Jahresarchiv 26. November 2014

Abzug von Betriebsausgaben, wenn ein zum Betrieb des Ehemanns gehörender Pkw auch von der Ehefrau in ihrem Betrieb genutzt wird

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 78/14, Pressemitteilung vom 26.11.2014, Urteil vom 15.07.2014, Aktenzeichen X R 24/12

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15. Juli 2014 X R 24/12 Grundsätze zur Beurteilung von Fallgestaltungen aufgestellt, in denen ein Pkw, der einem Ehegatten gehört, von beiden Ehegatten in ihrem jeweiligen Betrieb genutzt wird.

Im Streitfall war der Ehemann Eigentümer eines Pkw, der zu seinem Betriebsvermögen gehörte. Er zog daher sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben ab und versteuerte die private Pkw-Nutzung pauschal mit monatlich 1 % des Brutto-Listenpreises (sog. „1 %-Regelung“ nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Ein­kom­men­steuergesetzes). Die Ehefrau führte ebenfalls einen kleinen Betrieb. Sie hatte keinen eigenen Pkw, sondern nutzte für ihre Betriebsfahrten den Pkw des Ehemanns. An den entstehenden Pkw-Kosten beteiligte sie sich nicht. Gleichwohl setzte sie ein­kommensteuerlich einen Pauschalbetrag von 0,30 €/km als Betriebsausgabe ab.

Das Finanzamt hat diesen Pauschalbetrag nicht zum Abzug zu­gelassen, was der BFH nunmehr bestätigt hat. Betriebs­aus­gaben setzen das Vorhandensein von „Aufwendungen“ voraus. An solchen (eigenen) Aufwendungen fehlt es aber, wenn der Nutzer eines Pkw für die Nutzung keinerlei Kosten tragen muss.

Der X. Senat hat darüber hinaus klargestellt, dass das Be­steu­erungssystem in dieser Frage insgesamt ausgewogen ist: Der Ehemann als Eigentümer des Fahrzeugs kann sämtliche Pkw-Kosten als Betriebsausgaben absetzen. Die zusätzliche Nutzung des Wagens durch die Ehefrau löst bei ihm keine Einkommen­steuer aus, weil diese Nutzung bereits mit dem –ohnehin durchgeführten– Pauschalansatz im Rahmen der 1 %-Regelung abgegolten ist. Im Gegenzug kann die Ehefrau für ihre Pkw-Nutzung keine eigenen Betriebsausgaben geltend machen. Dieses Ergebnis erscheint sachgerecht, da ein nochmaliger Abzug bei der Ehefrau angesichts des bereits dem Ehemann gewährten vollen Kostenabzugs zu einer doppelten steuermindernden Auswirkung derselben Aufwendungen führen würde.

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Kosten der Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen sowie Kosten der Grabpflege als Nachlassverbindlichkeiten ansetzbar?

Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 21.11.2014, Aktenzeichen 20 W 94/13, entschieden, dass die Kosten für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen Nachlassverbindlichkeiten sind. Die Erben haben diese Kosten im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag zu tragen.

Grabpflegekosten hingegen gehören nicht zu den Kosten einer Beerdigung im Sinne von § 1968 BGB. Die Beerdigung ist mit der erstmaligen Herstellung der Grabstätte abgeschlossen. Dies impliziert, dass die Grabpflege daher nicht auf einer Rechtspflicht des Erben beruht. Es handelt sich hierbei um eine sittliche Verpflichtung der nahen Angehörigen. Dem steht auch nicht die erbschaftssteuerrechtliche Abzugsfähigkeit der Grabpflegekosten entgegen. Voraussetzung für diese Abziehbarkeit ist nicht, dass eine rechtliche Verpflichtung des Erben zur Kostentragung vorliegt.

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Leistungsbeurteilung im Zeugnis

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufrieden­heits­skala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grund­sätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.

Die Klägerin war vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2011 in der Zahnarztpraxis der Beklagten im Empfangsbereich und als Bürofachkraft beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörten ua. die Praxisorganisation, Betreuung der Patienten, Terminvergabe, Führung und Verwaltung der Patientenkartei, Ausfertigung von Rechnungen und Aufstellung der Dienst- und Urlaubspläne. Darüber hinaus half die Klägerin bei der Erstellung des Praxis­qualitätsmanagements. Die Beklagte erteilte ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis. Die Parteien streiten noch darüber, ob die Leistungen der Klägerin mit „zur vollen Zufriedenheit“ oder mit „stets zur vollen Zu­frie­denheit“ zu bewerten sind. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und angenommen, die Beklagte habe nicht dar­gelegt, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die vom Landesarbeitsgericht zur Ermittlung einer durchschnittlichen Bewertung herangezogenen Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen sollen, führen nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Be­weis­last. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweis­last nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatz­punkt ist die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zu­frie­den­heitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Im Übrigen lassen sich den Studien Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen, nicht entnehmen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet sich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Das umfasst auch die Schlussnote. Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Der Neunte Senat hat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird als Tatsacheninstanz zu prüfen haben, ob die von der Klägerin vorgetragenen Leistungen eine Beurteilung im oberen Bereich der Zufriedenheitsskala recht­fertigen und ob die Beklagte hiergegen beachtliche Einwände vorbringt.

