Abzug von Kinderbetreuungskosten bei Schwangerschaft der Mutter

Abzug von Kinderbetreuungskosten bei Schwangerschaft der Mutter

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 68/12, Pressemitteilung vom 26.09.2012, BFH-Urteil vom 05.07.2012,  Aktenzeichen III R 80/09

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 5. Juli 2012 III R 80/09 entschieden, dass die Kosten einer Tagesmutter nicht steuerlich geltend gemacht werden kön­nen, wenn ein Elternteil erwerbstätig und der andere Elternteil schwanger ist. Denn eine Schwanger­schaft als solche stellt keine Krankheit im Sinne des Gesetzes dar.

Der Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt berufstätig. Die Klägerin befand sich zunächst in der Berufsausbildung, die sie allerdings nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahre 2004 unterbrach und die sie auch im Laufe des Streitjahres 2006 nicht wieder aufnahm. Im August dieses Jahres wurden die Kläger erneut Eltern. Das ältere Kind wurde u.a. in der Zeit der Schwangerschaft von einer Tagesmutter betreut. Die Kosten hierfür machten die Kläger in ihrer Einkommen­steuer­erklärung geltend.

Im Streitjahr 2006 konnten derartige Kinder­betreuungs­kosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) nur bei Vorliegen besonderer persönlicher Abzugs­voraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Lebten beide Elternteile zusammen, dann musste, wenn einer der Elternteile, wie der Kläger, erwerbstätig war, der andere Teil entweder ebenfalls erwerbstätig sein oder sich in Ausbildung befinden. Auch bei einer mindestens drei Monate an­dauern­den Erkrankung oder einer Behinderung dieses Elternteils war der Abzug der Betreuungskosten zulässig. Lagen solche Gründe nicht vor, etwa weil sich ein Elternteil allein der Er­zie­hung der Kinder widmete (sog. Alleinverdienerehe), dann waren Betreuungskosten – von einer Ausnahmeregelung in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abgesehen – nicht abziehbar.

Der BFH sah die persönlichen Abzugsvoraussetzungen in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Finanzgerichts nicht als erfüllt an. Seines Erachtens befand sich die Klägerin weder in Ausbildung, da sie diese bereits nach der Geburt des ersten Kindes unterbrochen hatte, noch war sie länger­fristig erkrankt. Die Schwangerschaft konnte nicht als Krank­heit gewertet werden, weil es sich hierbei nicht um einen regelwidrigen körperlichen Zustand handelt. Krank ist eine Frau nicht, wenn sie schwanger wird, sondern nur dann, wenn sie nicht schwanger werden kann (Empfängnis­unfähig­keit). Treten während der Schwangerschaft gesundheitliche Komplikationen auf, dann ist der Krankheitsbegriff jedoch regelmäßig erfüllt. Davon konnte im Streitfall nach den Fest­stellungen des FG indes nicht ausgegangen werden. Da die Klägerin somit weder aus gesundheitlichen noch aus sonsti­gen (Erwerbstätigkeit u.ä.) Gründen an der persönlichen Betreuung ihres ältesten Kindes gehindert war, konnten die Kosten der Tagesmutter nach der gesetzlichen Konzeption nicht abgezogen werden.

Die von den Klägern geäußerten Bedenken an der Ver­fassungs­mäßigkeit der einschränkenden Abzugs­voraus­setzungen teilte der BFH nicht. Er erachtete sowohl die persönlichen Abzugsvoraussetzungen als auch die Abzugshöchstgrenzen als zulässige Typisierungen des Gesetzgebers. Auch in der Regelung des § 3 Nr. 33 EStG, wonach finanzielle Leistungen des Arbeitgebers zur Betreuung von Kindern seiner Arbeitnehmer steuerfrei sind, vermochte er keine ungerechtfertigte Privilegierung von Arbeitnehmern gegenüber Selbständigen zu erblicken.

In seinem Urteil ging der BFH schließlich kurz auf die aktuelle Rechtslage ein. Seit 2012 können Kinderbetreuungskosten abgezogen werden, ohne dass persönliche Abzugs­voraus­setzungen bei den Eltern vorliegen müssen.

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Über den Autor

Harald Halbig author

Rechtsanwalt und Steuerberater in München
Tätigkeitsschwerpunkte:
Steuerberatung, Steuerstrafrecht, strafbefreiende Selbstanzeige, Bilanzrecht, Rechtsbehelfsverfahren, Finanzgerichtsverfahren, Vermögensübertragungen, Erbschaftsteuerrecht

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