfalles und der besonderen Rolle und Person des Erblassers herzuleiten, weil diese Sichtweise verkennt, dass sich das hinter dem Fall stehende abstrakte Rechtsproblem bei jedem Menschen in mehr oder weniger identischer Form stellt und alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind (Art. 3 Abs. 1 GG). Soweit die Klägerin (S. 68 des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl. 4070 d.A.) meint, dass es „…ein den Menschen nicht vermittelbarer Verstoß gegen Treu und Glauben und jedes Rechtsempfinden (sei), wenn der deutsche Rechtsstaat ausgerechnet beim Kanzler der Einheit und Ehrenbürger Europas versagen würde und Helmut Kohl seinen begründeten Anspruch auf Schutz seiner Würde verwehrte, nur weil er verstorben ist, während sein Schaden dauerhaft und ersichtlich in der Welt bliebe“, trägt das aus den genannten Gründen ebenso wenig wie ihre Argumentation, es entspreche den Allgemeininteressen, einem möglichst unverfälschten Blick auf den „Kanzler der Einheit“ und eine möglichst unverfälschte (historische) Quellenlage zu haben. Diese Argumentation verstellt den Blick auf die abstrakte Rechtsfrage und die rechtliche Würdigung, ob und wie im konkreten Einzelfall besondere Umstände vorliegen können, die nach Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Geldentschädigung eine Ausnahme von der aufgezeigten Rechtsprechung rechtfertigen, weil etwa die Genugtuungsfunktion aufgrund der Einzelfallumstände doch weiter reicht und/oder andere Argumente hinzutreten, die – sei es aus Präventionsgründen oder aus Gründen des Verfassungsrechts – ein (ausnahmsweises) Fortbestehen des Geldentschädigungsanspruchs über den Tod des Betroffenen hinaus rechtfertigen. Auch soweit die Klägerin a.a.O. (S. 68 f. = Bl. 4070 d.A.) meint, dass der Gesetzgeber die Problematik, hätte er sie nur erkannt, wegen ihrer „bis dato eindeutig einmaligen Dimension“ zugunsten des Erblassers geregelt hätte und es schon wegen dessen Bedeutung für Gegenwart und Geschichte „…nicht passieren (dürfe), dass Helmut Kohl, nur weil es den Fall noch nicht gegeben hat, sozusagen die erste skandalöse Vorlage für eine Gesetzesänderung oder Debatte bildet, aber selbst davon nicht profitieren und mithin ohne effektiven Schutz belassen“ würde, überhöht sie den – sei es auch prominenten – Einzelfall. Es kommt auch nicht auf das „Rechtsempfinden aller Deutschen und auch unserer Nachbaren und Partner in Europa wie weltweit“ an, sondern allein auf den oben schon dargestellten Sinn und Zweck der Geldentschädigung als Ausnahmerechtsbehelf. Die Annahme, dass der Kläger „nur als lebendige natürliche Person verstorben ist, aber als absolute Person der Zeitgeschichte… unsterblich (sei)“ und seinen Tod „überdauert (überlebt)“ (S. 4 des Schriftsatzes von 14.11.2017 = Bl. 4006 d.A.), mag zwar eine gewisse Rolle bei der Reichweite seines postmortalen Schutzes insbesondere mit Blick auf eine Verfälschung des Lebensbildes in der Zukunft spielen (zu dieser Fallgruppe noch unten II. 2. c) dd)). Bekanntheit und Bedeutung einer Person können zwar sicherlich den zeitlichen Umfang des postmortalen Schutzes beeinflussen (dazu K.Müller, Postmortaler Rechtsschutz – Überlegungen zur Rechtssubjektivität Verstorbener, Diss Passau, 1996, S. 73; Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, 2011, S. 30 ff.). Die oben aufgezeigten Präventionsüberlegungen bei der Bemessung von Geldentschädigungen mögen zumindest faktisch auch dazu geführt haben, dass bei Prominenten oft höhere Geldentschädigungen ausgeurteilt werden als bei einfachen Privatpersonen. Auch bei der Bewertung vermögenswerter Bestandteile des Persönlichkeitsrechts mag der Bekanntheitsgrad einer Person von Bedeutung sein (dazu etwa Schweers, Die vermögenswerten und ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nach dem Tod des Trägers, Diss. Köln 2006, S.75 ff.). Keinesfalls kann aber generell der Fortbestand eines zu Lebzeiten entstandenen Geldentschädigungsanspruchs bei nur hinreichenden bedeutsamen („unsterblichen“) Persönlichkeiten begründet werden – zumal man damit nur ähnliche Abgrenzungsfragen produzieren würde wie bei dem zu Recht aufgegebenen Begriff der absoluten Person der Zeitgeschichte im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.

1034
b) Da keine der möglichen Ausnahmefallgruppen durchgreift, hält es der Senat für eine akademische Frage, ob ein etwaiges „Fortbestehen“ eines zu Lebzeiten entstandenen Anspruchs auf Geldentschädigung zu einer echten Vererblichkeit des Anspruchs führen würde (wie bei vermögenswerten Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts, dazu BGH v. 01.12.1999 – I ZR 49/97, NJW 2000, 2195). Alternativ wäre – ähnlich wie bei Abwehrbefugnissen aus dem postmortalen Persönlichkeitsrecht, bei denen nur eine Wahrnehmungsbefugnis der Angehörigen an den „subjektlosen“ Rechten des Verstorbenen besteht (dazu Staudinger/Kunz, BGB 2017, § 1922 Rn. 302, 323; Bender, VersR 2001, 815; vgl. auch BGH v. 01.12.1999 – I ZR 49/97, AfP 2000, 356– Marlene Dietrich; v. 01.12. 1999 – I ZR 226/97, NJW 2000, 2201 f. – Der blaue Engel; kritisch H.P.Westermann, FamRZ 1969, 561 ff.) möglicherweise eine ähnliche Konstruktion auch hier möglich (vgl. zum Problem Schweers, Die vermögenswerten und ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nach dem Tod des Trägers, Diss. Köln 2006, S. 56 f.). Dafür könnte der Gleichlauf mit der Wahrnehmungsbefugnis der Angehörigen bei der Geltendmachung von postmortalen Abwehransprüchen sprechen, dagegen streitet, dass geldwerte Ansprüche sachlogisch nur an die Erben übergehen können (vgl. zu § 22 S. 3 KUG BVerfG v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, GRUR 2006, 1049, 1051). Im Schrifttum wird teilweise eine fortbestehende (Teil-)Rechtsfähigkeit des Verstorbenen angenommen (K.Müller, Postmortaler Rechtsschutz – Überlegungen zur Rechtssubjektivität Verstorbener, Diss Passau, 1996, S. 160 f., 232 ff, 239 ff.) mit dann zu klärenden Fragen der prozessualen Wahrnehmungsmöglichkeit ( K.Müller, a.a.O. S. 264 ff.). Wieder andere versuchen ein mittelbares Schutzkonzept zu schaffen (sogenannte Andenkenschutzlehre, dazu Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, 2011, S. 45 ff.; siehe auch Schweers, Die vermögenswerten und ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nach dem Tod des Trägers, Diss. Köln 2006, S.187 ff. und für Geldentschädigung S. 199 ff.; siehe ferner Nikoletopoulos, Die zeitliche Begrenzung des Persönlichkeitsschutzes nach dem Tode, 1984, S. 101 f., 114). Die genaue zivilrechtsdogmatische Konstruktion einer möglichen Fortwirkung des Geldentschädigungsanspruchs ist jedoch hier nicht zu vertiefen.

1035
c) Denn die nach Ansicht des Senats denkbaren Ausnahmefallgruppen für einen Fortbestand des Anspruchs auf Geldentschädigung über den Tod des Betroffenen hinaus sind im konkreten Fall allesamt nicht einschlägig. Daher kann und soll auch dahinstehen, welche der vom Senat geprüften Fallgruppen schlussendlich als möglicher Ausnahmefall von der grundsätzlichen Unvererblichkeit des Anspruchs anzuerkennen wären.

1036
aa) Schon mit Blick auf § 242 BGB sowie § 162 BGB erscheinen jedenfalls bewusste Prozessverzögerungen angesichts eines betagten und u.U. hinfälligen Verletzten mit dem Ziel einer Verschleppung einer rechtskräftigen Entscheidung eines rechtshängigen Verfahrens bis zum Tod des Betroffenen als eine mögliche Ausnahmefallgruppe naheliegend (vgl. auch OLG Düsseldorf v. 10.06.2016 – 16 U 89/15, juris Tz. 177) – zumal gerade diese Gefahr immer wieder im Schrifttum betont wird und eines der tragenden Argumente gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist. Im vorliegenden Fall fehlen dafür aber jedwede Anhaltspunkte. Insbesondere hat die Klägerseite selbst die Authentizität der vermeintlichen Originalzitate erst recht spät im Prozessverlauf in Zweifel gezogen und die Herbeiführung der Entscheidungsreife so jedenfalls nicht beschleunigt. Allein der erfolgte Anwaltswechsel auf Seiten der Beklagten zu 1) und 2) ist – zumal es nach Aktenlage zu Zerwürfnissen mit dem vormaligen Prozessbevollmächtigten gekommen zu sein scheint – zur Annahme rechtsmissbräuchlichen Tuns nicht geeignet.

1037
bb) Denkbar erscheinen dem Senat zudem – eng mit dem Vorgenannten in Zusammenhang stehend – Argumente für einen Fortbestand eines Anspruchs auf Geldentschädigung in Fällen, in denen im Zeitpunkt der Berichterstattung ein baldiges Ableben des Betroffenen zu erwarten ist und bei einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts der Veröffentlichende ein risikoloses Vorgehen so ins Kalkül gezogen hat (dazu offen OLG Düsseldorf v. 10.06.2016 – 16 U 89/15, juris Tz. 177; zu kalkulierten Rechtsbrüchen und der aus der aufgezeigten Linie der Rechtsprechung insofern folgenden Gefahren allgemein etwa Spickhoff, LMK 2014, 35158; Stender-Vorwachs, NJW 2014, 2831, 2833). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor: Soweit die Klägerin (S. 58 ff. der Berufungsbegründung, Bl. 3935 ff. d.A. sowie S. 46 ff. des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl.4048 ff. d.A.) mit dem hohen Alter des Erblassers von 84 Jahren bei der Veröffentlichung des Buches im Oktober 2014 und von seiner verschlechterten gesundheitlichen Situation nach dem Unfallsturz 2008 argumentiert, der sich die Beklagten ausweislich des Buchs durchaus bewusst waren, greift das nicht durch. Zwar waren beim Erblasser deutliche Einschränkungen in der physischen Wehrhaftigkeit und der verbalen Sprechfertigkeit eingetreten, doch war sein Zustand – anderes ist weder ersichtlich noch vorgetragen – nach seiner Genesung von dem Sturz im Jahre 2008 weitgehend stabil und der Zustand des Erblassers hat sich nach dem unsubstantiiert bestrittenen Klägervortrag erst Mitte/Ende 2015 – und damit erst nach der streitgegenständlichen Veröffentlichung – wieder verschlechtert, ohne dass dies zuvor – sieht man einmal vom hohen Alter ab – bereits konkret absehbar gewesen wäre. Richtig ist, dass das Buch den Kläger als „schwerkranken Mann“/“Schwerkranken“ (Buch S. 10, 15 f.) bzw. als „Pflegefall, fast wie ein gewaltiges, hilfloses Kind“ (Buch S. 54) bezeichnet, der sich als „Schatten seiner selbst“ nie wieder „in gebotener Ausführlichkeit seines politischen Lebens (wird) erinnern können“ (beides Buch S. 17 f.) und der im Oktober 2008 „längst nicht mehr Herr seiner selbst“ war (Buch S. 54), doch reicht allein dies – zumal dies eher den Zustand zum Zeitpunkt der Kündigung beschreibt – nicht zur Annahme eines „Kalküls mit dem Tod“. Auch soweit der Beklagte zu 1) nach der Kündigung mit der streitgegenständlichen Veröffentlichung noch bis ins Jahr 2014 abgewartet hat, erschließen sich diese Zeitabläufe – wie auf S. 57 f. des Buchs geschildert („dazu entschlossen…. Nunmehr.. zu dokumentieren“) nicht etwa aus einem Zuwarten auf ein höheres Lebensalter, sondern aus dem Verlauf des Herausgabeverfahrens, der dort erfolgten Zwangsvollstreckung und der zunehmend eskalierenden Situation. Bedenken an der Annahme eines mit der Unvererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs kalkulierenden Vorgehens der Beklagten bestehen gerade auch deswegen, weil angesichts des stark umkämpften Herausgabeverfahrens und des umfassend anwaltlich beratenen sowie geistig unstreitig agilen Erblassers mit einer zeitnahen und heftigen Reaktion auf die Veröffentlichung zu rechnen war. Schon im Hinblick auf Herausgabe- und Unterlassungsansprüche konnten die Beklagten keinesfalls damit rechnen, wegen des hohen Alters des Erblassers und seiner Gebrechlichkeit „ungeschoren“ davon zu kommen. Zudem war zu diesem Zeitpunkt höchstrichterlich noch keinesfalls gesichert, ob nicht zumindest im Fall der – hier bei verständiger Würdigung zeitnah zu erwartenden – Rechtshängigkeit eines Geldentschädigungsanspruchs doch von einem Fortbestand des Geldentschädigungsanspruchs über den Tod hinaus auszugehen gewesen wäre, was der Bundesgerichtshof im Jahr 2014 ausdrücklich offen gelassen hatte (zutreffend S. 22 der Berufungserwiderung der Beklagten zu 3), Bl. 4066 d.A) und was im Schrifttum verbreitet angenommen wurde.

