Kategorien-Archiv Wichtige BFH-Urteile

Vom Erblasser herrührende Steuerschulden für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeiten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 60/12, Pressemitteilung vom 22.08.2012, BFH-Urteil vom 04.07.2012, Aktenzeichen II R 15/11

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Ur­teil vom 4. Juli 2012 II R 15/11 entschie­den, dass die vom Erben in seiner Eigen­schaft als Gesamtrechtsnachfolger zu leistende, noch vom Erblasser her­rüh­ren­de Einkommensteuer-Abschlusszahlung für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erb­schaft­steuergesetzes abzugsfähig ist.

Im Streitfall war die Klägerin neben ihrer Schwester Mit­erbin ihrer Eltern geworden. Die Eltern waren beide kurz nacheinander im Kalenderjahr 2004 verstorben. Für den Einkommensteuer-Veranlagungszeitraum 2004 waren von den Erbinnen als Gesamtrechtsnachfolger ihrer Eltern nach Anrechnung der von den verstorbenen Eltern entrichteten Vorauszahlungen erhebliche Nachzahlungen zu entrichten.

Nach Ansicht des BFH gehören zu den abzugsfähigen Nach­lassverbindlichkeiten nicht nur die Steuerschulden, die zum Zeitpunkt des Erbfalls (Todeszeitpunkt) in der Person des Erblassers bereits rechtlich entstanden waren, sondern auch solche Steuerverbindlichkeiten, die der Erblasser als Steuer­pflichtiger durch die Verwirklichung von Steuer­tat­beständen begründet hat und die erst mit dem Ablauf des Todesjahres entstehen. Dies gelte in Übereinstimmung mit der zivil­recht­liche Rechtsprechung, wonach sich aus dem Begriff „her­rühren“ ergibt, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nach­lass­verbindlichkeiten ist, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb „für den Erblasser“ als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht.

Das Urteil hat weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus praktische Bedeutung. Durch den Abzug der Einkommen­steuer­schulden als Nachlassverbindlichkeiten hat die Ein­kommen­steuer für das Todesjahr unmittelbare Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Erbschaftsteuer. Im Falle der Zusammenveranlagung von Eheleuten, von denen ein Ehepartner im Laufe des Jahres verstirbt, ist, so der BFH, entsprechend § 270 der Abgabenordnung zu ermitteln, in­wie­weit die Einkommensteuernachzahlung auf den Erblasser, d.h. auf den vorverstorbenen Ehegatten entfällt.

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Kein Sonderausgabenabzug für Schulgeld, das an eine schweizerische Privatschule gezahlt wird

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 45/12, Pressemitteilung vom 20.06.2012, BFH-Urteil vom 09.05.2012,  Aktenzeichen X R 3/11

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 9. Mai 2012 X R 3/11 ent­schie­den, dass in Deutschland lebende Eltern das Schulgeld, das sie für den Schulbesuch ihres Kindes an eine schweizerische Pri­vat­schule zahlen, nicht als Sonderausgabe abziehen können.

In zwei Urteilen vom 11. September 2007 (Rs. C-76/05 – Schwarz und Gootjes-Schwarz – Slg. 2007, I-6849 und Rs. C-318/05 – Kommission gegen Deutschland – Slg. 2007, I-6957) hatte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ent­schieden, dass es gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt, wenn ein Staat Schuldgeldzahlungen an inländische Schulen zum Sonderausgabenabzug zulässt, Zahlungen an Privat­schulen in anderen Mitgliedstaaten jedoch nicht. Daraufhin hat der Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794) rückwirkend die Abziehbarkeit von Schulgeldzahlungen für in der Euro­päischen Union (EU) oder im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ansässige Privatschulen eingeführt.

Diese Neuregelung gilt jedoch nicht für schweizerische Pri­vat­schulen, da die Schweiz weder Mitglied der EU noch des EWR ist. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung kann auch nicht aus dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Europäischen Ge­meinschaft und der Schweiz vom 21. Juni 1999 (BGBl II 2001, 811) abgeleitet werden, da dessen Schutzbereich keinen vergleichbaren umfassenden Schutz vor Dis­kri­mi­nie­rung grenzüberschreitender Sachverhalte gewährt.