Quelle: Bundesarbeitsgericht Pressemitteilung Nr. 61/14 vom 18.11.2014
Urteil vom 18. November 2014 – 9 AZR 584/13 –

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Exhumierung zur Feststellung der Vaterschaft

Der u.a. für das Familienrechtrecht zuständige XII. Zivilsenat hat entschieden, dass das post­mortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen im Falle einer für die Feststellung der Vaterschaft erforderlichen DNA-Untersuchung und einer damit einhergehenden Ex­hu­mie­rung regelmäßig hinter das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurücktritt.

Die im Jahr 1944 geborene und in der früheren DDR auf­ge­wach­sene Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass der 2011 verstorbene S. ihr Vater sei. Die Antragstellerin hat behauptet, dass S. in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit ihrer Mutter gehabt habe. Diese habe ihr an ihrem 18. Ge­burtstag die Vaterschaft von S. offenbart. Ihre Mutter habe sie in den Nachkriegsjahren zu der Familie S. in Westdeutschland rei­sen lassen, wo sie engen Kontakt zu ihrer „S.-Oma“ gehabt habe. Bei einem späteren Treffen mit S. sei dieser selbst­ver­ständ­lich davon ausgegangen, ihr Vater zu sein.

Das Amtsgericht hat die Anträge der Antragstellerin, die Leiche von S. zu exhumieren, eine Gewebeprobe zu entnehmen und die Vaterschaft festzustellen, zurückgewiesen. Auf ihre Beschwerde hat das Oberlandesgericht die Exhumierung der Leiche zum Zwecke der Erstellung eines DNA-Abstammungsgutachtens angeordnet. Der eheliche Sohn von S. hat die Einwilligung in die Exhumierung und Gewebeprobenentnahme verweigert. Mit einem Zwischenbeschluss hat das Oberlandesgericht diese Weigerung für unberechtigt erklärt. Hiergegen wendet sich der Sohn des Verstorbenen mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

Die Rechtsbeschwerde blieb erfolglos. Der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft ist zulässig, weil die Angaben der Antragstellerin ausreichende Anhaltspunkte für eine Vaterschaft des S. ent­halten, ihre Behauptung also nicht ins Blaue hinein erfolgt ist. Die Exhumierung ist auch deshalb erforderlich, weil sich der Sohn des S. geweigert hat, eigenes DNA-Material für die Be­gut­achtung zur Verfügung zu stellen.

Dem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Ab­stam­mung ist gegenüber der Totenruhe des Verstorbenen grundsätzlich der Vorrang einzuräumen. Sowohl nach der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch nach dem Grundgesetz kommt dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Ab­stam­mung besondere Bedeutung zu. Sofern im Einzelfall durch die Untersuchung eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen droht und damit das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Ab­stam­mung zurückzutreten hat, kann dem im Rahmen der Zu­mut­bar­keitsprüfung des entsprechend anzuwendenden § 178 Abs. 1 FamFG hinreichend Rechnung getragen werden. Solche be­son­deren Gründe, die gegen eine Exhumierung und eine Begut­achtung sprechen könnten, lagen im vorliegenden Fall nicht vor.

Das Interesse der Antragstellerin an der Feststellung der Vater­schaft wird nicht dadurch geschmälert, dass sie bereits seit langer Zeit über die mögliche Vaterschaft des S. informiert gewesen war bzw. keine Zweifel mehr an seiner Vaterschaft hatte. Ihr Interesse ist auch deswegen nicht geringer zu bewerten, weil sie damit vor allem die Geltendmachung eines Erbrechts verfolgt. Das Wissen um die eigene Herkunft ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität. Daran ändert nichts, dass im Einzelfall bei der Klärung der Abstammungsfrage vermögensrechtliche Inter­essen im Vordergrund stehen können. Zudem stellt die Teilhabe an dem väterlichen Erbe ein legitimes Interesse des leiblichen Kindes dar.

Soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann.