1038
Allein ein hohes Alter und eine – sei es krankheitsbedingte – Hinfälligkeit des Betroffenen können für die Annahme einer solchen Ausnahmefallgruppe zudem schon deswegen nicht ausreichen, weil es in den Ausgangsentscheidungen des Bundesgerichtshofes um einen äußerst hinfälligen und hochbetagten Entertainer ging (BGH v. 29.04.2014 – VI ZR 246/12, GRUR 2014, 702) bzw. um einen ebenfalls hochbetagten und gesundheitlich zumindest angeschlagenen Häftling (BGH v. 23.05.2017 – VI ZR 261/16, AfP 2017, 421). Eine entsprechende Ausnahmefallgruppe dürfte sich daher wohl nur für schwerwiegende Verstöße in unmittelbarer „Todesnähe“ des Betroffenen wie etwa bei Paparazzi-Fotos vom Sterbebett eignen. Selbst dann bestünden wertungsmäßig unter Umständen Bedenken, wenn für persönlichkeitsverletzende Fotos kurz vor dem Tod des Betroffenen auf diesem Weg eine (ausnahmsweise vererbliche) Geldentschädigung angenommen würde, für persönlichkeitsverletztende Fotos kurz nach dem Tod aber nicht mehr (vgl. nur den Fall der Bismarck-Photographien bei RG v. 28.12.1899 – VI 259/99, RGZ 45, 170 ff.; Kohler, GRUR 1900, 196 ff. oder den Fall der Fotos des toten Ministerpräsidenten in einer Badewanne, dazu einerseits Puttfarcken, ZUM 1988, 133 für Zulässigkeit der Veröffentlichung und kritisch – für Zubilligung einer Geldentschädigung wegen „journalistischer Leichenfledderei“ etwa Helle, Besondere Persönlichkeitsrechte im Privatrecht, 1991, S. 62, 191; zu möglichen Lösungen über einen eigenen Anspruch der Angehörigen in solchen Fällen OLG Düsseldorf 21.10.1998 – 15 U 232/97, AfP 2000, 574; offen OLG Jena v. 31.03.2005 – 8 U 910/04, NJW-RR 2005, 1566, zum Problem allg. Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, 2011, S. 129 ff.). Auch dies mag aber dahinstehen, denn ein entsprechender Ausnahmefall lag – wie gezeigt – nicht vor. Die Klägerin betont (S. 18 des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl. 4020 d.A.) selbst, dass der Erblasser sich bei der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Werkes „wieder ins Leben zurückgekämpft“ hatte, er neben einem Jubiläumsband zu 25 Jahren Mauerfall einen Europa-Appell mit Stolz und großer Befriedigung beendet hatte und er sogar den vierten Band seiner Memoiren hätte fertigstellen können, wenn ihm der Beklagte zu 1) nur nicht die Herausgabe der Tonbänder vorenthalten hätte. Auch war der Kläger noch zu öffentlichen Auftritte in der Lage ( S. 21 ff. der Berufungserwiderung der Beklagten zu 3), Bl. 4065 ff. d.A.).

1039
cc) Soweit – worauf die Klägerin sich (S. 64 des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl. 4066 d.A.) beruft – eine „Zwangskommerzialisierung“ als weitere mögliche Fallgruppe für eine (ausnahmsweise) Vererblichkeit denkbar erscheint (angeprüft bei OLG Düsseldorf v. 10.06.2016 – 16 U 89/15, juris Tz. 176; für eine solche Ausnahmefallgruppe wohl Herberger, jurisPR-FamR 18/2017 Anm. 3), greift auch dieser Aspekt nicht durch. Der Bundesgerichtshof hat eine Zwangskommerzialisierung bei bewussten Privatsphäreverstößen zu Zwecken der Auflagensteigerung angenommen und dies dennoch dann nicht für eine Vererblichkeit ausreichen lassen (BGH v. 29.04.2014 – VI ZR 246/12, GRUR 2014, 702 Tz. 19), so dass vorliegend schwerlich anderes gelten kann. Selbst wenn die Ausführungen des BGH a.a.O. wegen des Wortlauts „vorliegend“ so zu verstehen wären, dass man Ausnahmen erwägen könnte, wenn der Präventionsgedanke den Geldentschädigungsanspruch „beherrscht“ und der gebotene Schutz des Persönlichkeitsrechts aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles bei einer nur lebzeitig bestehenden Geldentschädigung nicht effektiv möglich wäre, ist das hier nicht anzunehmen. Zum einen hat die Klägerin – was Gegenstand des Urteils des Senats vom heutigen Tage zu Az. 15 U 65/17 ist – weitgehende Unterlassungsansprüche und kann so den postmortalen Geltungsanspruch des Erblassers in weitem Umfang künftig (weiter) schützen. Zum anderen drängt sich der Blick auf eine „Kommerzialisierung“ hier zwar auf, weil der Beklagte zu 1) die Tonbänder mehrfach als zu hebenden „Schatz“ bezeichnet hat, der in der Tat von erheblichem wirtschaftlichen Wert sein mag und der unter Verstoß gegen die dem Beklagten zu 1) obliegende Verschwiegenheitspflicht gegen den Willen des Erblassers „zwangskommerzialisiert“ worden ist. Insoweit ist dem Senat aber dennoch nicht ersichtlich, weswegen dies im konkreten Fall ausnahmsweise die Vererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs tragen soll, zumal die Klägerin Ende 2017 wegen der (vererblichen) vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts des Erblassers (vgl. allg. etwa BVerfG v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, GRUR 2006, 1049 f. zu Lizenzen für Namensnutzung/Bildnisnutzung; siehe ferner BGH v. 01.12.1999 – I ZR 49/97AfP 2000, 356 – Marlene Dietrich; v. 05.10.2006 – I ZR 227/03, NJW 2007, 684 – kinski-klaus.de Tz. 12 ff.) eine weitere Klage vor dem Landgericht Köln erhoben hat. Dort mögen neben Fragen einer Persönlichkeitsverletzung etwaige Probleme der wirtschaftlichen Kommerzialisierung und ihres Ausgleichs zu klären sein (vgl. allg. etwa Burkhardt, in Wenzel, Handbuch der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap 5 Rn. 32 für Verwendung von kompaktem Stoff für eine Biografie; allgemein zu bereicherungsrechtlichen Aspekten – freilich kritisch zur Vererblichkeit – Hartl, Persönlichkeitsrechte als verkehrsfähige Vermögensgüter, Diss Konstanz, 2004, S. 56 ff.; Schweers, Die vermögenswerten und ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts nach dem Tod des Trägers, Diss. Köln 2006, S. 79 ff.). Über solche – mittelbar auch dem Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts dienenden und einen gewissen Ausgleich schaffenden – möglichen materiellen Ansprüche hinaus stets damit auch den Anspruch auf Geldentschädigung (ausnahmsweise) für vererblich zu erklären, erscheint nicht geboten.

1040
Dass zudem eine solche Ausnahmefallgruppe („Kommerzialisierung“) mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet wäre, weil nahezu jede Veröffentlichung der Erzielung einer möglichst hohen Auflage und der Gewinnerzielung dienen dürfte und zudem eine Geldentschädigung ohnehin regelmäßig besonders schwere Verstöße erfordert, so dass im Todesfall fast immer solche Ausnahmen zu bedenken wären, tritt nur ergänzend hinzu.

1041
dd) Schließlich gebieten verfassungsrechtliche Überlegungen, insbesondere die staatliche Schutzpflicht aus Art. 1 Abs. 1 GG zugunsten des postmortalen Persönlichkeitsrechts, nicht die Annahme einer (ausnahmsweisen) Vererblichkeit im konkreten Einzelfall.

1042
(1) Der Senat hält es zwar mit Blick auf den staatlichen Schutzauftrag aus Art 1 Abs. 1 GG (auch) zugunsten der Menschenwürde des Verstorbenen für nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall bei besonders schweren und nicht anders auszugleichenden noch zu Lebzeiten erfolgten Persönlichkeitsverletzungen, bei denen der Menschenwürdekern des aus Art 2 Abs. 1 GG und Art 1 Abs. 1 GG abzuleitenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen ist, auch bei Versterben des Betroffenen zum Schutz seines dann nur noch postmortalen Geltungsanspruchs eine ausnahmsweise Vererblichkeit eines Anspruchs auf Geldentschädigung anzunehmen sein kann. Wenn ein besonders schwerer Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zu Lebzeiten so gravierend sein sollte, dass er den innersten Kern der Menschenwürde verletzt und der Eingriff im Folgenden gleichsam gravierende Auswirkungen so auch über den Tod hinaus mit Blick auf den postmortalen Geltungsanspruch in seinem inneren Kern zeigt, mag auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der Einzelfallausnahmen wie gezeigt zulässt, eine Ausnahme mit Blick auf den staatlichen Schutzauftrag der Gerichte zu bedenken sein. Soweit die Beklagte zu 3) etwa auf S. 5 der Berufungsbegründung (Bl. 3748 d.A.) und auf S. 2 des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 08.05.2018 (Bl. 4588 d.A.) meint, dass der Anspruch auf Geldentschädigung nicht entwickelt worden sei, um den Erben zu „bereichern“, wäre dem in solchen Fällen entgegenzuhalten, dass die Vermögensmehrung der Erbmasse dann nur Nebeneffekt ist, weil es primär um den Schutz des (postmortalen) Persönlichkeitsrechts des Betroffenen gehen würde. Im Übrigen ist eine „Bereicherung“ des Erben wertungsmäßig nicht unplausibler als die zwangsläufige Folge der aufgezeigten Rechtsprechung, dass der Tod des Betroffenen sich zugunsten der Schädiger auswirkt – zumal auch bei einer Verletzung/Nutzung der sogenannten „vermögenswerten“ Bestandteile des Persönlichkeitsrechts regelmäßig finanzielle Mittel an die Erben fließen und auch damit die in solchen Fällen erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzung des Verstorbenen (in den nicht ideellen Bestandteilen) ausgeglichen wird.

1043
(2) Dies bedarf aber keiner weiteren Vertiefung, denn auch ein solcherart gelagerter Ausnahmefall liegt – insbesondere auch mit Blick auf die zu A. bereits aufgezeigten Verletzungshandlungen – hier nicht vor.

1044
(a) Prüfungsmaßstab für eine solche Fallgruppe kann – ähnlich wie bei in die Zukunft gerichteten postmortalen Unterlassungsansprüchen nach zunächst noch zu Lebzeiten begangenen Verletzungshandlungen, wie sie Gegenstand des Verfahrens vor dem Senat zu Az.: 15 U 65/17 sind – dabei allein das Gebot der Unverletzlichkeit der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG sein.

1045
(aa) Während das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG nur einer lebenden Person zukommen kann, weil es auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit ausgerichtet ist und damit die Existenz einer wenigstens potentiell oder zukünftig handlungsfähigen Person, also eines lebenden Menschen als unabdingbar voraussetzt, wird die Persönlichkeit eines Menschen im Hinblick auf die nach Art. 1 Abs. 1 GG unantastbare Menschenwürde über den Tod hinaus geschützt (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, NJW 2006, 3409; v. 25.08.2000 – 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594; v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957; BGH v. 06.12.2005 – VI ZR 265/04, NJW 2006, 605). Erlischt damit der Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG mit dem Tod des Betroffenen, so bedeutet dies nicht, dass auch der rechtliche Schutz der Persönlichkeit nach Art. 1 Abs. 1 GG endet. Die Schutzwirkung des Art. 1 Abs. 1 GG ist bei der Frage, ob nach dem Tod des Betroffenen weiterhin Schutzansprüche bestehen, wertend mit heranzuziehen und führt zum Fortbestand des allgemeinen Wert- und Achtungsanspruchs, der das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen weiterhin wenigstens gegen grobe ehrverletzende Beeinträchtigungen schützt (vgl. BVerfG v. 24.02.1971 – 1 BvR 435/68, NJW 1971, 1645; BGH v. 20.03.1968 – I ZR 44/66, NJW 1968, 1773 = BGHZ 50, 133; v. 08.06.1989 – I ZR 135/87, NJW 1990, 1986; v. 17.05.1984 – I ZR 73/82, GRUR 1984, 907 = MDR 1984, 997; v. 04.06.1974 – VI ZR 68/73, GRUR 1974, 797 = NJW 1974, 1371; OLG München v. 28.07.1989 – 21 U 2754/88, NJW-RR 1990, 1435). Der aus Art 1 Abs. 1 GG abgeleitete Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts bewahrt einen Verstorbenen insbesondere davor, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden (st. Rspr., vgl. BVerfG v. 24.01.2018 – 1 BvR 2465/13, NJW 2018, 770 Tz. 20; v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz.19; v. 24.02.1971 – 1 BvR 435/68, BVerfGE 30, 173, 194 = juris Tz. 60; siehe auch Senat v. 30.11.2017 – 15 U 67/17, BeckRS 2017, 139939 Tz. 41). Schutz genießt daneben auch der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat (BVerfG v. 24.01.2018 – 1 BvR 2465/13, NJW 2018, 770 Tz. 20; v. 19.12.2007 – 1 BvR 1533/07, juris Tz. 8; v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz.19; Senat v. 30.11.2017 – 15 U 67/17, BeckRS 2017, 139939 Tz. 41; OLG Frankfurt v. 15.10.2009 – 16 U 39/09, juris Tz. 44).

1046
Die Menschenwürde ist im Konflikt mit anderen Grundrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit, nicht abwägungsfähig, so dass der Schutz nicht im Zuge einer Güterabwägung relativiert werden kann (BVerfG v. 19.12.2007 – 1 BvR 1533/07, juris Tz 9; v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, GRUR 2006, 1049, 1050; v. 25.08.2000 – 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594; v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 18; BGH v. 16.09. 2008 – VI ZR 244/07, ZUM 2008, 951 Tz. 16). Beeinträchtigungen können dementsprechend nicht durch die grundrechtliche Gewährleistung kollidierender Grundrechte gerechtfertigt werden. Da andererseits aber nicht nur einzelne, sondern sämtliche Grundrechte wiederum Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde sind, bedarf es stets einer sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werden soll, dass der Gebrauch eines Grundrechts auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt, so dass ein Berühren der Menschenwürde nicht genügen kann, sondern eine sie treffende Verletzung festzustellen ist (BVerfG v. 19.12.2007 – 1 BvR 1533/07, juris Tz. 10; v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 20 m.w.N.) Daher darf insbesondere auch der Gegenstand der Berichterstattung bei der Beurteilung möglicher Verletzungen des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht völlig unberücksichtigt blieben.

