Vater muss seiner erwachsenen Tochter Unterhalt für ein Studium bezahlen

Vater muss seiner erwachsenen Tochter Unterhalt für ein Studium bezahlen

Der Vater einer heute 25 Jährigen schuldet seiner Tochter Unterhalt für ein im Oktober 2011 aufgenommenes Journalistikstudium. Das hat der 7. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm am 05.02.2013 entschieden und damit den erstinstanzlichen Be­schluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Dortmund bestätigt.

Der im Jahre 1949 geborene Vater, der für das Auswärtige Amt im europäischen Ausland berufstätig ist, hatte sich in einem im Jahre 2005 abgeschlossenen Vergleich gegenüber seiner im Jahre 1988 geborenen Tochter verpflichtet, Kindesunterhalt zu zahlen. Die Tochter stammt aus der im Jahre 2005 geschiedenen Ehe der Eltern und hat zwei Geschwister. Sie lebte nach der Trennung der Eltern im Jahre 2001 mit der Mutter in Dortmund. Dort legte sie im Jahre 2008 das Abitur ab und begann danach zunächst ein Studium für Tourismus und Freizeitmanagement in den Niederlanden. Dieses brach sie Anfang 2010 ab, absolvierte in der Folgezeit mehrere Praktika und einen längeren Aufenthalt in Australien, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Im Oktober 2011 nahm sie das Studium der Journalistik an einer Universität im Ruhrgebiet auf. Im vorliegenden Verfahren hat sich der Vater auf den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab März 2010 berufen und u.a. gemeint, seine Tochter sei nicht be­dürftig, zum Studium nicht geeignet, verletze ihre Obliegen­heiten und habe einen Unterhaltsanspruch zudem verwirkt

Das Amtsgericht hat auf den Wegfall der Unterhaltspflicht bis einschließlich September 2011 erkannt und für die Folgezeit einen Unterhalt von monatlich ca. 350 € zugesprochen. Der 7. Senat für Familiensachen hat die Beschwerde des Vaters zurückgewiesen, mit der er sich gegen die ab Oktober 2011 fortbestehende Unterhaltspflicht gewandt hat. Die Tochter habe, so 7. Senat für Familiensachen, gemäß § 1610 BGB Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Berufs­ausbildung.

Für das im Jahre 2011 aufgenommene Journalistikstudium sei sie ausbildungsgeeignet. Die aus dem Abiturzeugnis ersichtlichen Leistungen disqualifizierten sie nicht für das Studium, ihre bisher im Studium gezeigten Leistungen indizierten ihre Geeignetheit.

Die Tochter habe auch nicht gegen die sie treffende Ausbil­dungs­obliegenheit verstoßen. Sie befinde sich noch in der Erstaus­bil­dung, die der Vater entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen anteilig zu alimentieren habe. Ein Kind, das nach seinem Schulabschluss zunächst keine Ausbildung beginne, habe zwar mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhalts­an­spruch, es sei darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliere es aber nicht den Anspruch auf Unterhalt für eine später begonnene angemessene Ausbildung. So könne auch ein 24jähriges Kind noch eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Von einem jungen Menschen könne nicht von Beginn an eine zielgerichtete, richtige Entscheidung in der Berufs­wahl erwartet werden. Ihm sei eine Orientierungsphase zur Berufs­wahl zuzubilligen, deren Dauer sich nach Alter, Entwicklungs­stand und den gesamten Lebensumständen richte. Hiernach sei es im vorliegenden Fall noch hinzunehmen, dass die Tochter ihr Studium in den Niederlanden bis zum Beginn des vierten Semesters abgebrochen und sich auch im Anschluss an dieses nicht sehr zielgerichtet im Hinblick auf ihr jetziges Studium verhalten habe. Nach den zeitlichen und familiären Umständen und unter Berücksichtigung des jetzt aufgenommenen Jour­na­listikstudiums, bei dem es immer noch um die Erstausbildung der Tochter gehe, sei noch nicht von einer Obliegenheits­verletzung der Tochter auszugehen.

Die Tochter habe auch nicht in unterhaltsrelevanter Weise gegen ihr obliegende Informationsobliegenheiten verstoßen und ihren Anspruch für die Zeit ab Oktober 2011 nicht verwirkt. Sie habe ihren Vater zwar im Hinblick auf die Studienerfolge des in den Niederlanden aufgenommenen Studiums unzutreffend unter­richtet und auch eigene Bezüge verschwiegen. In Bezug auf das jetzt aufgenommene Studium habe sie ihrer Informations­pflicht nunmehr aber genügt. Durch dieses Studium sei eine neue Situation entstanden. Der Tochter sei zuzubilligen, ihr Studium zügig zu Ende zu führen, hierzu bedürfe es auch einer Alimen­tation durch ihren Vater.

rechtskräftiger Beschluss des 7. Senats für Familiensachen vom 05.02.2013 (7 UF 166/12)

Quelle: Oberlandesgericht Hamm Pressemitteilung vom 29.05.2013

 

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Über den Autor

Dr. jur. Reinhard Popp author

Rechtsanwalt in München
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Familienrecht
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