Quelle: BGH-Pressemitteilung Nr. 166/2014
Aktenzeichen: XII ZB 20/14
Beschluss vom 29. Oktober 2014

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Politikberater ist kein Freiberufler

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 75/14, Pressemitteilung vom 12.11.2014, Urteil vom 14.05.2014, Aktenzeichen VIII R 18/11

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hatte darüber zu entscheiden, ob die Berufstätigkeit eines Politikberaters als frei­beruflich oder als gewerblich einzustufen ist.

Das Berufsbild eines Politikberaters ist gesetzlich nicht normiert. In der Praxis kann die unter dieser Berufsbezeichnung ausgeübte Tätigkeit unterschiedlicher Art sein und von der als Lobbyismus bezeichneten Interessenvertretung von Firmen und Verbänden im parlamentarischen Umfeld über gutachtliche Tätigkeit für Parteien, Politiker und andere politische Akteure bis hin zu persönlicher Zuarbeit reichen. Im Streitfall bezeichnete sich der Kläger, der ein Magisterstudium in den Fächern Politik­wissen­schaft, Rechtswissenschaft und neuere Geschichte abge­schlos­sen hatte, als „Politikberater für Gesetzgebung“. Er umschrieb seine konkrete Tätigkeit auch als „begleitender Berichterstatter zum Gesetzgebungsverfahren“ und als eine Art „wissen­schaft­licher Parlamentskorrespondent“. Seine Geschäftspartner waren ein Verband, Wirtschaftsunternehmen und einige Anwalts­kanz­leien. Seine Tätigkeit bestand vor allem darin, seine Auftraggeber schriftlich über die Hintergründe und den aktuellen Stand laufender Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren in einem thematisch begrenzten Bereich (u.a. Umweltschutzrecht) zu informieren.

Der BFH konnte sich der Auffassung des Klägers nicht an­schließen, dass diese Berufstätigkeit freiberuflich sei. Nach den vom BFH zu Grunde gelegten Maßstäben der bisherigen Recht­sprechung war sie weder als wissenschaftlich noch als schrift­stellerisch zu qualifizieren noch entsprach sie dem Berufsbild eines Journalisten und war diesem auch nicht ähnlich, weil sich seine Ausarbeitungen nicht an die Öffentlichkeit richteten.

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Vorlage an das Bundesverfassungsgericht: Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten ist verfassungswidrig

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 73/14, Pressemitteilung vom 05.11.2014, Beschlüsse vom 17.07.2014, Aktenzeichen VI R 2/12, Aktenzeichen VI R 8/12

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, dass nach § 9 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungs­kosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erst­studium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt­findet.

1. In den insgesamt sechs Streitfällen, die zu den Vorlagen an das BVerfG führten, hatten Steuerpflichtige Ausbildungen zum Flugzeugführer auf eigene Kosten (rd. 70.000 €) absolviert und waren danach als angestellte Berufspiloten für Fluggesellschaften tätig; in anderen Fällen hatten Steuerpflichtige Berufs­aus­bil­dun­gen an Universitäten oder Fachhochschulen absolviert und waren danach auf dieser Grundlage beruflich tätig. Die Steuer­pflichtigen hatten ihre Aufwendungen für die Berufsausbildung jeweils als vorweggenommene Werbungskosten geltend ge­macht und die Feststellung entsprechend vortragsfähiger Ver­luste begehrt, um diese dann in den folgenden Jahren mit ihren aus der Berufstätigkeit erzielten Einkünften verrechnen zu kön­nen. Dem stand in allen Streitfällen allerdings § 9 Abs. 6 EStG entgegen. Die Vorschrift wurde mit Gesetz vom 7. Dezem­ber 2011 rückwirkend ab 2004 eingeführt; seitdem sind Aufwen­dungen für die erste Berufsausbildung vom Werbungs­kosten­abzug ausgeschlossen.

2. Nach Auffassung des BFH seien Aufwendungen für die Aus­bil­dung zu einem Beruf als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berück­sichtigen. Denn sie dienten der Erzielung einkommen­steuer­pflichtiger Einkünfte. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs verstoße gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete ver­fas­sungs­rechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und sei auch nicht mit Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen.

Berufsausbildungskosten stellten schließlich auch keine beliebige Einkommensverwendung dar, sondern gehörten zum zwangs­läufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stehe. Diese Aufwendungen seien deshalb, so der BFH, jedenfalls unter dem Aspekt der Existenzsicherung ein­kom­mensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Dem werde nicht ent­sprochen, wenn für solche Aufwendungen lediglich ein Sonder­aus­gabenabzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € in Betracht kom­me. Denn der Sonderausgabenabzug bleibe bei Aus­zu­bil­den­den und Studenten nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil gerade sie typischerweise in den Zeiträumen, in denen ihnen Berufsausbildungskosten entstünden, noch keine eigenen Ein­künfte erzielten. Der Sonderausgabenabzug gehe daher ins Leere. Denn er berechtige im Gegensatz zum Werbungs­kosten­abzug auch nicht zu Verlustfeststellungen, die mit späteren Einkünften verrechnet werden könnten.