1047
Bei Angriffen auf den durch die Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruch genügt daher etwa nicht schon dessen Infragestellung, sondern es ist eine grobe Entstellung des abgeschlossenen Lebensbildes, gegen die der Betroffene sich selbst nicht mehr wehren kann, erforderlich (BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 20; siehe auch BGH v. 20.03.1968 – I ZR 44/66, BGHZ 50, 133 = juris Tz. 17; v. 04.06.1974 – VI ZR 68/73, GRUR 1974, 797, 798; v. 17.05.1984 – I ZR 73/82, GRUR 1984, 907 f.; v. 08.06.1989 – I ZR 135/87, NJW 1990, 1986, 1987 f.; Senat v. 24.09.1998 – 15 U 122/98, AfP 1998, 647; v. 30.11.2017 – 15 U 67/17, BeckRS 2017, 139939 Tz. 41; OLG München v. 28.07.1989 – 21 U 2754/88, NJW-RR 1990, 1435; OLG Frankfurt v. 15.10.2009 – 16 U 39/09, AfP 2009, 612 = juris Tz. 62 f.; OLG Düsseldorf v. 16.06.2009 – 15 U 171/98, NJW-RR 2000, 321), wobei gerade bei Meinungsäußerungen wiederum der Kontext und ihr subjektiv-wertender Charakter zu berücksichtigen ist (BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 20) und auch, ob die Äußerung darauf gerichtet ist, die betroffene Person in ihrem Ansehen herabzusetzen (BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 25). Ein Verstoß gegen die Regeln des politischen Anstandes und des guten Geschmacks allein genügt nicht (BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 27), solange keine nachhaltige Kampagne festzustellen ist (BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 27).

1048
Mit Unterlassungsansprüchen abwehrfähig sind regelmäßig auch postmortal unwahre Tatsachenbehauptungen (vgl. OLG Düsseldorf v. 16.06.1999 – 15 U 171/98, NJW-RR 2000, 321; OLG Frankfurt v. 15.10.2009 – 16 U 39/09, AfP 2009, 612; OLG Hamm v. 05.10.2001 – 9 U 149/01, NJW 2002, 609; Senat v. 24.09.1998 – 15 U 122/98, AfP 1998, 647), Meinungsäußerungen, die als Schmähkritik einzuordnen sind (vgl. Senat a.a.O.; OLG München v. 28.07.1989 – 21 U 2754/88, NJW-RR 1990, 1435) oder – die vermögenswerten Bestandteile betreffend – die kommerzielle Ausbeutung der Persönlichkeit eines Verstorbenen in Form einer erniedrigenden oder entstellenden Werbung (BVerfG v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, NJW 2006, 3409 = juris Tz. 26). Auch gegen Fehlzitate kann – wie der Senat im Urteil vom heutigen Tage im Unterlassungsverfahren 15 U 65/17 ausführt – grundsätzlich ein postmortaler Abwehranspruch bestehen (vgl. auch BGH v. 08.06.1989 – I ZR 135/87, NJW 1990, 1986, 1988; Schönberger, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, 2011, S. 108 f.).

1049
Schließlich ist – wie der Senat ebenfalls im Urteil vom heutigen Tage im Unterlassungsverfahren 15 U 65/17 ausführt – der oben aufgezeigte Schutz der in den Tonbandaufnahmen „verdinglichten“ Persönlichkeit des Erblassers auch postmortal entsprechend dem in § 22 S. 3 KUG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken noch schutzfähig. Denn der Bundesgerichtshof hat in seiner erwähnten Entscheidung vom 10.03.1987 (VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667) ausgeführt, dass das Festhalten der Stimme auf einem Tonträger, durch das die Äußerungen des Betroffenen nicht nur ihrem Inhalt nach, sondern in allen Einzelheiten auch des Ausdrucks fixiert und aus der Sphäre einer von der Flüchtigkeit des Worts geprägten Unterhaltung herausgehoben sowie für eine jederzeitige Reproduzierbarkeit in einem gänzlich anderen Kreis und einer anderen Situation objektiviert und konserviert werden, eine derart intensive “Verdinglichung” der Persönlichkeit darstelle, dass über ihren Kopf hinweg nicht über derartige Aufzeichnungen verfügt werden dürfe. Insoweit bedürfe der Betroffene eines entsprechenden Schutzes wie gegen die ungenehmigte Veröffentlichung seines Bildnisses, vor der er auch dann geschützt sei, wenn er gegen dessen Anfertigung selbst keine Einwände erhoben habe (vgl. BGH v. 22.01.1985 – VI ZR 28/83, VersR 1985, 391 m.w.N.). Auch hier sind die Äußerungen des Erblassers in seinen Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) in allen Einzelheiten hinsichtlich Wortwahl, Ausdruck, Lautstärke und Stimmung in der Aufnahme fixiert und damit aus der Sphäre einer von der Flüchtigkeit des Worts geprägten Unterhaltung herausgehoben worden. Dies ergibt sich, soweit es nicht ohnehin von den Beklagten selbst im streitgegenständlichen Buch geschildert wird („Doch im Nu war mein Gegenüber in seiner Lebensgeschichte auf und davon galoppiert. Ein Helmut Kohl, das wurde schnell klar, lässt sich in kein Erzählkorsett zwängen, der kommt vom Hölzchen aufs Stückchen, der kämpft sich wild assoziierend durch seine Vita“, Buch S. 40), sehr plastisch bereits aus den von den Beklagten im Rechtsstreit vorgelegten Audio-Dateien, die – obgleich sie in ihrer Gesamtlänge nur einen geringen Bruchteil des gesamten Gesprächs zwischen dem Erblasser und dem Beklagten zu 1) ausmachen – bereits deutlich erkennen lassen, mit welcher inhaltlichen und stilistischen Offenheit der Erblasser sich seinem Gegenüber mitgeteilt hat. Ist es nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs geboten, dem Betroffenen angesichts einer solchen intensiven „Verdinglichung“ seiner Persönlichkeit in den auf Tonband fixierten Äußerungen einen Schutz zu gewähren, der dem Schutz gegen die ungenehmigte Veröffentlichung seines Bildnisses gleichkommt (vgl. erneut BGH v. 10.03.1987 – VI ZR 244/85, NJW 1987, 2667), ist es nach Ansicht des Senats auch geboten, diesen Schutz vor weiterer Verbreitung in Anlehnung an § 22 S. 3 KUG nicht mit dem Tod des Betroffenen enden zu lassen.

1050
(bb) Indes kann eine (mögliche) Ausnahme vom Grundsatz der Unvererblichkeit einer Geldentschädigung wegen Verletzungen zu Lebzeiten nicht bereits in jedem Fall angenommen werden, in dem zugleich nach einer zu Lebzeiten begonnenen Rechtsverletzung gegebenenfalls (auch) postmortal Abwehransprüche (weiter-)bestehen, weil die Ausnahme zur Unvererblichkeit dann letztlich zur Regel werden dürfte. Dies gilt umso mehr, als schon Geldentschädigungsansprüche einer lebenden Person bereits eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung voraussetzt, die nicht selten auch noch postmortal Auswirkungen zeigen wird. Daher wird man über eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts hinaus zumindest eine besonders schwere Verletzung im „Kern“ des postmortalen Geltungsanspruchs verlangen. Ein solcher Fall liegt hier aber – wie sogleich zu zeigen ist – mit der Veröffentlichung der mit dem Klagebegehren allein als Ansatzpunkt für einen Geldentschädigungsanspruch herausgegriffenen 116 Passagen nicht vor.

1051
(b) Zwar geht der Senat davon aus, dass die Beklagten jedenfalls mit der Veröffentlichung der – vermeintlich – wörtlichen Zitate des Erblassers nach ihrer „Verdinglichung“ auf den Tonbandaufnahmen bzw. in den Transkripten einen schweren Verstoß gegen die Privatsphäre in Form der Vertraulichkeitssphäre begangen haben, wie zu A. im Detail ausgeführt. Ein solcher Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre hätte zwar – wie zu A. betont – unter Lebenden grundsätzlich einen Geldentschädigungsanspruch tragen können (vgl. erneut BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 138/77, BeckRS 1978, 31118344). Auch wenn der Schutz des verdinglichten gesprochenen Worts wie zu (aa) ausgeführt als solcher auch postmortal mit Abwehransprüchen zu schützen ist (vgl. auch Urteil des Senats vom heutigen Tage zu 15 U 65/17), liegt in der Verletzung aber nicht „automatisch“ ein so schwerer Eingriff in den Kern des postmortalen Geltungsanspruchs des Erblassers, dass damit ausnahmsweise eine Vererblichkeit eines zu Lebzeiten entstandenen (hier unterstellten) Geldentschädigungsanspruch im Einzelfall zu begründen wäre. Insbesondere kann der Schutz des postmortalen Geltungsanspruchs durch Unterlassungsansprüche und ggf. auch unzweifelhaft vererbliche Ansprüche wegen der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts des Erblassers ausreichend sichergestellt werden; dies gilt gerade auch mit Blick auf die aufgezeigten prozessualen Handlungsmöglichkeiten in einem Geldentschädigungsprozess während dessen der betroffene Kläger verstirbt, von denen die Klägerin hier keinen Gebrauch gemacht hat.

1052
(c) Wie zu A. ebenfalls bereits im Detail ausgeführt, liegen zwar bei den in den hier angegriffenen 116 Passagen enthaltenen (vermeintlichen) Originalzitate eine Vielzahl von Fehlzitaten und Kontextverfälschungen vor. Diese können zwar – wie der Senat mit Urteil vom heutigen Tage zu 15 U 65/17 ausgeführt hat – durchaus postmortale Unterlassungsansprüche tragen, stellen aber ebenfalls trotz ihrer Vielzahl, des groben Verstoßes gegen grundlegende journalistische Sorgfaltspflichten und auch sogar der Nichtbeachtung von sogenannten Sperrvermerken des Erblassers ebenfalls im Ergebnis keinen so schweren Eingriff in den Kern des postmortalen Geltungsanspruchs des Erblassers dar, dass aus dem Gesichtspunkt des staatlichen Schutzauftrages im Einzelfall deswegen die ausnahmsweise Anerkennung einer Vererblichkeit eines zu Lebzeiten entstandenen etwaigen Geldentschädigungsanspruchs anzunehmen wäre. Es ist nämlich bei gebotener Abwägung nicht anzunehmen, dass hierdurch der Kern der Menschenwürde des Erblassers im Sinne einer Entstellung, Herabwürdigung oder Erniedrigung betroffen würde oder seine Lebensleistung zerstört würde; ein Infragestellen genügt nach dem oben (aa) Gesagten gerade nicht.

1053
Dies gilt ausdrücklich auch mit Blick auf die deutlich groberen Fehlzitate, wie etwa die dem Erblasser zu Unrecht rechtsradikale oder antisemitische Ansätze zuschreibenden Zitate zu Nr. 99 und 103. Insofern ist insbesondere bei der gebotenen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles zu Lasten des Erblassers auch zu berücksichtigen, dass er gerade bei dem – ihn offenbar weiter tief bewegenden (vgl. auch Äußerung Nr. 77) – Vorfall in Bitburg jedenfalls im Kern durchaus auch selbst sehr scharfe Kritik an seinen vermeintlichen Widersachern geübt hat und dies hier dann im Ergebnis nur verfälschend weiter zugespitzt worden ist. Dass der Kläger sich über die Bitburg-Rede mit Vertretern des Weltkongresses überworfen hat, steht außer Frage.

1054
Auch im Übrigen folgt aus dem wie oben zu A. II. 4. A) cc) (3) (b) ausgeführten Umstand, dass die im streitgegenständlichen Buch von den Beklagten gewählte Darstellung der Zitate im Vergleich mit den vorgelegten Audio-Dateien in einer Vielzahl von Fällen eine Verfälschung von Stimmung, Lautstärke und Tonfall des Erblassers aufweisen mag und das Verhalten des Erblassers insgesamt (zu Unrecht) nach einem wütenden „Rachefeldzug“ gegen politische Weggefährten und Gegner klingen mag, nichts anderes (zumal viele solcher Passagen hier auch nicht angegriffen sind). Zum einen geht es in einigen Fällen auch um zulässige Bewertungen und damit Meinungsäußerungen der Beklagten zu 1) und 2), zum anderen rechtfertigt auch dies hier keine Ausnahme vom Grundsatz der Unvererblichkeit mit Blick auf den staatlichen Schutzauftrag.

1055
(d) Das zu (c) Gesagte gilt schließlich in ähnlicher Form auch mit Blick auf die bis zuletzt nicht mit Audiodateien belegten Zitate. Ohne dass insofern eine weitere Sachaufklärung durch den Senat geboten wäre, wäre selbst bei Annahme eines vorsätzlichen Unterschiebens von gänzlichen oder zumindest teilweisen Fehlzitaten in den Passagen Nr. 1, 2, 22, 31, 32, 45, 66, 73 und 78 hier kein so schwerer Eingriff in den Kern des postmortalen Geltungsanspruch des Erblassers anzunehmen, dass über die – schon aus anderem Grund unabhängig von der Authentizitätsfrage ohnehin gegebenen – Unterlassungsansprüche nach dem Urteil des Senats vom heutigen Tage zu Az.: 15 U 65/17 hinaus deswegen eine Vererblichkeit eines (unterstellten) Geldentschädigungsanspruchs (sei es nur anteilig für diese Zitate) abzuleiten wäre. Der Senat verkennt ausdrücklich nicht, dass gerade für das für erhebliches öffentliches Interesse sorgende, in der Werbung für die streitgegenständliche Veröffentlichung auch prominent hervorgehobene Zitat Nr. 2 bis zuletzt keine Audiodatei vorgelegt werden konnte und gerade dadurch nicht unerhebliche Beeinträchtigungen und Bloßstellungen des Erblassers eingetreten sind. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass es ohnehin allgemein bekannt war, dass der Erblasser sich im Zuge der sogenannten Spendenaffäre mit der Führung der CDU überworfen hatte, menschlich enttäuscht war und sein politisches Lebenswerk als nicht mehr ausreichend gewürdigt ansah, was bei der gebotenen Gesamtbetrachtung dagegen spricht, aus dem staatlichen Schutzauftrag hier im Einzelfall eine ausnahmsweise Vererblichkeit abzuleiten. Insofern genügt auch – die a.a.O. ebenfalls bereits aufgezeigte – einseitige Auswahl und Kombination von Zitaten und Zitatschnipseln mit bewusst größtmöglicher Aufmerksamkeit und damit Breitenwirkung zu Lasten des Erblassers nach Ansicht des Senats in Verbindung mit den Fehlzitaten nicht zur Annahme einer Vererblichkeit eines (unterstellten) Geldentschädigungsanspruchs im Einzelfall.