Wegen der Eindeutigkeit der Rechtslage hat der Senat davon abgesehen, die Rechtsfragen dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen.

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Bauzeitzinsen können auch bei Überschusseinkünften Herstellungskosten sein

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 52/12, Pressemitteilung vom 11.07.2012, BFH-Urteil vom 23.05.2012, Aktenzeichen IX R 2/12

Sind Bauzeitzinsen während der Her­stel­lungs­phase nicht als (vorab entstan­de­ne) Werbungskosten abziehbar, können sie in die Her­stel­lungs­kosten einbezogen werden, wenn das fertiggestellte Ge­bäu­de durch Vermietung genutzt wird.

So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 23. Mai 2012 IX R 2/12 in einem Fall, in dem der Steuer­pflichtige ein Mehrfamilienhaus errichtete, es zunächst verkaufen wollte, es dann aber aufgrund einer neuen Entscheidung ab Fertigstellung vermietete. Solange das Gebäude veräußert werden sollte, waren die während der Bauphase anfallenden Finanzierungsaufwendungen keine vorab entstandenen Werbungskosten. Die Frage stellte sich aber, ob sie insoweit in die Herstellungskosten und damit in die AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen werden konnten.

Der BFH bejahte diese Frage. § 255 Abs. 3 Satz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) erlaubt den Ansatz von Bauzeitzinsen, also von Zinsen, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Allerdings gelten die Vorschriften des HGB zunächst nur für bilanzierende Steuerpflichtige: Ihr handelsrechtliches Einbeziehungswahlrecht wird auch einkommensteuerrechtlich anerkannt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind die AfA für den Bereich der Überschusseinkünfte indes nach den gleichen Grundsätzen wie für die Gewinneinkünfte zu bestimmen. Da Systematik und Zweck des Gesetzes keine unterschiedliche Auslegung gebieten, können Bauzeitzinsen ganz unabhängig von den während der Herstellungsphase verfolgten Zwecken in die
AfA-Bemessungsgrundlage einbezogen werden, wenn der Steuerpflichtige das fertiggestellte Gebäude dazu nutzt, Einkünfte aus Vermietung zu erzielen.

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Nachweis der Zwangsläufigkeit von bestimmten Aufwendungen im Krankheitsfall – Neuregelung im Steuervereinfachungsgesetz 2011

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 49/12, Pressemitteilung vom 27.06.2012, BFH-Urteil vom 19.04.2012, Aktenzeichen VI R 74/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 19. April 2012 VI R 74/10 ent­schie­den, dass die vom Gesetzgeber ein­ge­führ­ten formellen Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten (für deren Anerkennung als außergewöhnliche Belastung) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Hierzu können auch Aufwendungen im Krank­heits­fall gehören. Bestimmte Krankheitskosten, bei denen die medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich ist, dürfen allerdings nur noch berücksichtigt werden, wenn der Steuer­pflichtige ihre Zwangsläufigkeit z.B. durch ein amts­ärzt­liches Gutachten nachweist.

Eine entsprechende gesetzliche Regelung (§ 33 Abs. 4 EStG und § 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) hat der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführt. Der Gesetzgeber hat damit auf die Än­de­rung einer langjährigen Rechtsprechung reagiert. Der BFH hatte 2010 dem seit jeher verlangten formellen Nachweis mangels einer gesetzlichen Grundlage eine Absage erteilt (BFH Urteile vom 11. November 2010 VI R 17/09 und VI R 16/09; Pressemitteilung Nr. 5 vom 19. Januar 2011).

Die Kläger machten u.a. die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie hatten die medizinische Notwendigkeit der Kur jedoch nicht durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder ver­gleich­bares Attest belegt. Finanzamt und Finanzgericht ließen die Aufwendungen deshalb nicht zum Abzug als außer­gewöhn­liche Belastungen zu. Die Revision der Kläger war ebenfalls erfolglos. Auf die strenge Art des Nachweises kann nach geltendem Recht nicht (mehr) verzichtet werden. Die nun vom Gesetzgeber geregelten Anforderungen an den Nach­weis bestimmter Krankheitskosten sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Auch der Umstand, dass die neuen Nachweisregelungen rückwirkend in allen noch offenen Fällen anzuwenden sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich; darin liegt keine unzulässige Rückwirkung.

