Vereinbarkeit der Pauschalbesteuerung gemäß § 6 InvStG mit dem Unionsrecht

Vereinbarkeit der Pauschalbesteuerung gemäß § 6 InvStG mit dem Unionsrecht

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 15/16, Pressemitteilung vom 01.02.2016, Urteil vom 17.11.2015,  Aktenzeichen VIII R 27/12

In Deutschland ansässige Anleger, die in Investmentfonds mit Sitz in den USA in­ves­tiert haben, können eine pauschale Ermitt­lung der steuerpflichtigen Kapitalerträge aus diesen Fonds nach § 6 des Investment­steuergesetzes (InvStG) vermeiden, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17. November 2015 VIII R 27/12 ent­schieden hat.

In- und ausländische Investmentfonds haben gemäß § 5 Abs. 1 InvStG gesetzlich vorgegebene Pflichtangaben zu ver­öffent­lichen. Kommt der Fonds dem nicht nach, muss der inländische Anleger seine steuerpflichtigen Einkünfte aus dem Fonds nach § 6 InvStG pauschal ermitteln. Er hat dann grundsätzlich die Ausschüttungen auf die Investmentanteile und einen Zwi­schen­gewinn sowie 70 % des Mehrbetrags anzusetzen, der sich zwi­schen dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rück­nahme­preis und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rück­nahmepreis eines Investmentanteils ergibt. Mindestens muss der Anleger Erträge in Höhe von 6 % des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises für den Investmentanteil ansetzen.

Der VIII. Senat des BFH sah in seiner Entscheidung die Voraussetzungen für eine pauschale Ermittlung der Erträge gemäß § 6 InvStG aus den US-Investmentfonds der Re­visionsklägerin nicht als erfüllt an. Grundlage ist hierfür das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechts­sache van Caster und van Caster vom 9. Oktober 2014 C 326/12 (EU:C:2014:2269). Danach darf ein inländischer Anleger mit Investmentanteilen an einem Fonds mit Sitz im EU-/EWR-Ausland die Pflichtangaben gemäß § 5 Abs. 1 InvStG selbst machen, um die Pauschalbesteuerung seiner Erträge gemäß § 6 InvStG abzuwehren.

Nach dem Urteil des BFH gilt dies nun auch –entgegen einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 28. Juli 2015 (BStBl I 2015, 610)– für inländische Anleger, die Investmentanteile an einem Investmentfonds mit Sitz in den USA halten. Der VIII. Senat hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und den Streitfall an diese zurückverwiesen, damit die Revisionsklägerin die Gelegenheit hat, die gesetzlichen Pflichtangaben selbst vorzulegen. Für inländische Anleger, die Investmentanteile an einem Fonds mit Sitz in einem Drittstaat halten, kann die Pauschalbesteuerung gemäß § 6 InvStG nun­mehr durch eine individuelle Nachweisführung vermieden wer­den, wenn der inländischen Finanzverwaltung aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens Deutschlands mit dem Sitzstaat des Fonds oder aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage ein Auskunftsanspruch gegen die ausländische Finanzverwaltung zusteht, der es ermöglicht, die Angaben des Steuerpflichtigen zu den Besteuerungsgrundlagen des ausländischen Fonds zu verifizieren.

Der VIII. Senat hat schließlich bestätigt, dass der Nachweis zu den Pflichtangaben gemäß § 5 Abs. 1 InvStG durch den in­län­di­schen Anleger so zu führen ist, wie die Finanzverwaltung es im BMF-Schreiben 28. Juli 2015 (BStBl I 2015, 610) vorgegeben hat. Erleichterungen zu Gunsten der Steuerpflichtigen in Form einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen des Fonds sind nur in einem engen Rahmen zulässig.

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Über den Autor

Harald Halbig author

Rechtsanwalt und Steuerberater in München

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Steuerberatung, Steuerstrafrecht, strafbefreiende Selbstanzeige, Bilanzrecht, Rechtsbehelfsverfahren, Finanzgerichtsverfahren, Vermögensübertragungen, Erbschaftsteuerrecht

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