1056
(e) Schließlich kann auch nicht – was mit den aufgezeigten Zitatverfälschungen ohnehin in engem Zusammenhang steht – angenommen werden, dass das streitgegenständliche Werk ein „Zerrbild“ des Erblassers zeichnet und – wie die Klägerin meint – dessen Lebensbild grob und vorwerfbar verfälscht.

1057
Ungeachtet der Tatsache, dass sich Derartiges ohnehin eher nicht nur aus den hier streitgegenständlichen Passagen ergeben, sondern vielmehr eher wohl nur aus dem Gesamtwerk ableiten ließe, spricht jedoch einiges dafür, dass die konkret angegriffenen Passagen bei der Frage nach einer Lebensbildverfälschung des Erblassers wiederum vor dem Gesamtkontext des Buches im Übrigen zu würdigen sind (vgl. BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz.29 ff. für ein prozessual nicht angegriffenes Fehlzitat im Zusammenhang mit einer allein angegriffenen Meinungsäußerung; siehe auch OLG Düsseldorf v. 16.06.2009 – 15 U 171/98, NJW-RR 2000, 321 für Bewertung konkret angegriffener Passagen im Gesamtkontext eines Buches).

1058
Doch selbst mit dieser Maßgabe liegt eine Verfälschung des Lebensbildes des Erblassers durch die angegriffenen Passagen bzw. das Buch nicht vor, zumindest nicht eine solchermaßen grobe Verfälschung, dass diese geeignet wäre, entgegen der grundsätzlichen Rechtslage ausnahmsweise hier eine Vererblichkeit eines (unterstellten) Geldentschädigungsanspruchs wegen lebzeitiger Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Einzelfall zu begründen .

1059
((1)) Eine Verfälschung des Lebensbildes kann bei einer verunglimpfenden Verzerrung des Charakterbildes und dem Zeichnen eines nicht hinnehmbaren Zerrbildes einer Person und ihres Charakters anzunehmen sein (OLG Düsseldorf v. 16.06.2009 – 15 U 171/98, NJW-RR 2000, 321), wenn das Lebensbild einer Persönlichkeit mittels frei erfundener, oder doch ohne jeden Anhaltspunkt behaupteter, beispielsweise die Gesinnung negativ kennzeichnender Verhaltensweisen so entstellt wird, dass dies nur noch das Urteil zulässt, dass es sich um einen niederträchtiger Handlungsweise fähigen Menschen gehandelt habe (BGH v. 20.03.1968 – I ZR 44/66, BGHZ 50, 133 = juris Tz. 29). Dafür kann schon eine einzige in tatsächlicher Hinsicht unzutreffende Darstellung des politischen Wirkens eines Politikers (dazu BVerfG v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957 = juris Tz. 26) oder einer Privatperson genügen, wenn diese allein geeignet ist, das Lebensbild des Betroffenen zu zerstören. Eine grobe Entstellung wird andererseits aber außerhalb unwahrer Tatsachenbehauptungen im Allgemeinen eher nur anzunehmen sein, wenn in historisch-biographischer Sicht überhaupt keine Veranlassung für eine fragliche Darstellung und Bewertung der Person des Betroffenen bestand (vgl. im Zusammenhang mit der Kunstfreiheit plastisch OLG Frankfurt v. 15.10.2009 – 16 U 39/09, juris Tz. 63). Für die Verfälschung des Lebensbildes müsste ein Werk letztlich im Gesamtzusammenhang von dem Versuch getragen sein, das Andenken an den Erblasser verunglimpfend herabzuwürdigen (OLG Düsseldorf v. 16.06.2009 – 15 U 171/98, NJW-RR 2000, 321). Gibt es – worauf die Beklagten zutreffend verweisen – zudem schon unter Lebenden keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit nicht negativ bzw. nur einseitig in der selbst präferierten Art und Weise dargestellt zu werden (statt aller etwa BVerfG v. 08.06.2010 – 1 BvR 1745/06, NJW 2011, 47), muss dies postmortal erst recht gelten. Bei der notwendigen Gesamtwürdigung ist zudem zu berücksichtigen, dass sich Politiker – wie der Erblasser – in einer Demokratie wissentlich der genauen Prüfung ihrer Handlungen und Verhaltensweisen durch die Öffentlichkeit und auch durch die Presse aussetzen und deswegen Einschränkungen beim Schutz ihres Persönlichkeitsrechts – sei es postmortal – hinzunehmen haben (vgl. allgemein EGMR v. 17.05.2016 – 33677/10 und 52340/10, NJOZ 2017, 1691 Tz. 46 – Fürst-Pfeifer/Österreich; v. 02.02.2016 – 22947/13, NJW 2017, 2091 Tz. 55 – Magyar Tartalomszolgáltatók Egyesülete u. Index.hu Zrt/Ungarn; v. 10.11.2015 – 40454/07, NJOZ 2017, 346 Tz. 121 sowie vor allem EGMR v. 10.07.2014 – 48311/10, NJW 2015, 1501 Tz. 54 f., 68 f. – Axel Springer AG/Deutschland Nr. 2 jeweils m.w.N.).

1060
((2)) Nach diesen Maßstäben fehlt es in Anknüpfung an die Ausführungen zu oben A. II. 4. A) cc) (3) (b) sowohl bei einer Einzel- als auch Gesamtbetrachtung an einer ausreichend groben Verfälschung des Lebensbildes des Erblassers.

1061
Die Klägerin rügt zwar nicht ohne Grund, dass die Beklagten bewusst das Bild eines vom Erblassers unternommenen „Rachefeldzuges“ gegen politische Weggefährten und Gegner im Zusammenhang mit den Arbeiten an den Memoiren und dem Tagebuch, insbesondere den in ihrer Vorbereitung geführten Gesprächen mit dem Beklagten zu 1) gezeichnet und geschürt haben und sich die „Deutungshoheit“ über den Erblasser in dem ausweislich des Buches (Cover, S. 10) angeblich begonnenen Kampf um dieselbe anmaßen. Im Vorwort des Buches werden die Tonbandaufnahmen als „Eigenbilanz eines einmaligen Politikerlebens“ (Buch, S. 9) gepriesen. Da sich „nur etwa 10 Prozent der oft sehr direkten Rede“ in den „veröffentlichten Memoiren“ wiederfinden sollen, „in denen notgedrungen so manches mit staatsmännischem Gestus zu glätten“ gewesen sei (Buch, S. 9), wird herausgestellt, dass der Erblasser gegenüber dem Beklagten zu 1) „frei heraus Klartext“ gesprochen habe (Buch, S. 9). Nach dem auf Buch, S. 50 ff. beschriebenen „dramatische(n) Scheitern der Autobiografie“ während der Arbeiten am vierten Band wollen die Beklagten die Kellergespräche nunmehr „in ihrer Essenz … dokumentieren“ (Buch, S. 58) und so das Bild des Klägers nach eigenem Bekunden „um entscheidende Facetten erweitern.“ Die so erstellte Dokumentation habe zwar „nicht zu richten“ (Buch, S. 67) und „wer die zentralen Etappen der Kohlschen Wirkmacht in offizieller Lesart nachverfolgen möchte“, sei mit Tagebuch und Memoiren des Erblassers „bestens bedient.“ Man will mit dem „persönlichen Findebuch der Zeitgeschichte“ den Erblasser aber „in direkter Rede zu Wort“ kommen lassen, weil die interessierte Öffentlichkeit einen Anspruch darauf habe zu erfahren, „wie dieser epochale Staatsmann tief im Innersten dachte“, denn das sei dann „die ungefilterte Wahrheit aus ureigener Sicht: Vermächtnis und Bekenntnis zugleich“ (Buch, S. 68). Wird dann – vor allem mit umfangreichen  Vorwürfen gegenüber der Klägerin – bemängelt, dass die Geschehnisse ab 1994 nicht „in der bewährten Solidität der ersten drei Memoirenbände dokumentiert werden“ konnten (Buch S. 110) und vom „letzten Kapitel der Ära Kohl … nur ein großes weißes Blatt“ blieb (Buch, S. 111), dürfte sich das Buch aus dem eigenen Verständnis der Beklagten heraus und schon nach dem Titel „Vermächtnis“ faktisch in der Tat als eine Art „inoffizielle Fortsetzung“ der Memoiren des Erblassers verstehen lassen, zumal gerade mit der besonderen Strahlkraft der Originalzitate geworben wird (vgl. etwa Cover des Buchs: „Was ist wahr, was ist verzerrt am Bild dieses Jahrhundertpolitikers? Durch wen erfahren wir wie er dachte, taktierte, handelte? Am besten durch den Altkanzler selbst, ungefiltert, in seinen eigenen Worten – anhand der „Kohl-Protokolle“).

1062
Die im Prozess vorgelegten Tonspuren zeigen im Gegensatz zu den Beteuerungen der Beklagten hingegen deutlich, dass – ungeachtet der teils erheblichen Verfälschungen von Zitaten des Erblassers (vgl. dazu erneut oben A.) – die das Buch durchziehende Darstellung des Klägers als „zorniger“, „unverzeihlicher“ und „nachtragender“ alter Mann im heimischen „Ping-Pong-Keller“zumindest deutlich überzeichnet ist. Auch die gesamte Auswahl der Zitate ist ersichtlich zielgerichtet einseitig und verfälschend erfolgt. Dieser Wille zur rücksichtlosen Verfälschung und Zuspitzung zeigt sich im zu berücksichtigenden Gesamtkontext beispielhaft auch deutlich an der Passage auf S. 45 des Buches zum Abschiedsbrief der ersten Ehefrau des Erblassers, dessen Ende der Erblasser nach eigenem Bekunden damals als eine „Liebeserklärung“ verstand. Das Vorhandensein einer solchen wird a.a.O. mit dem von den Beklagten allein wiedergegebenen Teil des Briefes „Ich danke Dir für viel Hilfe, Zuspruch und Deine Versuche, mein Leben zu erleichtern“ fast ins Lächerliche gezogen (Buch S. 45: „So verabschiedet man – bestenfalls – einen Kameraden“). Tatsächlich sind die Beklagten gerade hier bewusst verfälschend und irreführend vorgegangen, weil auf S. 299 des weiteren – früher erschienenen – Buches des Beklagten zu 1) „Die Frau an seiner Seite“, das zu den Akten gereicht ist und – wie der Senat im Termin auch betont hat, ebenso wie das streitgegenständliche Werk daher herangezogen werden kann – noch weitere Passagen dieses Abschiedsbriefes abgedruckt sind und die Passage korrekt – mit einer „Liebeserklärung“ – eben lautet: „ „…Ich danke Dir für viel Hilfe, Zuspruch und Deine Versuche, mein Leben zu erleichtern. Zusammen mit Dir habe ich viele gute Jahre gehabt, und auch schlechte Zeiten haben wir durchgestanden. Ich danke Dir für ein Leben mit Dir an Deiner Seite – voller Ereignisse, Liebe, Glück und Zufriedenheit. Ich liebe Dich und bewundere Deine Kraft, Möge sie Dir erhalten bleiben. Du hast noch viel zu tun. Dein Schlägelein.“ Dieser Kosename war nicht ausgeschrieben, sondern wie immer gemalt.“

1063
((3)) Doch auch dieses sowie das weitere (zu A.) bereits aufgezeigte rücksichtslose Vorgehen der Beklagten führt dennoch nicht zu einer groben Verfälschung des Lebensbildes und trifft auch in seiner Gesamtheit der Darstellung im Buch nicht das Lebensbild des Altbundeskanzlers und „Kanzlers der Einheit“ in seinen Wurzeln, sondern ergänzt dieses – wie im streitgegenständlichen Buch auch ausgeführt – allenfalls um eine – sei es auch überzeichnete – Facette. Dies ist aber – zumal es um einen Berufspolitiker geht, der sich in seinem Handeln und Wirken der öffentlichen Bewertung stellen muss – im konkreten Fall hinzunehmen beziehungsweise zumindest nicht so gravierend, dass sich damit mit Blick auf den staatlichen Schutzauftrag ausnahmsweise eine Vererblichkeit eines (unterstellten) Geldentschädigungsanspruchs rechtfertigen ließe. Bei Angriffen auf den durch die Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruch kommt eine Verletzung – wie unter (a) oben ausgeführt – eben nicht schon durch dessen bloße Infragestellung in Betracht, sondern es ist eine grobe Entstellung des Lebensbildes des Verstorbenen, gegen die der Betroffene sich selbst nicht mehr wehren kann, erforderlich. Ein solcher Fall liegt hier nach Ansicht des Senats nicht vor. Bei der Bewertung ist einerseits zu berücksichtigen, dass das Buch zwar ein bestimmtes einseitig-überspitztes Bild vom Erblasser zeichnet, ihm andererseits aber zu weiten Teilen auch großen Respekt zollt – also gerade keine „Schmähschrift“ in Buchform ist, bei der der Vorwurf der Verfälschung des Lebensbildes näher liegen könnte (dazu etwa BVerfG v. 24.01.1971 – 1 BvR 435/60, juris Tz. 68; BGH v. 20.03.1968 – I ZR 44/06, juris Tz. 24). Ferner ist die Wiedergabe von angeblichen Stimmungslagen des Erblassers und die Bewertung seines Verhaltens und seiner Äußerungen im Buch zumeist von wertenden Elementen getragen, die die Beklagten zu 1) und 2) aufgrund der Tonbänder bzw. Transkripte gewonnen haben wollen. Berücksichtigt man aber, dass die vorgelegten Audiodateien tatsächlich eine Vielzahl derber und einzelne Personen herabwürdigender Bemerkungen des Erblassers belegen und sieht man dann noch, dass allgemein bekannt ist, dass er im Zuge der sog. Spendenaffäre, in der er massiv in Bedrängnis geriet und sogar strafrechtliche Konsequenzen befürchten musste, mit vielen politischen Weggefährten gebrochen und sich aus der Öffentlichkeit zeitweise zurückgezogen hatte, erscheinen die vorgenommenen Wertungen – mögen sie auch im Einzelfall überschießend und verzerrend sein – jedenfalls nicht so fernliegend, dass sie bereits die Annahme einer groben Lebensbildverfälschung tragen können. Zudem zeigen der – inhaltlich unstreitige – Inhalt der Publikation von Dr. AV und die vorgelegten Presseveröffentlichungen bisweilen enthaltenen Äußerungen des Erblassers, dass dieser durchweg ein Freund klarer und im Einzelfall auch scharfer und streitbarer Worte sein konnte. Die Klägerin beschreibt das Verdikt „…“ selbst als ganz typische Art des Erblassers, seine tiefste Verachtung zum Ausdruck zu bringen für jemanden, der in seinen Augen tiefer nicht sinken konnte (vgl. auch Buch, S. 82 „…“). Dass der Erblasser sich auch in seinem gesamten politischen Leben an Gegnern und Weggefährten, aber auch etwa an der ihm vermeintlich feindlich gesonnenen Presse und anderen politischen Strömungen folgenden Bürgern oder auch aggressiven Demonstranten deutlich gerieben hat, steht außer Frage. Auch mit Blick darauf, mögen in der streitgegenständlichen Veröffentlichung zwar Facetten der Persönlichkeit des Erblassers verzerrt und überzeichnet worden sein, aber eine grobe Lebensbildverfälschung an der Basis der Persönlichkeit des Erblassers ist nicht festzustellen.