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Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes als außergewöhnliche Belastung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 43/12, Pressemitteilung vom 13.06.2012, BFH-Urteil vom 28.03.2012, Aktenzeichen VI R 21/11, Aktenzeichen VI R 70/10, Aktenzeichen VI R 47/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 29. März 2012 VI R 21/11, VI R 70/10 und VI R 47/10 entschieden, dass Aufwendungen für die Sanierung eines selbst genutzten Wohngebäudes, nicht aber die Kosten für übliche In­stand­setzungs- und Moderni­sie­rungs­maß­nahmen oder die Beseitigung von Bau­mängeln, als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein können.

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen.

Hierzu können auch Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes gehören, wenn durch die Baumaßnahmen kon­krete Gesundheitsgefährdungen, etwa durch ein asbest­gedecktes Dach (VI R 47/10), abgewehrt, Brand-, Hoch­wasser- oder ähnlich unausweichliche Schäden, bei­spiels­weise durch den Befall eines Gebäudes mit Echtem Haus­schwamm (VI R 70/10) beseitigt oder vom Gebäude aus­gehende unzumutbare Beeinträchtigungen (Geruchs­belästigungen, VI R 21/11) behoben werden.

Allerdings darf der Grund für die Sanierung weder beim Er­werb des Grundstücks erkennbar gewesen noch vom Grund­stückseigentümer verschuldet worden sein. Auch muss der Steuerpflichtige realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte verfolgen, bevor er seine Aufwendungen steuerlich geltend machen kann und er muss sich den aus der Erneuerung ergebenden Vorteil anrechnen lassen („Neu für Alt“).

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Übernachtungskosten und regelmäßige Arbeitsstätte bei LKW-Fahrern

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 37/12, Pressemitteilung vom 30.05.2012, BFH-Urteil vom 28.03.2012, Aktenzeichen VI R 48/11

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28. März 2012 VI R 48/11 ent­schie­den, dass ein im Ausland tätiger Fern­fahrer, der in der Schlafkabine seines LKW übernachtet, nicht die Über­nach­tungs­pauschalen der Finanzverwaltung für Auslands­dienst­reisen als Werbungskosten geltend machen kann, denn diese Pauschalen überschreiten die tatsächlich angefallenen Aufwendungen beträchtlich, so dass ihre Anwendung zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Abziehbar sind jedoch die tatsächlich angefallenen Aufwendungen. Liegen Einzelnachweise nicht vor, so ist ihre Höhe zu schätzen. Im Streitfall hatte der Kläger arbeitstäglich Übernachtungskosten in Höhe von 5 € angesetzt. Dieser Betrag war nach Auffassung des BFH nicht zu beanstanden.

Der BFH hat in demselben Fall ferner entschieden, dass ein Fernfahrer die Kosten für die Fahrten von der Wohnung zum LKW (LKW-Wechselplatz) in der tatsächlich angefallenen Höhe als Werbungskosten abziehen darf. Das Finanzamt hatte nur die Entfernungspauschale anerkannt, weil es da­von ausging, es handle sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Der BFH hat dies anders beurteilt. Der LKW-Wechsel­platz ist keine regelmäßige Arbeitsstätte, weil es sich nicht um eine betriebliche Einrichtung des Arbeit­gebers han­delt und auch der LKW selbst ist keine regelmäßige Arbeits­stätte, weil das dafür erforderliche Merkmal einer ortsfesten Einrichtung nicht gegeben ist.

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Mindestanforderungen für ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 36/12, Pressemitteilung vom 23.05.2012, BFH-Urteil vom 01.03.2012, Aktenzeichen VI R 33/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 1. März 2012 VI R 33/10 ent­schie­den, dass ein ordnungsgemäßes Fahr­ten­buch insbesondere Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten ausweisen muss und dass diesen Anforderungen nicht entsprochen ist, wenn als Fahrtziele jeweils nur Straßennamen angegeben sind, auch wenn diese Angaben anhand nachträglich erstellter Auflistungen präzisiert werden.