Dagegen folgte der BFH nicht den Revisionsvorbringen, dass die rückwirkende Anwendung des Abzugsverbots auf das Jahr 2004 verfassungswidrig sei. Denn insoweit sei die Rückwirkung nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG ausnahmsweise zulässig.

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Voraussetzungen, unter denen Verwandte voneinander die Duldung der Ablage von Grabschmuck auf dem Grab eines gemeinsamen Angehörigen verlangen können

Das AG Bergen (Rügen), hat mit Urteil vom 29.10.2014, Aktenzeichen 25 C 133/14, ent­schie­den, dass ein Verwandter des Verstorbenen des gemeinsamen Angehörigen vom Inhaber des Grabnutzungsrechtes nicht verlangen kann, dass er Gestecke nach Gestaltungsform, Materialverwendung, Größe etc. ohne Mit­wir­kung des Nutzungsberechtigten bestimmt und ablegt, wenn der Nutzungsberechtigte aufgrund der Friedhofssatzung zur an­ge­messenen Grabpflege und unter anderem auch zur Ent­fer­nung verwelkter Gestecke verpflichtet ist.

Da es sich vorliegend um die Grabpflege, nicht aber um die Anlage des Grabes handelt, kann ein entsprechender Anspruch auch nicht aus dem ungeschriebenen Bestattungsrecht der nächsten Angehörigen hergeleitet werden.

Ein Anspruch auf § 242 BGB kann aber dahingehend abgeleitet werden, dass der Nutzungsberechtigte die Ablage eines Ge­steckes zum Totensonntag oder zu anderen Anlässen auf dem Grab eines anderen Verwandten dulden muss, wenn es mit dem übrigen Grabschmuck und der Grabgestaltung zu vereinbaren ist.

Dem Nutzungsberechtigten muss aber in diesem Zu­sam­men­hang zugestanden werden, selbst einzuschätzen, wann ein Gesteck derart verwelkt oder sonst unansehnlich geworden ist, dass seine Entfernung geboten erscheint, ohne das Recht des Verwandten faktisch auszuhebeln.

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Die Ladung des Sachverständigen bei Geltendmachung einer Testierunfähigkeit des Erblassers

Das OLG München hat mit Datum vom 22.10.2014, Aktenzeichen 31 Wx 239/13, beschlossen, dass, so­weit ein Beteiligter schriftliche Einwendungen gegen ein Sach­ver­ständigengutachten über die Testierfähigkeit des Erblassers er­hebt, einem Antrag auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht zwangsläufig zu folgen ist.

Die Ladung hingegen muss zwingend erfolgen, wenn eine münd­liche Erläuterung des Sachverständigengutachtens geeignet ist, neue, entscheidungserhebliche Erkenntnisse zu bringen.

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Genehmigung des Betreuungsgerichts bei Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen

Quelle: BGH, Pressemitteilung Nr. 144/2014 vom 16.10.2014
Beschluss vom 17. September 2014 – Aktenzeichen: XII ZB 202/13 -Der u.a. für Betreuungssachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen das Betreuungsgericht den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen genehmigen muss.

Die 1963 geborene Betroffene erlitt im Jahr 2009 eine Gehirnblutung mit der Folge eines apallischen Syndroms im Sinne eines Wachkomas. Sie wird über eine Magensonde ernährt; eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Der Ehemann und die Tochter der Betroffenen, die zu ihren Betreuern bestellt sind, haben beim Betreuungsgericht beantragt, den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen zu genehmigen. Hilfsweise haben sie die Feststellung beantragt, dass die Einstellung der künstlichen Ernährung nicht genehmigungsbedürftig sei. Sie stützen ihren Antrag darauf, dass sich die Betroffene vor ihrer Erkrankung gegenüber Familienangehörigen und Freunden gegen eine Inanspruchnahme von lebenserhaltenden Maßnahmen für den Fall einer schweren Krankheit ausgesprochen habe.