1064
((4)) Auch einen von der Klägerin befürchteten „irreparabel angerichtete(n) Ansehens-  und Glaubwürdigkeitsverlust in Gegenwart und Geschichte“ (S. 60 der Berufungsbegründung der Klägerin, Bl. 3937 d.A.; S. 3 ff. des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl. 4005 ff. d.A.) vermag der Senat aus ähnlichen Gründen nicht zu erkennen, insbesondere nicht in einem Maß, dass deswegen ausnahmsweise die Annahme einer Vererblichkeit eines (unterstellten) Geldentschädigungsanspruchs begründbar wäre. Der Klägerseite ist zwar zuzugeben, dass im Kontrast mit dem streitgegenständlichen Buch auf den ersten Blick eine gewisse „Entwertung“ der Memoiren des Erblassers drohen mag, in denen „notgedrungen so manches mit staatsmännischem Gestus zu glätten war“, während jetzt „Klartext“ gesprochen werden soll (beides Buch, S 9), dies unter vertragswidriger Offenlegung der Ghostwriterstellung durch den Beklagten zu 1) als „Autor der Lebenserinnerungen“ (Buch S. 18). Letzteres ist für die Lebensbildverfälschung schon deswegen unschädlich, weil bei verständiger Würdigung die Leser der Memoiren zumeist schon kaum angenommen haben werden, der Erblasser habe diese tatsächlich allein verfasst. Zudem ist aber auch eine tiefgreifende „Entwertung“ der Memoiren auch deswegen nicht zu erwarten, weil die Widersprüche, die die Klägerin zwischen den Memoiren und dem Werk der Beklagten zu erkennen meint, nach Auffassung des Senats in einem solchen Ausmaß nicht erkennbar sind. Die wesentlichen Aussagen der Memoiren und des Tagebuchs bleiben ebenso unberührt wie das politische Lebenswerk des Erblassers und seine unbestrittenen Verdienste und tragenden Charaktereigenschaften. Die Publikation der Beklagten, die nach dem zu A. Gesagten bei allen 116 angegriffenen Passagen gerade keine tiefgreifenden Sachinformationen mitzuteilen hat, sondern den Erblasser durch den Bruch der Vertraulichkeitssphäre und die Mitteilung von Äußerungen im Wortlaut nur bloßgestellt hat, hat nur eine – stark subjektiv gefärbte und verzerrte – Facette der Persönlichkeit des Erblassers herausgestellt und weiter ausgeschärft. Dass dadurch der Kern des Lebensbildes des Erblassers  und die Basis seines postmortalen Geltungsanspruchs verfälscht wäre, so dass nicht nur gegenüber einem Lebenden eine Geldentschädigung geboten wäre, sondern im Todesfall wegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die postmortal geschützte Menschenwürde des Betroffenen sogar eine ausnahmsweise Vererblichkeit anzunehmen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insbesondere verkennt die Klägerin auch an dieser Stelle, dass der Schutz des sozialen Geltungsanspruchs des Erblassers primär durch zivilrechtliche Unterlassungsansprüche, wie sie Gegenstand des Verfahrens 15 U 65/17 sind, gewährleistet werden kann. Im hiesigen Verfahren existierten zudem die aufgezeigten prozessualen Reaktionsmöglichkeiten, bei deren richtiger Handhabung ebenfalls eine von der Klägerin gewünschte „Signalwirkung“ einer gerichtlichen Entscheidung zu erreichen wäre und bei der – einen entsprechend hohen Geldentschädigungsanspruch unterstellt – auch eine materiell-gerechte Kostenentscheidung herbeizuführen gewesen wäre.

1065
((5)) Schließlich kann die ausnahmsweise Vererblichkeit im Einzelfall auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Beklagte zu 1) nach dem Klägervortrag (derzeit noch) als „Monopolist“ über die auf Band gesprochenen Lebenserinnerungen verfügen soll und weitere Veröffentlichungen drohen könnten. Dem entgegenzuwirken ist primär Sinn und Zweck der beiden anderen Rechtsstreite (Az.: 15 U 66/17 und 15 U 65/17). Soweit die Klägerin betont, dass sich das Bild des Erblassers wie ein „Mosaik“ auf Basis des verfügbaren Quellenmaterials verdichten wird (S. 7 des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl. 4009 d.A.), wird es ihr dann auch möglich sein, mit den Tonbändern und/oder sonstigem Material ihre Sicht der Dinge klarzustellen. Die Klägerin betont auf S. 16 des Schriftsatzes vom 14.11.2017 (Bl. 4018 d.A.) zutreffend, dass der Kläger im Übrigen mit seinen Memoiren seine Sicht der Dinge ohnehin sozusagen in Stein gemeißelt hat und Historiker daran nicht vorbeigehen können. Auch daran zeigt sich, dass die hier streitgegenständliche Veröffentlichung dem Bild des Erblassers allenfalls eine größtenteils verzerrte Facette hinzuzufügen versucht, aber keine grobe Lebensbildverfälschung an der Basis des postmortalen Geltungsanspruchs zur Folge hat. Die Publikation wird allenfalls ein Teil des auch von der Klägerin erwarteten Kampfes um die „Deutungshoheit“ über den Erblasser werden (S. 19 f. des Schriftsatzes vom 14.11.2017, Bl.4021 d.A.), an dem teilzuhaben aber sowohl der Klägerin als den Beklagten – dem Beklagten zu 1) nur unter Beachtung seiner vertraglichen Pflichten – offensteht.

1066
((6)) Auch die Gesamtheit der Erwägungen und die Schwere der Verletzungen zusammengenommen rechtfertigen keine andere Sicht der Dinge, da auch hierdurch der Kern der Menschenwürde des Erblassers aus Art 1 Abs. 1 GG nicht verletzt wird, jedenfalls nicht so schwer, dass deswegen ausnahmsweise eine Vererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs anzunehmen wäre.

1067
C. Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin und die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten rechtfertigen keine andere Sichtweise und insbesondere keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 525 S. 1, 156 Abs. 1 ZPO), zumal es insbesondere auf die Inhalte der klägerseits zuletzt eingereichten Anlagen 2 und 3 (Bl. 4452 ff. d.A.) – selbst eine prozessual zulässige Inbezugnahme unterstellt – nach dem Vorstehenden ersichtlich nicht ankommt.

1068
D. Da es – wie gezeigt – für die Entscheidung des Senats im Ergebnis unerheblich ist, ob die bis zuletzt entweder gar nicht oder zumindest in Teilen nicht mittels Audio-Dateien belegten (angeblichen) Zitate des Erblassers (Nr. 1, 2, 22, 31, 32, 45, 66, 73 und 78) auch tatsächlich von diesem so geäußert worden sind, bedürfen die insofern von den Parteien diskutierten Fragen keiner Entscheidung. Das betrifft insbesondere auch die Fragen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bzw. der Annahme einer sekundären Darlegungslast der Beklagten für die Richtigkeit der einzelnen Zitate (vgl. dazu insbesondere BVerfG v. 03.06.1980 – 1 BvR 185/77, BVerfGE 54, 148 ff. – Eppler = juris Tz. 19 – 21, während die von den Beklagten zitierte Entscheidung des BGH v. 30.05.1974 – VI ZR 174/72, GRUR 1975, 89, 92 – Brüning-Memoiren I andere Tatsachenfragen und die Authentizität der dortigen Memoiren betraf) und/oder die Frage nach der Löschung von großen Teilen der Originaltonbänder. Dahinstehen kann auch die Frage, ob und wie und mit welcher Rechtsfolge dem Beklagten zu 1) für den Fall der tatsächlichen partiellen Löschung der Originaltonbänder ggf. der Vorwurf einer zumindest fahrlässigen Beweisvereitelung hätte gemacht werden können.

1069
Mangels Entscheidungsrelevanz bestand im Zuge der gebotenen Ermessensausübung (vgl. Senat v. 19.10.2017 – 15 U 161/16, AfP 2018, 55) auch keinerlei Anlass zum Erlass von gerichtlichen Vorlageanordnungen wegen der Originaltonbänder und/oder wegen der zumindest bei dem Beklagten zu 1) nach eigenem Vortrag vorhandenen weiteren (digitalen) Audiodateien. Eine solche Anordnung wäre entgegen dem Landgericht nicht auf § 142 ZPO zu stützen gewesen, sondern auf § 144 Abs. 1 S. 2 ZPO. Denn es handelt sich nicht um Urkunden, sondern um Augenscheinsobjekte bzw. die Audio-Dateien wären wegen §§ 525 S. 1, 371 Abs. 1 S. 2 ZPO als solche zu behandeln (vgl. allg. Berger, NJW 2005, 1016, 1017).

1070
Aus gleichen Erwägungen heraus schied auch eine Anordnung zur Vorlage der Audiodateien gemäß §§ 525 S. 1, 371 Abs. 2 S. 2 ZPO i.V.m. §§ 422, 425 ZPO gegen den Beklagten zu 1) aus, die sich sonst ggf. auf die Erwägung hätte stützen lassen, dass der „Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe (…) verlangen kann“, worunter gerade auch Ansprüche aus § 667 BGB fallen (Musielak/Voit/Huber, ZPO, 14. Aufl. 2017, § 422 Rn. 1), die sich hier möglicherweise aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Auftragsverhältnis sui generis auch für die Audio-Dateien hätten ableiten lassen, was letztlich im Verfahren der Stufenklage zu 15 U 66/17 zu klären sein wird.

1071
E. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich wegen der Kosten aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO. Bei einer Klage auf Zahlung einer auf Geldentschädigung handelt es sich trotz des Persönlichkeitsbezugs um eine vermögensrechtliche Streitigkeit.

1072
F. Die Revision war zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Wie oben zu B. betont, sind mögliche Ausnahmefallgruppen für eine ausnahmsweise anzunehmende Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG wegen noch zu Lebzeiten erfolgter schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzungen ungeklärt, so dass zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich ist. Die Fragen haben zudem auch grundlegende Bedeutung.

1073
Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.000.000,00 EUR

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Möglichkeit des Nachweises der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches im Grundbuchberichtigungsverfahren durch Vorlage der Klageschrift mit Eingangsstempel des Gerichts und des Urteils jeweils in notariell beglaubigter Abschrift möglich

Oberlandesgericht München: Beschluss vom 23.05.2018 – 34 Wx 385/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
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Rechtsgebiet
GBO
Vorschriften
GBO § 22, § 29 Abs. 1

Schwerbehinderte haben Anspruch auf Bezahlung von Telefonklingelsendern durch die Krankenkasse

Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 16.05.2018 – L 5 KR 1365/16
Die Krankenkassen müssen Hörbehinderten im Rahmen der Hilfsmittelversorgung (zum mittelbaren Behinderungsausgleich”) einen (das Telefonklingeln in ein Lichtsignal umwandelnden) Telefonklingelsender gewähren; das Grundbedürfnis des Hörbehinderten nach Kommunikation mit anderen Menschen umfasst nicht nur die passive Erreichbarkeit für (spontane) Besuchskontakte (als reale Kontakte im Sinne des “Besuchtwerdenkönnens” – Türklingelsender), sondern auch die passive Erreichbarkeit für (spontane) Telefonkontakte (als virtuelle Kontakte im Sinne des “Angerufenwerdenkönnens” – Telefonklingelsender).

L 5 KR 1365/16

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 139,00 EUR endgültig festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten eines Telefonsenders für Hörbehinderte (Telefonlichtanlage) i.H.v. 139,00 EUR.

Unter dem 19.12.2014 stellte der Arzt Dr. W. dem 1966 geborenen Beigeladenen, Mitglied der Beklagten, eine Verordnung/Bescheinigung zur Hilfsmittelversorgung aus. Darin heißt es, bei dem Beigeladenen bestehe eine beidseitige hochgradige Schwerhörigkeit. Ein Rauchmelder mit Koppelung zur Lichtsignalanlage sei indiziert. Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse werde befürwortet.

Mit bei der Beklagten am gleichen Tag eingegangenem Kostenvoranschlag vom 19.12.20114 beantragte die Firma I. GmbH für den Beigeladenen (unter Vorlage der Bescheinigung des Dr. W. vom 19.12.2014) die Gewährung eines Rauchmelders, eines Türklingelsenders einer Batterieblinklampe (Blitzlampe) und eines Telefonsenders; ein Telefonsender erkennt das Klingeln des Telefons und sendet ein Funksignal an alle angeschlossenen Empfänger, etwa an eine Blitzlampe. Die Kosten des Telefonsenders betrugen 139,00 EUR.

Die Beklagte gewährte dem Beigeladenen die beantragten Hilfsmittel mit Ausnahme des Telefon-senders. Insoweit leitete sie den Leistungsantrag mit Schreiben vom 30.12.2014 an den Kläger weiter. Dieser sei zuständiger Leistungsträger für die Gewährung des Telefonsenders. Das Tele-fonieren gehöre nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens, deren Befriedigung die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sicherstellen müsse. Mit Schreiben (ebenfalls) vom 30.12.2014 teilte die Beklagte dem Beigeladenen die Weiterleitung des Leistungsantrags mit.

Mit an den Beigeladenen gerichtetem Bescheid vom 20.01.2015 übernahm der Kläger die Kosten des Telefonsenders. Man sei als zweitangegangener Leistungsträger für die Entscheidung über den Leistungsantrag zuständig (§ 14 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch, SGB IX), werde aber von der Beklagten Kostenerstattung verlangen. Bei dem Telefonsender handele es sich um ein von der GKV zu gewährendes Hilfsmittel i.S.d. § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Sollte der Sozialhilfeträger nach Maßgabe des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) doch zur Gewährung des Hilfsmittels verpflichtet sein, müssten noch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beigeladenen geprüft werden; dazu würden ggf. die notwendigen Angaben angefordert.

