Monatsarchiv Juli 2022

Stiefeltern: diese Rechte haben Sie als Stiefmutter und Stiefvater

In immer mehr Familien lebt einer der beiden Elternteile des Kindes mit einem neuen Partner zusammen. Stiefeltern gibt es in Zeiten von zunehmenden Patchwork-Familien so viele wie nie zuvor. Nach einem Bericht der Bundeszentrale für politische Bildung vom 23.03.2021 wird dabei der Anteil von Stieffamilien auf rund 10 % geschätzt.

 

Im Gegensatz zu der Kernfamilie, welche aus einer Mutter, einem Vater sowie ihren gemeinsamen leiblichen Kindern besteht, die in einem Haushalt zusammenleben, handelt es sich bei der Stieffamilie um einen Familienverbund, bei dem mindestens ein Elternteil ein Kind aus einer früheren Beziehung in die neue Familie miteingebracht hat. Dabei wird man allein aufgrund der Tatsache, dass man mit einem neuen Partner zusammenlebt, nicht sofort zum Stiefvater oder zur Stiefmutter. Zum Stiefvater oder zur Stiefmutter wird man rechtlich gesehen erst dann, wenn man den neuen Partner heiratet und mit dessen Kindern nicht blutsverwandt ist. Während bereits das Zusammenleben mit dem neuen Partner zu massiven Spannungen mit dem anderen Elternteil des Kindes führen kann, stellen sich mit einer Heirat des neuen Partners auch unterschiedliche rechtliche Fragen.

 

So ist die weit verbreitete Meinung, dass man mit der Heirat des Partners an die Stelle des anderen Elternteils tritt, falsch.

 

Auch nach einer Trennung oder Scheidung teilen sich die leiblichen Eltern in aller Regel das Sorgerecht. Das bedeutet, dass der andere leibliche Elternteil, zumindest bei grundlegenden Entscheidungen, zum Beispiel bei der Gesundheitsfürsorge, bei schulischen Belangen oder einem Ortswechsel mit einer größeren räumlichen Distanz, ausdrücklich zustimmen muss. Anders verhält es sich bei Entscheidungen für das Kind im Rahmen des täglichen Lebens. Hier sieht der Gesetzgeber in § 1687b BGB eine Regelung vor, wonach den Stiefeltern ein sogenanntes kleines Sorgerecht gewährt wird. Dieses ermöglicht den Stiefeltern, im Einverständnis mit dem Ehepartner, bei Sachverhalten, die keine schwerwiegenden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben, wie zum Beispiel Fragen zur Freizeitgestaltung, mitzuentscheiden.

 

Ein großes Problem für alle Beteiligten kann bei einer Trennung des leiblichen Elternteils vom Stiefvater oder der Steifmutter entstehen. Nicht selten hat das Kind eine enge Beziehung zum Stiefelternteil aufgebaut. Hier gibt das Gesetz den Stiefeltern, ähnlich wie auch den Großeltern, nach § 1685 Abs. 2 BGB ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben, mithin eine sozial-familiäre Beziehung bestand. Verstirbt der leibliche Elternteil und stand die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu, geht die elterliche Sorge und damit auch das Recht zu bestimmen, wo das Kind zukünftig wohnen wird, auf den überlebenden Elternteil über. Hat das Kind aber seit längerer Zeit in einem Haushalt mit einem Elternteil und dessen Ehegatten gelebt, kann der Stiefvater oder die Stiefmutter beim Familiengericht beantragen, dass das Kind bei ihm oder ihr bleibt, wenn das Kindeswohl durch den Umzug zum überlebenden Elternteil gefährdet würde (sogenannte Verbleibensanordnung). Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine vorübergehende Maßnahme, welche dem Kind Zeit und Gelegenheit geben soll, sich innerlich auf den Wechsel in den Haushalt des leiblichen Elternteils einzustellen.

 

Auch der Erbfolge innerhalb der Stieffamilie gilt es besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Nach dem Gesetz sind Stiefeltern und Stiefkinder nicht verwandt. Da die gesetzliche Erbfolge der Blutsverwandtschaft, was bedeutet „Das Gut folgt dem Blut“ unterliegt, sind Stiefkinder im Falle des Todes eines Stiefelternteils gesetzlich nicht erbberechtigt. Besonders starker Handlungsbedarf besteht in einer sogenannten Patchwork-Familie, das heißt in einer Familienstruktur, in der neben Stiefkindern gemeinsame Kinder vorhanden sind. Um eine gerechte Verteilung des Nachlasses zu gewährleisten, empfiehlt es sich dringend, ein Testament zu erstellen, bei welchem aufgrund der unterschiedlichen Verwandtschaftsverhältnisse auf eine sorgfältige, rechtlich einwandfreie Formulierung zu achten ist. Der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge ohne testamentarische Verfügung kann ansonsten zu unliebsamen und nicht gewollten erbrechtlichen Ergebnissen führen.

 

Abschließend noch einige Anmerkungen zur Stiefkindadoption, der in Deutschland häufigsten Form einer Adoption. Mit der Adoption durch den Stiefelternteil hat der andere leibliche Elternteil keine Rechtsbeziehung zum Kind mehr. Rechte und Pflichten, darunter auch das gesetzliche Erbrecht, gehen an den Stiefelternteil. Aber auch hier gilt: eine Adoption ohne Zustimmung auch des leiblichen Elternteils, welcher nach der Adoption alle Rechte gegenüber dem Kind verliert, ist nicht möglich. Ab dem 14. Lebensjahr muss auch das Adoptivkind zustimmen. Ist das Kind volljährig, ist das Einverständnis der leiblichen Eltern nicht mehr notwendig.