Die Klägerin, eine GmbH, hatte ihrem Gesellschafter­geschäfts­führer F einen Dienstwagen überlassen. Sie be­gehrte im Rahmen der von ihr als Arbeitgeberin durch­zu­füh­ren­den Lohnsteueranmeldung, den für die Dienst­wagen­überlassung anzusetzenden geldwerten Vorteil nicht mit der 1% Regelung, sondern auf Grundlage der von F geführten Fahrtenbücher zu versteuern. Die Fahrtenbücher wiesen allerdings neben dem jeweiligen Datum zumeist nur Orts­angaben auf (z.B. „F – A-Straße – F“, „F – B-Straße – F“), gelegentlich auch die Namen von Kunden (z.B. „F – XY – F“, „Firma – Z – F“) oder Angaben zum Zweck der Fahrt (z.B. „F – Tanken – F“), außerdem den Kilometerstand nach Be­en­di­gung der Fahrt und die jeweils gefahrenen Tageskilometer. Diese Angaben ergänzte die Klägerin nachträglich durch eine Auflistung, die sie auf Grundlage eines von F handschriftlich geführten Tageskalenders erstellt hatte. Diese Auflistung enthielt Datum, Standort und Kilometerstand des Fahrzeugs zu Beginn der Fahrt, sowie den Grund und das Ziel der Fahrt.

Während das Finanzamt das Fahrtenbuch als nicht ord­nungs­gemäß im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG beurteilte, war die dagegen vor dem Finanzgericht erhobene Klage er­folg­reich. Das Finanzgericht hielt das Fahrtenbuch für ord­nungs­gemäß. Die Kombination aus handschriftlich in einem ge­schlossenen Buch eingetragenen Daten und der zusätz­lichen, per Computerdatei erstellten erläuternden Auflistung reiche noch aus, um den durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs anzusetzenden geldwerten Vorteil individuell zu berechnen.

Die dagegen gerichtete Revision des Finanzamts war erfolgreich. Der BFH verwarf das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß, weil die Fahrten darin nicht vollständig aufgezeichnet sind. Eine solche vollständige Aufzeichnung verlangt grundsätzlich Angaben zu Ausgangs- und Endpunkt jeder einzelnen Fahrt im Fahrtenbuch selbst. Dem genügten die Angaben im Streitfall nicht, da sich aus ihnen weder die Zieladresse noch der konkret besuchte Kunde ergaben. Bei dieser Art der Aufzeichnung waren weder Vollständigkeit noch Richtigkeit der Eintragungen gewährleistet. Angesichts dessen konnte es auch nicht ausreichen, die fehlenden Angaben durch eine erst nachträglich erstellte Auflistung nachzuholen.

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Zahlungen eines Ehegatten auf ein Oder-Konto der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 27/12, Pressemitteilung vom 18.04.2012, BFH-Urteil vom 23.11.2011,  Aktenzeichen II R 33/10

Mit Urteil vom 23. November 2011 II R 33/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) der Eheleute zu einer der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung an den anderen Ehegatten führen kann. Das Finanzamt muss jedoch anhand objektiver Tatsachen nachweisen, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.

Die Klägerin eröffnete zusammen mit ihrem Ehemann ein Oder-Konto, auf das nur der Ehemann Einzahlungen in erheblichem Umfang leistete. Das Finanzamt besteuerte die Hälfte der eingezahlten Beträge als Schenkungen des Ehemannes an die Klägerin. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen. Es muss noch geklärt werden, ob die Klägerin im Verhältnis zu ihrem Ehemann zur Hälfte an dem Kontoguthaben beteiligt war. Maßgebend hierfür sind die Vereinbarungen der Eheleute sowie die Ver­wendung des Guthabens. Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht ein­zahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann das darauf hindeuten, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten auf diesen Betrag beschränkt und nicht einen hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto betrifft.