Mit Schreiben (ebenfalls) vom 20.01.2015 meldete der Kläger bei der Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch (§§ 102 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X) an. Telefonsender würden regelmäßig von den Krankenkassen als Hilfsmittel der GKV gewährt.

Mit Schreiben vom 10.02.2015 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten des Telefonsenders ab. Mit Schreiben vom 09.03.2015 machte der Kläger erneut Kostenerstattung geltend, was die Beklagte mit Schreiben vom 26.03.2015 wiederum ablehnte; Telefonsender dienten dem mittelbaren Behinderungsausgleich und seien von der GKV nicht zu gewähren.

Am 15.04.2015 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Der hochgradig schwerhörige Beigeladene sei zum Erkennen von Telefonanrufen und damit zur telefonischen Kommunikation mit anderen Menschen, einem von der GKV zu befriedigenden Grundbedürfnis, auf den Telefonsender angewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 29.04.2010, – B 3 KR 5/09 R -, in juris) sei eine Lichtsignalanlage für Hörbehinderte zum Behinderungsausgleich erforderlich, wobei nicht danach unterschieden werde, ob das Lichtsignal das Läuten einer Türklingel oder eines Telefons anzeige (BSG, a.a.O. Rdnr. 14). Das BSG sehe das Telefonieren damit auch als Grundbedürfnis an (vgl. auch SG Hamburg, Urteil vom 13.09.2011, – S 28 KR 1752/10 -, vorgelegt, und LSG Hamburg, Urteil vom 27.09.2012, – L 1 KR 147/11 -, in juris).

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Blitzlampen in Verbindung mit Türklingelsendern ermöglichten dem Hörbehinderten das Erkennen unangekündigter Besuche (etwa durch Paketzusteller). Hierfür sei die GKV im Rahmen des mittelbaren Behinderungsausgleichs zuständig. Die Kommunikation mit Hilfe des Telefons sei für das Grundbedürfnis nach selbstständiger Lebensführung und nach Kommunikation mit anderen Menschen aber nicht erforderlich, stelle vielmehr eine Kommunikationsmöglichkeit nur für bestimmte Lebenssituationen dar. Der Beigeladene sei in der Mobilität und Sprechfähigkeit nicht eingeschränkt und erwerbstätig. Vereinsamung drohe ihm daher auch ohne Kommunikation mit Hilfe des Telefons nicht.

Mit Urteil vom 22.01.2016 verurteilte das SG die Beklagte, dem Kläger die Kosten des dem Beigeladenen gewährten Telefonsenders i.H.v. 139,00 EUR zu erstatten. Die Berufung wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Zur Begründung führte das SG aus, die Klage sei begründet; der Kläger habe Anspruch auf Erstattung der Kosten des dem Beigeladenen gewährten Telefonsenders aus § 104 Abs. 1 SGB X. Nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift sei derjenige Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Leistungsberechtigte (hier: der Beigeladene) vorrangig einen Anspruch habe oder gehabt habe, wenn die Sozialleistung durch einen nachrangig verpflichteten Leistungsträger erbracht worden sei. Nachrangig verpflichtet sei ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Hier sei die Beklagte vorrangig leistungspflichtig gewesen. Das folge aus § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach hätten Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, (u.a.) um eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen seien. Der Telefonsender stelle ein Hilfsmittel dar, das die beidseitige hochgradige Schwerhörigkeit des Beigeladenen zwar nicht unmittelbar, aber mittelbar ausgleichen solle. Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich würden von der GKV gewährt, wenn sie die Auswirkung der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigten oder milderten und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens beträfen. Zu diesen Grundbedürfnissen gehörten u.a. das Hören sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, was auch die Aufnahme von Informationen und die Kommunikation mit anderen Menschen umfasse (vgl. BSG, Urteile vom 29.04.2010, – B 3 KR 5/09 R -, und vom 18.06.2014, -B 3 KR 8/13 R -, beide in juris); hierfür sei der Telefonsender erforderlich. Das selbstständige Kommunizieren mit anderen Menschen stelle ein Grundbedürfnis dar; es habe die passive Erreichbarkeit des Versicherten für spontane Telefonanrufe zum Gegenstand. Dafür sei notwendig, dass das für Gesunde hörbare Telefonsignal in ein für den hörbehinderten Beigeladenen wahrnehmbares optisches Signal umgewandelt werde (so auch SG Hamburg, Urteil vom 13.09.2011, – S 28 KR 1752/10 -). Der Telefonsender sei kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, zumal Lichtsignalanlagen der in Rede stehenden Art unter Nr. 16.99.09.0077 im GKV-Hilfsmittelverzeichnis geführt würden. Der Telefonsender sei auch ein beweglicher Gegenstand i.S.d. § 31 Abs. 1 SGB IX. Er könne bei einem Wohnungswechsel ohne weiteres ausgebaut und mit vertretbarem Aufwand in einer neuen Wohnung wiederverwendet werden.

Gegen das ihr am 10.03.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am (Montag, dem) 11.04.2016 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Telefonsender sei kein Hilfsmittel der GKV. Die Nutzung eines Telefons diene regelmäßig nicht dem mittelbaren Ausgleich des behinderungsbedingt ein-geschränkten Grundbedürfnisses nach Kommunikation, sondern ermögliche die Kommunikation mit anderen Menschen nur in bestimmten Lebenssituationen. Das Telefonieren, auch mit Hilfe eines optischen Signalsenders, befriedige besondere private, berufliche oder gesellschaftliche Bedürfnisse, gehöre jedoch nicht zu den elementaren Lebensbetätigungen (vgl. auch etwa LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30.05.2007, – L 6 KR 4/06 -; LSG Hessen, Urteil vom 12.04.2007, – L 1 KR 219/05-; LSG Sachsen, Urteil vom 17.10.2007, – L 1 KR 18/06 -, alle in juris). Die Kommunikation durch Telefonieren sei auch keine zwingende Voraussetzung für eine selbstständige Lebensführung. Anderes gelte für einen (von ihr auch gewährten) Türklingelsender oder einen mit einem Wecker verbundenen Sender. Der Beigeladene sei erwerbstätig und in seiner Mobilität und Sprechfähigkeit nicht eingeschränkt. Die Gefahr der Vereinsamung bestehe daher nicht, da die Kommunikation mit anderen Menschen auch ohne Nutzung des Telefons gewährleistet sei. Der Telefonsender könne allenfalls als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gemäß §§53 und 54 SGB XII i. V. m. §§ 26 und 55 SGB IX gewährt werden; leistungspflichtig sei dann aber der Kläger als Träger der Sozialhilfe.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.01.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein bisheriges Vorbringen. Die von der Beklagen angeführte LSG-Rechtsprechung habe andere Fallgestaltungen zum Gegenstand (GPS-System für blinde Versicherte, Bildtelefon für gehörlose Versicherte). Hier gehe es nicht um die Art und Weise der Kommunikation (über Bildtelefon oder Webcam), sondern um die Wahrnehmung der Telefonklingel.

Mit Beschluss vom 20.03.2018 hat der Senat den Beigeladenen zum Verfahren beigeladen. Er hat sich zur Sache nicht geäußert und Anträge nicht gestellt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Streitgegenstand ist die Erstattung der Kosten eines Telefonsenders, die der Kläger mit an den Beigeladenen gerichtetem Bescheid vom 20.01.2015 übernommen hat. Der Erstattungsbetrag (139,00 EUR) erreicht zwar nicht den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (10.000 EUR), jedoch hat das SG die Berufung in seinem Urteil zugelassen. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:

Das SG hat in seinem Urteil die (den Beteiligten auch geläufigen) Rechtsgrundsätze dargelegt, die für die Hilfsmittelversorgung gesetzlich Versicherter nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V gelten. Ausschlaggebend ist danach im Hinblick auf den hier (unstreitig) in Rede stehenden mittelbaren Behinderungsausgleich, ob der Telefonsender der Befriedigung des Grundbedürfnisses des hörbehinderten Menschen nach Kommunikation mit anderen Menschen dient. Das Grundbedürfnis nach Kommunikation mit anderen Menschen umfasst die passive Erreichbarkeit durch Menschen aus dem Bereich der Außenwelt für Besuche, und zwar auch für nicht angemeldete, spontane Besuche (BSG, Urteil vom 29.04.2010, – B 3 KR 5/09 R -, in juris Rdnr. 15); deshalb muss die Krankenkasse dem Hörbehinderten ggf. einen Türklingelsender als Hilfsmittel der GKV gewähren, damit er das für Gesunde hörbare Türklingelgeräusch (als Lichtsignal) wahrnehmen kann (BSG, a.a.O.). Nach Auffassung des Senats umfasst das Grundbedürfnis nach Kommunikation mit anderen Menschen nicht nur die passive Erreichbarkeit für (spontane) Besuchskontakte mit anderen Menschen (als reale Kontakte im Sinne des “Besuchtwerdenkönnens”), sondern auch die passive Erreichbarkeit für (spontane) Telefonkontakte mit anderen Menschen (als virtuelle Kontakte im Sinne des “Angerufenwerdenkönnens”). Dass sich die Lebenssituation, in der die Kommunikation des Hörbehinderten mit anderen Menschen stattfindet, bei (spontanen) Besuchskontakten anders darstellt als bei (spontanen) Telefonkontakten, ist nicht ausschlaggebend. Das BSG hat im genannten Urteil vom 29.04.2010 zwar nur über die Gewährung eines Türklingelsenders als Hilfsmittel der GKV entschieden, gleichwohl aber auch das “Läuten des Telefons” bzw. dessen Umwandlung in optische Signale (durch einen Telefonsender) als Beispiel für einen mittelbaren (Hör-)Behinderungsausgleich durch die GKV angeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, da dieser (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit kein Prozessrisiko übernommen hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Jeder Antragsteller und jeder Antragsberechtigte der noch keinen Erbscheinsantrag gestellt hat, aber noch wirksam stellen könnte, ist beschwerdebefugt gegen die Ablehnung der Erbscheinserteilung

Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 14.05.2018 – 8 W 302/16
1.

Gegen die Ablehnung der Erbscheinserteilung ist neben dem Antragsteller jeder weitere Antragsberechtigte beschwerdebefugt, auch wenn er selbst keinen Antrag gestellt hat, aber den Antrag bei Einlegung seiner Beschwerde noch wirksam stellen kann. Materiell beschwerdeberechtigt ist nur, wer geltend macht, dass seine erbrechtliche Stellung durch die Entscheidung berührt wird. Vermächtnisnehmer gehören nicht zum Kreis der Beschwerdeberechtigten.
2.

Die nach § 2079 BGB wirksam erklärte Anfechtung hat grundsätzlich die Nichtigkeit der gesamten letztwilligen Verfügung zur Folge. Einzelne Verfügungen bleiben nur dann wirksam, wenn nach § 2079 Satz 2 BGB positiv feststellbar ist, dass sie der Erblasser so auch getroffen hätte, falls er zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung Kenntnis von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten gehabt hätte.

In der Nachlasssache
XXX
– Erblasser –
mit den Beteiligten:
1) XXX
– Witwe und alleinige Sorgeberechtigte für 8-10 / Antragstellerin / Antragsgegnerin / Beschwerdeführerin / Anschlussbeschwerdegegnerin –
2) XXX
– Sohn des Erblassers / Vermächtnisnehmer –
3) XXX
– Tochter des Erblassers / Antragstellerin / Antragsgegnerin / Beschwerdegegnerin / Anschlussbeschwerdeführerin –
4) XXX
– Tochter des Erblassers / Antragstellerin / Antragsgegnerin / Beschwerdegegnerin / Anschlussbeschwerdeführerin
5) XXX
– Sohn des Erblassers / Antragsteller / Antragsgegner / Beschwerdegegner / Anschlussbeschwerdeführer –
6) XXX
– Tochter des Erblassers / Antragstellerin / Antragsgegnerin / Beschwerdegegnerin / Anschlussbeschwerdeführerin –
7) XXX
– Mutter von Nr. 6 und Sorgeberechtigte / Anschlussbeschwerdeführerin –
8) XXX
– Sohn des Erblassers / Beschwerdeführer / Anschlussbeschwerdegegner –
9) XXX
– Sohn von Nr. 1 / Beschwerdeführer –
10) XXX
– Sohn von Nr. 1 / Beschwerdeführer –
Verfahrensbevollmächtigte zu 3 – 7:
XXX
Verfahrensbevollmächtigte zu 1, 8 – 10:
XXX
wegen Erscheinsanträgen
hier: Beschwerde gegen Zurückweisungsbeschluss
hat das Oberlandesgericht Stuttgart – 8. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Guckes, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Barth und die Richterin am Oberlandesgericht Hausmann am 14.05.2018 beschlossen:
Tenor:

1.

Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 8 wird der Beschluss des Notariats Blaustein – Nachlassgericht – vom 29.07.2016, Az. NG 5 / 2016, in seinem Ausspruch Ziff. 1 (Zurückweisung des Erbscheinsantrages der Beteiligten Ziff. 1 vom 18.02.2016)

aufgehoben.

Das nunmehr zuständige Amtsgericht Ulm – Nachlassgericht – wird angewiesen, über den Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 vom 18.02.2016 unter Berücksichtigung der Rechtssauffassung des Senats neu zu entscheiden.
2.

Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 9 und 10 gegen den Beschluss des Notariat Blaustein – Nachlassgericht – vom 29.07.2016, Az. NG 5 / 2016, in seinem Ausspruch Ziff. 1 (Zurückweisung des Erbscheinsantrages der Beteiligten Ziff. 1 vom 18.02.2016) wird als unzulässig

verworfen.

3.

Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 8, 9 und 10 wird der Beschluss des Notariats Blaustein – Nachlassgericht – vom 29.07. 2016, Az. NG 5 / 2016, in seinem Ausspruch Ziff. 3 (Testamentsvollstreckerzeugnis)

aufgehoben.

Der Antrag der Beteiligten Ziff. 3, 4 und 5 vom 15.02.2016 auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses wird

zurückgewiesen.

4.

Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 gegen den Beschluss des Notariats Blaustein – Nachlassgericht – vom 29.07.2016, Az. NG 5 / 2016, wird

zurückgewiesen.