 

Als Fazit bleibt: Alltagsentscheidungen dürfen Stiefeltern für ihre Stiefkinder treffen. Sobald es aber um grundlegendere Dinge geht, haben Stiefeltern gegen den Willen des anderen leiblichen Elternteils keine echte rechtliche Handhabe.

 

Gez.

Popp

Erwachsenenadoption als legales Mittel zur Steueroptimierung?

Erwachsenenadoption als legales Mittel zur Steueroptimierung?

Neulich kam eine ältere Dame zu mir. Sie war nicht unvermögend und wollte ein Testament erstellen. Ihre Nichte sollte Erbin werden. Jedoch hatte man ihr gesagt, dass dies für die Nichte aufgrund der Erbschaftsteuer sehr teuer werden kann. Die Dame befürchtete, dass die Nichte die Immobilie, die sie ihr hinterlassen wollte, verkaufen müsste, um die Erbschaftsteuer bezahlen zu können. Da die Nichte unter Steuerklasse II fällt, hat diese nämlich nur einen Freibetrag in Höhe von 20.000,00 €. Das bedeutet, dass von dem Betrag des Erbes, den die Nichte durch eine testamentarische Verfügung erhält, vom Finanzamt 20.000,00 € abgezogen werden und dann, je nach Höhe des anfallenden Betrages, verschiedene Prozentsätze als Steuer angesetzt werden. Die Höhe dieses Prozentsatzes hängt von der Steuerklasse ab. Es gibt die Steuerklasse I, die Steuerklasse II sowie die Steuerklasse III gemäß des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).

Der Steuersatz der Nichte beispielsweise kann, je nach Höhe des Erbes bei einem Betrag bis 75.000,00 € bei 15%, bei einem Betrag bis 300.000,00 € bei 20% und bei einem Betrag bis 600.000,00 € bei 25% liegen. Bei einem Betrag bis 6 Mio. Euro liegt dieser Prozentsatz sogar bei 30%.

Der Steuersatz bei Steuerklasse III, also bei sogenannten sonstigen Personen, die insbesondere nicht mit dem Erblasser verwandt sind, beträgt dieser Steuersatz durchgehend 30%.

Aufgrund dessen hatte die Mandantin die Idee, eine Erwachsenenadoption durchzuführen, da sich hierdurch die Steuerklasse sowie der Steuersatz ändert. Der Freibetrag erhöht sich in einem solchem Fall auf 400.000,00 €, der Steuersatz liegt bei der Höhe des Erbes bis 75.000,00 € bei 7%, bei einem Betrag bis 300.000,00 € bei 11%, bei einem Betrag bis 600.000,00 € bei 15% und bei einem Betrag bis 6 Mio. Euro bei 19%. Dies stellt natürlich eine enorme finanzielle Entlastung für den Erben dar.

Daher stellte mir die Mandantin die Frage, ob eine Erwachsenenadoption die legale Möglichkeit eröffnen würde, eine Minimierung der Erbschaftsteuer herbeizuführen.

Die Beantwortung dieser Frage ist nicht ganz einfach.
Grundsätzlich ist eine Adoption eines Erwachsenen möglich. Hierfür müssen jedoch die Voraussetzungen erfüllt sein.

Eine Erwachsenenadoption darf jedoch nicht als Hauptmotiv den Grund haben, eine Steueroptimierung herbeizuführen. Wenn dies der Fall ist, wird die Erwachsenenadoption abgelehnt werden.

Eine Voraussetzung der Erwachsenenadoption ist insbesondere, dass eine sittliche Rechtfertigung vorliegt. Oftmals erschrecken hier die Mandanten, da man sich unter dem Begriff sittliche Rechtfertigung vorstellt, dass man etwas Sittenwidriges vornimmt, was man aufgrund dessen rechtfertigen muss. Dies ist jedoch nicht der Fall. Sittliche Rechtfertigung bedeutet, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden sein muss zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden. Dies ist das Kernstück jeder Erwachsenenadoption. Wenn der Richter nicht davon überzeugt ist, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist, wird er einen positiven Beschluss bezüglich der Erwachsenenadoption nicht aussprechen. Diese sittliche Rechtfertigung muss also gegenüber dem Gericht dargelegt werden, so dass keine Zweifel bestehen, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist.

In dem Adoptionsverfahren muss daher ein Antrag mit Begründung gestellt werden, in dem dargelegt wird, warum ein solches Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Mit dieser Begründung steht und fällt die Erwachsenenadoption. Man muss sich vorstellen, dass der Richter ja viele Akten bezüglich einer Erwachsenenadoption zu bearbeiten hat. Wenn man nun nur in einem Satz ausführt, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist ohne irgendwelche Beispiele oder einer Erzählung der gemeinsamen Lebensgeschichte der beiden Beteiligten, hat der Richter selbstverständlich Probleme, sich das Entstehen dieses Verhältnisses vorzustellen.

Natürlich drängt sich dem Richter auch oftmals die Frage auf, ob gerade bei vermögenden Annehmenden die Steueroptimierung eine Rolle spielt. Wie ich oben bereits ausgeführt habe, darf dies nicht der Hauptgrund für eine Erwachsenenadoption sein. Als Nebengrund wurde dies jedoch von der Rechtsprechung akzeptiert.

Im vorliegenden Fall war glücklicherweise die Situation gegeben, dass die Mandantin und die Nichte wirklich ein sehr enges Verhältnis hatten von Geburt an. Es war tatsächlich ein Mutter-Tochter-Verhältnis entstanden. Da wir dies dem Gericht auch plausibel machen konnten, wurde durch das Gericht die Annahme der Nichte als Kind der Mandantin ausgesprochen, da die Steueroptimierung tatsächlich in den Hintergrund getreten war und nur noch als Nebengrund verfolgt wurde.

Falls ich Ihnen diesbezüglich weiterhelfen kann, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

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