Hinzurechnungsbesteuerung auf dem Prüfstand

Hinzurechnungsbesteuerung auf dem Prüfstand

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 15/17, Pressemitteilung vom 15.03.2017, Beschluss vom 12.10.2016, Aktenzeichen I R 80/14

Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht es als zweifelhaft an, ob die sog. Hinzu­rech­nungs­besteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter in Dritt­staaten­sachverhalten vollständig mit dem Unions­recht vereinbar ist. Der BFH hat daher in einem Verfahren zu einer Zwischengesellschaft mit Sitz in der Schweiz den Gerichts­hof der Europäischen Union (EuGH) angerufen (Beschluss vom 12. Oktober 2016 I R 80/14). Die nunmehr vom EuGH zu klärende Streitfrage kann allgemein für Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz außerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) von Bedeutung sein.

Mithilfe der Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außen­steuergesetz (AStG) versucht der deutsche Fiskus, Gewinn­ver­lagerungen in das niedriger besteuernde Ausland ent­ge­gen­zuwirken. Bestimmte Einkünfte („Zwischeneinkünfte“) von Auslandsgesellschaften („Zwischengesellschaften“), an denen in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) unbeschränkt Steuerpflichtige beteiligt sind und die in ihren Sitzstaaten mit geringeren Ertragsteuersätzen als 25 % besteuert werden, werden unter bestimmten Voraussetzungen den in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern anteilig zugerechnet und bei diesen ähnlich Gewinnausschüttungen besteuert, ohne dass es darauf ankommt, ob die Gesellschafter tatsächlich Gewinnausschüttungen erhalten haben oder nicht.

In dem vom BFH zu entscheidenden Fall war eine deutsche GmbH zu 30 % an einer Schweizer AG beteiligt. Diese erzielte Einkünfte aus abgetretenen Geldforderungen, die vom Finanzamt zu Lasten der GmbH als Zwischeneinkünfte mit Kapital­an­la­ge­charakter der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen wurden.

Der EuGH hat hinsichtlich einer vergleichbaren britischen Re­ge­lung im Jahr 2006 entschieden, dass eine Hinzurechnungs­besteuerung nur dann mit der unionsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit vereinbar ist, wenn der Steuerpflichtige die Besteuerung durch den Nachweis abwenden kann, dass es sich bei der Beteiligung an der Zwischengesellschaft nicht um eine rein künstliche Gestaltung handelt, die nur dazu dient, den höheren inländischen Steuersätzen zu entgehen (sog. Motivtest). Den deutschen Gesetzgeber hat die EuGH-Rechtsprechung dazu bewogen, für Beteiligungen an Zwischengesellschaften aus EU- und EWR-Staaten ab dem Jahr 2008 eine Entlastungsmöglichkeit durch einen Motivtest gesetzlich zu verankern (§ 8 Abs. 2 AStG).

Für in Drittstaaten wie der Schweiz ansässige Zwischen­gesell­schaften gibt es jedoch keine vergleichbare Entlastungs­mög­lich­keit. Dies könnte nach Auffassung des BFH gegen die unions­rechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen, die – an­ders als die Niederlassungsfreiheit – grundsätzlich auch im Verkehr mit Drittstaaten geschützt ist.

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Über den Autor

Harald Halbig author

Rechtsanwalt und Steuerberater in München

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Steuerberatung, Steuerstrafrecht, strafbefreiende Selbstanzeige, Bilanzrecht, Rechtsbehelfsverfahren, Finanzgerichtsverfahren, Vermögensübertragungen, Erbschaftsteuerrecht

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