5.

Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten Ziff. 7 gegen den Beschluss des Notariats Blaustein – Nachlassgericht – vom 29.07.2016, Az. NG 5 / 2016, wird als unzulässig

verworfen.

6.

Die Beteiligten Ziff. 9 und 10 tragen zusammen die Hälfte der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beteiligten Ziff. 3 bis 7 tragen zusammen die übrige Hälfte der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
7.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 200.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 23.12.2015 durch Suizid verstorbene Erblasser war seit dem 08.10.2015 mit der Beteiligten 1 im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet. Die Beteiligten Ziff. 2 bis 6 sind Abkömmlinge des Erblassers aus früheren Beziehungen, wobei die Beteiligte Ziff. 7 die Mutter der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 ist, während der Beteiligte Ziff. 2 aus einer noch früheren Beziehung des Erblassers stammt. Die Beteiligte Ziff. 7 ist Sorgeberechtigte für die Beteiligte Ziff. 6, die noch nicht volljährig ist. Im Zeitpunkt des Erbfalls erwartete die Beteiligte Ziff. 1 vom Erblasser ein Kind, den am 26.06.2016 geborenen Beteiligten Ziff. 8. Die Beteiligten Ziff. 9 und 10 sind Söhne der Beteiligten Ziff. 1, die diese in die Ehe brachte.

Vom Erblasser liegt ein privatschriftliches Testament vom 05.12.2015 (Bl. 37 d.A.) mit folgendem Wortlaut vor:

Mein Testament,

ich möchte, dass nach meinem Tod mein gesamtes Vermögen zu gleichen Teilen unter meinen Kindern XXX verteilt wird. Mein Sohn XXX soll vorab aus der Erbmasse 20.000,00 € erhalten, ebenso wie meine Patenkinder XXX und XXX, die ebenfalls je 20.000,00 € erhalten sollen.

Es tut mir leid, dass meine Frau XXX sich immer wieder geweigert hatte, im Falle meines Todes sich als Miterbin einsetzen zu lassen oder sich um diese Angelegenheiten zu kümmern.

Rottweil, den 5.12.2015 [Unterschrift] XXX

(XXX)

Meine XXX sollen als “Testamentvollstrecker” das Erbe verwalten und verteilen.

5.12.2015 [Unterschrift] XXX

Am 15.02.2016 haben die Beteiligten Ziff. 3, 4 und 7 (diese als Bevollmächtigte des 5 in dessen Namen) zur Niederschrift des Notariats Blaustein – Nachlassgericht – die Annahme des Amtes des Testamentsvollstreckers erklärt und die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses beantragt.

Die Beteiligte Ziff. 1 hat durch Schriftsatz an das Notariat Rottweil – Nachlassgericht – vom 18.02.2016 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach sie mit einem Erbteil von 1/2 und die Beteiligten Ziff. 2 bis 6 sowie der Beteiligte Ziff. 8 mit einem Erbteil von je 1/12 Erben des Erblassers geworden sind. Gleichzeitig wurde von der Beteiligten Ziff. 1 die Anfechtung des privatschriftlichen Testaments des Erblassers vom 05.12.2015 erklärt. Zur Begründung wurde auf die Regelung des § 2079 BGB verwiesen und vorgetragen, der Erblasser habe den zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch nicht geborenen Beteiligten Ziff. 8 als Pflichtteilsberechtigten übergangen, zu diesem Zeitpunkt sei dem Erblasser noch nichts über die Schwangerschaft bekannt gewesen. Anfang Dezember habe sie – die Beteiligte Ziff. 1 – selbst noch keine gesicherte Kenntnis über die Schwangerschaft gehabt und ihrem Mann noch nichts gesagt, sondern ihm dies Weihnachten mitteilen wollen. Der Erblasser habe von dem ungeborenen Kind noch nicht einmal am 22.12.2015 gewusst. Die Anfechtung beseitige das angefochtene Testament in vollem Umfang und es trete somit gesetzliche Erbfolge ein. Das Notariat Rottweil – Nachlassgericht – sei in der Sache örtlich zuständig, da der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe.

Ebenfalls im Hinblick auf die erklärte Testamentsanfechtung ist die Beteiligte Ziff. 1 dem Antrag der Beteiligten Ziff. 3, 4 und 5 auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses entgegengetreten.

Mit Schriftsatz an das Notariat Blaustein – Nachlassgericht – vom 03.05.2016 haben die Beteiligten Ziff. 3 bis 6 ihrerseits die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach sie jeweils mit einem Erbteil von 1/4 Erben des Erblassers geworden sind. Zur Begründung tragen sie vor, der Erblasser habe zwar zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 05.12.2015 von der Schwangerschaft seiner Ehefrau – der Beteiligten Ziff. 1 – nichts gewusst, aber in jedem Fall vor seinem Tod Kenntnis von dem ungeborenen Kind gehabt. Dies ergebe sich daraus, dass der Erblasser einen 7-seitigen Abschiedsbrief (bei Bl. 63 d.A.) an das ungeborene Kind erstellt habe. Aus dem Brief ergebe sich zweifelsfrei, dass der Erblasser Kenntnis vom ungeborenen Kind der Ehefrau gehabt habe. Diese habe dem Erblasser schon am 11./12.12.2015 mitgeteilt, dass sie schwanger sei. Dem Erblasser sei demgemäß sechs Tage nach Erstellung des Testaments und zehn Tage vor seinem Tod bekannt gewesen, dass er wieder Vater werde. Damit stehe fest, dass er alle Zeit gehabt habe, sein Testament vom 05.12.2015 dahingehend zu ändern, dass das ungeborene Kind mitbedacht wird. Dies habe er jedoch nicht getan.

Durch Beschluss vom 09.05.2016 hat das Notariat I Rottweil – Nachlassgericht – (Az. 1 NG 140/2015) sich für den Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 als nicht zuständig erklärt und den Antrag zur weiteren Entscheidung an das Notariat Blaustein als Nachlassgericht weitergeleitet. Die von der Beteiligten Ziff. 1 gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss des Senats vom 10.06.2016 (8 W 172/16) als unzulässig verworfen.

Mit Schriftsatz an das Notariat Blaustein – Nachlassgericht – vom 26.06.2016 teilte die Beteiligte Ziff. 1 mit, dass inzwischen am 26.06.2016 der Beteiligte Ziff. 8 geboren worden sei, und führte aus, die Grundlagen der Anfechtung seien offensichtlich gegeben. Durch Beschluss vom 22.07.2016 hat das Nachlassgericht die Erklärung über die Anfechtung des privatschriftlichen Testaments vom 05.12.2015 entgegengenommen.

Durch Beschluss vom 29.07.2016 hat das Nachlassgericht sowohl den Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 als auch den Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 zurückgewiesen. Des Weiteren hat das Nachlassgericht die für die Erteilung des von den Beteiligten Ziff. 3 bis 5 beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wurde ausgesetzt und die Erteilung des Zeugnisses bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt. Zur Begründung hat das Nachlassgericht ausgeführt, zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung habe der Erblasser noch keine Kenntnis von der Schwangerschaft seiner Frau beziehungsweise der Pflichtteilsberechtigung eines weiteren Kindes gehabt. Erfahre der Erblasser wie hier noch vor seinem Tod vom Vorhandensein weiterer Pflichtteilsberechtigter, so entfalle nicht der Anfechtungsgrund gemäß § 2079 Satz 1 BGB. Gemäß § 2079 Satz 2 BGB sei die Anfechtung jedoch ausgeschlossen, soweit anzunehmen sei, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die gleiche Verfügung getroffen haben würde. Maßgeblich sei der Wille des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Im vorliegenden Fall sei die Beteiligte Ziff. 1 als Witwe unabhängig von der Zahl der Kinder enterbt. Deshalb sei der anderslautende Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 zurückzuweisen gewesen. Weiter sei davon auszugehen, dass der Erblasser die Testamentsvollstreckung durch die im Testament insoweit genannten drei erwachsenen Kinder auch dann angeordnet hätte, wenn ein weiteres minderjähriges Kind beteiligt wäre. Die wirksame Anfechtung des Testaments durch den Beteiligten Ziff. 8 führe dazu, dass er neben seinen eingesetzten Geschwistern einen im gleichen Maße durch Testamentsvollstreckung beschränkten Erbteil erhalte. Deshalb sei auch der anderslautende Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 zurückzuweisen gewesen.

Gegen den der Beteiligten Ziff. 1 und dem Beteiligten Ziff. 8 am 01.08.2016 über ihren Verfahrensbevollmächtigten zugestellten Beschluss des Nachlassgerichts vom 29.07.2016 wenden sich die Beteiligten Ziff. 1, 8, 9 und 10 hinsichtlich der Zurückweisung des Erbscheinsantrages der Beteiligten Ziff. 1 und soweit das Nachlassgericht die Voraussetzungen für die Erteilung des von den Beteiligten Ziff. 3 bis 5 beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses für gegeben angesehen hat. Die Beteiligte Ziff. 1 trägt vor, es sei nicht davon auszugehen, dass es der Erblasser bei positiver Kenntnis von dem ungeborenen Kind bei der Enterbung der Ehefrau belassen hätte. Auf deren Einwilligung sei es für die Erbeinsetzung ohnehin nicht angekommen. Es sei also ohne weiteres möglich gewesen, dass der Erblasser auch diese Frage ganz anders beurteilt hätte, wenn er bei der Errichtung des Testaments von der Schwangerschaft positiv Kenntnis gehabt hätte. Das Nachlassgericht verkenne insbesondere, dass es auf die Erwägungen schon deshalb nicht ankomme, weil gemäß § 2079 BGB die Anfechtung zur Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung führe.

Das Notariat Blaustein – Nachlassgericht – hat der Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1, 8, 9 und 10 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

Durch Schriftsatz vom 06.10.2016 haben die Beteiligten Ziff. 3 bis 7 in Bezug auf den Ausspruch Ziff. 2 des Beschlusses des Nachlassgerichts vom 29.07.2016 (Zurückweisung des Erbscheinsantrages der Beteiligten Ziff. 3 bis 6) Anschlussbeschwerde eingelegt. Zu deren Begründung tragen sie vor, das privatschriftliche Testament des Erblassers vom 05.12.2015 sei wirksam. Die Testamentsanfechtung der Beteiligten Ziff. 1 und 8 wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten sei unbegründet. Aus verschiedenen Umständen ergebe sich, dass der Erblasser auch dann, wenn er zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung Kenntnis von seinem ungeborenen Kind gehabt hätte, die gleiche letztwillige Verfügung getroffen hätte. Sie – die Beteiligten Ziff. 3 bis 6 – seien die “Stammfamilie” des Erblassers gewesen, die für den Erblasser im Vordergrund gestanden habe und sehr wichtig gewesen sei. Von der Beteiligten Ziff. 1, die er erst am 08.10.2015 geheiratet habe, habe sich der Erblasser schon früh wieder abgewandt. Vollmachten zugunsten der Beteiligten Ziff. 1, die der Erblasser ihr im Juli 2015 erteilt gehabt habe, habe der Erblasser schon am 22.11.2015 und 20.12.2015 zurückgenommen und als Bevollmächtigte die Beteiligten Ziff. 3 und 4 eingesetzt.

Die Beteiligten Ziff. 1, 8, 9 und 10 sind der Anschlussbeschwerde entgegengetreten.

Zur Sachverhaltsdarstellung im Einzelnen wird auf das schriftliche Vorbringen der Beteiligten, die angegriffene Entscheidung des Nachlassgerichts sowie auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 352 ff., 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 8 hat Erfolg. Soweit die Beschwerde auch im Namen der Beteiligten Ziff. 9 und 10 eingelegt wurde, ist sie nur in Bezug auf das Testamentsvollstreckerzeugnis zulässig und begründet, im Übrigen unzulässig.

Die gemäß §§ 352 ff, 66, 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Anschlussbeschwerde der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 ist unbegründet. Soweit sie auch im Namen der Beteiligten Ziff. 7 eingelegt wurde, ist sie bereits unzulässig.

1.

Soweit die Beteiligten Ziff. 9 und 10 Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 29.07.2016 eingelegt haben, gerichtet gegen die Aussprüche Ziffern 1 und 3 des Beschlusses, ist das Rechtsmittel unzulässig.

Gegen die Ablehnung der Erbscheinserteilung ist der Antragsteller beschwerdeberechtigt, des Weiteren jeder Antragsberechtigte, auch wenn er selbst keinen Antrag gestellt hat, aber den Antrag bei Einlegung seiner Beschwerde noch wirksam stellen kann (vgl. Meyer-Holz in: Keidel, FamFG, 19. Auflage 2017, § 59 FamFG, Rdnr. 78). Materiell beschwerdeberechtigt ist nur, wer geltend macht, dass seine erbrechtliche Stellung durch die Entscheidung berührt wird (Grziwotz in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 2353 BGB, Rdnr. 133). Die Beteiligten Ziff. 9 und 10 machen im vorliegenden Verfahren kein eigenes Erbrecht geltend. Erben sind nach dem Inhalt der zusammen mit den Beteiligten Ziff. 1 und 8 erhobenen Beschwerde die Beteiligte Ziff. 1 sowie die Beteiligten Ziff. 2 bis 6 sowie 8. Nicht zum Kreis der Beschwerdeberechtigten gehören grundsätzlich Vermächtnisnehmer (vgl. Palandt/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Auflage 2018, § 2353 BGB, Rdnr. 55).

Soweit sich die Beschwerde gegen den Ausspruch Ziffer 3 des angegriffenen Beschlusses (Testamentsvollstreckerzeugnis) richtet, sind neben der Beteiligten Ziff. 1 und 8 auch die Beteiligten Ziff. 9 und 10, die nach dem angefochtenen Testament Vermächtnisnehmer wären und auf deren Vermächtnisse sich die Aufgaben der Testamentsvollstrecker bezögen, beschwerdeberechtigt (vgl. BGH NJW-RR 2013, 905 [BGH 24.04.2013 – IV ZB 42/12]).

Aus dem zuvor genannten Grund ist auch die Anschlussbeschwerde der Beteiligten Ziff. 7 unzulässig. Auch die Beteiligte Ziff. 7 macht kein eigenes Erbrecht geltend. Sie konnte als Sorgeberechtigte der Beteiligten Ziff. 6 für diese Anschlussbeschwerde hinsichtlich des Ausspruches Ziffer 2 des Beschlusses vom 29.07.2016 einlegen, nicht aber auf Grund einer eigenen Rechtsposition.