Das Amtsgericht hat den Antrag und den Hilfsantrag abgewiesen, das Landgericht die Beschwerde der Betreuer zurückgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Betreuer war erfolgreich. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Nach § 1904 Abs. 2 BGB bedarf die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betroffene auf Grund des Unterbleibens bzw. des Abbruchs der lebenserhaltenden Maßnahme stirbt. Eine solche betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1904 Abs. 2 BGB ist jedoch dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen entsprechenden eigenen Willen bereits in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft. Liegt dagegen keine wirksame Patientenverfügung vor, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen (§ 1901 a Abs. 2 BGB). Die hierauf beruhende Entscheidung des Betreuers bedarf dann nicht der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn zwischen ihm und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem festgestellten Willen des Betroffenen entspricht (§ 1904 Abs. 4 BGB).

In den verbleibenden Fällen, in denen eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist diese gemäß § 1904 Abs. 3 BGB vom Betreuungsgericht zu erteilen, wenn die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betroffenen entspricht. Das Betreuungsgericht hat bei dieser Prüfung nach § 1901 a Abs. 2 BGB zwischen den Behandlungswünschen einerseits und dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen andererseits zu unterscheiden. Behandlungswünsche können etwa alle Äußerungen eines Betroffenen sein, die Festlegungen für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation enthalten, aber den Anforderungen an eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nicht genügen. Auf den mutmaßlichen Willen des Betroffenen ist nur abzustellen, wenn sich ein erklärter Wille des Betroffenen nicht feststellen lässt.

Für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens gelten strenge Beweismaßstäbe, die der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter – dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen einerseits und dem Schutz des Lebens andererseits – Rechnung zu tragen haben. Die bei der Ermittlung und der Annahme eines Behandlungswunsches oder des mutmaßlichen Willens zu stellenden strengen Anforderungen gelten nach § 1901 a Abs. 3 BGB unabhängig davon, ob der Tod des Betroffenen unmittelbar bevorsteht oder nicht.

Auf der Grundlage dieser zum 1. September 2009 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen hat der Bundesgerichtshof die angefochtene Entscheidung aufgehoben. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass hier wegen des nicht unmittelbar bevorstehenden Todes der Betroffenen noch strengere Beweisanforderungen für die Feststellung des mutmaßlichen Patientenwillens gelten, als in anderen Fällen. Bei seiner erneuten Prüfung wird das Landgericht etwaige geäußerte Behandlungswünsche der Betroffenen unter Anlegung des zutreffenden Prüfungsmaßstabs neu zu ermitteln haben.

Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:

§ 1901 a BGB Patientenverfügung

(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.

(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten.

(4) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.

(5) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.

§ 1901 b Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens

1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach § 1901a zu treffende Entscheidung.

(2) Bei der Feststellung des Patientenwillens nach § 1901a Absatz 1 oder der Behandlungswünsche oder des mutmaßlichen Willens nach § 1901a Absatz 2 soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.

§ 1904 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen

(1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.

(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.

(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht.

(4) Eine Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für einen Bevollmächtigten. Er kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist.

Thematische Ergänzung: Was kann in einer Patientenverfügung geregelt werden?
Siehe auch:  Ist der Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme möglich?

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Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften nach Systemwechsel zur Abgeltungsteuer

Quelle: BFH-Pressemitteilung Nr. 68/14, Pressemitteilung vom 15.10.2014, Urteil vom 01.07.2014, Aktenzeichen VIII R 53/12

Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) können Schuld­zinsen für die Anschaffung einer im Pri­vat­vermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 des Einkommen­steuer­gesetzes (EStG), die auf Zeiträume nach der Ver­äußerung der Beteiligung entfallen, ab dem Jahr 2009 nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

Der Kläger hatte eine größere GmbH-Beteiligung im Sep­tem­ber 2001 mit Verlust veräußert und in diesem Zusammen­hang auf die Rückzahlung eines kreditfinanzierten Gesell­schaf­ter­darlehens verzichten müssen. Nachdem er für die Jahre 2005 bis 2008 die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) als nachträgliche Werbungskosten bei Ermittlung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen hatte, versagte das Finanzamt (FA) den Werbungskostenabzug für das Jahr 2009.

Der BFH hat die Rechtsauffassung des FA bestätigt. Mit Ein­führung der Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 9 EStG ab dem Jahr 2009 den Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten aus­geschlossen. Das Gesetz gestattet nur noch den Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 801 €. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nach Auffassung des VIII. Senats des BFH nicht. Mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 € habe der Gesetzgeber eine verfassungs­rechtlich grundsätzlich anzuerkennende Typisierung der Wer­bungskosten bei den Beziehern niedriger Kapital­ein­künf­te sowie mit der Senkung des Steuertarifs von bis zu 45 % auf nunmehr 25 % zugleich eine verfassungsrechtlich anzu­er­ken­nende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte vorgenommen.

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