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Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte: „Offensichtlich verkehrsgünstigere“ Straßenverbindung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 12/12, Pressemitteilung vom 08.02.2012, BFH-Urteil vom 16.11.2011, Aktenzeichen VI R 19/11, BFH-Urteil vom 16.11.2011, Aktenzeichen VI R 46/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Ur­teile vom 16. November 2011 VI R 19/11 und VI R 46/10 konkretisiert, unter wel­chen Voraussetzungen die Entfernungs­pauschale für einen längeren als den kürzesten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Anspruch genommen werden kann. Grundsätzlich kann die Entfernungspauschale nur für die kürzeste Entfernung beansprucht werden. Etwas anderes gilt aber, wenn eine andere Verbindung „offensichtlich verkehrsgünstiger“ ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes).

In der Sache VI R 19/11 hatte das Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen, weil stets eine zu erwartende Fahrt­zeit­verkürzung von mindestens 20 Minuten erforderlich sei. In der Sache VI R 46/10 hatte das FG der Klage teilweise stattgegeben und bei der Berechnung der Entfernungs­pauschale eine vom Kläger tatsächlich nicht benutzte Verbindung berücksichtigt, die dem FG offensichtlich verkehrs­günstiger erschien.

Der BFH hat nun entschieden, dass eine Mindestzeitersparnis von 20 Minuten nicht stets erforderlich ist. Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls, wie z.B. die Streckenführung, die Schaltung von Ampeln o.ä. in die Beurteilung einzubeziehen. Eine Straßenverbindung kann auch dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“ sein, wenn bei ihrer Benutzung nur eine geringe Zeitersparnis zu erwarten ist (VI R 19/11). In der Entscheidung VI R 46/10 hat der BFH zudem klargestellt, dass nur die tatsächlich benutzte Straßenverbindung in Be­tracht kommt. Eine bloß mögliche, aber vom Steuer­pflich­tigen nicht benutzte Straßenverbindung kann der Berechnung der Entfernungspauschale nicht zugrunde gelegt werden.

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Bundesfinanzhof bejaht Verfassungsmäßigkeit der Zuteilung der Identifikationsnummer und der dazu erfolgten Datenspeicherung

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 10/12, Pressemitteilung vom 01.02.2012, BFH-Urteil vom 18.01.2012, Aktenzeichen II R 49/10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18. Januar 2012 II R 49/10 ent­schie­den, dass die Zuteilung der Identi­fi­ka­tionsnummer und die dazu beim Bundes­zentralamt für Steuern (BZSt) erfolgte Datenspeicherung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die darin liegenden Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind durch überwiegende Interessen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Da die Identifikationsnummern den steuerpflichtigen natürlichen Personen anders als die bisherigen Steuernummern auf Dauer und bundeseinheitlich zugeteilt werden, ermöglichen sie deren eindeutige Identi­fizierung im Besteuerungsverfahren. Dies dient zum einen dem auch verfassungsrechtlich gebotenen gleich­mäßigen Vollzug der Steuergesetze und ermöglicht zum anderen einen gewichtigen Abbau von Bürokratie sowohl im Bereich der Steuerverwaltung als auch bei Unternehmen und anderen Stellen. Insbesondere bilden die Identifikations­nummer und die dazu erfolgte Datenspeicherung eine wesentliche Voraussetzung für die Ersetzung der bisherigen Lohn­steuer­karten durch die nunmehr ab dem Jahr 2013 vorgesehenen elektronischen Lohnsteuermerkmale sowie für die Automatisierung von Verfahrenssabläufen. Aufgrund der Identifikationsnummer kann zudem die zutreffende und voll­ständige Erfassung der Alterseinkünfte bei der Einkommen­steuer leichter und effektiver geprüft werden. Außerdem kann Missbräuchen bei der Beantragung von Kindergeld sowie beim Abzug von Kapitalertragsteuer entgegengewirkt werden.

Der BFH hat einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit ebenfalls verneint. Dies gilt auch hinsicht­lich der Neuregelung des Abzugs von Kirchensteuer von Kapitalerträgen, die für nach dem 31. Dezember 2013 zu­fließende Kapitalerträge vorgesehen ist. Der Steuerpflichtige kann nämlich jederzeit, auch bereits vor diesem Termin, beim BZSt beantragen, dass die Daten über seine rechtliche Zu­ge­hörigkeit zu einer steuererhebenden Religions­gemein­schaft den zum Abzug von Kapitalertragsteuer verpflichteten Stellen nicht mitgeteilt werden (Sperrvermerk).

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