2.

Die Beteiligte Ziff. 1 hat für den Beteiligten Ziff. 8 als dessen Sorgeberechtigte das privatschriftliche Testament des Erblassers vom 05.12.2015 wirksam angefochten. Folge der Anfechtung ist im vorliegenden Fall die vollständige Unwirksamkeit des Testaments. Da auch keine weiteren letztwilligen Verfügungen des Erblassers vorliegen, ist die gesetzliche Erbfolge maßgeblich. Auf ihr basiert der Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 vom 18.02.2016.

a)

Gemäß § 2079 Satz 1 BGB kann eine letztwillige Verfügung unter anderem dann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Pflichtteilsberechtigten übergangen hat, der erst nach der Errichtung der letztwilligen Verfügung geboren worden ist. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, soweit anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde (§ 2079 Satz 2 BGB). Anfechtungsberechtigt ist im Falle des § 2079 BGB nur der übergangene Pflichtteilsberechtigte (§ 2080 Abs. 3 BGB).

Die nach § 2079 BGB wirksam erklärte Anfechtung hat nach herrschender Meinung grundsätzlich die Nichtigkeit der gesamten letztwilligen Verfügung zur Folge (§ 142 BGB). Einzelne Verfügungen bleiben nur dann wirksam, wenn nach § 2079 Satz 2 BGB positiv feststellbar ist, dass sie der Erblasser so auch getroffen hätte, falls er zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung Kenntnis von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten gehabt hätte (OLG Frankfurt FamRZ 1995, 1522; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 59; BayObLG NJW-RR 2005, 91; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht NJW 2016, 1831; Palandt/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, a.a.O., § 2079 BGB, Rdnr. 6; Czubayko in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 2. Auflage 2014, § 2079 BGB, Rdnr. 23). Der Senat folgt dieser Auffassung. Sie steht in Einklang mit Wortlaut und Systematik des Gesetzes. Die Regelung des § 2079 Satz 1 BGB enthält, anders als § 2078 Abs. 1 BGB (“soweit der Erblasser…”), keine Einschränkung der Wirkung der Anfechtung. Aus dem unterschiedlichen Wortlaut dieser beiden nebeneinander stehenden Vorschriften ergibt sich deutlich, dass es für § 2079 BGB bei dem Regelfall der Gesamtnichtigkeit verbleiben muss (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht NJW 2016, 1831; Czubayko in: Burandt/Rojahn, a.a.O., § 2079 BGB, Rdnrn. 23 f.). Der Gegenmeinung, die die Wirkung der Anfechtung nach § 2079 BGB von vornherein auf die Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung in dem Umfang beschränkt, der erforderlich ist, um dem Pflichtteilsberechtigten zu seinem gesetzlichen Erbteil zu verhelfen, vermag sich der Senat deshalb ebenso wenig anschließen wie der vermittelnden Meinung, wonach die Anfechtung nach § 2079 BGB nur diejenigen Erbeinsetzungen und Vermächtnisse vollständig vernichten soll, die auch den anfechtenden Pflichtteilsberechtigten beschweren, während andere Anordnungen, insbesondere auch Enterbungen, von der Anfechtung nicht erfasst würden (zum Meinungsstand im Überblick: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht NJW 2016, 1831 [OLG Schleswig 07.12.2015 – 3 Wx 108/15]).

b)

Im vorliegenden Fall hat die Beteiligte Ziff. 1 als Sorgeberechtigte des Beteiligten Ziff. 8 für diesen die Anfechtung wirksam gegenüber dem Nachlassgericht erklärt. Nach der Geburt des Beteiligten Ziff. 8 am 26.06.2016 wurde die ursprünglich von der Beteiligten Ziff. 1 gegenüber dem Notariat Rottweil – Nachlassgericht – erklärte Anfechtung durch den Schriftsatz vom 04.07.2016 gegenüber dem Notariat Blaustein – Nachlassgericht – wiederholt und durch den Beschluss des Notariats Blaustein – Nachlassgericht – vom 22.07.2016 von diesem entgegengenommen. Die Anfechtungsfrist des § 2082 Abs. 1 BGB ist gewahrt. Der Beteiligte Ziff. 8 ist gemäß §§ 1923 Abs. 2, 1924 Abs. 1, 1592 Nr. 1, 1593 Satz 1, 2303 Abs. 1 BGB pflichtteilsberechtigt. Die Vaterschaft des Erblassers wurde zwischenzeitlich auch durch das Abstammunggutachten vom 10.10.2016 bestätigt.

Bei der Prüfung, ob hinsichtlich der jeweiligen letztwilligen Verfügung die Voraussetzungen des § 2079 Satz 2 BGB vorliegen, kommt es auf den hypothetischen Willen des Testierenden im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung an (Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2079 BGB, Rdnr. 5). Die im Rahmen von § 2079 BGB geltende gesetzliche Vermutung, dass der Erblasser bei Kenntnis der Existenz eines weiteren Pflichtteilsberechtigten im Zeitpunkt der Testamentserrichtung anders – nämlich den weiteren Pflichtteilsberechtigten berücksichtigend – testiert hätte, wird nicht schon dadurch widerlegt, dass der Erblasser schlicht untätig bleibt und sein Testament nicht ändert, nachdem er von der Existenz des weiteren Pflichtteilsberechtigten erfahren hat (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht NJW 2016, 1831; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 59). Denn die Untätigkeit kann durch Schwerfälligkeit, körperliche oder geistige Hinfälligkeit, die Kürze der zur Verfügung stehenden Lebenszeit, einen Rechtsirrtum des Erblassers (etwa über den Fortbestand der letztwilligen Verfügung) oder sonstige Gründe bedingt sein (OLG Brandenburg FamRZ 1998, 59). Allein der Umstand, dass der Erblasser im vorliegenden Fall noch von der Schwangerschaft der Beteiligten Ziff. 1 erfahren hat und das Testament gleichwohl nicht mehr zugunsten des ungeborenen Kindes – an das er sogar noch einen Brief gerichtet hat- geändert hat, steht daher der Wirksamkeit der Anfechtung nicht entgegen. Dafür, dass er eine diesbezügliche Testamentsänderung “geflissentlich”, das heißt absichtlich unterlassen hat (vgl. Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2079 BGB, Rdnr. 5 m.w.N.), das ungeborene Kind also bewusst enterben wollte und deshalb das Testament nicht mehr geändert hat, bestehen keine Anhaltspunkte.

Nach Auffassung des Senats lässt sich auch hinsichtlich keiner der vom Erblasser im privatschriftlichen Testament vom 05.12.2015 getroffenen einzelnen Verfügungen positiv feststellen, dass er sie auch dann, wenn er im Zeitpunkt der Testamentserrichtung Kenntnis von dem ungeborenen Kind gehabt hätte, so getroffen hätte. Dies gilt zum Ersten für die Einsetzung der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 als Erben zu je einem Viertel im Wege der “Vollverteilung”. Zwar argumentieren die Beteiligten Ziff. 3 bis 6, der Erblasser habe zu ihnen ein sehr intensives Vater-Kind-Verhältnis gehabt und ihnen im November 2015 die Siegelringe der Familie mit dem Familienwappen geschenkt, um deutlich zu machen, dass sie seine “Stammfamilie” seien. Die Gegenseite hat hierzu vorgetragen, eine solche “fiktive Stammfamilie” habe es nie gegeben. Unabhängig davon fehlen jedenfalls ausreichende Belege für die von den Beteiligten Ziff. 3 bis 6 gezogene Schlussfolgerung, der Erblasser hätte auch bei Kenntnis des ungeborenen Kindes zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung das von ihm privatschriftlich errichtete Testament genau so errichtet und weder den ungeborenen Sohn noch seine Ehefrau – die Beteiligte Ziff. 1 – zu Erben eingesetzt. Aus Sicht des Senats ist dies nicht im oben genannten Sinne positiv feststellbar, entgegen der Auffassung der Beteiligten Ziff. 3 bis 7 auch nicht unter Hinweis auf die kurze Zeit zwischen Testamentserrichtung und Kenntnisnahme von der Schwangerschaft. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach den Angaben der Beteiligten Ziff. 1 bereits seit August 2015 ein Kind “geplant” war. Für die Behauptung der Beteiligten Ziff. 3 bis 7, der Erblasser habe die Möglichkeit, erneut Vater zu werden, in seine Willensbildung am 05.12.2015 mit einbezogen und bewusst durch die Erbeinsetzung der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 die Beteiligten Ziff. 1 und 8 ausgeschlossen, fehlen hinreichende Anhaltspunkte.

Was die Enterbung der Ehefrau anbelangt, hat der Erblasser in seinem privatschriftlichen Testament ausgeführt, es tue ihm leid, dass seine Frau sich immer wieder geweigert habe, im Falle seines Todes sich als Miterbin einsetzen zu lassen. Zwar verweisen die Beteiligten Ziff. 3 bis 6 darauf, der Erblasser habe im Juli 2015 der Beteiligten Ziff. 1 erteilte Vollmachten “schon am 22.11. und 20.12.2015 zurückgenommen”, der Erblasser habe sich von seiner Ehefrau, die er erst am 08.10.2015 geheiratet habe, schon früh wieder “abgewandt”. Eine positive Feststellung, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Empfängnis eines gemeinsamen Kindes die Beteiligte Ziff. 1 als Ehefrau in jedem Fall enterbt hätte, lässt sich aber nicht treffen. Gegen eine solche Annahme spricht im Übrigen nicht nur, dass es der Erblasser in seinem Testament vom 05.12.2015 bedauerte, dass sich seine Ehefrau immer wieder geweigert habe, sich als Miterbin einsetzen zu lassen. Das legt nahe, dass ein unbedingter eigener Wille, die Ehefrau zu enterben, nicht bestand. Auch der Inhalt der Kommunikation zwischen dem Erblasser und seiner Ehefrau – der Beteiligten Ziff. 1 – kurz vor seinem Suizid (Anlage ASt 7, bei Bl. 104 d.A.) spricht gegen die vorgenannte Annahme. Aus ihr lässt sich entnehmen, dass der Erblasser am 22.12.2015 an die Beteiligte Ziff. 1 geschrieben hat, er könne ohne ihre Liebe nicht weiterleben. Dies lässt sich nicht in Einklang mit der Behauptung bringen, der Erblasser habe sich von seiner Frau “abgewandt”. Gleiches gilt für die vom Erblasser gewählte Formulierung in einer weiteren Nachricht an die Beteiligte Ziff. 1 vom selben Tag, dem 22.12.2015 (“Wenn Du wirklich willst, dass wir für immer zusammen weiter leben wollen, …”). Daher vermag der Senat die Auffassung des Nachlassgerichts, die wirksame Anfechtung des Testaments durch den Beteiligten Ziff. 8 führe (lediglich) dazu, dass dieser neben seinen eingesetzten Geschwistern Erbe werde (bei bestehen bleibender Enterbung der Beteiligte Ziff. 1), nicht zu teilen. Darüber hinaus kann auch nicht positiv festgestellt werden, dass die vom Erblasser in Bezug auf den Beteiligten Ziff. 2 getroffene Verfügung bei Kenntnis des ungeborenen Kindes genau so getroffen worden wäre. Der Erblasser hat dem Beteiligten Ziff. 2 – seinem nichtehelichen Sohn aus einer frühen Beziehung – “vorab aus der Erbmasse € 20.000,00” zugewandt, was als Vermächtnis bei gleichzeitiger Enterbung durch die im Übrigen erfolgte Verteilung des Vermögens auf die Beteiligten Ziff. 3 bis 6 zu gleichen Teilen auszulegen ist. Dass der Erblasser in Kenntnis des ungeborenen Kindes und damit der Erweiterung des Kreises der Pflichtteilsberechtigten dieselbe Verfügung in Bezug auf den Beteiligten Ziff. 2 getroffen hätte, ist zwar möglich, aber nicht positiv feststellbar, letztlich auch nicht, was seine Enterbung anbelangt. Gleiches gilt im Übrigen für die Anordnung einer Testamentsvollstreckung durch die Beteiligten Ziff. 3 bis 5. Schon angesichts der Möglichkeit, dass der Erblasser bei Kenntnis des gemeinsamen Kindes den Kreis der Erben anders gezogen hätte, kann nicht positiv festgestellt werden, dass die Beteiligten Ziff. 3 bis 5 in jedem Fall zu Testamentsvollstreckern ernannt worden wären.

c)

Nachdem damit das privatschriftliche Testament des Erblassers durch die wirksame Anfechtung in seiner Gesamtheit unwirksam geworden ist und keine weiteren letztwilligen Verfügungen des Erblassers vorliegen, kommt die gesetzliche Erbfolge zum Tragen. Gemäß § 1931 Abs. 1, 3 BGB in Verbindung mit § 1371 Abs. 1 BGB erbt damit die Beteiligte Ziff. 1 mit einem Erbteil von 1/2, die Beteiligten Ziff. 2 bis 6 sowie 8 erben als Abkömmlinge gemäß §§ 1924 Abs. 1, 4 BGB (bezüglich dem Beteiligten Ziff. 8 unter zusätzlicher Heranziehung des § 1923 Abs. 2 BGB) je mit einem Erbteil von 1/12. Diese Erbfolge liegt dem Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 vom 18.02.2016 zugrunde, wobei der zur Zeit der Antragstellung noch bestehende Schwebezustand (vgl. Leipold in: Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 1923 BGB, Rdnr. 28 und Grziwotz in: Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 2353 BGB, Rdnr. 10) durch die Geburt des Beteiligten Ziff. 8 am 28.06.2016 beendet worden ist. Die Zurückweisung dieses Erbscheinsantrages war daher aufzuheben, ebenso die Entscheidung des Nachlassgerichts zur Erteilung des beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses. Die vom Nachlassgericht ausgesprochene Zurückweisung des Erbscheinsantrages der Beteiligten Ziff. 3 bis 6 hat demgegenüber Bestand.

3.

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 81 Abs. 1, 84 FamFG. Auf die Gerichtsgebühr gemäß Nr. 12220 KV GNotKG wird hingewiesen.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 61, 40 Abs. 1, 5 GNotKG.

Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gemäß § 70 FamFG bestehen nicht.
Vorschriften
BGB §§ 2079, 142 FamFG § 59

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